Die Band der Woche: SweetLemon

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SweetLemon nennen sich die beiden Schwestern Lena und Sophie Haslberger, wenn sie Musik machen – eine Mischung aus klassischer Musik und Hipster-Blues, die sehr gut in unsere Zeit zu passen scheint.

Es muss ja nicht gleich so enden wie bei den Kessler-Zwillingen: als prominentes, aber gleichsam skurriles, aneinander gekettetes Show-Paar. Denn obwohl dieses Geschäft schon immer Gefallen gefunden hat an Geschwister- und Zwillingskonstellationen, birgt das doch eine gewisse Gefahr. Von den Jackson 5 bis zur Kelly Family – die Familienverbundenheit suggeriert auch in der Popmusik den perfekten Bandzusammenhalt inklusive der Traumfamilie, die die vielen Scheidungskinder, die zu den Fans der letzteren wurden, nie hatten. Der Traum der perfekten Familie ist für die psychische Stabilität der Künstler-Geschwister ungleich verheerender: Konkurrenz und die Arbeit vermischen sich mit dem Privaten, mit dem Familienleben. Es gibt aber auch gesündere Beispiele musizierender Geschwister. Etwa in Fiona Apples Song „Hot Knife“. Dessen Harmonik ergibt sich fast ausschließlich aus den Stimmen, die Apple zusammen mit ihrer Schwester singt, die ein ähnlich spezielles Timbre hat wie sie, was zu einem besonderen musikalischen Moment führt, der ohne die hörbare Verwandtschaft der Stimmen wahrscheinlich so nie entstanden wäre.

Diesen Vorteil genießen auch die Zwillingsschwestern Lena und Sophie Haslberger. Von Kindheit an sangen sie gemeinsam, etwa auf langen Autofahrten, seit ein paar Jahren nutzen sie die miteinander aufgewachsenen und aneinander gereiften Singstimmen als Sweet Lemon zur professionellen Musikerschaffung. Mittlerweile sind sie 17 Jahre alt und gemeinsam mit dem Schlagzeuger Konsti Schlüter und dem Bassisten Olivier Splawski hat sich ihre Musik vom talentiert kuriosen Teenager-Schwestern-Duo, das sie noch vor einigen Jahren waren, zum ernst zu nehmenden Vorschlag einer Pop-Jazz-Spielart gewandelt. Sonderlich aufrührend ist die zwar immer noch nicht. Dennoch schaffen sie es, nicht an der Oberfläche zu verharren, über die so manch hübsche Soulstimme in Kombination mit Klavier, Bass und Akustik-Gitarre nicht hinauskommt. Vielleicht liegt das bei Sophie und Lena auch an einer gewissen Kenntnis klassischer Musik, die sie mit einer selbstbewussten Unverblümtheit benutzen.

Denn ganz selbstverständlich tauchen in den Songs ihres Debüt-Albums Zitate klassischer Musik auf. Das Stück „Inner Rhythm“ etwa beginnt mit der gleichen Akkord-Folge wie Chopins posthume cis-Moll-Nocturne. Oder „Behind your walls“: Der warme, nach unten gehende Synthie-Streicher-Lauf erinnert harmonisch an Bachs berühmtes Air aus dessen dritter Orchestersuite. Doch anstatt sich von der Schwere der musikalischen Geschichte, auf die sie da verweisen, erdrücken zu lassen, mischen die Schwestern lieber leicht karibisch angehauchte Gitarrenpatterns darüber, lassen Hi-Hat-Schläge auf die Klavier-Schwere tackern und singen mit ihren großartig volumenreichen Stimmen als Hipster-Blueserinnen, ohne das Raue und Verrauchte, was etwa Billie Holiday und Nina Simone ihren Stimmen noch mitgaben.

Doch diese neue Leichtigkeit im Blues passt gut zur heutigen Zeit. Und so spricht die Musik von Sweet Lemon sowohl die generationsmäßig echten Billie-Holiday-Hörer an als auch die Altersgenossen der Musikerinnen. Etwa in diversen Bandwettbewerben, bei denen Sweet Lemon bisher gepunktet haben. Im vorigen Herbst konnten sie sich einige Runden im Emergenza- Aussieben halten, gerade haben sie es in die Endrunde des Sprungbrett-Wettbewerbs geschafft. Vor dem Finale erscheint jedoch noch ihre erste Single, am Freitag, 18. März. Das Album „Inner Rhythm“ folgt am Freitag, 1. April.  

Stil: Hipster-Blues
Besetzung: Lena und Sophie Haslberger (Gesang, Songwriting, Gitarre, Klavier), Konsti Schlüter (Schlagzeug), Olivier Splawski (Bass)
Aus: München
Seit: 2013
Internet: soundcloud.com/sweetlemonofficial

Foto: Simon Gehrig

Von: Rita Argauer