Dann mal gute Nacht

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Die will nur pennen: Katharina Kunzmann, 25, betreibt
einen Schlaf-Blog. Der klärt, ob Vorschlafen sinnvoll ist oder ob Frauen beim Schlafen einen BH tragen sollten. 

Katharina Kunzmann, 25, will nur eins: schlafen. Seit einem halben Jahr widmet sie ihrem liebsten Hobby einen eigenen Blog. Auf www.diewillnurschlafen.de stellt sie Schlaf-Apps vor, gibt Tipps gegen Frühjahrsmüdigkeit und erforscht, wie Blinde eigentlich schlafen und träumen. Ganz schön aktiv für eine Frau, die von sich selbst behauptet, dass sie – egal, wie viel sie schläft – immer noch mehr schlafen könnte.  

Journalistin ist ihr Traumberuf. Was bietet sich für praktische Erfahrungen besser an als der eigene Blog? Denn da ist Katharina ihre eigene Chefredakteurin. Sie wählt die Themen aus, schreibt ihre Inhalte und programmiert selbst. Hinter so einem Blog steckt eine Menge Arbeit und Zeit. Deswegen soll er auch gelesen werden. Doch mit den Blogs im Internet verhält es sich so wie mit den Sandkörnern am Meer. Unzählige Angebote sind im Netz zu finden. Besonders Fashion- und Food-Blogs erfreuen sich großer Beliebtheit. Millionen Seiten haben sich auf diese alltäglichen Themen spezialisiert. Wieso also nicht auf den digitalen Zug aufspringen? 

Katharina ist modisch. Sie trägt eine Lederjacke und ein kurzes Pony. Ihre Haare sind knallrot gefärbt. Doch die Fashionwelt interessiert sie nur wenig. Für gutes Essen begeistert sich die Münchnerin schon eher. „Ich esse wahnsinnig gerne. Aber es ist nicht meine erste Passion“, sagt sie. Denn das ist das Schlafen. Schon als Kind war sie mit ihrem Mittagsschlaf zufrieden, während ihre Kindergartenfreunde in Tränen ausgebrochen sind. Noch heute wird sie für ihr schnelles Einschlafen beneidet. Manchmal ist das Flugzeug noch nicht abgehoben, und Katharina sind schon die Augen zugefallen.
  

„Leider wird Schlafen in unserer Gesellschaft oft mit Faulheit assoziiert“, sagt Katharina. Einem Vorurteil, das sie nicht verstehen kann. Denn Schlaf braucht jeder Mensch. Er sei genauso wichtig wie gesundes Essen oder Sport. „Es ist auch falsch anzunehmen, dass man im Schlaf nicht produktiv ist“, sagt Katharina. „Jeder von uns verbringt viel Zeit in seinem Leben mit Schlafen. Ich will meinen Lesern einen anderen Blick auf dieses Thema geben“, sagt sie. 

Mit ihrem Blog scheint Katharina eine Nische gefunden zu haben. Denn Schlafblogger gibt es nur wenige. Manche beschäftigen sich mit Träumen und Traumdeutung. Einem spannenden Thema, wie Katharina findet. „Aber das ist oft sehr esoterisch“, sagt sie. Katharina will es anders angehen. Bekommt man Hängebrüste, wenn man beim Schlafen keinen BH trägt? Sie trifft sich mit einem Experten. Nein. Gut zu wissen! Aber wie schlafen eigentlich Blinde? Und vor allem: Was träumen sie? Katharina lässt es sich von dem blinden Blogger Heiko Kunert erklären. Und gibt es so etwas wie ein Schlafkonto, das wir füllen können und danach tagelang wach bleiben? Leider nicht.
 

Katharina trifft sich mit Professoren, Psychologen und Betroffenen. Auf manche Fragen findet sie aber keine Antwort. Zum Beispiel, ob man nach dem Weckruf gleich aus dem Bett aufspringen soll oder doch lieber gemächlich mit Snooze den Tag beginnen sollte. Das müsse jeder für sich selbst entscheiden, sagt die junge Frau und gähnt. Morgen muss sie früh raus, wenn sie noch acht Stunden Schlaf, die von Wissenschaftlern empfohlene Dauer, bekommen will, dann muss sie jetzt ins Bett. Gute Nacht.  

Von: Stefanie Witterauf

Foto: Kerstin Rothkopf

Mein München: Braunauer Eisenbahnbrücke

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Ein Bild wie aus einem Wild-West-Film! Das Foto könnte auch in den USA aufgenommen worden sein, ist allerdings beim Flaucher in München entstanden. Gekonnt in Szene gesetzt von Fotograf Matthias Engelmayer.

Wie sehr München seine Heimat geworden ist, merkt Matthias Engelmayer jetzt, wo er für längere Zeit in den USA lebt, um dort ein Praktikum zu machen. „Gerade in den Provinzen in den amerikanischen Südstaaten weiß ich jetzt die Kultur und Geschichte von München noch mehr zu schätzen“, sagt Matthias.

Vor drei Jahren ist der 24-Jährige für sein Wirtschaftsingenieurwesen-Studium nach München gezogen. Geboren und aufgewachsen ist er in Rosenheim. Bevor er eine bezahlbare Unterkunft in München gefunden hat, musste Matthias pendeln. Jeden Tag fuhr er auf dem Weg in die Uni an der Braunauer Eisenbahnbrücke vorbei. Ein Motiv, das Matthias für München-untypisch hält. „Leider ist die Stadt dafür bekannt, dass viele alte Orte, die nicht gleich wieder einem Nutzen dienen, schnell beseitigt werden. Deswegen gibt es relativ wenig verlassene, heruntergekommene Gebäude“, sagt er. Aber genau das Fotografieren von diesem Leerstand verursacht bei Matthias einen Nervenkitzel. Auch bei den Trips in die Städte New York, Detroit und Chicago möchte er sich auf die Suche nach solchen Objekten machen.  

Von: Stefanie Witterauf

Foto: Matthias Engelmayer

Mein München: Olympisches Dorf

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Sich die Zeit nehmen zu können Neues zu entdecken ist ein Stück Freiheit. Das fällt in der Ferne oft leichter, aber auch in der Heimat kann man kurz durchzuatmen und neue Perspektiven finden. Zwischen beiden Polen schwingt Christopher Klaus und er entdeckt auch in München immer wieder Motive, die neu und interessant sind.

München ist für Christopher Klaus, 25, der sauberste und sicherste Hafen, den er sich vorstellen kann. Aber erst außerhalb der Stadt beginnt für ihn die Welt. Beginnt das Chaos. Deswegen will Christopher weg. „Ich will alles besuchen, was man auf dem Landweg erreichen kann. Zuerst nach Tromsö, dann Sankt Petersburg. Vielleicht durch Pakistan, Kambodscha und Vietnam“, sagt er. 

Doch bevor seine Reise beginnen kann, schreibt der Informatikstudent seine Bachelorarbeit fertig. Seine Fotografie leidet unter dem Stress der Abschlussarbeit. Denn seine Bilder brauchen Zeit. „Meine Lieblingsmotive sind Situationen, die ich nicht kenne. Wenn ich mich selbst noch auf etwas einlassen muss und nicht in meinem gewohnten Umfeld bin. Dann ist einfach alles neu“, sagt er. 

Praktische Erfahrung in der Fotografie hat er bei verschiedenen Verlagen und Assistenzen gemacht. Ob er lieber digital oder analog fotografiert? Das will Christopher nicht entscheiden. Digitale Fotografie sei freier und schneller. Schneller bearbeitet und veröffentlicht. Die analoge Fotografie vergleicht er mit einem Gefängnis. „Du nimmst dir Zeit. Du hast keine andere Wahl. Und dann kommt das Wesentliche zum Vorschein“, sagt Christopher.  

Von: Stefanie Witterauf

Hin und weg

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Robert Darius, 25, und Moritz Berthold, 25, haben mit Breakout
den ersten Spenden-Reise-Wettbewerb Deutschlands gegründet. Jetzt, wo er richtig groß zu werden scheint, wollen sie aufhören.
 

Vor zwei Jahren haben Robert Darius, 25, und Moritz Berthold, 25, mit Breakout den ersten Spenden-Reise-Wettbewerb Deutschlands gestartet, bei dem die Teilnehmer innerhalb von 36 Stunden München so weit wie möglich hinter sich lassen müssen, ohne für die Reise Geld auszugeben. Pro zurückgelegtem Kilometer zahlen die jeweiligen Team-Sponsoren einen vorher festgelegten Betrag an die UN-Flüchtlingshilfe für das DAFI-Projekt. Breakout ist ein nicht-kommerzielles Event mit Start-up-Charakter, der die beiden Physikstudenten mehr Zeit gekostet hat, als sie sich damals ausgemalt hatten. Im ersten Jahr, 2014, nahmen 24 Zweier-Teams teil. Vergangenes waren es 79. Dieses Jahr sollen mehr als 150 Teams starten, aus München und auch aus Berlin. Gerade, als Breakout richtig groß zu werden scheint, wollen sie aufhören.

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SZ: Wieso hört ihr auf, wenn es gerade richtig losgeht? Bedeutet dies das Ende von Breakout?

Robert Darius: Wenn wir uns jetzt langsam zurückziehen und wir das Projekt in die Hände der jüngeren Generation legen, dann wird sich zeigen, ob das funktioniert. Es ist das erklärte Ziel von allen, das Projekt größer zu machen. Aber erst einmal soll es natürlich erhalten werden. Die Idee dahinter ist eine Art Generationenprojekt. Wir holen uns immer wieder junge Studenten. Sie fangen dann irgendwo an – Presse, Marketing, Sponsoring, Event– dann merken sie, ob es für sie etwas ist oder nicht.

Tut es denn nicht weh, das eigene Projekt weiterzugeben?

Moritz Berthold: Ja, das tut mega weh! Nicht, weil wir etwas kontrollieren wollen, sondern weil wir die Organisation so toll finden. Die Leute, die da mitmachen, sind super. Und mit den meisten sind wir eng befreundet.
Robert Darius: Es ist richtig traurig, jetzt das Zepter abzugeben, aber es wird auch mal Zeit für etwas Neues.

Warum gebt ihr es dann ab?

Moritz Berthold: Ich habe mich schon seit längerem zurückgezogen. Eigentlich schon nach dem zweiten Jahr. Mir macht das Projekt immer noch wahnsinnig Spaß. Aber ich schau jetzt einfach mal weiter, was es noch gibt.
Robert Darius: Wenn wir ein Generationenprojekt daraus machen wollen, müssen wir jetzt damit anfangen, sonst ist es zu sehr von den Gründern abhängig. Zudem bin ich kommendes Jahr im Ausland. Von dort aus macht es wenig Sinn, das Team in München zu leiten.

Wie hat eigentlich alles angefangen?

Robert Darius: Mit Chaos.
(Robert und Moritz lachen.)
Moritz Berthold: Wir haben zu zweit begonnen, den ersten Event haben wir zu viert gestemmt. Und wir haben uns da so reingehängt, dass wir beide das Semester mehr oder weniger wiederholen mussten.

Und jetzt?

Robert Darius: Wir sind jetzt 55 Leute, die sich bei Breakout engagieren. Das lässt sich nur noch mit einer gewissen Hierarchie organisieren. Es gibt sieben Teamleiter für verschiedene Ressorts. Allerdings treffen wir grundsätzliche Entscheidungen alle gemeinsam.

Wie seid ihr auf die Idee von Breakout gekommen?

Robert Darius: Ich habe in Paris während meines Erasmus-Semesters Leute aus Cambridge getroffen, die mir von dem coolen Event „Charity Jailbreak“ erzählt haben. Als ich nach Deutschland zurückkam, habe ich Charity Jailbreak gegoogelt und festgestellt, dass es das hier nicht gab. Und dann habe ich mir überlegt, dass es toll wäre, das zu organisieren.
Moritz Berthold: Aber dann ist erst einmal viel zu lange nichts passiert. Wirklich angefangen zu arbeiten haben wir erst zum Semesterstart im April. Dann hatten wir noch zwei Monate Zeit bis zum Start. Und da haben wir gemerkt: Hoppla, das ist viel mehr Arbeit, als wir dachten.

Habt ihr die Idee einfach übernommen?

Robert Darius: Die Idee vielleicht. Aber der Unterschied zu England ist, dass es bei uns strikt verboten ist, Geld für die Reise in die Hand zu nehmen und etwa Flugtickets aus Spendengeldern zu kaufen.

So konntet ihr 2014 knapp 10 000 Euro und 2015 knapp 70 000 Euro spenden.

Moritz Berthold: Ja, und wir gehen davon aus, dass es dieses Jahr noch mehr wird. Wir haben uns bei unserer jährlichen Abstimmung zum dritten Mal für das DAFI-Programm entschieden. Studenten sammeln für Studenten, um ihnen Stipendien zu finanzieren – das ist einfach das stärkste Projekt.

Was hat sich seit 2014 verändert?

Moritz Berthold: Die App, unsere größte Neuerung, erlaubt dieses Jahr (hoffentlich) auch die Kommunikation der Teams untereinander und beinhaltet eine Live-Karte der Standorte aller Teams. 2015 befanden sich mehrere Teams nach der 36-Stunden-Reise in Barcelona, konnten sich aber untereinander nicht zusammenschreiben.
Robert Darius: Außerdem können zusätzlich zu den Fotos auch Videos hochgeladen werden. Im ersten Jahr haben wir unsere Flyer auf das billigste Altpapier gedruckt. Wir hatten ja keine Ahnung, wie viele wirklich teilnehmen würden. Dieses Jahr organisieren wir den Event viel professioneller und aus zwei Städten – in München und zeitgleich auch in Berlin.

Habt ihr selbst schon mal teilgenommen?

Moritz Berthold: Ja, beim ersten Mal bin ich bis Kroatien gekommen. Wir freundeten uns schnell mit dem Fahrer an, wechselten uns am Steuer ab und schliefen irgendwann alle am Strand ein.
Robert Darius: Während Moritz im ersten Jahr seinen Spaß hatte, musste ich im Krisen-Interventions-Team helfen – das heißt: Aufpassen, dass sich alle Teams regelmäßig melden, Notfallnummern parat halten, Kontrolle behalten. Im zweiten Jahr bin ich dann auch losgetrampt. Das war super schön!

Interview: Friederike Krüger und Stefanie Witterauf

Fotos: Lorraine Hellwig, Breakout

Mein München: Fresenius Hochschule, Infanteriestraße

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Michael Hopfs große Leidenschaften sind das Fotografieren und das Reisen. Am liebsten fotografiert er auf seinen Reisen und daheim in München ungewöhnliche Momente, die inszeniert wirken und doch echt sind.

Michael Hopf, 22, sitzt in seiner Mittagspause mit seinen Kommilitonen auf dem Dach der Fresenius Hochschule in München. Die Sonne scheint und der Himmel ist fast wolkenlos. Nur eine einsame Wolke, wie aus weißer Watte, schwebt über einen Schornstein des roten Backsteingebäudes. „Ein Augenblick, der echt ist, aber inszeniert wirkt“, sagt Michael. Besonders ungewöhnliche Momente möchte er mit seiner Kamera einfangen, die daran erinnern sollen, dass „es noch mehr gibt als den grauen Alltag“. Geboren und aufgewachsen in Neuburg an der Donau, zog Michael 2013 zu Beginn seines Fotodesign-Studiums nach München. Doch obwohl er die Stadt wegen ihrer Gemütlichkeit und Ordnung liebt, fehlt ihm oft ein wenig Chaos. Die Lebendigkeit von Thailand zum Beispiel, ein Land in das es ihn immer wieder zieht. „Mein Hauptlebensziel ist es, diesen Planeten zu sehen“, sagt Michael. Im Frühjahr war er in Australien. Davor in China, Südostasien und in Nordamerika. Von jedem Abenteuer bringt er Eindrücke mit.  Für seine nächste große Reise spart er schon. Es soll nach Japan gehen.

Von: Stefanie Witterauf

Mein München: Neptunbrunnen, Alter Botanischer Garten

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Das der Sommer naht, merkt man vor allem daran, dass die Fontänen der über 300 Münchner Brunnen wieder spritzen. Der Neptunbrunnen im Alten Botanischen Garten ist einer davon. Die Fotografin Kerstin Rothkopf hat die Schönheit dieses Motivs erst vor kurzem für sich entdeckt.

Etwa dreihundert Brunnen werden von der Landeshauptstadt München betrieben. Seit vergangener Woche spritzen wieder die Fontänen nach der Winterpause empor. Auch der Neptunbrunnen im Alten Botanischen Garten ist wieder im Betrieb. Als Kerstin Rothkopf, 27, mit einer Freundin unterwegs ist, wird ihr zum ersten Mal die Schönheit des glitzernden Wassers und der großen Steinfiguren bewusst. Kerstin nimmt ihre Kamera aus der Tasche und drückt auf den Auslöser, während ihre Freundin im Wasser mit den Steinfiguren posiert.

Bei ihren Fotos bildet Kerstin meist Mädchen ab. Oft sind sie leicht bekleidet oder nackt. „Ich finde Mädchen ästhetischer. Aber ich versuche mittlerweile auch Fotos mit Männern“, sagt Kerstin. Aktuell fotografiert sie mit einem männlichen Model für ein Modelabel.

Diesen Sommer macht Kerstin an der Designschule am Sendlinger Tor ihren Abschluss. In ihrer Abschlussarbeit wird Fotografie eine Rolle spielen, aber auch Typografie und Illustration. „Ein Komplettpaket, denn ich kann ja mehr als fotografieren. Das Thema ist Nimmerland. Was genau es wird, das weiß ich noch nicht“, sagt sie. Ihre Bilder veröffentlicht Kerstin unter ihrem Künstlernamen Kerstins Kopf.

Von: Stefanie Witterauf

Mein München: Stachus

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Andreas Schoppel findet, München ist eine dynamische Stadt. Der Ort, der diese Dynamik am besten widerspiegelt, ist für ihn der Stachus. Das Justizgebäude hat Andreas mit Langzeitbelichtung fotografiert, weil es den Stachus visuell prägt, wie er findet

Seine Kreativität kann Andreas Schoppel, 23, in seiner Fotografie ausleben, da sie so vielfältig ist. „Ich liebe es mit den verschiedensten Leuten zusammenzuarbeiten, neue Erfahrungen zu machen und neue Menschen kennen zu lernen“, sagt der gebürtige Münchner. Seit drei Jahren studiert er an der Hochschule München Fotodesign und entdeckt seine Leidenschaft immer wieder neu. Bevor Andreas ein Foto macht, entwickelt er ein Moodboard mit Ideen, damit er während des Shootings keine bösen Überraschungen erlebt.

Für die dritte Ausgabe des Bildbandes „Mein Bild von München – unsere Stadt bei Tag und Nacht“ hat der 24-Jährige eine Reihe von mehreren Orten in München bei Nacht fotografiert. Mit Hilfe der Langzeitbelichtung wollte er zeigen, dass die Stadt niemals schläft. „München ist dynamisch. Sie ist sowohl tagsüber als auch nachts immer in Bewegung. Und welcher Ort eignet sich da besser als der Stachus?“, sagt Andreas. Er fotografiert das Justizgebäude, weil es die Gegend rund um den Stachus visuell prägt.

Noch lieber fotografiert Andreas aber Menschen. „Ob als Porträt oder im Zuge einer Modestrecke. Mir gefällt es, Menschen im richtigen Blickwinkel und der richtigen Atmosphäre festzuhalten“, sagt er.  

Von: Stefanie Witterauf

Hipster in Uniform

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Für ihre gesellschaftskritische Abschlussarbeit “Der uniformierte Individualismus” porträtiert die Fotografin Julia Schneider Menschen im gleichen Outfit: Ein schlichtes Hemd, darüber ein greller gelber Strickpullover und Julias alte Brille.

Eva zieht den gelben Strickpullover über ihren Kopf und setzt das rechteckige Brillengestell auf die Nase. Die Gläser lassen das Fotostudio mit den roten Backsteinen verschwimmen. Julia Schneider drückt auf den Auslöser ihrer Kamera. Dreimal blitzt es, dann ist das Spektakel schon vorbei. Der Nächste bitte.

Für die Abschlussarbeit ihres Fotodesignstudiums an der Hochschule München porträtiert Julia Menschen im gleichen Outfit. Ein schlichtes Hemd, darüber ein greller gelber Strickpullover und ihre alte Brille. Mit ihrem Projekt „Der uniformierte Individualismus“ möchte die junge Frau einen Widerspruch aufgreifen, der ihr auch in ihrem Studiengang auffällt. „Obwohl die meisten Fotodesignstudenten ihre Kreativität auch äußerlich zeigen möchten, sehen sie alle gleich aus. Nur das Motiv auf der selbstbedruckten Jutetasche unterscheidet sich“, sagt Julia und lacht über ihre überspitzte Darstellung.
 Sie zeigt die Fotoaufnahmen von den vergangen drei Wochen. Alle starren mit einem leeren und kraftlosen Blick vor sich hin. Der Mund ist leicht geöffnet. Ein großer Teil der Augen wird durch die klobige Brille verdeckt. Blond oder brünett, jung oder alt, mit Bart oder ohne. Die Unterschiede lösen sich auf und werden zu einem Gemisch aus gelbem Pullover und erschöpftem Gesichtsausdruck.

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Viele junge Menschen wollen ihr Image selbst bestimmen, aber sich gleichzeitig gesellschaftlich zugehörig fühlen. Dieses Phänomen ist besonders in einer Großstadt wie München von Bedeutung. Jeder versucht sich von der Masse abzuheben, aber nicht so sehr, dass er ausgeschlossen wird. „In unserer Gesellschaft ist fehlende Anerkennung ein großes Problem. Es ist die Voraussetzung, um Selbstbewusstsein zu entwickeln“, sagt Andreas Belwe, Dozent an der TU München. „Der Kampf um Anerkennung fängt mit der Geburt an. Ein Kind ist angewiesen auf die Aufmerksamkeit und emotionale Zuwendung der Eltern, aber auch später, wenn der Mensch erwachsen ist, braucht er immer wieder jemanden, der seine Eigenschaften und Fähigkeiten bestätigt“, sagt der Experte. „Der Mensch wird in eine Gesellschaft hineingeboren, aus der er sich erst zum Individuum herausdifferenzieren muss. Nur wenn er sich seiner selbst bewusst geworden ist, kann er Teil dieser Gesellschaft werden und sie aktiv mitgestalten. Dann kann er beides sein: Individuum und Teil eines größeren Ganzen“, sagt Belwe. 

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Julias Biografie ist durchzogen von Veränderungen und der Suche nach sich selbst. Nach der Schule entschied sich die Wahlmünchnerin für eine Lehre zur Bankkauffrau, doch das angepasste Leben in der Filiale lehnte sie ab. Danach ließ sie sich zur Eventkauffrau ausbilden, doch auch diese Tätigkeit füllte sie nicht aus. Nach zwei abgeschlossenen Ausbildungen fängt sie auf der Hochschule München an, Fotodesign zu studieren. Und ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen.

Um ihr Studium zu finanzieren, hat die Fotodesignstudentin in einem Geschäft in der Maximilianstraße als Türöffnerin gearbeitet. An einem regnerischen Tag, als die Kunden mit den gleichen Mänteln, Schirmen und Gummistiefeln in das Geschäft gehuscht sind, kommt ihr die Idee für ihre konzeptionelle Porträtstrecke. In ihren Fotografien findet sich oft ein ironisches Detail. „Ich war erstaunt, dass sich nicht nur meine Freunde, sondern auch Fremde so unvorteilhaft fotografieren ließen. Die Aufnahmen sind nicht ästhetisch. Der Blick erschöpft, kraftlos, sogar fast dümmlich. Die meisten haben ihr Fotogesicht und lächeln, drehen sich in einen bestimmten Winkel, wenn eine Kamera auf sie gerichtet ist“, sagt Julia. „Vielleicht würden sich einige für so ein Foto von sich schämen. Aber bei zweihundert Porträts schämt sich keiner mehr“, sagt die Fotodesignstudentin. 

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Julia trägt eine schlichte schwarze Jeans und trägt ihre blonden Haare schulterlang. Verglichen zu der Schilderung ihrer Kommilitonen, wirkt sie sehr natürlich. Wie das Mädchen von nebenan. Wehrt Julia sich mit dem unauffälligen Styling gegen den selbstoptimierten Individualismus? „Bis vor kurzem hatte ich rosa Haare. Das wirkt wie ein Erkennungszeichen“, sagt Julia.
Besonders in kreativen Berufen gehöre
das Auftreten der Künstler und Designer wie ein erweitertes Coporate Design zu ihren Werken dazu. „Mit bunten Haaren hebst du dich von der Masse hervor. In der Bank hätte ich es nie gemacht, allein um dem Lästern der Kollegen zu entgehen“, sagt sie.

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Die Arbeit von Julia Schneider ist auch bei der Ausstellung „München – Am Rand“ im Feierwerk Farbenladen, Hansastraße 31, zu sehen. Geöffnet an allen Wochenenden im März, samstags 16 bis 22 Uhr, sonntags 16 bis 20 Uhr. Eintritt frei.

Von: Stefanie Witterauf

Fotos: Julia Schneider und privat

Mein München: Ostfriedhof

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Gerade fertig mit der Schule, muss Yunus Hutterer, 18, nun überlegen, wie es weitergehen soll. Neben der Fotografie interessieren ihn auch bewegte Bilder. Momentan ist er in der Ausstellung “München – am Rand” im Farbenladen mit seiner Fotoreihe “Randbemerkungen” zu sehen.

Mit seiner Kamera zieht Yunus Hutterer, 18, durch die Straßen der Innenstadt von München. Er ist auf der Suche nach spannenden Hinterhöfen, die er für sein neues Fotoprojekt „Hinterhof-Idylle“ ablichten kann. „Ich möchte nach einem festen Konzept und einer Idee fotografieren“, sagt der junge Mann. Für Yunus ist die Stadt München chic. Verglichen mit anderen Großstädten findet er sie sauber und clean. Doch wenn man genauer hinschaut, findet man auch hier Orte, die „relativ abgeschottet und verkommen aussehen“.
 So auch der Innenhof von einem Teppichverkäufer am Ostfriedhof. Ein Orientteppich liegt in einer Pfütze im dreckigen Kies, ein Auto steht in der Einfahrt daneben. Hier bleibt Yunus stehen, nimmt seine Kamera und drückt auf den Auslöser. „Obwohl ich türkische Wurzeln habe, hatten wir nie einen Teppich mit Orientmuster zu Hause. Aber mein Mousepad sieht so aus“, sagt Yunus und lacht.

Gerade mit der Schule fertig geworden, beschäftigt sich Yunus neben der Fotografie auch mit vielen anderen Dingen. Bewegte Bilder interessieren ihn beispielsweise sehr. Wie es jetzt weitergehen soll, weiß er noch nicht genau. „Mein nächstes Projekt ist jetzt erst mal meine Zukunftsplanung“, sagt Yunus. Pläne für diverse Praktika bei Münchner Fotografen hat Yunus aber schon.

Von:Stefanie Witterauf

Ein Abend mit : Theresa Reiter

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Mit Katharina Weber zusammen hat Theresa Reiter, 24, 2014 das Modelabel WE.RE gegründet. Ihr Konzept: Klare Schnitte und sinnliche Stoffe – für die Damen und Herren der Schöpfung. Wenn die ambitionierte Modedesignerin nicht gerade an der nächsten Kollektion tüftelt, sitzt sie am liebsten mit einem Glas Wein auf der Treppe ihres Freundes Dominik oder frühstückt Antipasti mit frisch gebackenem Fladenbrot.

Hier beginnt mein Abend:
Auf Dominiks Teppich mit einem Glas Wein

Danach geht’s ins/zu:
Kiss

Meine Freunde haben andere Pläne. So überzeuge ich sie vom Gegenteil:
Ich bin eigentlich auch viel zu müde, aber lass uns nur auf ein Getränk runtergehen

Mit dabei ist immer:
Mein Hausschlüssel, meistens

An der Bar bestelle ich am liebsten:
Das überlasse ich dem Barkeeper
Und danach einen Schnaps

Der Song darf auf keinen Fall fehlen:
Dear Miami von Roisin Murphy, Afterlife von Arcade Fire

Mein Tanzstil in drei Worten:
Sehr schön anzusehen

Der Spruch zieht immer:
Hello boys

Nachts noch einen Snack. Mein Geheimtipp ist:
Käsebrot und Schnaps in der Küche

Meine dümmste Tat im Suff war:
noch lange danach sichtbar

Das beste Frühstück nach einer durchfeierten Nacht gibt`s im/bei:
Daheim auf dem Sofa mit Antipasti vom Sultan in der Goethestraße und frisch gebackenem Laffa Fladenbrot vom Sara Grill in der Landwehrstraße

Diesem Club/dieser Bar trauere ich nach:
Dem Atomic natürlich

Foto: privat