Neuland: LVNG

Die Band “The Living” aus dem Münchner Umland nennt sich ab sofort LVNG und muss feststellen, dass so eine Namensänderung doch einiges an Aufwand mit sich bringt.

Die Band The Living vollzieht aktuell einen digitalen Tapetenwechsel, zumindest was den Bandnamen betrifft. Denn von „The Living“ kann eigentlich keine Rede mehr sein, die jungen Musiker nennen sich stattdessen nun LVNG –kurz, knackig und ohne Vokale, aber bei gleicher Besetzung. Über die Motivation dahinter sagt Sänger Karlo: „Wir haben schon lange mit dieser Schreibweise gespielt. Mit der neuen EP machen wir jetzt den Schritt in eine elektronischere Richtung und möchten dafür alles mal schöner und runder gestalten.“ Das erforderte allerdings Vorbereitung: Einen Monat Vorlauf hatte LVNG etwa für das Umbenennen ihrer Profile in den sozialen Medien eingeplant. Gerade die Umstellung auf Facebook erwies sich als aufwendig. Dort musste die Namensänderung erst offiziell beantragt und dann genehmigt werden. Auf den einschlägigen Streaming- und Verkaufsseiten haben sie sogar komplett neue Profile angelegt, sodass sich die bisherige Musik noch unter dem alten Namen findet. Einige Fans sind skeptisch, doch Karlo ist überzeugt: „Mit dem, was wir jetzt rausbringen, werden wir die Leute nicht enttäuschen.“ 

Text: Yvonne Gross

Foto: Privat

Fette Beats, kaputte Betten

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Welche Musiker fallen in München auf? Jeden Montag stellen wir auf der Junge-Leute-Seite die „Band der Woche” vor. Zehn Bands von ihnen haben wir nun für die Wahl zur „Band des Jahres” ausgewählt – hier der Überblick.

Von Rita Argauer und Michael Bremmer

Uns entgeht so gut wie nichts. Wir schauen regelmäßig bei den Konzertbühnen dieser Stadt vorbei. Wir besuchen Proberäume und durchkämmen das Internet. Von daher wissen wir, welche Bands in München auffallen und von welchen Bands man in Zukunft garantiert hören wird – nachzulesen jeden Montag in unserer Rubrik „Band der Woche“. Ende des Jahres gehen wir immer einen Schritt weiter. Wir haben zehn Bands, die in diesem Jahr „Band der Woche“ waren, ausgewählt für die Wahl zur „Band des Jahres“. Die Abstimmung läuft bis zum 12. Januar, 12 Uhr, auf unserer Facebook-Seite. Hier die zehn Bands im Überblick:

Blackout Problems
Alternative-Rock

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Bei Blackout Problems wird die Bühne zum Abenteuer-Spielplatz. Da wird von Verstärkern gesprungen oder ins Publikum gesegelt. „Wir wollen nicht die Einzigen sein, die nach der Show schwitzen“, sagen sie – dementsprechend intensiv sind ihre Shows. Mehr als 200 Konzerte haben sie bisher in Deutschland wie im europäischen Ausland gespielt, dazu kommt eine ausgesprochen hohe Resonanz im Internet, insbesondere in den sozialen Netzwerken. Doch eine Plattenfirma für das Debüt-Album fand sich nicht. Sie haben ihr Album „Holy“ in Eigenregie herausgebracht und sind damit in die Charts gekommen. Sie klingen jetzt härter und kompromissloser, was aber nicht heißt, dass sie ihren Hang zur Melodie und zum ausschweifenden Chorus verloren hätten. Foto: Ilkay Karakurt 

Kytes
Indie-Pop

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Große Auftritte bei Festivals, Release-Show in der ausverkauften Muffathalle, Gewinn des New-Music-Awards in Berlin – und zuvor ein geheimer Gig in Obergiesing. Und all das passiert in nur wenigen Monaten. Die Kytes sind auf der Erfolgsspur – trotzdem haben sie für die Junge-Leute-Seite ein WG-Konzert gespielt. Und was zeigte sich bei dem kleinen Auftritt: Die Band braucht keine große Technik, um zu begeistern. Sie hat ein Gespür für große Songs – und auch wenn man glaubt, im Pop jede Melodie schon mal gehört zu haben, schütteln die Kytes immer wieder tolle Hooks aus dem Ärmel. Ach ja – nette Jungs sind sie zudem, auch wenn beim WG-Konzert am Ende ein Bett kaputtgeht.
Foto: Christoph Schaller

Felix Krull
Kitsch-Rap

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Eigentlich braucht Hip-Hop das Leid der Gosse, um seine Authentizität zu beweisen. In Berlin versuchten Sido und Konsorten die Ghetto-Romantik mit Aggro-Berlin zu reproduzieren. In München reagierten ein paar Spaßvögel-Rapper darauf mit Aggro-Grünwald, der Schampus-saufenden Rich-Kid-Variante der Rüpelrapper. Felix Krull hat diesen Stil nun perfektioniert. Die Musik, die er dabei macht, ist erstaunlich sanft. Die Edginess, die er sich in der Inszenierung erlaubt, fehlt seinen Beats, die ein wenig nach dem üblichen Loop-Allgemeingut klingen. Für den Erfolg hat er sich stark gewandelt: Vor sechs Jahren trat er noch mit präpotentem Männlichkeitsgehabe auf den Plan und sprach von sich selbst nur als dem „Stemmer“. Foto: Philipp Klett

The Living
Pop / Rock

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Nett? Das ist nicht unbedingt ein Attribut, das sich junge Musiker wünschen, gilt es doch, im Musikgeschäft aufzufallen. Die Musiker von The Living schauen aus, als wären sie einer deutschen Vorabendserie entsprungen. Auch auf der Bühne sucht man Exzentrik vergebens – bis sie dann einen euphorischen Hit nach dem anderen rausknallen. Zuletzt konnte man das beim Cover-Abend „Freundschaftsbänd“ beobachten – sie spielten „Kindertage“ von
Liann. Sie entschuldigten sich artig vor dem ersten Ton, erwähnten kurz, dass sie eher ein Remix als eine Coverversion einstudiert hätten, um dann aus der Pop-Poesie eine dynamische, überwältigende Electro-Nummer zu machen. Zweite Erkenntnis: Deutsche Texte stehen The Living gut. Foto: Sebastian Resch

Nick Yume
Indie-Pop

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Natürlich lebt das Musikgeschäft von solchen Erfolgsgeschichten: Junger Musiker taucht wie aus dem Nichts auf, veröffentlicht seine erste Single gleich bei einem Major-Label und wird kurz darauf eingeladen, für Rihanna im Vorprogramm zu spielen. Diese Geschichte ist wahr und ist dem Münchner Musiker Nicholas A. Gnan alias Nick Yume passiert. Was dabei oft vernachlässigt wird: Dieser Traum ist hart erarbeitet. Nick spielt in Schulbands Schlagzeug, schreibt bereits mit 13, 14 die ersten Songs. Später wird er zu Songwriter-Sessions eingeladen – dort entsteht auch die erste Single für Sony, eine Coverversion von „Allein Allein“. Aber auch seine eigenen Stücke klingen nach großem Pop – und einer großen Karriere, weil authentisch und mit einem großen Wiedererkennungswert: eine geschmeidige Soul-Stimme, im Falsett leicht brüchig, sicher in der Führung, ohne Scheu vor Drama. Foto: Keno Peer
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Lisaholic
Beatboxing/Loops/Hip-Hop

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Etwas mehr als ein halbes Jahr liegt zwischen den beiden Auftritten: Im Frühjahr spielt Lisaholic ihr erstes Konzert in der Kulturjurte. Das Publikum kauert auf dem Boden, Lisa hadert mit der Loopstation, bricht den Song ab, um ihn dann mit beißenden Beats und boshaftem Wortwitz rauszuknallen. So frech, so frisch hat sich schon lange nicht mehr eine Münchner Künstlerin präsentiert. Lisaholic ist Beatboxerin. Mittels Loop-Station vervielfacht sich die Münchnerin beliebig zu einem Duo, zu einer Hip-Hop-Produzentin samt Rapperin, zu einem DJ, der Gitarrentöne sampelt oder zum A-Cappella-Projekt. Doch Lisa besitzt nicht nur Rhythmusgefühl, sie hat einen guten Flow – und sie hat zudem wenig Interesse an Zurückhaltung, Geschlechterbildern oder vermeintlichen Pop-Trends. Genau deswegen gelingt ihr Musik, die tatsächlich neu klingt. Und die sie mittlerweile so perfekt auf die Bühne bringt, dass sie sich – ein halbes Jahr nach ihrem ersten Auftritt – beim Sound Of Munich Now als neue „Königin von Bayern“ feiern ließ. Foto: Okan Sayan
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Nalan381
Neo-R’n’B

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Will man wissen, welche neuen Pop-Trends sich in München auftun, muss man in die Kunstakademie gehen. In die „Klasse Metzel“, um genau zu sein. Hier treffen sich immer wieder Menschen, die dann neue Musik in die Stadt bringen. Nalan Karacagil und Nikolaus Graf zum Beispiel, besser bekannt als Nalan381. Sängerin Nalan setzt ihre zugänglichen Melodien dabei unaufgeregt auf einen mechanisch-geräuschlastigen Beat. Für die nötige harmonische Unterfütterung sorgen wolkige Synthie-Akkorde – eine Mischung aus Verwaschenheit und aktuellen Pop-Trends, die durchaus auch auf den großen Pop-Bühnen funktionieren kann. R ’n’ B trifft auf Elektro trifft auf exotische Rhythmik – für die heutzutage nötige Uneindeutigkeit sorgt eine verhangene Soundästhetik, die viele Assoziationen zulässt. Alles sehr geheimnisvoll, alles durchaus erotisch, weswegen der Radiosender Puls fabuliert: „Sie sind gekommen, um München ein bisschen mehr Sex einzuhauchen.“ Foto: Rosanna Graf
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Claire Jul
Electro-Soul

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Drei Monate sind im Musikgeschäft nichts. Und doch kann sich ein Künstler in dieser Zeit komplett neu erfinden. Claire Jul zum Beispiel. Es gibt ein Video von ihr, aufgenommen bei „Sofar Munich“ am 17. April dieses Jahres: Holy, eine klassisches Singer-Songwriter-Stück. Tolle Stimme, „überwältigend“, so die Reaktionen bei Youtube, irgendwie aber auch erwartbar. Was die Zuhörer dieser Live-Session nicht ahnen: Claire Jul müsste da schon längst an ihrer neuen musikalischen Identität gearbeitet haben, Ende Juli erscheint ihr erstes Video mit neuem Sound: Amy Winehouse trifft auf Gorillaz trifft auf Beats. Elektronische Schichten schmiegen sich über soulige Beats: euphorisch-durchgeknallte Up-Temp-Nummern mit einer Stimme, so herausfordernd, so lustvoll. Mittlerweile gibt es bereits erste Remixe – als Tech-House. Foto: Alessandra Schellnegger
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Friends Of Gas
Neo-Postpunk

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Sechs Stunden dauert eine Bahnfahrt von München nach Berlin. Ein Jahr lang dauert es, bis eine Münchner Band in der Hauptstadt ankommt. Bereits im November 2015, beim Festival „Sound Of Munich Now“, reagierte das Publikum ekstatisch. Ein Jahr später schreibt die taz: „Was für eine Wucht. Was für ein Debütalbum. Es mag ja Berliner Arroganz sein, aber ich kann überhaupt nicht begreifen, wie eine Band wie Friends Of Gas aus München kommen kann.“ Schieben wir es auf die Berliner Selbstgefälligkeit, auch oder gerade München hat Anrecht auf Lärm. Diese neue, bisweilen recht destruktive Ernsthaftigkeit kommt an in Pop-Deutschland. Foto: Susanne Beck
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PourElise
Akustik-Pop

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Henny Gröblehner steht vor der Bühne und lächelt glücklich. Auf der Bühne beim Coverabend „Freundschaftsbänd“ zerlegt gerade Elektrik Kezy Mezy ihren Song „L’Éléfant“. Härtetest bestanden, denn auch als Noise-Nummer verliert der Song nichts an seiner Schönheit. Das liegt daran, dass Henny alias PourElise das Zerbrechliche an ihrer Musik mit einer gewissen Hipness angereichert hat. Früher machte sie die perfekte Musik „für lauschige Abende im durchgeheizten Wohnzimmer“, schrieb Puls. Kuscheln kann man immer noch, aber jetzt kann das auch in der dunklen Ecke eines angesagten Clubs sein. Foto: Pierre Jarawan

Foto (oben): Conny Mirbach

Mein Song? Dein Song? Unser Song!

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Der von der Junge-Leute-Seite gemeinsam mit Flowerstreet Records organisierte Abend “Freundschaftsbänd” wird zu einem wahren Fest der Bandfreundschaften. Neun Münchner Bands Covern sich gegenseitig- und so manche musikalischen Gegensätze prallen direkt aufeinander

Als die beiden Herren von Elektrik Kezy Mezy die Bühne betreten, müssen sie sich erst einmal entschuldigen. Für das, was sie mit elektronisch verzerrter Gitarre gleich aus dem freudig-erwartungsvollen Song L’éléphant von Henny Gröblehner alias Pour Elise machen werden. Die Sängerin selbst muss allerdings lachen. Sie freut sich einfach auf diese etwas andere Version ihres Liedes.

„Freundschaftsbänd“ heißt der Abend im Cord-Club. Die neun Künstler des Abends spielen nicht nur ihre eigenen Songs. Jeder hat die Aufgabe, ein Stück eines weiteren Künstlers des Abends in eigener Interpretation aufzuführen. Die Junge-Leute-Seite der Süddeutschen Zeitung hat das Festival gemeinsam mit der Münchner Plattenfirma Flowerstreet Records organisiert. „Abende wie diese sollen den Münchner Bands eine Plattform geben, um sich als Kollektiv zu präsentieren“, sagt Amadeus Böhm, der nicht nur mit seiner Gitarre für Elektrik Kezy Mezy die Wände erzittern lässt, sondern auch als Gründer von
Flowerstreet Records das Festival mitkuratiert hat.

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Und so verwandelt sich der Samstagabend im Cord Club in eine Art musikalischen Kreisel: Ein Künstler spielt ein eigenes Stück in Originalfassung, das von der darauffolgenden Band gecovert wird. Die gibt dann ebenfalls einen eigenen Song zum Nachspielen frei. Den Abschluss macht der Singer-Songwriter Flonoton, der Claire Juls düster wummernden Elektro-Soul-Pop in eine fröhliche Ballade verwandelt. Und – als wäre das keine große Sache – hat er den englischen Originaltext für diesen Auftritt ins Deutsche übersetzt.

Bereits beim Soundcheck sind viele der Künstler aufgeregt. Weil die andere Band direkt mitbekommt, „was man aus ihrem Song, aus ihrem Herzblut gebastelt hat. Das ist wirklich aufregend und sehr intim“, verrät Verena Lederer, die als Klimt auf der Bühne Flonotons gehetzt-verzweifeltes Lied „Prellung“ in eine ruhige mit hübschen Melodieläufen ausgestattete Klavierballade verwandelt. Ihr persönlich ausgearbeiteter Stil rückt selbst beim Covern deutlich in den Vordergrund. 

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Und genau das ist es, was diesen Abend der Band-Freundschaften so besonders macht. Alle Künstler geben sich größte Mühe, das ihnen anvertraute Lied in ganz neuem Licht zu präsentieren. „Dabei musste man den Song komplett auf das Wesentliche herunterbrechen und sich dann überlegen: Wie würde ich das schreiben?“, sagt Kilian Unger alias Liann, der wohl eine der härtesten Aufgaben zu bewältigen hat. Gemeinsam mit der Cellistin Elisa von Wallis verwandelt er Elektrik Kezy Mezys wummernde Blues-Rock-Nummer „This Is How“ in ein andächtiges Liebeslied. Statt lauten Gitarrensoli setzt Liann auf punktiertes Picking am Cello. Und das funktioniert hervorragend, auch die Zeilen des Refrains „This is how I love you / This is how I make you cry“ bekommen eine ganz neue Bedeutung. Die bildmalende Poesie des Liedermachers trifft auf harte Bluenotes der Münchner Garage-Rocker – derartige musikalische Kontraste gibt es an diesem Abend viele. Mola etwa, die Klimts intensives Stück „Loneliest Person On Earth“ in eine groovige Soul-Nummer verwandelt. Und so zeigen die Künstler einmal mehr, dass in München genauso großartige, bunte musikalische und kulturelle Impulse gelebt werden wie in anderen Städten.

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Auch mit einem weiteren Stereotyp räumen die Münchner Künstler auf. Noch immer hört man das Vorurteil, dass sich aufgrund des hohen Konkurrenz- und Erfolgsdrucks in der Szene eine Art Ellenbogengesellschaft gebildet habe. Dass die Bands hier mehr gegeneinander als für- und miteinander arbeiten würden. Wer am Samstagabend allerdings auf die Hingabe achtet, mit der sich die Künstler an den ihnen anvertrauten Liedern zu schaffen machen, der kann bezeugen, dass zwischen den Musikern eine ganz besondere Bindung herrschen muss. 

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Besonders nach diesem einmaligen Konzert ist diese Vertrautheit überall spürbar. Es wird gelacht, gedankt für die neuen Impulse, die jeder Künstler aus den Coverversionen mitnehmen kann. Karlo Röding etwa, Frontman der Indie-Band The Living, hätte Sängerin Claire Jul den eigenen Song „Sweet Melody“ fast geschenkt, als er ihre Version zu hören bekommt.

Auch das Publikum zeigt sich begeistert vom extrem kurzweiligen Verlauf des Abends. Viele Zuschauer wünschen sich eine Fortsetzung, besonders weil sich die Münchner Bandszene so familiär und freundschaftlich verbunden gezeigt hat. Bei all den neuen Eindrücken und Bekanntschaften freuen sich Bands und Publikum selbstverständlich auch über die ausgefalleneren Kontrastpunkte, die etwa Dobré setzen kann. Mit Cajons und Westerngitarre verwandeln sie Molas Electro-Pop in eine entspannte Lagerfeuerhymne. Und auch Pour Elise zeigt sich von der verzerrten Up-Tempo-Version ihres unbeschwerten Akustik-Songs begeistert. „Ich konnte noch immer alles mitsingen“, sagt die Sängerin. Und für den Stilbruch haben sich Elektrik Kezy Mezy ja bereits entschuldigt.

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Text: Louis Seibert

Fotos: Jean-Marc Turmes


Weitere Bildergalerien des Abends gibt es hier und hier.

Spotify Playlist: Freundschaftsbänd

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Ein einmaliger Abend soll es werden. Neun verschiedene Münchner Künstler und Bands, die sich gegenseitig covern lassen. Alle die sich die Musiker schon einmal vorab im Original anhören wollen sollten sich diese SZ-Junge-Leute-Playlist auf Spotify nicht entgehen lassen!

Die Musiker die am Samstag bei Freundschaftsbänd auf der Bühne stehen kennen diese Songs inzwischen sicherlich auswendig. Denn dann wird von jedem Künstler ein Song in völlig neuem musikalischen Gewand aufgeführt. Weil die Originale allerdings mindestens genauso spannend anzuhören sind, haben wir unsere Lieblingslieder von The Living, Liann, Flonoton, Dobré und Elektrik Kezy Mezy in eine wunderbare Playlist gepackt.

KLIMT, pourElise, mola und Claire Jul sind leider (noch) nicht auf Spotity vertreten. Dafür hier ihre Soundcloud-Seiten: 

 KLIMT: https://soundcloud.com/musicbyklimt 

 pourElise: https://soundcloud.com/pour-elise 

mola: https://soundcloud.com/molamusic 

Claire Jul: https://soundcloud.com/claireij

Viel Freude beim Hören!

Von: Philipp Kreiter und Louis Seibert

Foto: Yunus Hutterer / Grafik: Max Mumme

„Wir wollen mehr”

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Von der Schulbühne in die Clubs der Stadt: Vor zwei Jahren haben die Musiker von „The Living“ von Konzerten in München geträumt – jetzt gehören sie zur Szene.

Von: Katharina Würzberg

Wir stehen – die Arme umeinander gelegt wie eine Fußballmannschaft – im Kreis und atmen gemeinsam tief durch. Von draußen dringt ein gespanntes Knistern zu uns ins Backstage. Die Kranhalle ist voll. Ausverkauft. Und was noch viel unwirklicher erscheint: Es ist unser EP-Release-Konzert. Alle Leute, die sich vor die Bühne drängen, sind wegen uns gekommen und halten ein Ticket in der Hand, auf dem in großen Lettern The Living geschrieben steht.

Hätte uns jemand vor zwei Jahren, als wir verstohlen in die Kranhalle lugten, gesagt, dass wir einmal an genau dieser Stelle stehen würden, hätten wir wohl nur verträumt in die Leere geschaut. Dabei hatte damals nur einen Raum weiter, im Hansa 39, alles seinen Anfang genommen. Wie für viele andere junge Bands war der Sprungbrett-Wettbewerb des Feierwerks für uns ein tatsächliches Sprungbrett in die Münchner Musikszene.

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Wir kommen aus einem kleinen Ort mit 2000 Einwohnern im Landkreis Erding. Man kannte uns in der Nachbarschaft, in der Schule und vielleicht ein bisschen in der Szene des Jugendzentrums Erding. München als Ort, um ein Konzert zu geben, erschien zu dieser Zeit in weiter Ferne. Unser erster Auftritt beim Sprungbrett-Wettbewerb war gleichzeitig unser erstes Konzert in München überhaupt. Als wir am Ende schließlich zur „Münchner Band des Jahres 2014“ gekürt wurden, gewannen wir mehr als einen Titel. Wir gewannen Erfahrungen, Wissen, Kontakte und Freundschaften mit anderen Bands – eine musikalische Zukunftsperspektive. Wir schnupperten am Erfolg und an der Münchner Bühnenluft und wollten mehr.

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Der Sprungbrett-Wettbewerb beinhaltet auch Workshops im Feierwerk. Hier gab man uns als einer mit dem Musikbusiness wenig vertrauten Band viele Tipps an die Hand – von Marketing über Booking bis zur Bühnenperformance waren alle Themen vertreten. Die Kurse trugen rückblickend wesentlich zur Professionalisierung sowohl unserer Einstellung als auch unseres Auftretens bei.

Die Fachstelle Pop des Feierwerks stellte insgesamt einen unserer größten – wenn auch meist indirekten – Unterstützer der Anfangszeit dar. Auch nach Ende der Sprungbrett-Zeit war sie bei Fragen aller Art unsere erste Anlaufstelle und konnte uns immer weiterhelfen. Sie schlug uns schließlich auch als Teilnehmer des bayerischen Förderprojekts BY-on für junge Bands vor, durch das wir seitdem unterstützt werden.

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Mit dem Gewinn des Sprungbrett-Wettbewerbs alleine hatten wir als Band jedoch noch lange keinen festen Namen in München. Wie jede Band in ihrem Anfangsstadium spielten wir bei jeder erdenklichen Gelegenheit, vor unterschiedlichstem Publikum, bei jeglichen Veranstaltungen. Von Konzerten in Jugendzentren im Umland über Benefizkonzerte, kleine Akustik-Bar-Konzerte hin zum Theatron-Musiksommer vor 2000 Menschen. Irgendwo im Publikum waren meistens Leute, denen unsere Musik gefiel.

Im Idealfall hatte ein kleiner Teil dieser Leute dann wirklich etwas mit der Münchner Musikszene zu tun. So kam es dazu, dass wir schließlich auch gefragt wurden, ob wir Lust hätten, in namhafteren Münchner Clubs, bei etablierteren Konzertreihen oder mit – auch international – bekannteren Bands zu spielen. Gleichzeitig bewarben wir uns bei unzähligen lokalen Festivals oder stellten mit befreundeten Bands selbst Konzerte auf die Beine.

Wir steckten – und stecken bis heute – nicht nur viel Arbeit in unsere Musik, sondern auch in unsere Organisation und sind froh, dass wir in dieser Hinsicht bis jetzt immer weitgehend selbstständig und unabhängig geblieben sind. Neben der offiziellen Förderung und Hilfe durch das Projekt BY-on oder das Feierwerk halfen uns vor allem der Kontakt und die Freundschaft zu anderen Münchner Bands und Musikern enorm weiter.

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Als der Applaus am Ende unseres Release-Konzerts im April dieses Jahres aufbrandet, läuft uns ein Schauer den Rücken hinunter. Wir stehen Arm in Arm am vorderen Rand der Bühne und verbeugen uns. Leuchtende Gesichter strahlen uns entgegen. Bekannte Gesichter und unbekannte Gesichter. In solchen Momenten zahlen sich all die aufgebrachte Geduld und all die Arbeit der vergangenen Jahre wieder aus.


Katharina Würzberg spielt Keyboard bei der Band „The Living“. 2014 wurde sie zur „Münchner Band des Jahres“ gekürt und spielte seitdem bei nahezu allen wichtigen Münchner Festivals.

Fotos: The Living

Neuland: Homegrown Artists

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Zwei junge Münchner Musiker wollen anderen jungen Musikern helfen, erfolgreich zu werden. Deshalb haben sie das Musik-Management “Homegrown Artists” gegründet. Genau solche lokale Künstler wollen sie fördern. 

München hat eine neue Plattenfirma: „Homegrown Artists“ heißt das neue Label für junge Bands. Ihre beiden Gründer sind selbst Musiker, jeder der beiden spielt als Sänger und Gitarrist in einer jungen Münchner Band: Karlo Röding, 23, bei The Living und Mario Hain, 23, bei Vertigo. Die beiden Musiker kennen sich durch ihre eigenen Erfahrungen gut im Musikgeschäft aus. Jetzt möchten sie mit ihrem eigenen Musikmanagement junge Bands unterstützen: „Wir sehen viele junge Künstler, die viel Potenzial besitzen, aber oft mit dem Business, das dazugehört, überfordert sind“, erklärt Karlo.

Bisher konzentrieren sie sich bei der Band-Suche auf München und die Umgebung der Stadt: „Wir suchen Bands, die Bock haben, sich und ihre Musik weiterzubringen“, sagt Karlo. Bisher betreuen sie bereits fünf Bands, drei davon kommen direkt aus München, darunter auch ihre eigenen. Gerade planen sie mit ihnen die nächsten eineinhalb Jahre und suchen natürlich weiter nach neuen Bands, „bei denen wir sehen, dass Potenzial da ist, um viele Leute zu erreichen. Und später soll es natürlich so weit gehen, dass die Bands von ihrer Musik leben können“, sagt Karlo.

Von: Stephanie Albinger

Foto: Privat

The Living: Märchenkonzert im WG-Garten

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The Living spielte Donnerstagabend noch im Strom – Samstag dann in kleiner gemütlicher Atmosphäre bei unserem WG-Konzert. Viel Grün, viel Märchen, mehr gute Musik. 

Von Marina Sprenger

Langsam wird es dunkel im Wohnzimmer und die Leute tanzen barfuß im Gras. Statt einem Lagerfeuer dreht sich alles um die fünf Musiker, die mit Lichterketten-behängten Instrumenten unter den Bäumen stehen und gerade zum zweiten Mal eine Zugabe spielen. „Das muss einfach sein, wenn das Publikum so laut klatscht und jubelt, kein Problem, wir spielen nochmal “Valerie”. Weil da alle mitsingen können, und tanzen sowieso.“

Dann beendet der Sänger, Karlo Rödinger, 23, und seine Band The Living eines der schönsten Konzerte dieses Sommers. In München sind sie fester Bestandteil der jungen Musikszene, erst Donnerstag haben sie im Strom gespielt, aber das war ein Konzert, das sich um Lichtjahre von diesem Abend unterscheidet. Konzertsaal versus Lagerfeuer-Romantik. Zwei Geschwisterpaare plus eins, das ist die Band, zwei Kathis, Katrin Röding, 20, und Katharina Würzberg, 20, am Schlagzeug und dem Keyboard, Simon Holzinger, 20, an der Gitarre, Johannes Würzberg, 22, der Bruder der einen Kathi, am Bass und Karlo, der Bruder der anderen Kathi, der Sänger mit der Stimme wie Joe Cocker.

Wenn man die WG in der Reutterstraße betritt, trifft man sicher schon am Eingang ein paar Leute, denen man nicht ins Haus, sondern in den Garten folgen kann. Dort wird schon seit dem Nachmittag gegrillt und The Living sind seit Stunden am Aufbauen, sie haben ein neues In-Ear-Monitoring und müssen sich erst mal mit der Technik vertraut machen.

Am Keyboard und am Schlagzeug hängen schon jetzt Lichterketten, aber um acht Uhr abends ist es noch zu hell dafür. Auch in den Bäumen hängen Lichterketten, auf dem Gras stehen Gartenstühle und alte Sofas mit abgewetzten Brokatbezügen. Die Stimmung hat etwas Märchenhaftes, mit diesen ungewöhnlichen Sitzgelegenheiten und dem kleinen Garten, der von Bäumen umschlossen wird.

In der WG wohnen acht Leute, in den Räumen sieht es nach bewohntem Chaos aus, in vielen Zimmern stehen Instrumente, die Wände sind mit Unterwasserwelten bemalt, weil Jenny so gut malen kann. Die wohnt hier mit ihrer Schwester Vicki, mit Jonas, Lisa, Jon, Andi, Mona und Vinzent. Ein Haus mitten im Grünen, wie eine kleine Hippie-Kommune, und so sind die Bewohner auch, ungeschminkt, echt, ausgelassen – barfuß tanzen unter dem Sternenhimmel ist hier sicher keine Seltenheit. “Das kommt mir so surreal vor hier, wie im Paradies”, sagt Jonas über sein WG-Haus mit Garten, “und dass wir hier so ein Konzert haben ist natürlich das Sahnehäubchen auf dem I-Tüpfelchen”

Während die WG-Bewohner noch über die Einrichtung ihres Outdoor-Wohnzimmers reden, ist die Band langsam bereit. Die Sofas umrahmen eine kleine Tanzfläche direkt vor der Band, im Hintergrund läuft noch die Grillparty, vom Dach aus ruft man nach den Nachbarn, die sollen doch auch rüber kommen. Dann legen The Living los. “Wenn ihr nicht sitzen wollt, könnt ihr gerne aufstehen und tanzen und Spaß haben”, sagt Karlo in seinem typisch bluesig angehauchten Tonfall. Diese Aufforderung hätte es eigentlich schon nicht mehr gebraucht. Anfangs wird zwar noch etwas verhalten getanzt, aber schnell sind die Sofas leer und die Tanzfläche ist voll.

Auch mitsingen sollen alle, die Band macht es vor, alle machen mit, “bis die Nachbarn kommen”, ruft Karlo, und dann kommen tatsächlich die Nachbarn – Nehmen sich einen Stuhl, stellen sich dazu, setzen sich mit ihren Kindern aufs Dach und feiern mit. “Die sind schon einiges gewohnt”, erklärt jemand aus der WG. Trotzdem (oder deswegen?) ist das Verhältnis zu den Nachbarn super, einer will sogar die Kontaktdaten der Band und sie selbst für ein Fest buchen, besser könnte es also gar nicht laufen. Auf den Lautsprechern steht eine Seifenblasenmaschine, die alle paar Minuten nachgefüllt werden muss, Karlo tanzt mit Tambourin auf der Tanzfläche mit, auch auf dem Dach wird getanzt und das Bier aus den Kästen in der Badewanne schmeckt immer noch, obwohl es schon nicht mehr richtig kühl ist.

Es wird dunkler und die Lichterketten werden angemacht, und alle, die vorher noch eher in gemütlicher Grillparty-Stimmung waren, sind mittlerweile auch aufgestanden. Es wird wilder getanzt, je mehr sich Gläser und Flaschen leeren, und egal, wen man fragt, es ist niemand anwesend, der nicht absolut begeistert ist. Es ist ja auch etwas besonderes, so eine Band im WG-Garten, das gibt es nicht jede Woche, obwohl die Musiker so selbstverständlich mit ihren Instrumenten den Platz zwischen den Bäumen füllen, als wäre hier jedes Wochenende ein Konzert geboten. Die Songs von The Living sind aber auch einfach wie geschaffen für genau diese Atmosphäre, nicht zu aufgeregt, aber schnell und laut genug, dass man tanzen kann, eine Mischung aus Blues und Indie, ein bisschen Folk, ein bisschen Rock und damit die perfekte Mischung, um nicht nur die WG-Bewohner und ihre Freunde, sondern auch die Nachbarn jedes Alters glücklich und den Abend unvergesslich zu machen.

Nach dem letzten Song „Head over Heels“ ist noch niemand bereit, aufzuhören, alle stehen noch vorne und die Band hat keine andere Chance, als noch einen Song zu spielen, den hatten wir zwar schon, aber ist ja egal, es ist einfach zu schön, um jetzt schon aufzuhören. Also wird der Song wiederholt, und auch danach lässt niemand das Argument gelten, dass die Band keine weiteren Songs hat – dann spielen sie eben nochmal „Valerie“. Als das Konzert dann vorbei ist, sind alle wie entrückt, Gelächter liegt in der Luft, die Sofas werden langsam wieder in Beschlag genommen und die Band ist sichtlich zufrieden. Mit dieser Begeisterung und Stimmung hätten sie nicht gerechnet, „Es war einfach total geil“, sagt Johannes Würzberg und grinst, der Rest der Band stimmt lachend zu. Dann picken sie eine verirrte Nacktschnecke vom Schlagzeug, Katharina Würzberg kühlt mit einem Bier einen Mückenstich und die WG-Kasse wird geplündert – natürlich müssen die Jungs und Mädels ein Album von The Living kaufen.

Foto: Anne Gerstenberg

Ein Abend mit: The Living

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Dieses Mal haben wir den Abend gleich mit einer ganzen Band verbracht: The Living sagen uns, wo sie gerne feiern, nachts noch Essen finden und welchen Club sie vermissen.

Hier beginnt mein Abend: 

Beim Burger Essen bei Ruffs Burger.

Danach geht’s ins/zu: 

Cord

Meine Freunde haben andere Pläne. So überzeuge
ich sie vom Gegenteil: 

Ich geb’ Dir ein Bier aus.

Mit dabei ist immer: 

Handy-Ladekabel

An der Bar bestelle ich am liebsten: 

Bier, Spezi
oder Mate

Der Song darf auf keinen Fall fehlen: 

My Type –
Saint Motel

Mein Tanzstil in drei Worten: 

Vom Alkohol
beeinflusst.

Der Spruch zieht immer: 

Ich spiel in ‘ner Band. 🙂

Nachts noch einen Snack. Mein Geheimtipp ist: 

Döner an der Münchner Freiheit oder McDonalds am Stachus – kein Geheimtipp, geht aber auch immer. 🙂

Meine dümmste Tat im Suff war:

In Griechenland im Club eingeschlafen
und den Bus nach Hause verpasst. In Wien morgens betrunken zwei Stunden unser
Auto umgeparkt – ohne Erfolg.

Das beste Frühstück nach einer durchfeierten
Nacht ist: 

Nasi Goreng bei Kati und Karlo.

Diesem Club/dieser Bar trauere ich nach: 

Atomic
Cafe – wir
hatten leider nie die Möglichkeit, dort zu spielen.

Internetseite: http://the-living.de/

Foto: Sebastian Resch

Band der Woche: The Living

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Statt mit Künstlichkeit überzeugt die Band The Living mit Bodenständigkeit und das Konzept geht auf: Die Band hat gerade ihre zweite EP veröffentlicht und war schon als Vorband von internationalen Bands wie Augustines und Steaming Satellites zu sehen.

Die Zeiten, in denen Bands mit Bodenständigkeit punkten konnten, sind lange vorbei. Das letzte Mal hat das wohl Mitte der Neunzigerjahre funktioniert, als hymnische Gitarren-Songs geschrieben wurden, in denen der Angebeteten ein „Breakfast at Tiffany’s“ in Anspielung auf Film und Romantik vorgeschlagen werden konnte und Gitarren, Schlagzeug und Bass dazu ein wohlgeformtes, treibendes und vor allem nicht irritierendes Bett darunter legten. Derartige Volksnähe ist heute in der Popmusik nicht mehr gefragt. Die ganz Großen im Geschäft müssen derzeit möglichst entfremdet vom Normalbürger sein, über Identifikation läuft da nichts mehr, spätestens seit Muse im Rock-Bereich und Lady Gaga im allgemeinen Pop wird eine Art Alien-Ästhetik verlangt vom angehenden Popstar.

Umso erstaunlicher ist der Erfolg, den sich die Band The Living  gerade erspielt. Denn das Quintett tritt als Inbegriff der netten Menschen von nebenan auf, die rein zufällig auch ein bisschen Gitarre spielen können. Regelrecht spießig mutet diese Haltung an, unter all den Pop-Hipstern, die die zeitgenössische Ästhetik gerade sondergleichen prägen. Doch The Living schauen aus, als wären sie einer deutschen Vorabendserie entsprungen, und machen wunderbar bodenständige Musik, die nach allen Regeln der Kunst komponiert ist. Exzentrik, Weltentfremdung oder Künstlichkeit geht ihr jedoch völlig ab. Aber vielleicht läutete David Bowies Tod auch ein Ende der Rollenspielerei im Pop ein. All die Rihannas und Madonnas und ihre vielen Verkleidungen wirken wie künstliche Pop-Androiden, The Living treten mit Schülerband-Charme im Gegenzug als das vermeintlich Echte auf. Und das in Bayern schon mit einigem Erfolg. So haben sie etwa den Sprungbrett-Wettbewerb des Feierwerks gewonnen, spielten ein Konzert beim Theatron-Musiksommer im Olympiapark und werden nun auch von der bayerischen Popmusik-Unterstützung By-On gefördert, nachdem sie schon ein paar Support-Gigs für mehr oder weniger bekannte internationale Bands gespielt hatten. Etwa die Augustines aus den USA oder die Steaming Satellites aus Österreich.

Nun haben sie gerade, am vergangenen Freitag, ihre zweite EP in der Kranhalle in München vorgestellt. „Open Stories“ heißt die. Und thematisch knüpft sie an ihr erstes Mini-Album an, das sie kurz nach dem Sprungbrett-Erfolg im August 2014 veröffentlichten. Das hieß noch „Words Unsaid“, da ging es um all das Nicht-Sagbare und Unaussprechliche, dessen Platzhalter die Musik gerade für Pubertierende generell so wunderbar werden kann. „Open Stories“ erscheint quasi als gereifte Variante dessen, The Living, die schon als Pubertäre etwas brav und erwachsen wirkten, sind nun richtig erwachsen geworden. Und so klingen auch die Songs: Der etwas psychedelische Einschlag, der bei der Band zu Beginn noch in ausufernden Steigerungs-Passagen durchblitzte, ist verschwunden. Die Melodien und Gesänge von Frontmann Karlo Röding sind in Lehrbuch-Arrangements eingebettet.

Doch die Liste ihrer bisherigen Konzerte liest sich gut, gerade waren sie zweieinhalb Wochen am Stück auf Tour und demnächst stehen Auftritte auf dem renommierten Modular-Festival in Augsburg oder beim Sommerfest des Muffatwerks in München an. Das Interesse an Live-Auftritten der Band mag auch daran liegen, dass The Living im Live-Konzert noch einmal eine ganz andere Kraft entwickeln. Da wird der Sound plötzlich dichter, da vermittelt die Musik plötzlich eine Ahnung von Überwältigung, da zeigt sich plötzlich der Glanz einer Euphorie, die in den doch etwas steril klingenden Aufnahmen bisher versteckt geblieben ist. 

Stil: Pop / Rock
Besetzung: Katrin Röding (Schlagzeug, Background-Gesang), Katharina Würzberg (Keyboard, Klavier, Synthesizer), Simon Holzinger (Gitarre, Background-Gesang), Johannes Würzberg (Bass), Karlo Röding (Gesang, Gitarre)
Aus: München/Erding
Seit: 2013
Internet: www.facebook.com/TheLivingOfficial

Foto: Sebastian Resch

Von: Rita Argauer