Es gibt Menschen, die zelebrieren Ostern. Für andere ist es der richtige Moment, das Konzept Wochenende neu zu erfinden. Und weil in Bayern leben, wirkt der Alltag manchmal wie eine Szene aus einem schlechten Comedy-Sketch.
Wie eine Art Ritual verbringe ich meine Mittwochnacht seit einigen Monaten mit dem von mir und meinen Mitbewohnern getauften „obligatorischen Garry-Mittwoch“ – der wöchentlichen queeren Partynacht im Harry Klein. Die Tatsache, dass bei mir zu Hause im Massmann-Wohnheim donnerstags auch immer eine Feier in unserem Partykeller stattfindet, lässt mich manchmal das Konzept von Raum und Zeit vergessen. Das Wochenende wird somit schnell zu einem abstrakten Konzept und beginnt auch mal in der Wochenmitte. Aber ich finde, in einer so Leistungs- und Produktionsorientierten Zeit, darf man versuchen, das Konzept Wochenende neu zu erfinden, so bin ich trotz der Augenringe und verzweifelten Blicken auf die Countdown-Anzeige meines Handyweckers dankbar für die Möglichkeit, unter der Woche Raum und Zeit vergessen zu können. Denn es bleibt ein Privileg.
Da jetzt die Osterfeiertage beginnen, wird auch dieses Wochenende aus der Reihe tanzen. Weil Karfreitag jedoch ein stiller Feiertag ist und in Bayern das Tanzverbot gilt, geht das nur bedingt. Gut, dass es Veranstaltungen gibt, die eine Methode gefunden haben, um das veraltete Gesetz zu umgehen. Seit 2016 gilt: Wenn sich die Veranstaltung deutlich vom Christentum abgrenzt, darf sie unter Auflage stattfinden. Also meldet auch dieses Jahr der Bund für Geistfreiheit sieben Veranstaltungen an. Eine davon findet am Karfreitag im Import Export statt, hier gibt es eine wilde Genreexplosion aus Afrobeat, Spiritual Jazz und Salsa und anschließender Einlage von DJ Booty Carell, dessen Name an einem stillen Feiertag wie eine Art Kampfbegriff klingt. Unterbrochen wird die Veranstaltung alle 90 Minuten von einer Durchsage, welche den Charakter der Veranstaltung erklären soll. Das ist eine Auflage des KVRs. Manchmal wirkt das Leben wie eine Szene aus einem schlechten Comedy-Sketch.
Samstagnacht um Mitternacht endet das Tanzverbot, so kann man dann auch ohne Durchsagen des KVRs in die Nacht reinfeiern, zum Beispiel in der Milla. Hier gibt es am Samstag den „Kassettenclub“, das heißt von Postpunk bis Synthie kann ich mich hier bis in die Morgenstunden von „4 Decades of Underground Music“ berieseln lassen.
Am Sonntag gibt es ein Festival, dem Ort zuliebe, der jeden beherbergt. Ob nach Hause schlendernder Feierwütiger oder der aufgeweckte Frühaufsteher, sie alle treffen am Kiosk aufeinander. Der Krüner Kiosk lädt zur Feier dieses besonderen Flecks zum allerersten Kiosk-Tagesfestival ein. Ab 14 Uhr gibt es Essen, Trinken und Musik. Nach einigen Tagen feiern ist das der Balsam für die Seele.
Am Montag geht es für mich in den Bürgerpark Oberföhring, hier findet ein unabhängig organisiertes Festival statt, der Eintritt ist gratis, es spielen unterschiedliche Punkbands – zum Beispiel Kläranlage. Dem etwas kryptischen Flyer mit dem Hasen drauf war zu entnehmen, dass es auch DJs und eine Kunstausstellung geben wird. Wer sich überraschen lassen will, kommt ab 14 Uhr in die Oberföhringer Straße 156.
Am Mittwoch steht auch schon wieder der obligatorische Garry-Klein- Mittwoch vor der Tür. Die wöchentliche Drag Show ist für mich wieder der Auftakt, um Raum und Zeit zu vergessen.
Am Freitag geht es nach längerem mal wieder ins Unter Deck, einem meiner Lieblingsorte in München. Hier kann man alles erwarten, von elektronisch bis experimentell. Einmal erzählte mir ein Freund, es wären drei ältere Herren hinter dem DJ-Pult gestanden. Sie legten mit Schallplatten auf, aber anstatt Übergänge zu machen, pausierten sie das Lied und ließen ein neues laufen. Ob das stimmt, kann ich nicht bestätigen. Zur authentisch alternativen Atmosphäre des Unter Decks würde es aber passen. Außerdem würde ich gerne wissen, wann sie das nächste Mal auflegen. Experimentell klingt es nämlich allemal.
Nicole Salowa