Band der Woche: Madsiusovanda

Ihren ersten Auftritt hatte die Band von  Pia Ovanda und Carina Madsius auf der Fashion Week in London. Und auch sonst ist ihre Musik alles andere als gewöhnlich. Denn Madsiusovanda spielen zwar Pop, aber dass die beiden Studentinnen des Jazz sind, hört man deutlich…

Mode und Popmusik führen eine Hass-Liebesbeziehung, die auf den ersten Blick etwas vampiristisch wirkt. Die Modeindustrie saugt die Ästhetik der Pop-Musik, spätestens seit dem Grunge-Hype, gnadenlos aus. Damals geschah ganz offensichtlich eine direkte Übernahme, plötzlich schickten Edel-Labels ihre Models in zerrissenen Jeans und schweren Stiefeln auf den Laufsteg, und karierte Hemden wurden so etwas wie die Standard-Uniform – von Gucci bis Nirvana. Da bleibt ein kleines ideologisches Problem, weil sich Luxus-Mode und Protestkultur nun inhaltlich eher ausschließen. Für die Modeindustrie aber ist der Rebellionsgeist unbezahlbar. Seitdem wiederholt sich diese Pop-Mode-Invasion alle paar Jahre, zuletzt war es der Punk gewesen, danach Hip-Hop, gerade sieht man in den Kollektion wieder ein bisschen Gothic-Romantik. Doch eigentlich braucht man sich da als aufrichtiger Pop-Rebellionsgeist überhaupt nicht beschweren. Immerhin wurde mit den Sex Pistols, die Protestband erster Stunde, von Anfang an eigentlich von einer Modedesignerin, namentlich Vivienne Westwood, ausgestattet, wenn nicht gar ästhetisch erfunden.

Und für manchen Musiker ist eine solche Liaison mit der Mode auch Gold wert. Nicht nur Björk profitiert durch ihre Beliebtheit bei diversen Designern. Auch das Münchner Duo Madsiusovanda hat seinen ersten Auftritt 2017 auf der Fashion-Week in London gespielt. Zur Show der Designerin Paula Knorr. Das passt auch ganz gut, denn ebenso wie die High-Fashion verbinden auch die beiden Musikerinnen Pia Allgaier, alias Pia Ovanda, und Carina Madsius eine versponnene Kunstattitüde mit poppiger Zugänglichkeit. Nun haben die Sängerin Pia und die Pianistin Carina ein gutes Jahr später ihre erste EP „Into The Stars“ veröffentlicht. Man hört, dass die beiden Jazz studieren, Pia Gesang und Carina Komposition. Dennoch unterscheiden sich Madsiusovanda grundlegend vom Neo-Jazz, der in München derzeit geradezu aufblüht. Denn die beiden spielen Popmusik. Pia, die auch in diversen Disney-Soundtracks gesungen hat, hat eine kraftvolle, leicht aufgeraute Stimme, mit der sie durchaus eingängige und treffende Melodien singt. Carina spielt auch Synthesizer, die mal drücken dürfen. Die Uneigentlichkeit des Jazz haben die beiden gegen die Direktheit des Pop eingetauscht.

Abseits davon aber beginnen in der Musik jedoch die Spielereien. Ein paar Blue-Notes hier, ein bisschen Geblubber da. Eine schnelle Wendungen der Phrasierung oder ein überraschendes Geräusch: Die Musik der beiden erinnert in der Wildheit ihrer Arrangements an die etwas verquasten Weirdos der US-Folk-Szene wie CocoRosie oder Animal Collective. Die wurden mittlerweile von den neuen Pathos-Akustikgitarrenspielern wie Bon Iver abgelöst. Deren Unbekümmertheit und die kunstvolle Verspieltheit der Musik aber holen Madsiusovanda nun ins gegenwärtige Deutschland. Und damit sind sie hier ziemlich alleine. „Jeder Zuhörer bezeichnet den Sound ein bisschen anders“, erklären sie, dieses Verschmelzen der Genres sei kein angestrengter Prozess, sondern ein „Ausdruck von Freiheit, der durch experimentelles, kreatives Arbeiten entsteht“. Ihre gemeinsamen Inspirationen und die unterschiedlichen Einflüsse – von Klassik bei Carina über Jazz bei beiden zu Disney-Pop bei Pia – lassen sie in ihr Projekt fließen. Und diese Feier der Vielfältigkeit tut der Welt in jedem Fall gerade sehr gut.

Text: Rita Argauer

Foto: Ching Chien Ling