Blue Haze heißt das Musikprojekt von
Rosa Kammermeier und Julian Riegl, das am Donnerstag ihre EP “Moon” im Unterdeck präsentiert.
Blue Haze ist eine Haschisch-Sorte. Das verrät zumindest das Internet, wenn man sich dort auf die Suche nach dieser gleichnamigen neuen Münchner Band macht. Ob diese Assoziation beabsichtigt ist, ist jedoch nicht so ganz klar. Denn obwohl bei der Band Blue Haze (Foto: Sophie Wanninger) die Musik hinter den langen Reverb-Schwaden auf den Gitarren wie im Nebel zu verschwinden droht, hat das dennoch rein gar nichts mit der codierten Kiffer-Romantik zu tun, die etwa die Namensfindung im Reggae und Hip-Hop immer wieder bestimmt (am eindeutigsten wohl bei Cypress Hill, die sogar einen Song „I love you Mary Jane“ nannten).
Rosa Kammermeier und Julian Riegl aber suchen mit dem reduzierten Post-Punk und Dream-Pop, den sie als Blue Haze spielen, nach einer Romantik, die viel älter ist als kiffende Hip-Hopper. Vielmehr verweisen sie auf den blauen Dunst des Zwielichts, der einem Versteck und Grauen gleichzeitig sein kann. Dieser prägt nicht nur die zwischenweltliche Lichtstimmung auf Caspar David Friedrichs Gemälden, auch in der Lyrik des 19. Jahrhunderts ist insbesondere die Farbe Blau symbolisch aufgeladen und mit dem Jenseitigen und Außerweltlichen verknüpft. Und in dieser Zeit fußt die Inspiration des Duos: „Blue bezieht sich darauf, dass wir uns in unserer Musik manchmal ein bisschen melancholisch fühlen“, erklären sie, aber trotz dieser düsteren Grundstimmung schwinge in dem Namen aber auch die Romantik, insbesondere die blaue Blume bei Novalis und der Glaube an die Liebe mit.
Doch der Retro-Wille der beiden reicht nicht so weit, dass sie sich im Biedermeier-Outfit den Auflösungsfantasien der musikalischen Spätromantik hingeben. Um die nihilistische Melancholie der Romantik in die Gegenwart zu holen, gehen sie den Umweg über einen Künstler, den sie bei ihren Einflüssen stets an erster Stelle nennen: David Lynch. Und obwohl der weniger für seine Musik als für seine Filme bekannt ist, macht das Sinn. Denn nicht nur in „Blue Velvet“ erschafft er immer wieder Figuren und Räume, die sich nicht mehr in der eigentlichen Realität zu befinden scheinen, aber dennoch genug Anbindung an die Gegenwart haben, um ihren Zuschauer in den Grundzügen begreiflich zu bleiben.
Musikalisch übersetzt bei Blue Haze klingt das dann nach dem Post-Punk der frühen Achtzigerjahre – also stoisch gleichbleibende Rhythmus-Patterns, die die beiden mit dem Drumcomputer programmieren, harmonisch um sich selbst kreiselnde Gitarren-Pickings, die nirgendwo hinführen, aber das auch nicht wollen, sowie getragene und gleichzeitig abwesend wirkende Gesangslinien.
Doch das funktioniert – denn man hört sowohl die Shoegaze-Erfahrung, die Rosa als Bassistin in der um einiges energetischeren Band Come Back Harriet sammelte, und die Indie-Elektro-Experimente, die Julian mit seiner zweiten Band Kafkas Orient Bazaar macht. Nachdem Rosa die visuelle Gestaltung für einen Kurzgeschichtenband zum jüngsten Album von Kafkas Orient Bazaar übernahm, begannen die beiden, auch zusammen Musik zu machen. Rosas andere Band – Lilit and the Men in Grey – macht derzeit eine Pause, deshalb hat sie Zeit für dieses neo-romantische E-Gitarren-Duo mit einem Hang zur psychedelischen Realitätsverklärung. Gerade haben sie ihre erste EP fertig produziert, die den passenden Titel „Moon“ bekommen hat und die am Donnerstag, 5. Mai, im Unter Deck in München mit einem Live-Konzert vorgestellt wird. Im Sommer haben sie dann erst einmal vor, Musik für ein Theaterstück zu schreiben.
Stil: Dreampop / Shoegaze / PostPunk
Besetzung: Rosa Kammermeier, Julian Riegl
Aus: München
Seit: 2015
Internet: soundcloud.com/blue-haze-488398908
Foto: Sophie Wanninger
Text: Rita Argauer