Zeichen der Freundschaft: Telefonmarathon

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Unsere neue Kolumnenreihe “Zeichen der Freundschaft” geht in die zweite Runde. Diesmal mit einem Text von Kathi über süße Geckos, Palmwedel und die Pflichten einer guten Freundin.

Tina säuselt schon wieder in ihren Telefonhörer: „Der ist sooo putzig“. Ich hoffe spontan, dass sie sich einen Hundewelpen zugelegt hat. Oder einen Gecko, die Viecher fand sie schon immer cool. Hat sie aber nicht. Tina hat sich einen Sven zugelegt.

Also verbringe ich die nächste halbe Stunde damit zuzuhören. Und an passenden Stellen Dinge zu sagen wie „unglaublich“, „wie süß“ oder „wie unglaublich süß“. Schließlich möchte ich ganz sicher nicht diejenige sein, die Tina aus der Traumwelt holt, auch wenn Sven einen leicht, nun ja, grenzdebilen Eindruck macht. Aber jede Verliebte hat ein Recht auf eine gewisse Zeit im Luftschloss und Freundinnen haben ihr dann gefälligst mit Palmwedeln Luft zuzufächeln. Bis ihnen der Arm einschläft.
Mein Arm ist mittlerweile gut trainiert. Tina und ich am Telefon, unter drei Stunden geht da nichts. Mindestens zwei Stunden und zweiundvierzig Minuten davon reden und richten wir über Männer. Über Männer wie Sven.
Vorübergehend erfreue ich mich an der Vorstellung, Sven könnte tatsächlich ein blonder Chihuahua mit unglaublich viel Haargel sein. Und an der Hoffnung, Sven könnte in Wirklichkeit doch ein schlaues Kerlchen und in Tinas frischverliebter Darstellung einfach schlecht weggekommen sein. Glücklich macht er sie jedenfalls, das ist doch die Hauptsache, das ist mein neues Mantra.

Selbiges Mantra in Kombination mit einem „Ommm“ wiederhole ich innerlich auch, als Tinas Schlussplädoyer folgt: „Hach, der ist einfach zucker“. Ich schlucke meine Verachtung für die Adjektivierung von Süßstoff hinunter und gratuliere zu diesem tollen Gummibärchen-Hecht. Hoffentlich ist er auch in drei Wochen noch toll. Hoffentlich heiraten die beiden. In einem Schloss. Stoff für eine Rede gäbe es jetzt schon genug.

Als wir nach drei Stunden und siebenundzwanzig Minuten aufgelegt haben, erinnere ich mich an unser letztes Telefongespräch. Da war ich dran mit – nun ja – Säuseln: „Der ist ja sooo super!“, das war meine fundierte Kernaussage. Um Geckos ging es damals auch nicht.

Von: Kathi Hartinger

Foto: Yunus Hutterer