Neuland

Der Linoleum-Club sucht für eine Tagesausstellung an der Isar Beiträge zur Gestaltung des öffentlichen Raumes an der Isar.

Der Linoleum-Club verlässt am 20. September seine Räumlichkeiten in der Rupprechtstraße 29. Keine Sorge, nur für einen Tag. Bei einer Tagesausstellung am „Isarbalkon“ werden ausgewählte Beiträge zu dem Wettbewerb „Deine Isar – deine Stadt“ gezeigt, der Einsendeschluss ist am 1. September. Gesucht werden Beiträge zur Gestaltung des öffentlichen Raumes an der Isar. Den Anstoß zu dieser Veranstaltung gab der Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Wie genau der Abend aussehen wird, sei von den Einsendungen abhängig, erklärt Julian Schulz, 27, einer der Gründer des Linoleum-Clubs (Foto: privat): „Wir lassen uns überraschen.“ Egal ob Fotografie, Poetry-Slam, Musik oder Kunstwerke jeglicher Art – die Form ist vollkommen offen. Julian und das Team sind sehr gespannt auf die Beiträge und hoffen auf gute Ideen: „Ich kann mir gut vorstellen, dass der Bezirksausschuss auch Vorschläge aus der Ausstellung annimmt.“ Gabriella Silvestri

Pauline Sirch: Eisbach

Für Pauline ist der Englische Garten einzigartig. Wenn sie am Eisbach liegt, fühlt sie sich zu Hause angekommen. Auch der Mann im Wasserfall scheint sich wohl zu fühlen: “Er saß noch lange so da.”

Wenn Pauline Sirch am Eisbach im Englischen Garten liegt, fühlt sie, dass sie wieder in ihrer Heimat München angekommen ist. Zurzeit studiert sie an der Hochschule in Bielefeld Fotografie und Medien, gerade ist sie in München und macht ein Praktikum in einem Fotostudio, das besonders auf Bewerbungs-, Porträt- und Hochzeitsfotos spezialisiert ist. „Solche Fotos sehe ich mehr als Dienstleistung mit wenig künstlerischer Entfaltungsmöglichkeit, aber ich mag das Gefühl, mittendrin zu sein, und lerne technisch sehr viel.“

Für Pauline ist der Englische Garten der Mittelpunkt Münchens: „Dort treffen sich viele Leute und er ist schon sehr besonders mit den Surfern“, sagt die 20-jährige, „so etwas gibt es in keiner anderen Stadt.“ Das
Foto am Wasserfall ist nicht inszeniert, es entstand für eine Semesterarbeit eher zufällig. Eigentlich fotografierte sie für die Studienarbeit mit Stativ enge Bildausschnitte, sie hatte sich auf Füße fokussiert. „Als ich den Mann dort habe sitzen sehen, musste ich ihn einfach sofort fotografieren.“  Gabriella Silvestri

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Mit einer Auflage von 10 000 Exemplaren war Unikat das größte Uni-Heft Bayerns. Jetzt setzt die Redaktion nur noch auf Online und möchte eine coole Plattform für Münchner Studierende werden.

Unikat goes online – bis vor kurzem war das Studentenmagazin von Studierenden der LMU, TU und Hochschule München mit einer Auflage von 10 000 Exemplaren das größte Uni-Heft Bayerns. Vergangenen Mai wurden die vorerst letzten gedruckten Ausgaben verteilt, von jetzt an setzt die Redaktion nur noch auf Online. Die hohe Fluktuation in der Redaktion, bedingt durch die Dauer des Studiums und Auslandsaufenthalte, erschwerten die Anzeige-Aquise. „Natürlich interessieren sich die Studierenden, die bei uns mitmachen, auch mehr für die journalistische Arbeit“, fügt Judith Dada (Foto: Picasa), 22, erster Vorstand und Redaktionsmitglied seit mehr als zwei Jahren, hinzu (Foto: Picasa). Unikat sei ja vor allem auch eine Spielwiese für journalistisch interessierte Studierende, die Lust haben, zu schreiben. Was erhofft sich das Team von dem Umstieg? „Wir möchten eine coole Plattform für alle Studierenden der drei Universitäten schaffen.“ Dass irgendwann auch wieder eine Printausgabe erscheint, schließt Judith nicht aus.
Gabriella Silvestri
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Daniel Lamas: Neuperlach

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Für Daniel Lamas ist Fotografie Kunst. In ein Bild steckt er viel Zeit – bei Inszenierung und Bearbeitung. Daniels München ist nicht die Innenstadt oder der Olympiapark. Daniels München ist Neuperlach.

Abenddämmerung, Neuperlach – kein gewöhnliches Münchner Postkartenmotiv. Daniel Lamas steht auch nicht auf herkömmliche Fotos, er fotografiert gern Abgefahrenes, gern mit einer Nuance Dramatik. „Fotografie ist Kunst“, sagt der 22-Jährige. Deswegen endet für ihn die Arbeit nicht, wenn das Foto geschossen ist.

Daniels München ist nicht der Olympiapark oder die Innenstadt, Daniels München ist Neuperlach, sein Geburtsort, wo er aufgewachsen ist. Für ihn ist Neuperlach mehr als nur Plattenbau. Heimat, ein Ort, mit dem er viel verbindet, sein München. „Der Wohnring hinter dem Einkaufszentrum Pep ist typisch für Neuperlach“, erklärt Daniel. Die satten Farben und starken Kontraste kommen nicht durch Bildbearbeitung, sondern durch die „High-Dynamic-Range-Technik“, bei der drei Bilder desselben Motivs aber unterschiedlicher Helligkeitsstufe übereinander gelegt werden. Gabriella Silvestri

Daniel Lamas, 22, macht eine Ausbildung zum Fotografen. Fotografie ist Kunst für ihn, für ein einziges Bild nimmt er sich viel Zeit. Angefangen hat Daniel eigentlich mit Graffitis. Durch Streetart tauchte er erstmals in die Künstlerszene ein, irgendwann entdeckte er dann seine Leidenschaft für Fotografie. Der künstlerische Aspekt spiegelt sich auch in all seinen Fotos und Videos wieder.
http://www.litos-art.de/

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David Berger und Lennart Hofmaier haben lange probiert und rumgetüftelt, jetzt gibt es ihr Teegetränk “Kano” endlich zu kaufen. Die Idee kommt aus Asien. „Die Leute dort haben eine ganz andere, lässigere Art, Tee zu trinken", erklärt David.

David Beger (links) und Lennart Hofmaier (Foto: Kano) sind eigentlich keine Gastronomen. David ist Fotograf, Lennart arbeitet in einem Verlag. Ungefähr eineinhalb Jahre haben die beiden probiert und rumgetüftelt, jetzt halten sie das Ergebnis in den Händen: Kano – ein neues Teegetränk aus Baldrian, Hopfen und Kamille mit frischem Zitronengras, Zitronenmelisse und Ingwer. Entgegen dem Trend der Energy-Drinks, wollten beide ein Getränk zur Entspannung schaffen, erklärt David. Die Idee kommt aus Asien. In der Münchner Szenegastronomie und Umgebung gibt es Kano bereits zu kaufen. Gabriella Silvestri

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Die Musikerin Le-Thanh möchte schon lange ihre Songs aufnehmen. Dank Crowdfunding ist sie zurzeit in einem Studio in Berlin und arbeitet mit Unterstützung anderer Musik an ihrem ersten Album.

Dass das wirklich klappen könnte, hätte Le-Thanh (Foto:Christopher Aoun) nicht erwartet. Eigentlich stand sie dem Konzept des Crowdfundings immer etwas skeptisch gegenüber. Gut, dass sie es dennoch versucht hat – denn dank dem „unterstützenden Tausch“, wie die Musikerin es nennt, ist die 27-Jährige jetzt im Studio und nimmt ihr Debüt-Album auf.

Groß war die Summe, die die gebürtige Münchnerin brauchte, nicht. Um die anderen Musiker und den Tontechniker zu bezahlen, waren nur noch 2000 Euro notwendig. Das Tonstudio wird ihr durch ein Förderprojekt des Berliner Senats für zehn Tage zur Verfügung gestellt. Viele Helfer aus der „Crowd“ kennt Le-Thanh nicht persönlich: „Ich bin total überwältigt davon, dass auch so viele etwas beigetragen haben, die ich nicht kenne, aber die meine Musik mögen und irgendwie auf mich gestoßen sind.“

Crowdfunding sei momentan die beste Möglichkeit, Projekte zu finanzieren, findet Le-Thanh, da so die Freiheit der Kunstschaffenden erhalten wird<NM>. Ob sie das selbst noch einmal machen möchte, weiß sie noch nicht: „Dazu habe ich zu schwache Nerven, glaube ich.“ Album und Tour folgen 2015. Gabriella Silvestri

Manuela Pickart: Kurt-Haertel-Passage

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Für ein Uniprojekt hat Manuela Pickart, 20, mehrere Brunnen in München fotografiert. Ihr gefällt besonders, dass sich an Brunnen viele Menschen tummeln. Auf den in der Kurt-Haertel-Passage ist sie eher durch Zufall gestoßen.

„Brunnen sind typisch für das Münchner Stadtbild“, findet Manuela Pickart, 20. Mit einer Camera Obscura, eine Weiterentwicklung der Lochkamera, hat sie für ein Uniprojekt eine Reihe von Brunnen in München fotografiert. Die Camera Obscura hat kein Objektiv und keine Linse. „Mit dieser Kamera war es besonders schön zu fotografieren, weil man länger drücken muss, um ein Bild zu erzeugen. So kann man das Wasser fließen sehen.“

Manuela studiert Fotodesign an der Hochschule München. Im nächsten Semester wird sie ein Praktikum bei einem Modefotografen in Berlin machen. „Berlin reizt mich, weil die Stadt einen schönen Kontrast zu München bildet“, erzählt die Studentin. Auf den Brunnen in der Kurt-Haertel-Passage ist Manuela durch Zufall gestoßen. Wer von der Hackerbrücke zur Wiesn läuft, wird ihn vielleicht auch entdecken. Für Manuela geben Brunnen dem Stadtbild eine gewisse Schönheit: „An Brunnen sitzen immer viele Leute und unterhalten sich miteinander oder fotografieren sich davor.“ Gabriella Silvestri

Manuela Pickart, 20, studiert Fotodesign an der Hochschule München. Sie macht gern Fashion- oder Portrait-Fotos, ihre Leidenschaft gilt aber vor allem Reportage-Fotografien. Wenn Manuela unterwegs ist, hat sie meist ihre Kamera dabei. So auch bei ihrer Reise nach Sri Lanka, bei der viele schöne unterschiedliche Bilder entstanden sind.
http://manuelapickart.com/
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Katja Heidrich hat “mable” gegründet, um Plus-Size-Mode zu designen, die nicht auf Kaschieren ausgelegt ist. Die Präsentation der 1. Kollektion findet bei einer Fashionshow am 21. August statt. Dort erwartet alle Gäste außerdem eine Überraschung…
Verstecken war gestern: „Plus-Size-Mode ist normalerweise sehr auf Kaschieren ausgelegt“, sagt Katja Heidrich (Foto: privat), die im Februar ihren Abschluss in Modedesign absolviert hat. Mit ihrem eigens gegründeten Label „mable“ möchte die 23-Jährige dem entgegenwirken.

„Mable“ soll jeder Frau das Selbstbewusstsein geben, das zu tragen, was sie möchte, egal welche Figur sie hat. Am Donnerstag, 21. August, wird bei einer Fashionshow die erste Kollektion des jungen Modelabels vorgestellt. Die Besucherinnen erwarten viele Gelbtöne, coole Prints und auch eine kleine Überraschung, von der Katja noch nichts verraten will.

Die Show in der Lindwurmstraße 122 beginnt um 20 Uhr.
Karten unter: https://www.indiegogo.com/projects/mable-love-yourself

Gabriella Silvestri
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Ökologisch lässig

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Die Münchner Studenten Amelie Bauer, 24, und Fabian Lieke, 26, entwickeln mit ihren Freunden den Stadtführer “Alternativ unterwegs”. Damit möchten sie den Menschen der Stadt eine nachhaltige und
ökologische Lebensgestaltung erleichtern.

Hofbräuhaus, Kaufingerstraße, Viktualienmarkt – ist das
München? Dass die Stadt sehr viel mehr als diese Touristenorte zu bieten
hat, wollen Amelie Bauer, 24, und Fabian Lieke, 26 (Foto: Alina Kroos) mit ihrem Projekt „Alternativ unterwegs“
zeigen. Amelie erklärt: „Wir wollen Orte und Menschen präsentieren, die
München irgendwie anders deuten, cooler und lebenswerter machen. Wir
sind aus der Öko-Ecke und wollen die ökologischen Seiten der Stadt
zeigen.“ Zusammen mit sieben weiteren Redaktionsmitgliedern arbeiten die
beiden Studenten ehrenamtlich an einem alternativen Stadtführer,
hauptsächlich für Münchner, die ihre Stadt neu entdecken möchten.

Vom Second-Hand-Laden bis zum veganen Restaurant und politischen
Initiativen werden unterschiedlichste Orte und Projekte vorgestellt, die
einem die alternative Lebensgestaltung leichter machen sollen.

Doch was bedeutet eigentlich „alternativ“ leben? Mit der Definition
habe sich auch die Redaktion schwer getan, erzählt Amelie: „Wir wollten
nicht von vornherein etwas ausschließen. Vielleicht sind die
abgefahrensten Sachen alternativ. Letzten Endes heißt alternativ nur
anders.“ Ob etwas in den Stadtführer kommt oder nicht, entscheiden sie
im Team demokratisch. Dabei orientiert sie sich an Kriterien, wie
nachweisbares ökologisches und nachweisbares soziales Engagement.
Unterstützt werden keine Ketten und Konzerne, betont Amelie: „Wer zu
groß ist, braucht uns nicht.“

Flohmärkte, Bioläden, neue vegane und vegetarische Restaurants –
nachhaltig zu leben scheint in Mode zu sein. Das führt dazu, dass
verschiedenste Unternehmen und Geschäfte die Chance sehen, Profit damit
zu machen. Deshalb hinterfragt die Redaktion genau, wer wirklich für die
gute Sache kämpft. Natürlich habe „Alternativ unterwegs“ nicht die
Kapazitäten, ein neues Ökosiegel zu schaffen, erklärt Fabian: „Harte
Kriterien wie Siegel sind aber auch falsch. Es geht uns darum, dass
jeder das tut, was er tun kann. Das Entscheidende ist, dass jemand mit
Herzblut an der Sache hängt. Glaubwürdigkeit ist dabei das Wichtigste.“

Nachhaltigkeit ist dabei nicht nur an ökologische Kriterien gebunden,
sondern auch daran, dass sich jeder über den eigenen Konsum Gedanken
macht. München ist voll von Kleidung, Möbeln und elektronischen Geräten.
Eigentlich müsse man sich fast nichts neu kaufen, merkt Amelie an.
Deshalb hat auch sie ihren Toaster zum Verschenken ins Internet
gestellt.

„Alternativ unterwegs“ soll nicht nur eine Hilfe für diejenigen sein,
die ihr Leben umweltbewusst gestalten möchten. Der Stadtführer soll
auch Denkanstöße geben. So erhält der Leser nicht nur Tipps zum Ausgehen
und Einkaufen, sondern findet Anregungen zu
Weiterbildungsmöglichkeiten, Vorträgen und Veranstaltungsreihen.

Außerdem werden Leute und Organisationen verschiedenster Art
vorgestellt, die „was Gutes machen und die Stadt weiterbringen“, erklärt
Amelie, wie zum Beispiel der Verein zur Erhaltung der Isarwelle. Auch
wer selbst ehrenamtlich aktiv werden möchte, erhält im Stadtführer
Empfehlungen. Darüber hinaus soll auch erklärt werden, wie man seine
eigene Demonstration organisiert oder eine eigene Kleidertausch-Party
veranstaltet. Die Inhalte und Ziele sind klar, an der Form wird noch
gearbeitet.

Seit nun fast drei Jahren sind Amelie und Fabian befreundet. Sie
haben sich über die Jugendorganisation vom Bund Naturschutz
kennengelernt als sie dort zusammen an einer Kampagne gegen die dritte
Startbahn am Münchner Flughafen gearbeitet haben. Die Motivation zu so
einem Stadtführer kommt also nicht von ungefähr. Fabian ist seit elf
Jahren bei den Grünen, war mitunter auch im Landesvorstand und hat somit
schon lange einen guten Einblick in die Szene. Er studiert momentan
Geschichte und vergleichende Kultur- und Religionswissenschaft. Amelie
studiert Politikwissenschaft und Soziologie und hat bereits einige
Second-Hand-Läden in kleinen Seitenstraßen entdeckt, bei denen sie
hauptsächlich ihre Kleidung kauft. Natürlich spielt Ernährung bei diesem
Thema eine wichtige Rolle, so achten beide beim Einkauf, sofern es ihre
finanzielle Lage als Studenten zulässt, auf regionale Angebote und
Bio-Produkte.

Ein Problem sei, dass viele in der Öko-Szene zu radikal seien,
erklärt Amelie: „Viele sagen, wenn du Fleisch ist, dann gehe das schon
mal gar nicht. Genau diesen Eindruck wollen wir vermeiden.“ Die
Redaktion ist dabei ziemlich gemischt. Strikter Vegetarier oder
Fleischesser – keiner wird ausgeschlossen. Jedes Mitglied hat seine
eigene Herangehensweise
: Es gibt diejenigen, die sich mehr mit dem ökologischen Aspekt
beschäftigen und diejenigen, die ihr Wissen im Bereich Kultur und Kunst
gesammelt haben. Sie wollen zeigen, was es für alle Angebote gibt, dann
kann jeder selbst entscheiden, was er davon umsetzen möchte: „Wir
möchten niemandem vorschreiben, wie er leben soll, sondern einfach nur
der lässige Ökofreund in deinem Freundeskreis sein“, sagt Amelie.

Der Stadtführer ist in erster Linie ein Herzensprojekt und „social
enterprise“, wie Fabian betont, aber dennoch nicht nur ein Spaßprojekt.
Das Buch soll, neben dem Online-Auftritt in abgespeckter Form, auf jeden
Fall gedruckt mit vielen Bildern und Interviews erscheinen. Das ist
natürlich auch mit hohen Kosten verbunden. Deshalb haben Amelie und
Fabian mit ihrem Freund Florian Sperk ein Unternehmen gegründet: die
Gartenlaube UG. In der Gartenlaube von Florian und seiner Freundin Hanna
finden auch die Redaktionssitzungen statt. Finanzieller Profit ist
sicherlich nicht das Ziel, die Erstattung der Druckkosten wäre für die
Studenten aber durchaus wünschenswert.

Das Team von „Alternativ unterwegs“ hat eine Vision, erklärt Fabian:
„Die Idee geht über das Buch hinaus. Über das Internet soll das Projekt
am Leben erhalten werden, abschließen kann man es nicht. Schön wäre es
auch, es mit den Leuten weiter zu führen, die das Buch gelesen haben.“
Der Stadtführer soll im Frühling 2015 erscheinen, wenn der Winter vorbei
ist, die Leute wieder langsam aus ihren Betten kriechen und Lust haben,
unterwegs zu sein und die Stadt zu entdecken.

Gabriella Silvestri

Foto: Alina Kroos

Weitere Informationen unter http://www.alternativ-unterwegs.de/

In Stockbetten zum Erfolg

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Lücken im Lebenslauf? Sind ihnen egal. Gesellschaftliche
Konventionen? Juckt sie nicht. Die jungen Musiker von Famous Naked Gipsy
Circus (Foto: Käthe deKoe) wohnen zu sechst in einer
Drei-Zimmer-Wohnung – die Enge und fehlenden Rückzugsmöglichkeiten
nehmen sie auf sich: für die Band

Drei Zimmer, sechs Männer, ein Hund, drei Stockbetten. Schuld
an dieser beengten Wohnsituation haben nicht die hohen Mietpreise, es
liegt auch nicht an dem generellen Problem in München eine passende
Wohngemeinschaft zu finden. Die jungen Männer nehmen diese Bedingungen
aus einem anderen Grund auf sich: Sie leben für die Musik, sie leben für
das Ziel, eines Tages von ihrer Musik leben zu können.
Famous Naked Gipsy Circus nennen sich die Jungs dieser Musik-WG. Seit
fast einem Jahr wohnen Mat Kokesch, Robert Salagean, Artur Reichert,
Dario Krajina und Alex Petri mit Hund Nala und Filmemacher Tom von der
Isar in einer viel zu kleinen Drei-Zimmer-Wohnung in Berg am Laim: mit
Wohnküche, einem umfassend ausgestatteten Proberaum und einem
Schlafzimmer voll mit Stockbetten.

„Ein Gipsy sein“ – diesen Spirit will die Band leben, wie die Musiker
immer wieder betonen. „Ein Gipsy sein“, das bedeutet für sie so viel
wie „für den Moment und die Musik zu leben“ und, wie sie sagen, „auf
Lücken im Lebenslauf zu scheißen“. Kurz: Das zu machen, „worauf man
gerade Bock hat“. Fünf Musiker, ihr Freund Tom, der aus dem Leben der
„Gipsys“ ein Videoprojekt macht, und Hund Nala – da sind Chaos und
Unordnung vorprogrammiert, sollte man meinen. Sex, Drugs and Rock ’n’
Roll? Überraschend sauber und ordentlich ist es in der Band-WG. Keine
Spur von leeren Flaschen und ausgedrückten Zigarettenstummeln in der
Sofaritze.   Geraucht wird nämlich ausschließlich vor der Tür – und der
Sonntag ist seit Neuestem zum Putztag erklärt worden. Alles ohne Stress
natürlich, wie Mat erklärt. Es wird ausgeschlafen, entspannt
gefrühstückt ,und dann werden die Aufgaben verteilt, spontan und ohne
strikten Putzplan. Wer nicht da ist und sich drückt, wirft zum Ausgleich
Geld in die Band-Kasse.

Gemütlich hat es die Band, die sich dem dreckigen und
leidenschaftlichen Rock ’n’ Roll der Sechzigerjahre verschreibt,
allemal. Es ist warm, der Geruch von Räucherstäbchen hängt in der Luft,
im Hintergrund läuft Musik der Beatles aus der Stereoanlage. In der
einen Ecke stapeln sich Kisten voll Schallplatten, in der anderen stehen
ein kleiner Globus und zwei Theatersessel, die irgendwie auch ihren Weg
in diese WG gefunden haben. Ein paar Bücher liegen auf dem Klavier. In
der Wohnküche wird gerade das Abendessen vorbereitet – Gnocchi mit
Arturs Spezialsoße: Tomaten und Pilze. Der Rest der Band jammt ein
bisschen im Proberaum im Zimmer nebenan mit Freund Franz, Bassist der
Münchner Band The Whiskey Foundation, hinterher plaudern sie bei einem
Glas Wein am Wohnzimmertisch.

Auf der sommerlich-grün gestrichenen Wohnzimmerwand steht die „Formel
des Universums“, eine abenteuerlich wirkende Abfolge von Buchstaben und
Zahlen. Ein Freund aus Kroatien, den die Band nur „den Professor“
nennt, hat sie an die Wand gemalt. Die Küchenzeile wirkt neben den
Gitarren an der Wand und den Computer-Bildschirmen, die für die
Aufnahmen aus dem nebenan liegenden Proberaum gedacht sind, eher
nebensächlich. Alles scheint seinen Platz zu haben. Dennoch kommt die
Frage auf: Wieso wollen so viele Leute gemeinsam in einer so kleinen
Wohnung leben?
Der gemeinsame Einzug habe sich einfach ergeben, wie vieles in der
Geschichte von Famous Naked Gipsy Circus. Percussionist Robert wohnt nun
seit fast vier Jahren in dieser Wohnung. Sänger und Gitarrist Mat zog
dann als Zweiter ein. So gut wie täglich probte die Band in der Wohnung –
und irgendwann kam die Idee auf, dass der Rest auch noch einziehen
könnte: „Dann sind wir zu Ikea und haben Stockbetten gekauft.“
Zusammenziehen als logische Konsequenz? Bassist Artur ergänzt: „Als die
Idee das erste Mal aufkam, hat sich das einfach richtig angefühlt. Klar
waren ein paar Bedenken dabei, weil man weiß, dass es eine krasse
Lebenssituation ist. Aber die Musik ist einfach der Grund, warum wir das
machen.“

Ganz so einfach war das natürlich nicht. Jeder musste erst einmal
seinen Besitzstand auf ein Minimum reduzieren, was eher als befreiend,
als belastend empfunden wurde. Auch Gitarrist Dario sieht nur Vorteile:
„Wir können immer proben, wenn wir Bock haben. Wir müssen nicht fünf
Tage die Woche arbeiten, um die Miete bezahlen zu können. Wir können
auch nur zwei Tage arbeiten und uns den Rest der Woche komplett auf die
Musik konzentrieren.“ Für Robert steht nicht nur der finanzielle Aspekt,
sondern vor allem die Musik im Vordergrund: „Wenn wir zusammen Musik
machen, entsteht in gewissen Momenten einfach Magie. Du kannst nie das
Gefühl, das du zu Hause hast, später im Proberaum abrufen.“

Und was ist, wenn einer von ihnen mal ein Mädchen mit nach Hause
bringt? „No chance“, sagt Artur sofort. Scherzend wirft der Rest ein:
„Es gibt ein Lager, einen Aufzug, und der Band-Bus steht vor der Tür.“
An wirklichen Rückzugsorten mangelt es also irgendwie doch ein bisschen.

Auseinandersetzungen über die Unordentlichkeit einzelner Mitbewohner
oder über Socken auf dem Boden können auch mal vorkommen, eben nicht
anders als in jeder anderen WG. Aber ein Fan von strenger Planung sind
die Jungs trotzdem nicht, sagt Artur: „Wie musikalisch hat sich das
alles mit der Zeit eingeschwungen. Es schwingt halt immer so ein
bisschen. Irgendwann bleibt es stehen, und dann ist es cool.“ Robert
vergleicht das Leben in der gemeinsamen Wohnung mit der großen Liebe:
„Wenn du dir sicher bist, deine große Liebe gefunden zu haben, gibt es
natürlich auch Streit, weil keiner perfekt ist. Aber wichtig ist, was
für Ziele man hat, und was man möchte. In einer Beziehung ist das Ziel,
für immer zusammenzubleiben, und in der Band ist das Ziel, für immer
zusammen Musik zu machen. Wichtig ist, dass wir uns trotzdem verstehen.“

In der Münchner Indie-Szene haben sich Famous Naked Gipsy Circus
bereits einen Namen gemacht. Bei ihren Shows, beispielsweise auf dem
Flowerstreet-Festival, lassen sich viele Zuhörer durch ihren
unverfälschten Sixties-Rock ’n’ Roll in den Gipsy-Bann ziehen. Es wird
getanzt, getrunken und vor allem geschwitzt. Auch Gregor Amadeus Böhm,
Chef der Münchner Plattenfirma Flowerstreet Records, hat der
Gipsy-Spirit gepackt. Er kennt die Band durch gemeinsame Veranstaltungen
und sieht deren Stärke in ihrem Zusammenhalt: „Es ist selten, dass sich
eine Band musikalisch und menschlich so findet, wie die Jungs.“ Das
Potenzial, ihr Ziel zu erreichen, hat Famous Naked Gipsy Circus in
seinen Augen auf jeden Fall. Allerdings sei Erfolg nicht nur von Talent,
sondern auch von Durchhaltevermögen und Dingen, die man selbst nicht in
der Hand habe, abhängig. An Ausdauer scheint es der Band nicht zu
mangeln, glaubt zumindest Gregor Amadeus Böhm: „Die Ambitionen von
Famous Naked Gipsy Circus liegen sehr hoch, aber nie in negativer Form,
sodass sie sich gegenseitig zerfleischen oder unter Druck setzen würden,
sondern eher in Form von gegenseitiger Inspiration.“
Die momentane Wohnsituation sehen die Musiker eher als Übergangsphase
als einen Dauerzustand. Für die Zukunft wünscht sich die Band mehr
Platz. Ein Haus, in dem jeder sein Zimmer hat, im Keller sollen
Proberaum und Aufnahmestudio sein, und im Garten finden Konzerte statt .
Auch ein Kamin darf natürlich nicht fehlen, das macht eine Wohnung im
Winter wohlig warm. Obwohl: Die Kälte dürfte schon jetzt zu sechs in
einem Schlafzimmer nicht das Problem sein.

Der Traum, von der Musik leben zu können, verbindet die fünf. Zurzeit
verdienen sie sich ihren Unterhalt unter anderem, in dem sie
Musikunterricht geben, als Straßenmusiker auftreten oder in
verschiedenen Musikläden jobben. Allerdings: Organist Chris ist erst vor
kurzem ausgestiegen. Ihm ist alles zu viel geworden.

Gabriella Silvestri

Foto:

Käthe deKoe