Zuhören, Ziele abstecken, Dranbleiben: Philipp von der Wippel, 18, hat eine gemeinnützige Internetplattform
entwickelt, die Menschen bei der Umsetzung ihrer Ideen unterstützt – Project Together
Am Anfang steht die Idee. Nur leider bleibt es oft dabei.
Philipp von der Wippel, 18, hat jedoch selbst erfahren, wie weit es
Ideen bringen können, wenn sie Wirklichkeit werden: bis zur 10 Downing
Street. Nur wenige Monate, nachdem er bei seinem Auslandsaufenthalt mit
Mitschülern eine Bewusstseinskampagne für das Leid in Syrien initiiert
hat, weitet sich die Bewegung auf mehr als 300 Schulen aus, und: Die
Macher werden von der britischen Regierung eingeladen, ihr Projekt
vorzustellen.
Zu erleben, wie viel man gemeinsam erreichen kann, sei für ihn der
Anstoß gewesen, mit der Entwicklung von „Project Together“ zu beginnen,
erklärt Philipp. Während der Oberstufe entwickelt er das Konzept für
eine gemeinnützige Internetplattform, die Menschen bei der Umsetzung
ihrer Ideen unterstützt. Selbst erhält Philipps Idee wiederum Starthilfe
von seinem Mentor Michael Pirker, einem Freund der Familie, der während
einer beruflichen Auszeit das Projekt mitgründet. Getragen wird die
Initiative heute von einem Dutzend Ehrenamtlichen im Alter zwischen 18
und 25. Einer von ihnen ist Alexander Bucher, 22. Der
Elektrotechnik-Student kümmert sich um die Koordination der Projekte.
Auf seinem Computerbildschirm zeigt er, wie interessierte
Projektgründer mit der Organisation Kontakt aufnehmen. Zunächst müssen
sie anhand eines Fragebogens präzisieren, welche Idee sie verfolgen und
was sie dafür benötigen. Das dient nicht nur dem Team von Project
Together zur Einordnung der Anfrage, sondern soll bereits den
Interessenten helfen, sich selbst ein klares Bild ihrer eigenen Idee zu
machen. „Die meisten geben hier an, dass sie sich bereits nach dem
Beantworten der Fragen zuversichtlicher fühlen, ihr Projekt umzusetzen“,
sagt Projektkoordinator Alexander.
In den folgenden acht Wochen erhält der Mentee einmal pro Woche ein
Telefoncoaching von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter. Es gehe hier nicht
um Beratung, betont Philipp, sondern darum, unterstützende Fragen zu
stellen. Gemeinsam werden die Fortschritte der vergangenen Woche
besprochen und Ziele für die nächste abgesteckt.
Zu den ersten Mentees des Projektes gehörte Arjan Stockhausen, 21.
Der Kunststudent lernt Philipp vor eineinhalb Jahren kennen. „Damals war
ich noch ganz am Anfang“, sagt Arjan. Im Gespräch mit Philipp habe er
seine Idee erstmals konkret für jemand anderen formuliert: Er will eine
Online-Plattform aufbauen, auf der sich junge Künstler vermarkten und
vernetzen können. In zahllosen Telefonaten und E-Mails habe Philipp ihm
geholfen, seine Vision zu strukturieren. Gerade in dieser Anfangsphase,
in der man sich kaum traue, überhaupt über die Idee zu sprechen, seien
ganz einfach Dinge eine große Hilfe, erklärt Arjan: Zuspruch zu finden,
gemeinsam Ziele zu formulieren. „Ich weiß nicht, ob ich das Projekt
sonst umgesetzt hätte“, sagt der Kunststudent. „Ideen sind etwas so
Fragiles.“ Inzwischen hingegen ist aus der fragilen Idee ein konkretes
Projekt geworden: Bereits rund hundert Künstler findet man auf der
Plattform „Global Canvas“.
Zuhören, Ziele abstecken, Dranbleiben – so banal es klingt, was
Project Together für die Projektgründer leistet: Psychologisch helfen
sie ihnen dabei an einer der schwierigsten Hürden. Professor Dieter
Frey, Lehrstuhlinhaber des Bereichs Sozialpsychologie an der LMU,
bestätigt: „Fragen und Reflexionen, die von außen kommen, erhöhen die
Erfolgswahrscheinlichkeit.“ Dass die ehrenamtlichen Mitarbeiter von
Project Together mit ihren jungen Jahren nicht viel Erfahrung
mitbrächten, sei dabei nicht zwingend problematisch, es gehe vielmehr
darum, endlich mit der eigenen Idee das stille Kämmerlein zu verlassen.
„Der Vorteil von Außenstehenden, die kritische Fragen stellen, ist, dass
sie nicht betriebsblind sind. Es findet ein Zusatzdialog statt, der
sehr oft unterbleibt, wenn man im eigenen Saft schmort“, erklärt der
Sozialpsychologe. Deswegen würde er den Machern raten, an einem Konzept
festzuhalten, bei dem man Feedback von realen Personen erhält.
Aber Project Together soll wachsen. Und zwar immens. Nach rund 80
betreuten Projekten – darunter sogar eines aus Afrika – denken die
Macher bereits in ganz großen Dimensionen: 100 000 Ideen sind das
nächste Ziel, so Philipp. Natürlich reicht hierfür eine Handvoll junger
Menschen am Telefon nicht aus. Aber das Coaching, wie es jetzt noch
betrieben wird, soll nicht mehr nötig sein, wenn die Plattform weiter
ausgebaut ist. „Vieles wird dann automatisierter ablaufen, erklärt
Alexander. Über die Zeit werde die Datenbank der Projekte anwachsen und
damit auch ein breites Wissen darüber, welche Herangehensweise sich
jeweils als zielführend herausgestellt hat, und wer an welchem Projekt
beteiligt war. „Durch die vielen Informationen, die wir sammeln, können
wir Menschen sehr effektiv zusammenbringen“, erklärt Philipp. Das
Coaching wird dann im besten Fall von der Community, die bereits von
Project Together profitiert hat, übernommen anstelle von einzelnen
ehrenamtlichen Mitarbeitern.
Möglichst vielen Menschen zu ermöglichen, ihre Ideen umzusetzen, ist
für Projektgründer Philipp in erster Linie eine politische Maßnahme für
mehr Demokratie. „Wirkliche Veränderungen in der Gesellschaft entstehen,
wenn einzelne Veränderungen wagen“, erklärt er – wie etwa ein paar
16-Jährige Schüler mit einer Initiative für Syrien.
Das politische Anliegen hinter Projekt Together ist unter anderem
Anlass, es baldmöglichst in eine Stiftung zu überführen. Dabei soll
jedoch nicht nur die Unabhängigkeit von externen Geldgebern, sondern
auch von Gründer Philipp gewonnen werden. „Falls ich plötzlich
überfahren werde, soll das Projekt auch ohne mich weiterbestehen“,
erklärt der 18-Jährige die Vorkehrungen für sein Erbe. Etwas Nachhaken
ergibt: Vielleicht auch für den Fall, dass es ihn nun nach dem Abitur in
eine ganz andere Richtung verschlägt.
Von: Susanne Krause