Von Freitag bis Freitag – unterwegs mit Elsbeth

Der Januar ist das Stiefkind unter den Monaten. Grund genug für eine ausgiebige Ablenkungstherapie.

Eisige Kälte, gescheiterte Neujahrsvorsätze, griesgrämige Gesichter an der Bushaltestelle. Zugegeben: Es gibt schönere Monate als den Januar. Aber dafür kaum bessere Gelegenheiten, um sich in den Freizeitstress zu stürzen! 

Gutes tun und sich dabei gut unterhalten lassen – das mache ich diesen Freitag: Um 20 Uhr geht es im Theater Heppel & Ettlich los mit der Benefizveranstaltung „Münchner Künstler bekennen Farbe“. Der Eintritt ist frei, Spenden gehen vollständig an Organisationen, die Flüchtlinge unterstützen. MonacoBagage präsentiert eine wilde Stilmischung aus Blasmusik, Klassik und Swing. Liedermacher Christoph Weiherer teilt politisch inkorrekt nach allen Seiten aus. Jodelfisch jodelt zu Balkan-Musik und Dagmar Aigner schwankt musikalisch zwischen Broadway und Bayern.

Nachdem ich noch am selben Abend beim Zappen auf den Bayerischen Filmpreis gestoßen bin, frage ich mich: Wie steigt man überhaupt ein ins Geschäft? Deshalb schaue ich am Samstag um 9.30 gleich mal bei denen vorbei, die das wissen müssen: bei den Studenten der Hochschule für Film und Fernsehen. Am Tag der offenen Tür schiele ich neugierig hinter die Kulissen, löchere Studenten über ihren Alltag, werkle in Gedanken an einer potenziellen Oscar-Rede. Und werfe mich vielleicht im TV-Studio vor der Profi-Kamera in Pose. Wenn niemand zuschaut.

Einen Tag in der Woche verzichte ich darauf, erwachsen zu sein: am Sonntag. Ich gebe es ja zu: Ein wenig albern komme ich mir als 22-Jährige schon vor, wenn ich inmitten aufgeregter Kleinkinder mit staunend großen Augen im Sea Life stehe. Aber wann sonst hat man mal die Chance, den Biologen bei der Inventur zu helfen und Seepferdchen zu zählen? Wer vor dem 25. Januar richtig rät, wie viele Fische sich in den Becken tummeln, gewinnt eine Jahreskarte.

Am Montag habe ich nach dem kindischen Exkurs wieder mal Lust auf anspruchsvollere Unterhaltung. Ein schöner Zufall, dass gerade die jüdischen Filmtage laufen. Im Monopol-Kino sehe ich mir abends „Get – Der Prozess der Viviane Amsalem“ an. Das Scheidungsdrama spielt in Israel und lässt einen sehr dankbar zurück, dort in keinen Rosenkrieg verwickelt zu sein. In Israel gibt es nämlich keine zivilrechtliche Ehe. Hat der Ehemann, wie in Vivianes Fall, auf eine Scheidung keine Lust, kann sich der Prozess jahrelang hinziehen.

Streit gibt es auch bei der hitzigen Podiumsdiskussion, die ich am Dienstag um 19.00 Uhr in meinem Terminkalender stehen habe. Im Mittelpunkt steht ein Thema, das Studenten wahrscheinlich besonders zur Weißglut bringt: die Wohnungsnot.

Der Mittwochabend ist reserviert für fremde Kulturen – in dieser Woche für trommelnde Samurais im Prinzregententheater. Um Punkt 20.00 Uhr eröffnen die Japaner mit den schwarzen Lederröcken das Spektakel „TAO“ und dreschen mit wuchtigen Schlägen auf ihre Trommeln ein. Mein Applaus kann damit nicht so richtig mithalten… 

Dem Fernweh gebe ich auch am Donnerstag nach, und zwar in der Ausstellung von Julia Thalhofer. Die junge Fotografin aus München, die schon zweimal im Farbenladen bei einer Ausstellung der Junge-Leute-Seite ihre Werke präsentierte, ist mit einer analogen Sofortbildkamera im Gepäck quer durch Asien gereist. Herausgekommen sind keine Touristenbilder in kitschiger Postkartenoptik. Stattdessen zeigen die 100 Polaroid-Fotos das alte, traditionelle Asien, das langsam im Verschwinden begriffen ist. Kennenlernen kann man die Künstlerin in der Galerie Ingo Seufert, wenn um 19 Uhr eröffnet wird.

Freitag, schon ist die Woche wieder rum. Fazit: Ich bin musikalisch, künstlerisch und cineastisch ein bisschen schlauer. Und ich glaube zu wissen, wie viele Fische sich in einem Aquarium tummeln (2.512?). Aber die Lange Nacht der Architektur lasse ich heute mal lieber sausen. Plötzlich habe ich Lust auf einen Spaziergang in der Januarkälte.

Elsbeth Föger