Band der Woche: Young Fast Running Man

Fabian Hertrich vereint Blues und Folk mit seiner Band Young Fast Running Man. Zusammen klingt das nach amerikanischem Highway und Roadtrips durch den Mittleren Westen. 

Eine ganz treibende Kraft der Musik ist die Sehnsucht. Immer schon. Denn kaum eine andere Kunstform vermag sich so leicht um ein wie immer auch geartetes Gefühl zu schlingen. Kaum eine andere Kunstform als die an sich schon abstrakte Musik kann sich so magnetisch einfach mit den eigenen Erfahrungen ihrer Rezipienten verbinden. Und so wird in der Musikgeschichte – vom Barock über die Klassik, und natürlich in der Romantik und im Pop schon fast obligat – kräftig gesehnt; nach der Liebe, nach der Heimat, nach fremden Ländern oder nach der Vergangenheit.

In der deutschen Popmusik ist aber ab und an noch ein anderes Sehnen zu beobachten. Da wird sich bisweilen danach gesehnt, als Musiker in einem anderen Land und/oder in einer anderen Zeit zu praktizieren, da wird also das Sehnen in musikalischen Inhalt transferiert, da decken sich quasi Musik und Sehnen im künstlerischen Ausdruck. Weniger kompliziert ausgedrückt kommen dabei dann Stile wie Retro-Rock oder Formulierungen wie die „britischste Band Baden-Württembergs“ heraus. Manchmal kippt das zwischen Fremdschämen und Sehnsuchtserfüllung hin und her, etwa als Lena Meyer-Landrut ihren „Satellite“-Song mit einem gestelzten Phantasie-Cockney-Akzent sang. Manchmal aber können die sehnenden Musiker ziemlich perfekt von ihrem musikalischen Sehnsuchtsort erzählen – und den Hörer deshalb wie in einem Hörfilm eben genau dorthin mitnehmen.

Ziemlich gut ist darin der Münchner Fabian Hertrich. Als Musiker nennt er sich Young Fast Running Man und mit seiner Musik prescht er recht zielstrebig in Richtung eines einsamen US-Highways. Seine Musik klingt so, als würde er sie schreiben, nachdem er während eines Road-Trips in einem Motel im Mittleren Westen abgestiegen wäre und die Akustik-Gitarre aus dem Kofferraum gezogen hätte: eine tiefe Stimme, die zu feinen Gitarren-Pickings von den Erfahrungen des Lebens berichtet. Eine Stimme, die zuvor im Auto-Radio Musik wie die von Canned Heat, John Mayall oder Peter Green gehört hat und nun ihre eigene Reise über die bluesigen Gitarren-Skalen besingt, während der Straßendreck noch auf den Fingern klebt. Ja, diese Musik weiß von Sehnsüchten zu erzählen, die Fabian durch sein äußeres Erscheinen mit den anachronistischen Koteletten noch zu unterstützen vermag.

Entstehen tut diese Musik aber seit etwa einem Jahr in München. Hertrich studiert hier Umweltplanung und arbeitet im Milla-Club. Und hat sich vor kurzem eine ziemlich kompetente Band zusammen gesucht, die seine Gitarren-Songs mit Mandolinen, Geigen, aber auch mit Bass und Schlagzeug komplettiert. Sein Bruder Gabriel etwa, mit dem er schon als Kind zusammen musizierte, unterstützt ihn, sein Freund Michael Hofmann spielt nun für ihn Schlagzeug – und erst vor kurzem stieg dessen Bekannter Michael Karl am Bass ein.

Ein erstes Album haben sie gerade fertig gestellt. Neun Songs als wunderbares Kopfkino im rauen Folk- und Blues-Gewand, das im kommenden November im Import-Export vorgestellt werden soll. Doch der zehnte Song ist anders. Denn da springt Fabians musikalisch-imaginierte Welt, seine Sehnsucht plötzlich nach Spanien. Das Instrumental-Stück „Spanish Silence“ ist ein fast weltmusik-melancholischer Schnipsel, der gerade immer wieder an der Grenze zum Kitsch der spanischen Romanze vorbei schrabbt und den Fabian für einen Film des Visual-Artists Matthias Pfeiffer geschrieben hat. Und durch den die Illusion des einheitlichen Sehnens auf charmante und subtil humorvolle Weise gebrochen wird. Am Montag, 12. September, werden sie einen ersten der neuen Songs im Internet unter soundcloud.com/youngfastrunningman veröffentlichen.

Von: Rita Argauer


Foto: Vipasana Roy