Band der Woche: Deebex

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Nils Kugelmann ist ein Alleskönner. Ob Gesang, Klarinette, Piano oder Synthesizer, alles spielt er in seinem Musikprojekt Deebex selbst ein. Nur am Schlagzeug hat er sich für live Konzerte Unterstützung geholt.

Bei klassischen Orchestern und bei Opern-Ensembles ist zuletzt ein Punkt besonders wichtig geworden. Diese Institutionen werden nicht müde, ihre Jugendarbeit zu betonen. Es gibt diverse Formate: Schulworkshops an der Staatsoper, Probenbesuche von Schulklassen bei den Münchner Symphonikern oder Konzertprojekte mit Indie-Klassik-Musikern wie Hauschka. 

Der Münchner Musiker Nils Kugelmann fungiert in diesen Bemühungen fast als eine Art glänzendes Vorbild. Denn er balanciert zwischen akademischer Musik und dem Ausprobieransatz der Popmusik, er wechselt zwischen dem Computer, der Klarinette oder dem Klavier als Instrument und er bewegt sich mühelos zwischen neuer klassischer Musik, Jazz und elektronischer Tanzmusik. Und wenn er nicht gerade ein Orchester im Herkulessaal dirigiert, tritt er mit seinen Songs – gemeinsam mit dem Schlagzeuger Marius Wankel – in den Münchner Clubs auf.

Seit 2014 macht Nils unter dem Namen Deebex Musik. Doch eigentlich – so liest sich das normalerweise bei den klassischen Solisten – macht er quasi schon immer Musik, von Geburt an sozusagen, denn auch er benutzt die viel gehörte Formulierung eines musikalischen Elternhauses: „Schon bevor ich denken konnte, wurde mir vorgesungen und klassische Musik vorgespielt. Zudem war es mir immer möglich, mich musikalisch auszuleben“, erklärt er. 

Als Jugendlicher fing er an, sich an elektronischer Komposition zu probieren. Im Internet hat er mittlerweile seine Songs veröffentlicht. Und die Freiheit, mit der er da in der sonst an Dogmen ebenfalls nicht armen Elektro-Szene durch die Genres pflügt, ist neuartig: Da treffen hackelnde Dub-Step-Synthie-Bässe auf melancholische Klezmer-Klarinetten. Da geschehen sanft atonale Harmonie-Experimente – in einem Song, der energetisch klar als Hymne angelegt ist. Und: Nils singt auf seine Stücke, wenn auch nicht in dem Sinne, in dem normalerweise die Stimme als Hauptbezugspunkt durch einen Popsong führt. Nils lässt seine Text-Phrasen und Vokal-Fragmente eher vereinzelt in die Musik tropfen, wenn sie gerade passen. Ein groovend Blues-poppiges Klavier im Song „Dreams“ begleitet von einer Jazz-Klarinette und Klacker-Percussion ist dabei auf ähnliche Weise seltsam und eingängig zugleich wie die fast sehr komprimierten und auf Anschlag pumpenden Synthesizer in „Darklight“. Diesen sehr freien Umgang mit technischer Virtuosität am Instrument und gleichzeitigem Popwillen kennt man in Deutschland selten. International fallen einem die Briten Alt-J dazu ein, die aber in ihrem Sound insgesamt einheitlicher sind. 

Nils sucht das Eklektische. Zwiegespalten ist er nicht zwischen seinen Stilen, weil er diese Trennung gar nicht wahrnimmt: Ein Orchester mit Klassik live zu sehen, sei für ihn ein ebenso umwerfendes Erlebnis wie die Club-Musik. „Schwierig wird die Diskussion zu diesem Thema erst, wenn Vorurteile gegenüber der anderen Herangehensweise zu Tage treten und die jeweils andere als veraltet und langweilig beziehungsweise wertlos und primitiv abgestempelt wird“, erklärt er. Für sich selbst zieht er aus seiner alles vereinenden Herangehensweise auch einen – kommerziell gedacht – positiven Effekt: „Ich habe das Gefühl, meine Musik kann viele Leute erreichen“, sowohl die Jazzer würden einen Zugang bekommen, als auch das tanzfreudige Party-Publikum. „Und sogar ältere Leute können damit etwas anfangen, ich denke, das liegt an dem hohen akustischen Anteil meiner Musik, der für tanzbare Musik in diesem Genre noch eher ungewöhnlich ist und der bei vielen Hörern mögliche Vorurteile gegenüber elektronischer Musik aufhebt“, erklärt er. Derzeit bereitet er sich auf ein Musikstudium vor.  

Stil: Elektro-akustische Tanzmusik
Besetzung: Nils Kugelmann (Gesang, Klarinette, Synthesizer, Elektronik), live mit Marius Wankel (Schlagzeug)
Aus: München
Seit: 2014
Internet: www.soundcloud.com/deebex

Von: Rita Argauer

Foto: Katharina Schnekenbühl