Ella Buß hat herausgefunden, woher heutige Schönheitsideale kommen. Unter anderem von Instagram.  Foto: Privat

Vor der Operation

In der Reihe „Unikate“ stellen wir in loser Folge Studentinnen und Studenten vor, die spannende Abschlussarbeiten geschrieben haben. Diesmal: Ella Buß erforscht, warum viele Menschen ihre Körper nicht mögen

Hässlich, unwohl, zu kleine Brüste. Nach diesen Schlagwörtern durchsuchte Ella Buß, 24, ihre WhatsApp-Chats und war erschrocken, wie häufig sie in Nachrichten von Freundinnen auftauchten. Für Ella ist die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper ein Problem unserer Generation: „Bei unseren Eltern wurden Ikonen wie Audrey Hepburn für ihr Talent gefeiert, nicht für ihre Schönheit, zumindest war das nicht der Hauptgrund.“ Das brachte die Studentin für Modejournalismus und Modekommunikation an der AMD München auf das Thema ihrer Bachelorarbeit.

Unter dem Titel „Am I enough? Selbstliebe und Überoptimierung. Das Schönheitsverhalten im 21. Jahrhundert“ untersucht sie, warum wir uns so schwer von der Macht der Schönheit lösen können. Dafür sprach sie mit einer Schönheitschirurgin und fünf jungen Frauen, die sich einer Schönheits-OP unterzogen haben. „Es war mit am schwierigsten, jemanden zu finden, der offen darüber redet“, sagt Ella. Fündig wurde sie nach sechs Wochen in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis. In Interviews erzählen die Frauen ihre Geschichten. In einem Fotoshooting stellt Ella ihnen griechische Statuen gegenüber: „Diese Statuen waren über Jahrhunderte das Schönheitsideal überhaupt, man hat an ihnen gemeißelt, bis sie perfekt waren.“ Sie will damit zeigen, dass junge Menschen, die ihre Lippen oder Brüste vergrößern lassen, zu diesem Schönheitsideal werden.

Die Frauen ließen sich verschiedene Körperteile operieren. Alle hatten vor der Operation psychisch gelitten. „Eine hatte von Geburt an eine Kiefer-Gaumen-Spalte und wurde ihr ganzes Leben lang dafür gemobbt“, sagt Ella. In ihrer Arbeit untersucht sie auch den Einfluss sozialer Medien. Ihr Fazit: Man nutzt diese in den unreflektierten Momenten, etwa nach dem Aufwachen, im Bus, beim Essen, das mache beeinflussbar. „Man sieht die Bilder und denkt sich: Warum sehe ich nicht so aus?“

Auch weil die Möglichkeiten da sind, ließen junge Menschen sich öfter operieren: „Sich die Lippen aufzuspritzen zu lassen, kostet heute nicht einmal 200 Euro, das können sich auch Jüngere leisten, die ein paar Monate sparen.“ Auch Ella kennt sich damit aus: Mit 18 hat sie ihre Lippen aufspritzen lassen, eine OP würde sie aber nicht machen lassen. „Ich will nicht etwas aufs Spiel setzen, nur um etwa perfekte Brüste zu haben, die es so wahrscheinlich gar nicht gibt.“

Von Lisa Miethke