Neuland: Operngesang in Berlin

image

Für die Erfüllung des eigenen Kindheitstraums muss man manchmal Opfer bringen. Fee zieht weg von ihrer Münchner Heimat nach Berlin.

Als Kind hat man noch Träume. Egal, ob man nun Fußballprofi, Filmstar oder Astronaut werden möchte, mit der Zeit lösen sich die Luftschlösser auf und man stellt resigniert fest, dass nichts daraus werden wird. Doch so muss es nicht immer laufen. „Seit ich 15 bin, träume ich davon, an genau dieser Hochschule zu studieren“, schreibt Felicia Brembeck, besser bekannt als die Münchner Poetry-Slammerin Fee, über ihre Annahme bei der Hochschule Hanns Eisler und ihre Zukunft als potenzielle Opernsängerin. Nach dem die anstrengende Zeit der Aufnahmeprüfungen geschafft war, bedankte sie sich bei ihren Münchner Freunden für deren Unterstützung und versprach, dass sie oft zu Besuch kommen wird. Denn vom nächsten Semester an wird Fee in Berlin Gesang studieren, um sich ihren Jugendtraum zu erfüllen.


Text: Anastasia Trenkler

Foto: Johannes Simon

Ein Leben für die Bühne

Täglich porträtieren wir an dieser Stelle eine(n) der 20 mitwirkenden
KünstlerInnen unserer “10 im Quadrat”-Ausstellung im Farbenladen – mal
Fotograf, mal Modell. Heute: Poetry-Slammerin Felicia Brembeck.

Felicia
Brembeck, geboren 1994, ist ein Bühnenmensch. Sie ist Moderatorin,
Poetry-Slammerin, Autorin, Kabarettistin und Sängerin. Seit 2012
studiert Felicia außerdem Deutsch und Evangelische Theologie auf Lehramt
für Gymnasien an der LMU. Die junge Münchnerin spricht ihre
Poetry-Slam-Texte auf der Bühne laut, klar und durchdringend. Ihre
Wortbilder: kraftvoll. Ihre Texte: zum Nachdenken anregend.

Nicht
umsonst hat sich Fee, so heißt sie auf der Bühne, in einer Männerdomäne
durchgesetzt: 2013 hat sie die deutschsprachigen U20-Poetry-Slam-Meisterschaften gewonnen. Seitdem reist sie für
Engagements durch die Poetry-Slam-Bühnen Deutschlands. Klingt alles
stark nach einer Karriere hin zur Poetin oder Autorin? Nicht ganz,
irgendwann will Fee freiwillig von der Slam-Bühne treten, um sich ganz
ihrer zweiten Passion zu widmen: einem Werdegang als Opernsängerin.

Die Ausstellung “10 im Quadrat” ist an allen Wochenenden im Mai, samstags von 16 – 22 Uhr, sonntags von 16 – 20 Uhr, im Feierwerk Farbenladen geöffnet. Neben den Fotografien werden Konzerte, Lesungen und Diskussionen veranstaltet. Für weitere Infos klickt unsere Junge-Leute-Facebookseite.
Der Eintritt ist frei.


Text: Amelie Völker

Foto: Manuel Nieberle   

Von  Worten, die Mut machen, Eintagsfliegen, Döner-Freundschaften und Shopping-Wahn

image

Nach einem erfolgreichen und gut besuchten Auftakt unserer Vernissage
zu „10 im Quadrat“, startete am gestrigen Sonntag das Rahmenprogramm
im Farbenladen. 

Etwas ruhiger und gemütlicher war
es am ersten Ausstellungssonntag im Farbenladen. Die Besucher schlenderten
gemütlich von Bild zu Bild, während es draußen regnete. Aber nicht nur die
Porträts gab es an diesem Tag zu betrachten. Bei den Fototalks mit den
Fotografen Laura Zalenga, Michael Färber und Model Rosa Kammermeier (Blue Haze)
bekam das Publikum einen persönlichen Eindruck von der Kreativität und den
Ideen der Fotokünstler. „Es ist sehr spannend, wie verschiedene Menschen die
gleiche Person sehen und komplett anders interpretieren,“ erklärte Laura
Zalenga, die ihre Models mit einem Spiegel porträtierte. Sie wollte, dass die
einzelnen Fotos visuell miteinander verbunden sind. Außerdem, so die junge
Fotografin, eröffnen sich durch den Spiegel viele neue Perspektiven mit denen
man fotografisch spielen kann.

Aus Sicht der Porträtierten erzählte
Rosa. Alle Shootings haben ihr Freude bereitet, ganz besonders Spaß gemacht
habe ihr aber das mit Sophie Wanninger. Auf den bunten Fotos von Wanninger hatten
die Models die Vorgabe zu Schielen.

Und noch eine weitere Fotografierte
war an diesem Tag im Farbenladen: Felicia Brembeck, auch bekannt unter dem
Künstlernamen Fee. Die Poetry-Slammerin hat sich passend zur Ausstellung
Gedanken zum Thema Schönheit gemacht. Herausgekommen ist dabei der Text „Was
wäre, wenn schlau das neue schön wäre?“, den sie dem Publikum vortrug. „Wenn Schlau das neue Schön wäre, dann würde die Lyrik gefeiert und in alternativen Clubs
gespielt werden, weil in Mainstream-Discos die ganze Zeit nur Ingeborg Bachmann
oder Heinrich Heine laufen würde.“ 

image

Nachdem Fee das Farbenladen-Publikum zum
Schmunzeln gebracht hatte, slammte sie noch ein paar Mut machende Zeilen aus ihrem Text „Schau dich an“: „Ja du lagst am Boden, ja man hat dir
ein Bein gestellt, mehr als eins (…) aber hey, schau dich an, du standest auch
wieder auf und jetzt bist du hier. Ich sag: sei stolz auf dich.“ Spätestens
jetzt waren alle gerührt von der Macht der Worte der jungen Poetry Slammerin
Fee, und auch Singer-Songwriterin Isabella der Band Mola war sehr angetan. Für
“10 im Quadrat” stand Isabella ebenfalls vor der Linse. An diesem Ausstellungstag
spielte sie mit ihrer Band ein wunderbar gemütliches Konzert.

image

Während die Besucher weiter die Arbeiten
der Fotografen im Farbenladen betrachteten, lasen Katharina Hartinger, Barbara
Forster, Louis Seibert und Ornella Cosenza von der SZ Junge Leute aus ihren
besten Kolumnen vor und nahmen das Publikum mit auf Shopping-Tour, nach Berkeley und Italien. Auch eine Hommage an den Döner als Symbol für eine besondere Freundschaft, gab es zu hören.

Den Abschluss an diesem Tag
machte das Duo aus Sascha Fersch und Ferdinand Schmidt-Modrow. Sascha schreibt
Gedichte, Dramentexte und Monologe, Ferdinand ist Schauspieler und
interpretierte seine vorgetragenen Texte für die Zuschauer. Das alles gepaart mit
Gitarrenklängen und einer großen Portion Witz. So verwandelte sich Ferdinand etwa in
eine Eintagsfliege und monologisierte über das Fortpflanzen – dieses sei nämlich extrem
wichtig im Leben einer Eintagsfliege. 

image

Da die sie aber noch am Ort des
Geschehens verstarb, wird das Farbenladen-Publikum vom Sonntag leider nie
erfahren, wie der Monolog der Eintagsfliege, den Sascha geschrieben hat, wohl
weitergeht. Man kann im Leben eben nicht alles haben.

Die Moderation führte an diesem
Tag unsere Autorin Katharina Hartinger.

Text: Ornella Cosenza

Fotos: Serafina Ferizaj

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Serafina

image

Um in die richtige

Prokrastinations-Laune zu kommen, tummelt sich unsere Autorin diese Woche nicht nur im BobBeamanClub, Bahnwärter Thiel oder auf dem St. Patrick’s Day, sondern lässt sich auch von dem Grundsatz des Schlaraffenlandes inspirieren.

Als Geisteswissenschaftlerin hab ich das Glück,
keine Klausuren schreiben zu müssen. Semesterferienzeit ist Hausarbeitenzeit.
Die ideale Zeit also, um zu prokrastinieren, vor allem wenn am Freitag mit dem Starkbierfest am Nockherberg die fünfte Münchner Jahreszeit beginnt. Da ich als
Norddeutsche mit der bayerischen Blasmusik allerdings nicht viel anfangen kann,
zelebriere ich dies im Bahnwärter Thiel bei DIE
Königin DER NACHT
mit
elektronischen Klängen zu F.I.E.L.D.Y, EINMUSIK, Sam Goku oder Julius Blank.
„Immer verloren zwischen Zeit und Raum“. Klingt verlockend, um den Gedanken an
den Abgabetermin zu verdrängen.

Der Samstag beginnt
mit einem Brummschädel. Da ich so nichts Gescheites auf‘s Papier bringen kann,
gehe ich mittags also ins Arri Kino in die Türkenstraße. Dort zeigt Femmes
Totales den Dokumentarfilm „Yulas
Welt“
von Hanna Polak. In
diesem Film geht es darum, wie Yula und ihre Mutter in einer der größten
Müllhalden Europas versuchen, ein ganz normales Leben zu leben. Polak hat die
beiden dafür 14 Jahre lang mit der Kamera begleitet. Klingt spannend!
Nachmittags geht es dann zum Mädelsflohmarkt ins Feierwerk. Noch einmal in Ruhe über die Stände
flanieren, bevor es laut wird. Sehr laut: Elektric
Kezy Mezy
und The
Leprechauns Band
spielen im Cord.
Bin gespannt, wer es schneller schafft, mir einen Hörsturz zu verpassen.

Am Sonntag
nehme ich mir vor, wirklich produktiv zu sein, doch da erinnert mich Facebook
an den St. Patrick’s Day.
Da ich ihn die letzten Male immer verpasst habe, will ich dieses Jahr am
Odeonsplatz endlich dabei sein. Anschließend geht es abends ins Substanz zum geliebten
Poetry Slam.

Am Montag
muss ich wirklich was schaffen und fahre tagsüber brav in die Bib. Meine
Produktivität wird am Abend mit You Me At Six
im Backstage belohnt. Ich kann es kaum erwarten, das Lied „Night People“ live
zu hören und mitzubrüllen!

Am Dienstagabend
pilgere ich wieder ins Bahnwärter Thiel. Zunächst gibt es Stand-Up Comedy
vom Feinsten und anschließend die wöchentlichen Dublab Sessions
mit den Toy Tonics. Dublab wurde Ende der Neunziger in den USA als erstes
Onlineradio gegründet und es geht darum, „Nischen, Labels, Produzenten und
Genres aufzuspüren und diese den interessierten Hörern weltweit näherzubringen“. Kannte ich bisher noch nicht, ich freue mich
darauf!

Nach so viel Musik in den letzten Tagen wird es am Mittwoch sehr künstlerisch. In der
Galerie arToxin findet der Artist
Talk
mit den Münchner
Künstlerinnen Sybille Rath und Alix Stadtbäumer statt. Für ihre Arbeit haben
sie sich vom Bild des „Schlaraffenlands“ inspirieren lassen: Genießen ist die größte Tugend der Bewohner
des Schlaraffenlandes, harte Arbeit und Fleiß werden als Sünde betrachtet.
Top!
Genau so mache ich es heute Abend und prokrastiniere fleißig weiter.

Als Bücherwurm freue ich mich am Donnerstagabend auf das Lost Weekend.
Dort liest der Musiker und Autor Hendrik Otremba aus seinem Debütroman „Über
uns der Schaum“

. In dem geht es
um einen drogensüchtigen Detektiven, der ums Überleben kämpft. Musikalisch wird
Otremba dabei von Persona begleitet. Eine musikalisch untermauerte Lesung mit
einem Popmusiker, der einen düsteren Zukunftsroman schreibt. Klingt sehr interessant!

Und am Freitag
ist wieder eine Woche rum und der Abgabetermin ist um eine Woche näher gerückt.
Egal, Studenten bekommen unter Druck bekanntlich ungeahnte Superkräfte. Daher
geht es mit einem minimal schlechten Gewissen zum Monticule
Kick-Off
als Einstimmung auf
das Monticule Festival im Juni. Vier Künstler aus Barcelona, Berlin und München
spielen im BobBeamanClub. Ich freue mich auf den unterschiedlichen Sound dieser
drei Städte und dann heißt es Hausarbeit weiterschreiben und dieses Mal aber wirklich…

Text: Serafina Ferizaj

Foto: Privat

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Philipp

image

Für die Bundesliga hat unser Autor dieses Mal keine Zeit, denn in
München ist so einiges los. Neben diversen Ausstellungen besucht Philipp
das Open Air Isarrauschen, streift über das Streetlife Festival und geht zur Premiere von
„Tschick“. Was in der Stadt noch so los ist und ob Philipp doch noch Bundesliga schauen kann, verrät er hier.

Ich hab mir Sky Bundesliga gekauft. Es war wohl ein bisschen
eine Kurzschlussreaktion, um mich vom ganzen Elend, das man momentan in den
Medien liest, abzulenken. Ich meine Mecklenburg-Vorpommern, Horst Seehofer,
Apple – wer soll das denn aushalten. Also lieber über Fußball nachdenken und
mein Wochenende damit verbringen, ist stressfreier. Wäre da nur nicht so viel
los in München… Denn schon am Freitag
wird es nichts mit Bayern gegen Schalke für mich, weil ich schon am frühen
Abend zu einer Ausstellungseröffnung in die Galerie „Karin Wimmer contemporary
art“ muss. Hier werden Werke zum Titel „100%
Internet
“ von zeitgenössischen Künstlern präsentiert, die sich auch mit
wirtschaftlichen und sozialen Problemen unserer Zeit beschäftigen. Und danach
muss ich ins Feierwerk steuern. Dort veranstalten die Kollegen von M94,5 die
zweite Ausgabe der Reihe Live Indie Stadt,
diesmal mit WOMAN und Search Yiu. Klingt spannend.

Am Samstag wache
ich spät auf, ich habe ein beachtliches Schlafdefizit aus der letzten Woche
aufzuholen. Gerade rechtzeitig für Fußball – aber wieder nutze ich nicht mein
Sky Abo, sondern fahre in die Münchner Vorstadt, wo ich mir die Spvgg
Unterhaching anschauen werde. Kostet nicht viel, bietet aber super Fußball und
Tegernseer im Stadion, lohnt sich also! Nach Abpfiff heißt es dann aber eilig
in die Stadt, das OpenAir
Isarrauschen startet auf der Praterinsel
und je früher man da ist, desto
günstiger ist der Eintritt noch. Und wenn ich dann keine Lust mehr habe zu
„elektronischer“ Tanzmusik von über 30 DJs in der Halle rumzuwackeln, mache ich
eben im Harry Klein weiter. Dort wird unter dem Motto „Sechs Jahre dein Bass
im Ärmel
“ der Geburtstag des Clubs gefeiert. Und Geburtstage sollte man
immer feiern…

Und auch der Sonntag
stellt mich vor schwierige Entscheidungen, schließlich bietet auch der zweite Tag
des gestern begonnenen München
StreetLife Festival
s ein attraktives Programm. Mich interessiert natürlich
am meisten das vielfältige Musikprogramm, aber es wird wohl für jeden Geschmack
was dabei sein. Oder ich gehe mal wieder ins Substanz, wo der erste Poetry Slam nach
der Sommerpause
ansteht. Wie immer gilt dabei klotzen statt kleckern, die
teilnehmenden Slammer versprechen einen unterhaltsamen Abend…

Jup, dieses Sky hat sich ja mal gelohnt, das ganze Wochenende
wegen anderer Verpflichtungen kein einziges Spiel gesehen – da kann ich ja
gleich weiter Sportschau gucken. Aus Frust verbringe ich den Montag damit, mir jedes einzelne
Fitzelchen an Wiederholung und Highlights anzuschauen, die ich der Bundesliga-Datenbank
da finde. Frustrierend, ich gehe ins Bett.

Zum ersten Mal seit gefühlt 2011 bin ich am Dienstag ausgeschlafen, das Gefühl
irritiert mich ein bisschen. Aber gewöhnen könnte ich mich auch dran. Und diese
neugewonnen Kraft brauche ich auch heute Abend, denn ich muss mich wohl
zwischen zwei Veranstaltungen entscheiden. Einerseits ist heute die Ausstellungseröffnung
von „GEMSTONES“
in der Galerie für Fotografie der Gegenwart. Man darf ein
Best-Of der letzten 20 Ausstellungen erwarten, klingt also nach viel Qualität.
Außerdem ist heute in meinem Lieblingskino, den City-Kinos die Premiere
von „Tschick“.
Ich war damals tieftraurig, als Wolfgang Herrndorf gestorben
ist, deshalb bin ich auf die Filmumsetzung seines Romans sehr gespannt und
hoffe, dass Regisseur Faith Akin dem großartigen Autor gerecht wird. Er wird
auch vor Ort sein und Fragen beantworten, interessant wird es also allemal.

Regelmäßige Leser meiner Wochenplanung (an dieser Stelle
viele Grüße an alle zwei!) werden verwundert sein, auf wie wenig Konzerten ich
bisher war. Das hole ich am Mittwoch
nach, im Unter Deck gibt sich die Hamburger Band „Die
Heiterkeit“ die Ehre
. Der Name verspricht schon einen, höhö, heiteren Abend
(den Gag hat bestimmt noch niemand gemacht). Ich freue mich zumindest mal
wieder auf ein Konzert.

Am Donnerstag
geht es mal in eine andere Ecke Münchens, wo ich sonst nicht so häufig bin. An
der Donnersbergerbrücke
bietet der Münchner Writers Corner Einblicke
in die Graffiti Szene der
Stadt. Hier wird die Brücke neu gestaltet und heute ist die Finisage der
Aktion. Für mich, der ich sonst noch gar nicht in Berührung mit der Szene war,
eine sehr spannende Idee und ich freue mich auf die neue Erfahrung.

Eine etwas ungewöhnliche Woche für mich neigt sich dem Ende
zu, ich war schließlich nur einmal im Feierwerk, habe kaum Fußball geschaut und
dafür ziemlich viel Kunst und Ausstellungen gesehen. Wäre ich so hip wie die
Sparkasse, würde ich jetzt schreiben „Was ist das für 1 Woche?“, leider habe
ich aber nicht so viel Swag. Zum Abschluss mache ich wieder was Ungewöhnliches
am heutige Freitag, die Colored Gigs machen mal wieder Halt in München, hier treffen sich
verschiedene Posterartists. Unter anderem gibt es limitierte Bandposter, wie
ich mich kenne tapeziere ich damit eh wieder meine gesamte Wohnung…

Von: Philipp Kreiter

Foto: privat

Von Freitag bis Freitag – Unterwegs mit Charlotte

image

Nach dem Amoklauf von München ist es für Charlotte gar nicht so leicht, wieder ins normale Party-Leben zurückzukehren. Trotz aller Beklommenheit hat sie eine gute Mischung zwischen Party und Kultur gefunden, die sie auf das Back to the Woods Festival führt, zu einer Fotoausstellung des bekannten Reportagefotografen Werner Bischof und auf einen Poetry Slam in der Glockenbachwerkstatt

Auch mich haben die tragischen Vorfälle des Amoklaufes am Freitag, den 22.07.2016 sehr geschockt und nachhaltig erschüttert. Dennoch halte ich es für falsch, sich von nun an in seinen Wohnungen einzuschließen. Daher habe ich mir für die nächste Woche viele schöne Dinge vorgenommen.

Seit langem werde ich mal wieder – ganz klassisch für eine Studentin – am Freitag auf eine WG-Party gehen. Ich freue mich also auf eine feuchtfröhliche Sause. Doch damit wird mein Abend noch nicht zu Ende gehen. Denn aus dem Party-Trubel stürze ich mich in das Club-Gedränge. Von Freitag- auf Samstagnacht präsentiert das Label From Another Mind Surgeon im MMA. Bei Elektroklängen kann man dann die Nacht durchtanzen.

Am Samstag wird allerdings nicht lange geschlafen. Denn ab 12.00 Uhr beginnt das Back to the Woods Festival bei Garching. Eigentlich sollte das ganze letzten Samstag stattfinden. Doch aufgrund der unglücklichen Ereignisse am vergangenen Freitag wurde das Festival auf den 30.07 verlegt. Dort erwarten mich neben zahlreichen großartigen Elektroacts auch viele tolle Stände mit leckerem Essen. Am Waldrand wird dann bis 1.00 Uhr nachts getanzt und wer dann noch Kraft hat, feiert auf der für alle FestivalteilnehmerInnen kostenlosen Aftershowparty im Harry Klein weiter. Organisiert wird das Spektakel von dem Kollektiv kellerkind, das mittlerweile für seine rauschenden Festivals weit über München bekannt ist. Online gibt es noch Restkarten und wer trotzdem keine mehr ergattern kann und dennoch Lust auf ein Festival hat, kann sich zum Barfuss am See in Feldmoching aufmachen. Auch hier gibt es tolle Musik und viele kreative Essensstände und das sogar für freien Eintritt sowie die Möglichkeit sich zwischendurch im See zu erfrischen.

Nach so viel Gefeiere muss ich erst einmal meinen Akku wieder aufladen. Daher quetsche ich mich am Sonntag zusammen mit vier FreundInnen in meinen Opel Corsa und fahre an einen der zahlreichen, wunderschönen Seen in der Nähe von München. Und stelle hoffentlich bei Sonnenschein – hoffentlich scheint die Sonne – wieder einmal fest, dass ich viel zu selten in das Münchner Umland fahre.

Nach so einem Party-Wochenende komme ich nur langsam in eine arbeitsreiche Woche wieder hinein. Doch eine Sache, die meine Laune immer hebt, ist der Besuch einer Ausstellung -besonders, wenn diese kostenlos ist und noch mehr, wenn sie Fotografie zeigt. Nach der Arbeit mache ich mich also auf den Weg in die Versicherungskammer in der Maximiliansstraße. Dort gibt es immer abwechselnd kostenfreie Ausstellungen hochkarätiger Künstler. Diesmal werden Bilder des renommierten Fotografen Werner Bischof gezeigt, der nicht nur einer der bekanntesten Reportagefotografen des 20. Jahrhunderts, sondern auch Mitglied der Fotoagentur Magnum war. Ein Muss für einen Fotografie-Fan wie mich. Abends mische ich mich unter das Publikum des Poetry Slams in der Glockenbachwerkstatt, wo unter dem Veranstaltungstitel Bless the Mic stets am ersten Montag des Monats begabte junge SlamerInnen auftreten und sich batteln was das Zeug hält.

Am Dienstagabend holt mich mein schlechtes Gewissen ein und ich packe mir einen Freund und jogge zu einem in der Nähe der Isar gelegenen Trimm-Dich-Pfad unmittelbar bei der Brudermühlbrücke. Dort kann man zwischen Bäumen versteckt an feststehenden Geräten trainieren und sich extrem hart vorkommen, um sich dann bald weitaus weniger hart zu fühlen, wenn man die anderen Muskelpakete betrachtet. Anschließend kann man sich am Kiosk um die Ecke ein Bier oder ein Radler kaufen, sich an die Isar setzen und die verlorenen Kalorien wieder antrinken.

Am Mittwoch arbeite ich nur vormittags, um den Nachmittag damit zu verbringen ein wenig durch das Glockenbachviertel zu flanieren. Denn planloses Spazierengehen im eigenen Viertel werden eindeutig unterschätzt. Man weiß nie welche tollen neuen Ecken man dabei entdeckt. Abends verabrede ich mich dann mit FreundInnen am Bahnwärter Thiel vor der HFF.  Dort findet wie jeden Mittwoch das Schienenbuskonzert statt. Diesmal spielen Mola – eine freche junge Band, die Elektropop macht.

Weiter geht es am Donnerstagnachmittag mit einem Ausstellungsbesuch beim Kreis-Jugend-Ring, die den Titel Perspektiven junger Geflüchteter in München trägt. In dieser Ausstellung verleihen 9 – 18 jährige Geflüchtete ihren Erlebnissen und Perspektiven durch Bilder, Videos und Texte Ausdruck. Anschließend begebe ich mich zum Sommertheater in der Glyptothek  am Königsplatz. Dort werden während des gesamten Sommers König Ödipus von Sophokles und Der Sturm von Shakespeare regelmäßig unter freiem Himmel vorgeführt. Eine tolle Idee – wie ich finde- besonders, da die regulären Theater in München über die Sommermonate hinweg ihre Türen schließen.

Die wohlmöglich größte Belastung für meinen Geldbeutel folgt am Freitag. Im Wanda-Circus findet ab 12.00 der VINOKILO (Vintagekilo Sale) statt. Das Prinzip lautet dabei folgendermaßen: Bezahlt wird nicht nach einzelnen Artikeln, sondern nach Kilos. Ein Kilo kostet dabei 15 Euro. Dies ist natürlich ein verführerisches Angebot, da man günstig Markenartikel erstehen kann und gleichzeitig keine Ressourcen durch einen unnötigen Neukauf verschwendet. Die weitere Abendplanung hängt allerdings von meiner anschließenden Finanzlage ab.

Ein Abend mit: Fee

Die Poetry-Slammerin und Autorin Fee (22) lässt den Abend ruhig und intellektueller in Theater, Oper oder Café angehen. Fee feiert gerne – aber ohne Alkohol. 


Hier beginnt mein Abend:

Im Theater oder der Oper. Ja, das ist so mein Ding.

Danach geht’s ins:

Cafe Yasmin oder zu irgendeiner privaten Party, das ist meistens das Netteste.

Meine Freunde haben andere Pläne. So überzeuge ich sie vom Gegenteil:

Im Yasmin gibt´s die beste Limo! Und es kostet keinen Eintritt.
Okay, es ist auch kein Club. Aber: Limo!

Mit dabei ist immer:
Irgendein sehr dringliches, hyperinteressantes Gesprächsthema wie Zölibat, Trauerbegleitung von Kindern und Jugendlichen, Regietheater oder die Frage, ob man beim Gendern lieber * oder _ benutzen sollte. Und das wird dann über jede Lautstärke hinweg diskutiert!

An der Bar bestelle ich am liebsten:
Fritz Melonenlimo, einen Ingwertee oder so etwas Abgefahrenes wie KiBa.

Der Song darf auf keinen Fall fehlen:
Irgendwas Trashiges. Wo ich den Text kenne!

Mein Tanzstil in drei Worten:

Extrovertiert. Zappelig. Ballett.

Der Spruch zieht immer:

„Ich finde diese Frage, ob ich einen Freund habe, sowas von daneben! Was sagt das denn bitte über mich aus? Ja, ich habe einen. Und? Bin ich jetzt nicht mal mehr ein Gespräch wert? Wenn ja, hätte ich dich auch ohne Partner nicht kennen lernen wollen. Außerdem ist das total heteronorma…“
Dann geht selbst der ekligste Typ. 🙂

Nachts noch einen Snack. Mein Geheimtipp ist:

Cafe München 1 – da wo guter Geschmack zu Hause ist.
Das ist der schönste abgefuckte Ort, den München zu bieten hat.

Meine dümmste Tat im Suff war:

Ich trinke gar nix. Daher sind die dümmsten Dinge meistens ohne mich passiert. Was manche meiner Freunde und Freundinnen aber nicht davon abhält, trotzdem anzunehmen, dass ich dabei war. Ich habe also scheinbar schon viel Dummes im Suff getan.

Das beste Frühstück nach einer durchfeierten Nacht gibt`s im:
Cafe Puck, aber das hat leider gerade zu. Auch gut: Cafe Münchner Freiheit.

Diesem Club/dieser Bar trauere ich nach:
Ich war nie im Atomic. Das finde ich schon ein bisschen schade.

Foto: Coo Pajaro

Von Freitag bis Freitag München – unterwegs mit Philipp

image

Diese Woche legt Philipp einen Musikmarathon hin: Den Anfang machen PourElise, Ella Josaline und Marina Sprenger im Farbenladen, weiter gehts mit Funeral for a Friend in der Kranhalle und K.I.Z im Zenith und am Ende der Woche gibt er sich noch eine letzte Dröhnung beim egoFM Fest im Muffatwerk. Auf wundersame Weise bleibt bei all der Musik sogar noch Platz für einen Poetry Slam im Lustspielhaus und eine zweite Runde Impro-Theater im Heppel-Ettich…

Osterwochenende! Und das Wetter spielt auch noch mit. Aber bevor ich am Wochenende durch den Englischen Garten hopsen werde und Ostereier (oder so) verstecke, muss ich erstmal den Karfreitag rumbringen. Zum Glück findet heute der Schwabinger Poetry Slam im Lustspielhaus statt, da kann ich hingehen. Poetry Slam geht immer, ist mal lustig, mal nachdenklich und deshalb auch ein ordentlicher Start ins Wochenende. Und da ich diese Woche sonst sehr viele Konzerte auf dem Zettel habe, ist es doch eine gute Idee mit was anderem zu starten?

Am Samstag beginnt unser letztes Wochenende im Farbenladen im Feierwerk. Unter dem Motto „München am Rand“ präsentieren junge Künstler und Fotographen ihre Arbeiten zum Thema, nun ja, München am Rand. Zusätzlich gibt es ein Musikprogramm und Lesungen oder Ähnliches. Heute zum Beispiel lesen die Autoren Daniel Bayerstorfer, Elena Anais Lorscheidt, Tobias Müller und Sophia Klink aus ihren Texten. Zur Auflockerung gibt es Musik von der bezaubernden Pour Elise. Dazu kann man gekühlte Getränke (Empfehlung des Hauses: Bier) genießen, die von Münchens bestem und attraktivsten Bierausschenker (mir) verkauft werden. Kann man sich also geben…

Und auch am Sonntag ist mehr als nur Ostereier suchen und Lindt-Hasen essen bis einem schlecht wird. Denn heute ist Finissage im Farbenladen. Für alle die so fancy Begriffe nicht kennen: letzter Abend. Deshalb zeigen wir zum Abschluss auch die ganze Vielfalt unseres Programms. Denn neben Lesungen von Daniela Gassmann, Amelie Reichenecker, Stefan Vidović und Nora Zapf kommt Marionettenspielerin Maria Cozocea und, hust, lässt die Puppen tanzen (Wortspiel aus dem Veranstaltungstext übernommen). Musik gibt es von Shootingstar Ella Josaline und Newcomerin Marina Sprenger. Ich gehe auf jeden Fall hin, weil das nächste Mal Farbenladen ist erst wieder 2017.

Nach diesem Wochenende mit so viel Kultur fühle ich mich am Montag ganz durcheinander – kann aber auch nur an den ganzen Eierlikör-Schokoeiern liegen, die ich gegessen habe. Wie dem auch sei, auch heute muss ich irgendwas machen. Heute gehe ich deshalb mal wieder ins Feierwerk, da war ich in letzter Zeit ja nicht so oft… Heute aber mal in die Kranhalle, wo die walisische Rockband Funeral For A Friend auf ihrer Abschiedstournee Halt macht. Also irgendwie Funeral for Funeral for a Friend. Egal, es lohnt sich garantiert die Wegbereiter der britischen Rockszene sind immer einen Besuch wert.

Dienstag reicht es mir endgültig mit Musik. Nach einem ereignisarmen Tag den ich mit dem Ordnen meiner Spotify-Sammlung verbringe (früher machte man sowas wohl mit Platten, bin da schlecht informiert…), geht es abends zum Impro-Theater Bühnenpolka ins Theater Heppel Ettich. Die Gruppe habe ich schon im Farbenladen gesehen, wo sie mir extrem gut gefallen haben. Vor allem bekommen sie es hin, glaubwürdiges und lustiges Theater zu improvisieren, sowas kann auch schief gehen. Viele ihrer Stücke sind instrumentell begleitet, bisschen Musik ist also doch wieder dabei. 

Heute ist Mittwoch und ich gehe abends ins Zenith zu K.I.Z. Das Event ist zwar restlos ausverkauft und jeder, der das jetzt erst mitbekommt, dass die spielen, hat Pech gehabt. Ich wollte es aber trotzdem mal gesagt haben. Wird sicher sehr cool, also gut, wenn man sich rechtzeitig Karten gekauft hat.

Am Donnerstag schlafe ich erstmal sehr lange, der Abend mit den Kannibalen war ganz schön heftig. Jeder, der keine Karten mehr bekommen hat, hat echt was verpasst. Tagsüber genieße ich das schöne Wetter im Englischen Garten, später geht es dann zu White Miles ins Substanz. Sie bezeichnen sich selbst als „Dirty Pole Dance Stoner Rock Duo“. Von „Stoner Rock“ fühle ich mich zwar nicht so angesprochen, von „Dirty Pole Dance“ schon eher und die Kombination macht’s dann. Außerdem kommt gleichzeitig auch ihr neues Album raus, also man sollte den Abend wohl nicht verpassen…

Zum Abschluss meiner Münchner Musikwoche bleibt am Freitag eigentlich nur noch eine logische Wahl: das egoFM Fest im Muffatwerk. Mit ROOSEVELT, Claire, Chefket, Husband und dem OK KID Soundsystem, aber besonders mit den Lokalmatadoren der Black Submarines, die auch ihr neues Album rausbringen. Sänger Richy hat letztes Wochenende schon im Farbenladen performt (ich weiß, ich ziehe mein gesamtes kulturelles Wissen über München aus dem Farbenladen, trotzdem…), jetzt bin ich gespannt, wie die gesamte Band zusammen klingt. Und ehe ich mich versehe ist schon wieder Samstag und ich kann aufhören für „von Freitag bis Freitag“ auf irgendwelche Events zu rennen… 

Von: Philipp Kreiter

Foto: privat

Bilder in den Kopf malen

image

München – Carmen Wegge, 26, ist Rampensau und Schreiberling, seit zehn Jahren macht sie Poetry Slam. Entdeckt hat sie ihre Leidenschaft in der Slam-Kaderschmiede der Münchner Schauburg, die vor kurzem ebenfalls zehn Jahre alt wurde. In München organisiert sie den „Bless-The-Mic“-Slam in der Glockenbachwerkstatt und die Slam-Workshops in der Schauburg, die als größte Nachwuchsförderung von Poetry Slammern deutschlandweit gilt. Wenn sie nicht gerade auf der Bühne steht, studiert Carmen Jura.

SZ: Trockene Gesetzesbücher wälzen und auf der Bühne das Publikum mitreißen – wie passt das zusammen?
Carmen Wegge: Jura war vor allem so ein gutes Studium für mich, weil es keine Anwesenheitspflicht oder Anforderung an den Schnitt vor dem Staatsexamen gibt. Deswegen konnte ich viel Slam machen. Ich hatte bestimmt zweieinhalb Jahre lang 20 Auftritte im Monat. Dafür war das Jurastudium ganz gut.

Was ist der Reiz beim Poetry Slam?
Poetry Slam ist für mich gelebte Poesie. Es ist eine Erzählkultur. Man kommt auf die Bühne und erzählt den Menschen eine Geschichte, bringt ihnen Poesie zu Gehör. Das finde ich unglaublich schön. Die Menschen schlagen kein Buch auf, sondern kommen, sehen und hören den Poeten und merken dabei vielleicht viel eher, was er da-mit meint. Und Slammen ist natürlich auch Alltagspoesie. Poetry Slam ist in seinen Texten sehr schnelllebig, quasi am Puls der Zeit.

Zehn Jahre Poetry Slam – wie haben sich deine Texte verändert?
Mein erster Text als Jugendliche ging über einen Jungen, der denkt, er ist in einem Computerspiel gefangen und muss seine Eltern töten. Ja, da war ich noch sehr morbide. Damals habe ich mich viel mit jugendlichen Problemen beschäftigt: von Germany’s Next Topmodel verarschen bis zur jugendlich nachdenklichen Sinnsuche im Leben. Inzwischen schreibe ich sehr viel politisch. Über Frauenrechte, Diskriminierung, Sicherheit und Datenschutz. Wenn Poetry Slam eine Bühne bietet, dann muss man sich auch trauen, kritische Dinge anzusprechen. Man erreicht so viele Menschen damit, da lohnt es sich auch, auf der Bühne politisch zu werden.

Wer politisch wird, will ja auch immer etwas bewegen.
Es gibt viele, die sagen: Wenn ich mit meinen Texten nur bei einem was bewege, dann habe ich schon viel getan. Ich denke: Die meisten, die zu Slams kommen, haben schon ihre politische Meinung. Ich glaube, es geht eher darum, dass ich es mal gesagt haben will. Es ist wichtig, dass jemand auf der Bühne steht und sagt: Es läuft was falsch. Dieses und jenes muss sich ändern, lass uns das gemeinsam angehen.

Vor allem in der Förderung der U 20-Generation leistet ja die Schauburg einen wichtigen Teil. Wenn du zu den Anfängen zurückblickst: Was hat sich geändert?
Eigentlich ist alles wie früher! Es sind nur neue junge Menschen, die auf derselben Bühne stehen. Es gibt immer noch drei Workshops: Storytelling für die Prosa-Geschichtenerzähler, Lyrik- und Performancepoesie sowie Rap. Es ist auch immer noch ein spannender Mix durch diese drei verschiedenen Bereiche.

Unterscheiden sich die Teilnehmer?
Die Storyteller sind schon immer die Ruhigeren. Und dann gab es Creme Fresh, Keno und Fatoni im Rap-Workshop, den damals noch Nina Sonnenberg alias Fiva geleitet hat – die Rapper waren schon damals die Coolen. Es sind viele Talente aus der Schauburg hervorgegangen – zum Beispiel David Friedrich oder Moritz Kienemann, der jetzt am Volkstheater ist, oder die U 20-Meister Johannes Berger und Fee. Es ist schon eine kleine Kaderschmiede des deutschen Poetry Slams.

Was kann man als junger Poetry Slammer für sich selbst mitnehmen?
Ein Slam ist einfach eine Wundertüte. Man weiß nie, was an dem Abend passiert. Man weiß nie, welche Texte gelesen werden. Es ist eine ganz eigene Dynamik, auch unter den Zuschauern. Man muss auch gar nicht immer selbst auftreten. Aber einfach Teil einer Künstlerszene zu sein und kreative Künstlerluft zu schnuppern – das würde ich jedem empfehlen.

Worauf kommt es an auf der Bühne?
Ganz klar: Auf eine gute Stimme. Man muss den Menschen ins Gesicht schauen. Und man muss sich wohl fühlen. Wenn ich auf der Bühne bin, fühle ich mich, als würde ich da hingehören. Da ist die Welt in Ordnung.

Was kann man fürs Poetry Slammen lernen? Und was muss man tatsächlich einfach mitbringen?
Man braucht schon ein Grundtalent, aber eigentlich nur in dem Sinne, dass man sich etwas traut. Viele denken, sie können nicht schreiben, zum Beispiel weil sie in der Schule nie gut in Deutsch waren. Bei Workshops an Schulen fällt aber auf: Oft sind die mit der Fünf in Deutsch diejenigen, die bessere Texte schreiben als die mit der Eins in Deutsch.

Kann man das lernen?
Lernen kann man vor allem Poesie-Performance, also wie präsentiere ich mich auf einer Bühne? Das ist beim Slam ganz wichtig, weil ein Text kann noch so gut sein – wenn du ihn schlecht vorträgst, schweifen die Leute nach drei Sätzen ab und merken erst gar nicht, wie gut du bist. Auch bildhafte Sprache ist mit Schreibübungen lernbar. Das Wichtigste ist ja, dass man dem Publikum Bilder in den Kopf malt.

Interview: Elisabeth Kargermeier
Foto: Sonja Marzoner

Von Freitag bis Freitag München – Unterwegs mit Katharina

image

Studentenleben, vor allem am Anfang des Semesters, ist kein Sahneschlecken: Katharina kämpft schon in der ersten Woche des Wintersemesters mit Übermüdungserscheinungen. Kürzer treten wird sie in ihrer Freizeitgestaltung deswegen aber keineswegs: Ob das Spielart Festival, der Supersonic Thursday im Cord oder die Charity Veranstaltung der Asian Charity Organization – Katharina ist am Start und denkt auch noch fast nicht an Winterschuhe und Weihnachten. Also fast.

Zwei Wochen Wintersemester habe ich jetzt hinter mir und ich bin vollkommen geschafft und durchgefroren. Hatten wir nicht gerade noch 30 Grad? Jetzt laufen alle auf einmal mit Winterschuhen, dicken Schals und Daunenjacken rum, trinken Tee aus der Thermoskanne und freuen sich auf Weihnachten. Das geht mir irgendwie ein bisschen zu schnell. OK – das Wintersemester heißt nun mal Wintersemester, weil der größte Teil des Semesters im Winter stattfindet. Aber der gute Winter muss es ja auch nicht gleich übertreiben. Wo ist der Herbst geblieben? Wie soll mein Körper einen derartigen Temperatursturz überhaupt überstehen? Aber das Gejammer hilft ja auch nichts. Ich muss mich langsam an den Gedanken gewöhnen, dass ich eine Jacke brauche, wenn ich vor die Tür gehe – meine Chucks werden aber noch nicht durch Winterschuhe ersetzt. Irgendwie muss man dem Ganzen ja trotzen. Immer schön langsam, lieber Winter, eins nach dem anderen.

Um die Sommerstimmung noch ein bisschen in Erinnerung zu halten, entschließe ich mich am Freitag zu einem Festivalbesuch. Heute ist der erste Tag des Spielart Festivals in München. An verschiedenen Orten in der ganzen Stadt präsentieren internationale Künstler ihre Werke. Von Ausstellungen, über Performances und Parties bis zu Installationen ist in den nächsten 16 Tagen alles dabei. Beim Lesen des Programms springt mir sofort die Ankündigung der Videokunstinstallation „Perhaps All The Dragons“ ins Auge und ich mache mich auf den Weg in die Falckenbergstraße zur Kammer 2 der Münchner Kammerspiele. Hier verfolge ich auf dreißig Bildschirmen den unglaublichen Geschichten von dreißig verschiedenen Menschen aus der ganzen Welt. Echt kurios und beeindruckend!

Ich muss zugeben: Es sind nicht nur die Temperaturen, die meinem Körper und Geist zu schaffen machen, sondern auch die Tatsache, dass die Ferien vorbei sind und ich mich langsam wieder ans Semester gewöhnen muss. Das hat meine innere Uhr, die irgendwie immer noch im Ferienmodus tickt, noch nicht so ganz verstanden. Zum Glück ist heute Samstag – mein Lieblingstag der Woche. Morgens ausschlafen und abends ohne schlechtes Gewissen spät ins Bett gehen, egal ob Ferien sind oder nicht. Der heutige Tag gestaltet sich außerdem auch noch unglaublich produktiv. Wir, also meine Band THE LIVING und ich, spielen auf der ACO-Benefiz Veranstaltung im Willi-Graf-Gymnasium. Die Asia Charity Organization (ACO) sammelt für verschiedene Hilfsprojekte in Vietnam und wir dürfen heute auch unseren kleinen Beitrag dazu leisten. Abends genießen wir das leckere asiatische Essen und machen danach noch einen kleinen Abstecher zum Freiheiz. Wir schaffen es zum Glück noch rechtzeitig zum Auftritt von der Lischkapelle und Swallow Tailed, die hier heute im  Rahmen der Neuhauser Musiknacht auf der Bühne stehen. 

Ich glaube das Schicksal hat mein Gejammer gehört. Denn als ich am Sonntag erwache und auf die Uhr schaue, fällt mir ein, dass uns ja heute eine Stunde geschenkt wird. Die kann ich in meinem Projekt „Gewöhn dich ans frühe Aufstehen – die Semesterferien sind vorbei“ gut gebrauchen. Nach einem schönen entspannten Sonntagsbrunch ist mal wieder Zeit für ein bisschen Kunst. Auf der Kunstmesse Stroke in der Säulenhalle an der Hackerbrücke bewundere ich in einer riesigen Schar aus Hipstern die Kleidung junger Münchner Designer und beobachte fasziniert die Präzision und Detailverliebtheit der Tatookünstler.

Es ist Montag und ich kann ausschlafen. Halt! Da stimmt irgendwas nicht. Hab ich mich im Wochentag geirrt? Ich überprüfe meine Stundenplan und tatsächlich: Mein erster Unitag der Woche beginnt erst um vier Uhr nachmittags. Das ist ja gar nicht mal so schlimm. Was beklage ich mich eigentlich die ganze Zeit? Da höre ich lieber mal ein paar jungen Leuten zu, denen wirklich etwas auf der Seele brennt. Beim Isar Slam im Ampere sind heute preisgekrönte Poetry Slammer aus ganz Deutschland und der Schweiz zu Gast. Die Wortwellen der Sprechkünstler schwappen mir entgegen und nehmen mich so in ihren Sog auf, dass ich ganz verblüfft bin, als ich mich am Ende des Abends in einer jubelnden Menge wiederfinde.

Am Dienstag hat sich der ganze Schlafüberschuss vom Wochenende – wenn man überhaupt von etwas derartigem reden kann – schon  wieder relativiert. Nur mit viel Kaffee kommt mein Kopf einigermaßen in Gang. So kann ich wenigstens die ersten paar Stunden des Tages einigermaßen konzentriert überstehen. Doch schon mittags ist die Konzentration wieder hinüber. Ich schaue aus dem Fenster in den wolkenverhangenen Himmel und träume vom weißen Strand, warmer Sonne und Sommerluft. Bis mich auf einmal meine Freundin in die Seite stupst und fragt: „Sag mal, hast du verstanden, was der Professor genau damit meint?“-  Professor? Was? Ich schrecke aus meinen Tagträumen hoch und befinde mich in einem vollen Vorlesungssaal. OK – so kann das echt nicht weitergehen. Ich bekomme ja gar nichts mehr mit. Irgendwas muss ich an meinem Schlafverhalten ändern. Vielleicht sollte ich einfach mal früher ins Bett gehen. Aber heute klappt das sicher nicht. Ich muss unbedingt zur Aufführung des Performance-Stücks Amarillo in die Muffathalle. Es erzählt die Reise eines Mexikaners durch die Wüste nach Texas. Seine Sinneseindrücke und Erlebnisse stellen die Künstler aus Mexiko mit Hilfe verschiedener Mittel – von Choreographien bis Filmprojektionen – dar. Vollkommen fasziniert vom Geschehen, merke ich gar nicht wie müde ich eigentlich war.

Erst als ich mich am Mittwoch verschlafen aus dem Bett quäle, fällt mir mein doch eigentlich so vernünftiger Plan wieder ein. Naja, vielleicht lege ich einfach später nach der Uni noch ein kleines Nachmittagsschläfchen ein, bevor ich mich dann abends mal wieder in Richtung Ampere aufmache. Langsam kennen meine Füße den Weg dorthin von ganz allein. Sales aus Florida bringen mit ihrer Musik sofort wieder warme Sommerstimmung auf und lassen auch meine kalten Füße schnell wieder auftauen. Vielleicht sollte ich doch langsam mal überlegen, meine Winterschuhe aus den tiefen Winkeln meines Schranks zu befreien.

Der Donnerstag startet mal wieder viel zu früh. Ich glaube mein Plan des Früh-ins-Bett-Gehens war dann doch ein bisschen zu optimistisch – oder sollte ich sagen realitätsfern? Eine Planänderung muss her. Neues Motto: Wenn nichts mehr geht, dann geht noch was. Das klingt doch auch sehr optimistisch. Ich trink mir über den Tag hinweg einen Cola-Rausch an und steuere abends zum Supersonic Thursday in den Cord Club. Ich tanze so lange, bis ich Seitenstechen bekomme und meine Füße weh tun. Auf dem Nachhauseweg lässt dann auch langsam mein Koffeinpegel nach. Zu Hause falle ich mit Klamotten ins Bett und bin sofort weg.

Der Wecker ist echt eine unnötige Erfindung, vor allem wenn er nach weniger als sechs Stunden Schlaf klingelt. Aber an einem Freitag kann ich selbst über diese Tatsache hinweg sehen. Ich bin in Hochstimmung. Nur ein ganz kurzes, kleines Seminar in der Uni und dann steht das Wochenende vor der Tür. Zwei Tage Zeit, um ausreichend Schlaf für die nächste Woche zu sammeln. Nach dem gestrigen Abend gehe ich das ganze ein bisschen langsamer an. Was passt da besser als ein Besuch auf dem eat&style-Festival im Zenith? Ich schlemme mich durch verschiedene kulinarische Köstlichkeiten und hole mir Anregungen für unser Weihnachtsessen. Ups, eigentlich wollte ich da ja noch nicht daran denken, aber jetzt, wo ich schon mal hier bin…

Katharina Würzberg

Foto: Lorraine Hellwig