Saguru / Foto: Dario Suppan

Band der Woche: Saguru

In seiner Musik vertont der 24-Jährige all das, was ihn gerade beschäftigt, zum Beispiel der Verlust von Erinnerung oder Worten.

von Johanna Schmidt

„I’m so glad I’ve found this, I’m so glad I did“, singen die Editors in ihrem Song
„Munich“. Naheliegend, dass die englische Indie-Rock-Band damit die Stadt besingt. Die Freude darüber, vielleicht einen sonnigen Nachmittag am Flaucher verbracht, der Alten Pinakothek einen Besuch abgestattet oder einfach gemütlich auf den Treppen des Residenztheaters einen Kaffee getrunken zu haben. Das alles kann natürlich in diese Zeile, vor allem wegen des Songtitels, hineingedacht werden, doch Tom Smith, Sänger der Band, macht einem da einen Strich durch die Rechnung und sagt, dass er eigentlich gar nicht mehr wisse, warum der Song jetzt ausgerechnet „Munich“ heiße.

Der Songwriter Saguru  schrieb für den „Stadtmucke“-Contest den Song „Munich Experience“. Und darin geht es wirklich um die Stadt. Saguru, der mit bürgerlichem Namen Christian Rappel heißt, singt darin von seinen Lieblingsplätzen, beschreibt beispielsweise einen Spaziergang im Olympiapark. Der Song spielt abwechselnd mit Emotionen wie Leichtigkeit und Schwermut und erinnert dabei ein bisschen an „In my Life“ von den Beatles.

Zu den Lieblingsinterpreten von Saguru zählen allerdings eher Bands wie Warhaus, Klangstof, the tallest man on earth oder Bon Iver. Und wie Bon Iver würde auch Christian gerne irgendwann mal mit großem Orchester live auf der Bühne performen. Früher stand er öfter mit Band auf der Bühne – als Teil der Red Indicators. Doch nachdem er und seine Bandkollegen das Abitur 2016 beendet hatten, wurde es zunehmend schwer, sich zu treffen und an der Musik gemeinsam weiterzuarbeiten. Also beschloss Christian kurz nach Auflösung der Band, alleine weiterzumachen. Schrieb Texte und Melodien selbst und begann alles aufzunehmen und unter dem Namen Saguru zu veröffentlichen. Entstanden ist der Name aus der Songzeile „He’s a ghost, he’s a guru“ aus dem Song „Red Right Hand“, der im Original von Nick Cave & the Bad Seeds stammt und von den Arctic Monkeys gecovert wurde.

Seit kurzem steht Saguru, der selbst seit 16 Jahren Gitarre und seit drei Jahren Klavier spielt, allerdings wieder mit Band auf der Bühne. „Alleine ist es schwer, das Publikum zu unterhalten. Mit Band ist man weniger aufgeregt und fühlt sich viel mehr als Teil eines Ganzen“, sagt Christian. Er selbst spielt bei den Auftritten weiterhin Gitarre, auch die Konzepte und Texte für neue Songs stammen von ihm. Ausgearbeitet wird das Ganze dann aber mit Band. In seiner Musik vertont der 24-Jährige all das, was ihn gerade beschäftigt. Die Texte schreibt er zwar erst dann, wenn die Melodie eines Songs bereits besteht, doch sie sollen nie irrelevant sein. „Ein schlechter Text kann einen ganzen Song zerstören.“

In seinem neuesten Song „Haze“ geht es um Alzheimer. Nicht weil ihn das gerade in seinem Umfeld beträfe, sondern vielmehr, weil er sich mit der Krankheit und vor allem ihren Auswirkungen auseinandersetzten will. Was bedeutet es für einen Menschen, sich nicht mehr erinnern zu können? An Freunde, Partner oder Familie? „All my steps are followed by strangers’ shadows, my head and soul divide – Is it time to grow feathers.“ Das ist eine der Zeilen, mit denen Saguru diese Gefühle beschreibt. Verlust, Sehnsucht, Sicherheit. Themen, die in den Songs immer wieder auftauchen. Auch in „semantic death“. Hier singt Christian über Wortverlust. Nicht unbedingt als Krankheitsbild, sondern mehr als Diagnose einer Gesellschaft, die immer weniger in der Lage zu sein scheint, die richtigen Worte zu finden.

Gerne würde Christian irgendwann von der Musik leben können, auf Tour gehen, gerne auch als Support. Sollte das aber nicht funktionieren, gibt es für Saguru immer noch ein abgeschlossenes BWL-Studium, auf das er zurückgreifen kann. Aber auch dann soll es um Musik gehen. Bei einem Label arbeiten, oder bei einer Booking-Agentur vielleicht.