Unser Autor Louis genießt den Sommer in München in vollen Zügen. Mit Kunst, Comedy, Eis und Musik. Und das für wenig Geld. Warum München diesen Sommer aus dem (sub-)kulturellen Tiefschlaf zu erwachen scheint? Louis zeigt es euch mit seiner Wochenplanung!
Im Sommer finde ich einfach alles herrlich. Ich liebe das morgendliche Vogelzwitschern beim Aufwachen. Die lauen Abende an der Isar, das Fahrradfahren, ja selbst das Wäschetrocknen im Freien sind für mich purer Genuss. Ich bekomme Lust, Jeden und Alles zu umarmen und die drängelnden Hausarbeiten einfach mal auf das zu reduzieren, was sie sind: ein paar Flecken Tinte auf weißem Papier. Was gibt es da doch Alles zu entdecken! Besonders in München, die italienischste aller deutschen Städte, die dieses Jahr endgültig aus dem (sub-)kulturellen Tiefschlaf zu erwachen scheint.
So ein Satz ist schnell gesagt. Überprüfen kann ich das am Freitag auf der Jahresausstellung der Akademie der bildenden Künste. Einmal im Jahr öffnet das imposante Kunsthochschule ihre Pforten für Jedermann, und neben ergreifender Kunst und großem Spektakel lässt sich der gesellschaftliche Wert von Kunst in diesen stolzen Hallen sehr gut erspüren. Am Abend zieht es wohl ganz München aufs Free&Easy-Festival im Backstage, wo heute Moneyboy für umsonst auftritt. Ja, richtig, für umsonst. Ich werde mich dem ganzen Rummel lieber entziehen und starte gemütlich an der Isar ins Wochenende. Später schaue ich auf jeden Fall noch in die Rote Sonne vorbei, die gerade ihr 13-Jähriges Bestehen feiert.
Am Samstag möchte ich raus. Draußen sein. Tanzen. Nur Wo? Mir eröffnet sich die Qual der Wahl: auf dem Königsplatz zum Oben Ohne Open Air mit Matija, Liquid & Maniac, Ace Tee und den Leoniden? Oder raus zum Ammersee aufs wunderschöne Sammersee Festival? Nach Freimann in die Mange des Wannda Cirkus? Es ist einfach zu viel und doch ganz fantastisch zu sehen, wie bunt das kulturelle Leben in München inzwischen geworden ist. Und ein kleiner Tipp für diejenigen, denen es nicht nach Tanzen ist: heute findet auch das Festival Oper für Alle auf dem Max-Joseph-Platz statt.
Meine bunten Festivalhemden lasse ich am heutigen Sonntag gleich an. Denn heute geht es darum, ein Zeichen zu setzen. Für mich zumindest. Ich kann es nicht länger ertragen, wie Politiker bewusst auf Hass und Spaltung setzen, um von ihrer irreführenden, inkompetenten Politik abzulenken. Darum nehme ich an der Großdemonstration Ausgehetzt: Gegen die Politik der Angst teil und ich würde es jedem Menschen, der für ein weltoffenes und buntes München steht, ebenfalls ans Herz legen. Am Abend genieße ich den letzten Tag des diesjährigen Tollwood Sommerfestivals mit dem Konzert von Jack Johnson, bestem äthiopischen Njeera und einem kühlen Hellen im Olympiapark.
Am Montag besuche ich ein eigentlich recht unattraktives Wohnviertel im Münchner Süden, Obersendling. Hier hat sich allerdings seit diesem Sommer ein richtiger Frei- und Experimentierraum entwickelt. Zwischen Open Air Kino, Konzerten, Ausstellungen und Diskussionen soll es beim Obersendlinger Freiraumsommer vor Allem um die Frage gehen: Welchen Wert soll öffentlicher Freiraum in der Stadt in Zukunft besitzen? Ein spannendes und zeitaktuelles Projekt, wie ich finde.
Am folgenden Dienstag lasse ich es ruhig angehen. Ich schlafe gemütlich aus und mache mich auf einen langen Spaziergang durch den Englischen Garten (übrigens der größte Stadtpark der Welt!). Beim Milchhäusl treffe ich auf eine große Gruppe Menschen: Outdoor-Yoga. Ich beschließe, meinen lahmen Knochen ebenfalls ein wenig Belastung zuzumuten und stimme mit ein. Danach bleibe ich gleich in Uninähe. Im Lost Weekend find wieder einmal ein Open Mic Comedy-Abend statt, diesmal unter dem Titel „Awkward Silences“. Ob sich hier eher die besten oder die miesesten Stage-Poeten der Stadt tümmeln werden? Es bleibt abzuwarten.
Am heutigen Mittwoch träume ich den Surfern am Eisbach hinterher. Hatte ich es mir nicht selbst im Frühjahr vorgenommen, die Kunst des Wellenreitens endlich zu lernen? Spätestens nach dem heutigen Abend wird meine Motivation wieder voll auf Hochtouren sein: im Kino, Mond & Sterne ist Surf Film Nacht. Der Film The Endless Winter wird gezeigt und geht auf Roadtrip quer durch Europa, immer den besten Wellen hinterher- und macht dabei auch Halt in München. Und auch auf musikalisches Wellenreiten freue ich mich- der Jazz Jam in der Milla hat sich immer wieder als Geheimtipp erwiesen, um richtig gutes Musizieren in kleiner Atmosphäre zu genießen.
Darf ich nun einen kleinen Geheimtipp verraten? Das beste Eis in München gibt’s eindeutig im liebevoll geführten Eiscafé Italia am Roecklplatz. Die zweite Abkühlung in der Isar ist von hier nur ein paar Schritte weit entfernt. Am Donnerstag-Abend freue ich mich auf Diskussionen mit Journalisten beim piqd-Salon #7 im 404 – page not found. Investigativjournalisten erzählen von Ihren Recherchen, das klingt für mich unheimlich spannend. Und es ist sicherlich eine super Gelegenheit für alle Nachwuchsjournalisten, sich auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Später springe ich in die wenige Straßenecken entfernt gelegene Milla aufs Release-Konzert der Münchner Gruppe Bittenbinder. Ihr neues Album soll „Mehr Liebe“ heißen- mein Motto des Sommers.
Und so geht wieder einmal eine turbulente Woche um, ohne es bemerkt zu haben. Vollgepackt mit Glück und Sonnenschein, doch Zeit für die Hausarbeiten muss ja auch noch sein. Ach warte, heute geht das aber noch nicht: Im Feierwerk gibt es diesen Freitag beste Interkulturelle Vibrations zu betanzen. Mit der International besetzten Band FAELA beginnt mein Wochenende- und das Warmtanzen für unser großes Sound Of Munich Now Open Air!
Text: Louis Seibert
Foto: privat