Sex oder Romantik

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Es fällt oft schwerer als man denkt, sie zu vergessen: Urlaubsbekanntschaften. Davon kann Katharina ein Lied singen: Ihre neueste Eroberung unter Palmen haftet ihr wortwörtlich an. Und steht schließlich sogar unangekündigt am Frankfurter Flughafen.

Stichwort Sextourismus. Ein Kichern geht durch unsere Mädchenrunde, in der wir es uns am vielleicht letzten lauen Abend des Jahres im Biergarten gemütlich gemacht haben. Katharina zeigt Fotos herum. Die Bilder zeigen sie am Strand von Fuerteventura, auf jedem drückt sie einem anderen Kerl einen Kuss auf die Wange. Seit vier Jahren praktiziert sie jetzt schon Sextourismus. Immer dieselbe Absteige, immer dieselbe Absicht. Nur die Jungs sind jedes Mal andere. Im Grunde sind das aber auch immer die gleichen: Sextouristen wie Katharina. Analogien zur allseits verpönten Syphilis-Jagd in Thailand verbittet sie sich aber: „Das ist doch was ganz anderes!“ Das sei jetzt mal so dahingestellt. Nur, weil man auf ein anderes Revier ausweicht, wird die Jagd ja nicht unbedingt weniger gefährlich. Katharina verweist auf Safer Sex. Na fein.

Dass aber auch Latex nicht vor allen ungeliebten Urlaubsouvenirs schützt, musste sie jetzt am eigenen Leib erfahren. Schuld ist Filippo, rassiger Italiener und hoffnungsloser Romantiker. Den Urlaubsfotos nach zu urteilen, dürfte er etwa die Nummer zwei in der langen Liste von Katharinas diesjährigen Urlaubsbekanntschaften gewesen sein. Rein chronologisch gesehen. Gefühlsmäßig wäre er aber viel lieber ihre Nummer eins. Und weil er ihr das auf der Insel nicht ausreichend klar machen konnte, ist er Katharina kurzerhand hinterhergereist. Man stelle sich vor: Katharina packt gerade erst ihre Koffer aus, da klingelt das Telefon. Am anderen Ende sitzt ihr von Herzschmerz geplagter Italo-Lover. Er sei gerade in Frankfurt am Flughafen, müsse immerzu an sie denken, wolle sie dringend sehen.

Und dann? Wir hängen an ihren Lippen. Dann habe sie aufgelegt, sagt Katharina knapp. Armer Filippo. Unwahrscheinlich, dass er seine „bella, cara Katharina“ finden wird, zumal er sie am falschen Flughafen sucht. Katharina schämt sich ein bisschen. Sie hatte nie die Absicht, durch ihre lockeren Insel-Affären jemanden zu verletzen, geschweige denn, ihn an einem einsamen Flughafen im fremden Land sitzen zu lassen. Auch wenn sie ihr Souvenir dieses Mal relativ einfach losgeworden ist. Als Erinnerungsstück bleibt es vermutlich allemal erhalten.

Von Lisi Wasmer