Band der Woche: Mola

Bands wie Mola mit ihrem subkulturellen Mainstream-Pop hätte es ohne den Demokratisierungsprozess in der Musikindustrie durch das Internet vielleicht nicht geben. Isabella Streifeneder singt auf Deutsch und wagt Tabus, die sich früher noch wenige Bands zugetraut hätten

Mehr als zehn Jahre ist es nun schon her. Und während die wenigen großen Plattenfirmen wohl immer noch trauern, gab der Zusammenbruch der Musikindustrie auch den ausschlaggebenden künstlerischen Anschub, den Popmusik in jüngster Zeit erfuhr. Denn selbst auf den Mainstream-Markt hinproduzierte Musik ist heutzutage oft unter Indie-Maßstäben entstanden. Bis kurz nach dem Millennium hatte die Popmusik-Industrie ein Monopol inne: Die Produktion von Radio-Pop-Hits. Studiotechnik war damals noch sehr teuer und schwierig zu bedienen. In der Industrie lag das Geld, also lag es an den Managern dort, die Künstler auszuwählen, denen solche Produktionen gewährt wurden. Dann brach alles zusammen, die Musik wurde in digitaler Form entwertet, während sich Computer so rasant entwickelten, dass es nun möglich ist, als Autodidakt im heimischen Schlafzimmer die große Popnummer zu schaffen. 

Seitdem hat sich auch die Underground- und Indie-Musik-Szene rasant verändert. Denn auch hier wurde ein Monopol aufgegeben: Nicht alles, was abseits der Vermarktungsmaschinerie der Industrie stattfindet, ist noch zwangsläufig Subkultur. Es gibt in München derzeit fast mehr Musiker, die auf den Mainstream zugeschnittene Pop-Musik machen. Eine von diesen Bands ist Mola. Der Ausdruck Band stimmt hier eigentlich gar nicht. Denn bei Mola geht es in erster Linie um die Sängerin und Songwriterin Isabella Streifeneder. Die bringt die Voraussetzungen mit, auf die die Plattenbosse vor der Industriekrise angesprungen wären: Sehr flexible und soulig-groovende Stimme, hohe Musikalität, eine tolles Gespür fürs Songwriting. Doch heutzutage springen die Plattenriesen erst an, wenn alle Vorarbeit erledigt ist. Also stellte sich Isabella, die seit ihrem fünften Lebensjahr Klavier spielt (klassisch) und dann in der Pubertät begann, eigene Songs zu schreiben (ebenso klassischer Weg), ihre eigene Band zusammen. „Also Mola ist eine Band, mit festen Bandmitgliedern, aber gleichzeitig auch ein Projekt, da verschiedenste Menschen daran mitarbeiten“, erklärt sie, der „rote Faden“ sei, dass sie die Songs schreibe und singe. Und das funktioniert herrlich gut und klingt ein bisschen nach Morcheeba, der Easy-Listening-Variante der Trip-Hop-Bewegung. Isabella singt jedoch auf Deutsch, scheut nicht davor zurück, diese für die Popmusik bisweilen so unglückliche Sprache zu dehnen und in die Takte hinein zu zerren. Solche Melismen erinnerten auf Deutsch bis vor kurzen immer arg an Retro-Schlager. Mittlerweile ist diese Assoziation aber gebrochen, auch weil diese neue Art der subkulturellen Mainstream-Pop-Produktion eben noch einen anderen Aspekt in die Musik bringt: Da werden mittlerweile Tabus gebrochen, die man sich früher, als solche Musik nach Rezept produziert und finanziell gesättigt für den schnellen Verkauf veröffentlicht wurde, nicht getraut hätte.

Unter diesen neuen Underground-Mainstream-Acts, die es in München derzeit mit Nick Yume, mit Kleyo, mit Cosby oder mit Claire immer zahlreicher gibt, gehört Mola zu den einfallsreichsten und mutigsten. „In der Popmusik kann man mit verschiedensten Richtungen und Einflüssen spielen“, sagt Isabella, „irgendwie ist man so schön frei. Ich selber höre alles Mögliche.“ Damit bringt sie, unvorbelastet und der Industrie entronnen, all das auf den Punkt, was Pop-Musik ausmachte, bevor die Industrie von den Siebzigerjahren an mit Geld übersättigt war. Der Nachteil: Ein wirkliches Gehalt, dass es Bands wie Mola gestatten würde, von der Musik zu leben, gibt es nicht. Musik ist zum allzeit verfügbaren Gratis-Gut geworden. Man kann nur hoffen, dass der Markt endlich einen Mittelweg findet. Bis dahin kann man Molas vor Idealismus strotzenden Mainstream hören. Zum Beispiel am Mittwoch, 30. November, im Audi-Dome beim Spiel des FC Bayern Basketball.  

Text: Rita Argauer

Foto: Jakob Paul