Unfaire Biester

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Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche.

Es hat schon einen Grund, warum Frauenfußball ein Schattendasein fristet. Und warum wohl kaum jemand von der Grand Boucle Féminine gehört hat. Das ist die Tour de France der Frauen. Und Frauen sind unfaire Biester, erklärt mir Gregor. Geradezu hinterhältig, das will doch keiner sehen. Unter Frauen gebe es eben keine Sportsmänner, sagt er. Wo er recht hat, hat er recht.

Es ist noch gar nicht lange her, da hat seine Freundin Natalie ihm noch die Hölle heiß gemacht, weil er mit einer Kommilitonin zwischen zwei Vorlesungen einen Kaffee trinken war. Was er wohl dazu sagen würde, wenn sie mit irgendwelchen Kerlen einfach so zu einem Date gehen würde, hatte sie ihn gefragt und beschlossen, zwei lange Tage nicht wütend, sondern einfach nur zutiefst verletzt zu sein.

Das war vor drei Wochen. Gregor hat gelernt, Unternehmungen, die Natalie eventuell als Date interpretieren könnte, nicht mehr vor ihr zu erwähnen. Und trotzdem ist sie jetzt seit etwa drei Stunden schon wieder sehr, sehr verletzt. Dabei war sie diesmal diejenige, die bei einem Date war. Einem echten Date, findet Gregor. Oder ist ein Fernsehabend mit einem wildfremden Mann, der sie gestern im Supermarkt angesprochen hatte, etwa kein echtes Date? Schlimmer als seine Kaffeepausen auf jeden Fall. So hat er das auch Natalie gesagt, als sie ihr von ihrem gemeinsamen Abend mit dem Supermarkt-Typen erzählt hatte. Natalie fand das gar nicht gut. „Na gut, ich hätte vielleicht nicht erzählen sollen, dass ich immer noch mit meiner Bekannten Kaffee trinke“, gibt Gregor zu. Aber das war gar nicht das Problem. Jedenfalls nicht für Natalie. Viel schlimmer sei es, schimpfte Natalie, dass er ihr scheinbar nicht vertraue. Der Supermarkt-Typ – „er hat übrigens auch einen Namen!“ – sei eben ein netter Kerl, total sympathisch, aber doch gar nicht ihr Typ. Außerdem würde sie Gregor niemals betrügen, nie. Zutiefst verletzend findet sie seinen Argwohn. Bestimmt wieder zwei Tage lang.

Gregor seufzt. Vielleicht liegt es daran, dass Frauen bei Einladungen zum Kaffee oder zum Filmabend in der Regel immer noch die passive Rolle einnehmen. Sie werden gefragt. Dates passieren ihnen einfach, es ist also auch nicht ihre Schuld, wenn sie die Einladungen annehmen. Männer hingegen führen Verabredungen meist aktiv herbei, deshalb sind sie die treulosen Übeltäter, die arme Frauen zu Heißgetränken einladen – „was glaubst Du denn, wie sich ihr Freund fühlt, wenn Du immer mit ihr Kaffee trinkst?“ Trotzdem ist das nicht fair, findet Gregor. Frauen messen immer mit zweierlei Maß. Zutiefst verletzend ist das.

Von Lisi Wasmer