Auf eine körperliche, aber nicht allzu plumpe Art ein Mädchen verführen? Philipp ist überzeugt, dass ihm das im Tanzkurs gelingen kann. Nur leider ist die Bezeichnung Mädchen da fehl am Platz. Die Alternative? Berühren lassen statt berühren.
Philipp ist zufrieden. Seit zwei Stunden steht er im Bad – und endlich sitzt die Frisur. Auf der anderen Seite der Tür steht seine kleine Schwester Marie und verlangt lautstark Zutritt. Als er endlich so aussieht, als sei er gerade erst aus dem Bett aufgestanden, gibt er das Sperrgebiet frei. „Sah vorher besser aus“, zischt Marie und schlägt die Tür hinter sich zu. Aber Philipp lässt sich nicht verunsichern. Schon gar nicht von seiner kleinen Schwester. Stattdessen schnappt er sich ein Hemd, badet noch kurz in Eau de Cologne und verschwindet. In Richtung Tanzschule.
Er hat seinen ersten Tag heute. Walzer, Tango, Cha-Cha-Cha. Mädchen, Mädchen, Mädchen. Das ist der Plan. Ein Kumpel hat ihn auf die Idee gebracht: In Tanzschulen gebe es unzählige Frauen. Ungefähr ein Drittel davon sei vergeben. Aber der Rest brauche dringend einen Tanzpartner. Bei etwa acht Paaren pro Kurs kommt Philipp also auf fünf oder sechs Frauen, die sich darum reißen, mit ihm tanzen zu dürfen. Und wenn er denen erst auf dem Parkett gezeigt hat, wo es langgeht, ist der Weg ins Bett auch nicht mehr weit. Vom Standardtänzer zum Latin Lover in nur einer Tanzstunde. Mission completed. Philipp verspricht, mir alle Einzelheiten zu berichten.
Als ich ihn zwei Tage später besuche, ist er allerdings erstaunlich wortkarg. „War ganz okay“, nuschelt er. Nach und nach lässt er sich aus der Nase ziehen, was passiert ist: Er sei schon ein wenig früher in die Tanzschule gefahren, um sich erst einmal umzusehen und sich eine Glückliche auszusuchen, die das Vergnügen haben würde, mit ihm tanzen zu gehen. Die Auswahl war in der Tat immens. Gleich sechs Frauen drängten sich um ihn, fragten, ob er schon einmal getanzt habe, priesen die eigenen Tanzkünste und wollten ihn als festen Tanzpartner anheuern. Leider musste Philipp aber feststellen, dass alle sechs gemeinsam ungefähr 389 Jahre alt waren. Die einzige in seinem Alter war die Freundin des Tanzlehrers. Alle anderen hätten ihm auch erzählen können, sie hätten den Walzer anno dazumal sogar erfunden. Er hätte es ihnen geglaubt. Dass manche der Damen ihn trotzdem nur allzu gerne auch abseits des Parketts „näher kennengelernt“ hätten, machte die Sache nur noch schlimmer. 45 qualvolle Minuten verbrachte Philipp damit, von einer Oma zur nächsten durchgereicht zu werden, viele traten ihm auf die Füße, zwei fassten ihm an den Hintern, eine steckte ihm ihre Telefonnummer zu.
Ich frage, ob er schon angerufen hat. Findet er nicht lustig. Das mit dem Tanzschulplan hat sich zumindest erst einmal erledigt. Jetzt muss er mich aber leider wegschicken. Er will es jetzt doch lieber mal bei seiner süßen Friseurin versuchen, dort hat er in zwei Stunden einen Termin – und seine Frisur ist noch nicht gemacht. Lisi Wasmer
Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen – sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.