Beerpong und ein türkiser BH

Ein Mob kreischender Mädchen – Üblich bei einem Konzert der Killerpilze. Nicht so gewöhnlich aber ist der Ort, an dem die drei Jungs performen: Vor der Balkontür in einer 3-Zimmer-WG.

„Oh-ne-dich, oh-ne-dich, oh-ne-dich“, rufen die jungen Frauen an diesem Abend immer wieder. Sie wollen ihr Lieblingslied der Killerpilze endlich hören. Doch sie stehen nicht in einer großen Halle vor einer großen Bühne, sondern in einem Zimmer in Ismaning. Das Zimmer gehört Alexandra Brunner, Gewinnerin des WG-Konzerts der Junge-Leute-Seite. Sie hat heute die jungen Männer, die sie früher in der Bravo anschmachtete, nur wenige Zentimeter vor sich stehen. 

Schon am Eingang zeigt sich: Es wird eng. Der Schuhsalat ist kurz davor, die Treppe hinab zu fliegen, der Gang ist gesperrt von einem langen Tisch, der für
Beerpong umfunktioniert wurde, Tisch und Anrichte in der Küche sind voll mit Essen und Getränken, und dann das Zimmer, in dem das Konzert stattfindet. Die 20 Quadratmeter sind für ein WG-Zimmer groß, für ein WG-Konzert der Killerpilze immer noch klein. In die erste Reihe passen gerade einmal vier bis fünf Personen, dahinter tummeln sich viele andere. Selbst hinter dem Türrahmen stehen noch Menschen, die kaum einen Blick auf die Band haben.
 Doch hinter dem Schlagzeuger Fabi Halbig, der für gewöhnlich keinen im Nacken sitzen hat, stehen weitere junge Leute, jedoch vom Raum getrennt durch eine Fensterscheibe. Der Balkon bietet ihnen einen Blick, den man auf keinem Konzert sonst hat – hinter die Kulissen, hinter der Band. Und obwohl die Balkontür geschlossen ist, hört man jede Liedzeile. Im Gegensatz zu anderen privaten Konzerten, die die Killerpilze schon gegeben haben, spielen sie dieses Mal nicht unplugged, haben ihre Lautsprecher aufgestellt und bringen die Menge auch noch dazu zu springen, bis man wirklich Sorgen hat, ob das Regal in der Mitte des Zimmers ganz bleibt.

Alexandra, der Gewinnerin des WG-Konzerts, macht das jedoch nichts aus. Sie springt mit ein paar anderen auf ihrem Bett, weil sonst kein Platz im Zimmer ist, und genießt den Abend. Ebenso wie Klaus, der Vermieter der WG. Er begrüßt einen freudig am Eingang und strahlt mindestens so sehr, wie seine Tochter, die er mitgebracht hat. Da ist es dann auch nicht schlimm, dass das Konzert fast eine halbe Stunde länger geht als geplant, auch Frontsänger Jo Halbig will sich noch nicht vom Publikum lösen: „Wir sind überwältigt. Wir hätten nicht gedacht, dass es so geil wird.“ 

Die verlorene Zeit wird dann auch wieder reingeholt, indem nach Konzertende viele der Zuschauer beim Abbau helfen. Umso schneller steht man den Musikern dann beim Beerpong oder auf dem Balkon beim Rauchen gegenüber, wo man sie auch privat ein wenig kennenlernen kann.
Auch für die Killerpilze ist das aufgrund ihres Jubiläumsjahres ein besonderes Konzert. Auf 15 Jahre Bandgeschichte können sie zurückblicken – viele der Zuschauer steckten damals noch in den Kinderschuhen. Passend zu den kreischenden Mädchen und, ja tatsächlich, dem fliegenden türkisen BH, spielt die Band den Song „Immer noch jung“. Die meisten Zuschauer kennen die Killerpilze von früher, holen hier die Party nach, die sie mit 14 noch nicht feiern durften und sind ein gutes Beispiel dafür, dass die Killerpilze alles andere sind als eine längst ausrangierte Boyband. Die Stimmung ebbt nicht ab. Zwischenzeitlich wird sogar ein Wiesnhit von der Band gesungen, danach wird „Ein Prosit“ angestimmt und der große Freundeskreis zeigt: Ismaning kann mehr als man ihm zutraut. 

Noch dröhnt es in den Ohren, das Publikum ist berauscht. Und am Ende kommt es endlich. Das Lied, das viele der Anwesenden beim ersten Liebeskummer gehört haben: „Ich kann auch ohne dich“. Mit Feuerzeugen in der Luft. „Schöner wird’s nicht mehr“, sagt Leadsänger Jo.

Text & Foto: Sandra Will