Kennengelernt haben sie sich im Internet. Aber das ist dann auch schon das einzig Moderne an Velvet Smoke. Die Münchner Band macht Blues-Rock, der sich an den „alten Meistern“ orientiert. Und auch ihre erste EP, die bis Ende des Jahres fertig sein soll, nehmen sie ganz wie in der guten alten Zeit auf Tonbandgeräten aus den Siebzigerjahren auf.
Bandwettbewerbe gibt es wohl, seit es Schülerbands gibt. In allen möglichen Größen und Kategorien. Kommerziell und als riesige Marke konnte sich in weltweit 30 Ländern der Emergenza-Wettbewerb etablieren. Kleiner und lokaler gibt es in München den vom Kreisjugendring veranstalteten Muc-King-Contest, sowie den Sprungbrett-Wettbewerb im Feierwerk. Gerade bei Letzterem wird seit einigen Jahren versucht, den Konkurrenzgedanken durch ein breit aufgestelltes Support-Programm zu mindern. Die Bands können Workshops besuchen, werden beraten und sollen mehr aus der Teilnahme mitnehmen als einen bloßen Siegertitel. Doch eine Schwierigkeit bleibt bei allen: Wie soll eine Hip-Hop-Truppe mit einer Rockband und einem Songwriter objektiv verglichen werden? Stilistisch und im künstlerischen Anspruch treffen da höchst unterschiedliche Musiker aufeinander. Entweder es entscheidet ein Publikums-Voting, dann gewinnt der mit den meisten Freunden. Oder es entscheidet eine Jury, dann muss verglichen werden, was eigentlich nicht verglichen werden kann. Oder man verzichtet ganz auf Bandwettbewerbe, wie Andreas Langhammer von der Münchner Glockenbachwerkstatt das nun tut. Mit der Veranstaltungsreihe „Next Stage“ versucht er die positiven Aspekte von Wettbewerben – junge Bands bekommen die Möglichkeit, auf professionellen Bühnen zu spielen – ohne das Konkurrenzdenken zu etablieren. Am Freitag, 8. Juni, findet dort ein solcher Konzertabend statt.
Eine der drei Bands, die dort auftreten werden, ist Velvet Smoke. Die sind jung und neu. Doch ihre Musik wirkt zunächst sehr alt. Viel älter als die fünf Musiker, die alle Mitte 20 sind und seit vier Jahren zusammen spielen. Gefunden haben sie sich völlig unromantisch im Internet, aber auch ihrer Generation entsprechend. Auf ihren Bandfotos sehen sie aber eher aus, als seien sie gerade der Great Depression der Dreißigerjahre in den USA entkommen und suchten nun ein erfülltes Leben in der Kunst, abseits von einer Gesellschaft, deren Wirtschaft nicht mehr funktioniert. Musikalisch klingen sie dann so, als hätten sie den Rock ’n’ Roll der Fünfzigerjahre ein Stück weit geerdet und schwanken nun irgendwo zwischen harten Gitarren und Blues-Harmonik. Fett klingen diese Gitarren, daran hört man, dass diese Musik in der Gegenwart produziert wurde. „Handgemachte Musik“, so sei ihr Plan gewesen, als sie sich zum ersten Mal zum gemeinsamen Musizieren getroffen hätten. „Eigene Songs und schön oldschool sollte es werden. Im Vorbild der alten Meister“, erklären sie. In der Nostalgie liege für sie dabei eine „häufig unterschätzte Triebkraft“, die einen in der Gegenwart beflügeln könne.
In der Münchner Gegenwart dürften sie mit ihrem Bluesrock sowieso ganz gut aufgehoben sein. Denn immerhin konnte hier zuletzt die Whiskey Foundation mit dieser alten Musik absurde Erfolge feiern und solch große Säle wie die Muffathalle füllen. Velvet Smoke haben dementsprechend ebenfalls viele Pläne. Etwa die Songs für ihre erste EP fertig zu stellen, die sie Ende des Jahres aufnehmen möchten. Auch da bleiben sie ihrer Wunsch-Epoche treu: Die Musik soll auf alten Tonbandgeräten aus den Siebzigerjahren aufgenommen werden. Und auch abseits der Musik widmen sie sich eher alten Hobbys wie Fischen, Schreinern, Kochen und Fotografieren. Für sie passt das: „Diese Seele des Blues, die im modernen Bluesrock weiterlebt, versuchen wir so gut wir können nachzuleben.“
Text: Rita Argauer
Foto: Ewelina Bialoszewska