Band der Woche: Young Chinese Dogs

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Die Young Chinese Dogs zertrümmern mit ihrem neuen Album “Great Lake State” ihren ehemaligen Vorsatz, nur so viele Instrumente in einen Song zu packen, wie die drei Bandmitglieder selbst tragen könnten. Der zusätzliche Ballast an Instrumenten ist nun allerdings eine Bereicherung, denn so können Birte Hanusrichter, Oliver Anders Hendriksson und Nick Reitmeier opulente Geschichten von einem sehnsuchtsvollen Lebensgefühl weit weg von München erzählen.

Glaubensbekenntnisse muss man ab und an über den Haufen werfen, um weiterzukommen. Denn erst durch den Bruch mit dem Alten wird Platz für Neues frei. In der Pop-Musik spielen sich derartige Glaubenskriege oft an den Fronten zwischen Authentizität und Inszenierung ab. Das ist natürlich alles von außen betrachtet nicht so ein großer Unterschied: Denn die vermeintliche Echtheit manch einer Punk-Kapelle ist ebenso gut inszeniert wie die Bubblegum-Welt einer Katy Perry. Und die würde andererseits auch nicht ohne den Verweis auf die Echtheit ihrer Person so durchschlagenden Erfolg haben, weil dann die Identifikation mit ihr bei vornehmlich Teenager-Mädchen nicht mehr funktionieren würde. Die Münchner Band Young Chinese Dogs (Foto: Florian Huber) hat dennoch ihr Credo auf ihrem neuen Album „Great Lake State“ ziemlich zertrümmert.

Die Trümmer wirken auch nur deshalb so groß, weil sie zu ihrem vorherigen Album mit einer großen Vehemenz eine einzelne Aussage in die mediale Welt geschossen haben: „Wir spielen nur so viele Instrumente, wie wir selbst tragen können.“ Ein Straßenmusiker-Spleen, der in der künstlerischen Selbstkasteiung Authentizität verspricht, und der die Band um die Schauspielerin und Sängerin Birte Hanusrichter und ihre beiden Kollegen Oliver Anders Hendriksson und Nick Reitmeier weit gebracht hat: ein Vertrag beim Label Motor, ausgedehnte Tourneen, Musik für Fernsehproduktionen (in denen Birte zum Teil auch selbst spielte) und Gesangseinlagen für den Kinderfilm „Der kleine Drache Kokosnuss“.

Das neue Album, das am Freitag, 21. August, offiziell erscheint und das die Band am gleichen Tag live im Münchner Theatron vorstellt, hat nun rein gar nichts mehr von dem Charme des kleinen Mannes, von dem sie auf dem Vorgänger erzählten. Die opulente Produktion von Oliver Anders Hendriksson ist glatt und voller Glanz, die Tracks sind aufwendig instrumentiert – von wehmütigen Streichern zu bluesig-verzerrten Gitarren. Man kann sich die Bandmitglieder gut vorstellen, wie sie schwer bepackt unter dem Gewicht all dieser Instrumente zusammenbrechen, beim Versuch, um ihre Authentizität zu kämpfen. Oder aber, man gesteht ihnen die künstlerische Freiheit zu, ist nicht so kleinkariert und beachtet die Entwicklung. Denn die Opulenz der Produktion ist künstlerisch konsequent. Auf „Great Lake State“ erzählen die Young Chinese Dogs Geschichten von einem Lebensgefühl, das von ihrem Alltag in München mehr als weit entfernt ist.

Der US-amerikanische Staat Michigan trägt den Spitznamen „Great Lake State“, die fünf großen Seen sind so riesig, dass dort Gezeiten beobachtet werden; außerdem gehören die Niagara-Fälle dazu. Und die Young Chinese Dogs klingen tatsächlich so, als würden sie in einer Bar in einer Kleinstadt des mittleren Westens auftreten, in der ordentlich getrunken und auch sonst wenig Rücksicht auf Verluste genommen wird. Nick und Birte singen weiterhin inbrünstig zusammen, buhlen um das Publikum, Bilder von „Natural Born Killers“ zu „Wild at Heart“ kommen einem in den Kopf. Country im Pop-Folk-Gewand ist das, der auch nicht vor Klischees wie den „Dirty little Boys“ und den „Dirty little Girls“ zurückschreckt, die sich gegenseitig betrügen. Ein Song-Zwillingspaar übrigens, der eine im 4/4-Takt, der andere ein 6/8-Takt, basierend auf der gleichen Melodieführung.

Ja, das Album ist vielmehr ein Kopfkino als die Pseudo-Authentizität der Folk-Bewegung. Damit ist die Band auch näher an den US-Theater-Poppern July Talk als an Münchner Straßenmusikanten. Und das ist auch gut so, denn Rollen sind dazu da, sie zu tauschen. Und Abwechslung bringt das allemal. 

Stil: Country / Pop / Folk

Besetzung: Nick Reitmeier (Gesang, Gitarre), Oliver Anders Hendriksson (Gitarre), Birte Hanusrichter (Gesang, Keys, Percussion)

Aus: München

Seit: 2011

Internet: www.youngchinesedogs.com

Rita Argauer

Foto: Florian Huber

Young Chinese Dogs (Indie, Folk)

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Zwischen poppigen Indie-Songs und rauem Folk haben die Young Chinese Dogs (Foto: Florian Huber) ihre musikalische Heimat gefunden. Am 11. Oktober erscheint ihr Album ‘Farewell to Fate’, auf dem sie diese Kombination perfektioniert haben.

Einen passenderen Titel hätte man kaum finden können. „Farewell to Fate“ haben die Young Chinese Dogs (Foto: Florian Huber) ihr Debütalbum genannt. Und von einer schicksalsergebenen Haltung haben sie sich auf dem Weg zu diesem Album tatsächlich verabschiedet. Eigentlich gibt es die Münchner Band schon seit 2011. Ursprünglich ein Projekt von Gitarrist und Sänger Nick Reitmaier – der seine Musikerfahrung unter anderem in der Backing Band von Uwe Ochsenknechts Sohn Wilson Gonzales sammelte. Doch dem Schicksal trotzend stieg er dort aus und begann die Musik zu machen, die er mochte: Akustischer Indie-Folk, der aber den Geist von rauem Rock’n’Roll atmet.

Auch Birte Hanusrichter wollte sich mit der trägen Lethargie des Abwartens nicht abfinden. Die Schauspielerin, die ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen kommt und beruflich in München lebt, sehnte sich nach einer Band. So ergoogelte sie eine Anzeige der Young Chinese Dogs, die auf der Suche nach einer Sängerin waren. Und seit Birtes Einstieg geht es voran. Unaufhörlich spielten sie Konzerte, schrieben Songs und bekamen schließlich einen Vertrag bei dem Berliner Label Motor Music. Das Album, das am Freitag, 11. Oktober, offiziell erscheint und am Tag zuvor im Münchner Atomic Café vorgestellt wird, spiegelt diese Absage an die Vorbestimmtheit. Der Folk des Trios bleibt rein akustisch – Credo der Band ist, dass nur Instrumente zum Einsatz kommen, die sie selbst tragen können – und trotzdem ist die Aufbruchstimmung der Musiker spürbar. Songs wie „Don’t talk about“ drängen euphorisch, getragen von Birtes ab und an ganz schön kratziger Alt-Stimme und Nicks Tom-Waits-Timbre.

Mit ihrer Musik haben sie sich auch einem Genre verschrieben, das derzeit eine Renaissance erlebt, nicht zuletzt durch den Erfolg von Mumford and Sons. Hinter denen folgten sie auf Platz Zwei der Charts von Balcony.tv in Dublin. Und von Sonntag, 29. September, an sind sie erst einmal auf ausführlicher Deutschland-Tournee.

Stil: Indie, Folk, Pop.
Besetzung: Nick Reitmeier: Gesang, Gitarre; Oliver Anders Hendriksson: Gitarre; Birte Hanusrichter: Gesang, Keys, Percussion.
Aus: München.
Seit: 2011.
Internet: www.youngchinesedogs.com,www.facebook.com/youngchinesedogs.

Von Rita Argauer

Band der Woche: Snowfall

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Snowfall ist das
Nebenprojekt der Young Chinese Dogs. Der Sound ist dunkler, es wird mehr
Elektronik verwendet, mehr Beat und mehr Sphäre. Birte
Hanusrichter und Oliver Anders Hendriksson wollte eine ganz eigene Version der
Popmusik machen.

Es ist schon erstaunlich, was Quentin Tarantino in der Popmusik angerichtet hat. Denn fast immer, wenn jemand heute modernen Americana-Sound mit zeitgenössischem Popflair machen möchte, dann wird dieser Regisseur zum atmosphärischen Vorbild der Musik erklärt. Am liebsten von Musikern, die in Mitteleuropa aufgewachsen sind und deren persönliche Prägung dementsprechend weit entfernt ist von einer abgewrackten Südstaaten-Kneipe, in der man vom Alter von zehn Jahren an gelernt hat, Whiskey zu trinken und den Blues zu spielen. Tarantino ist in solchen Fällen als stimmungsmäßige Chiffre schon beinahe zum Genrebegriff für einen bestimmten Musikstil geworden.

Mal abgesehen von diesem etwas seltsamen Disziplinen-Übersprung, der geschieht, wenn ein solcher Regisseur zum musikalischen Vorbild erklärt wird, weil er ein gewisses Händchen dafür hat, die Stimmungen seiner Filme mit retrotrunkenen Soundtracks zu garnieren, liegt in dieser Verdrehung aber noch ein zweiter Bruch: Denn bezieht sich Popmusik auf Tarantino, liegt unter der lässigen Haltung eine unverhohlene Romantik. Aus dieser Musik, die im öfter verregneten als schwülen Deutschland entsteht, aber nach der bluesig-gedämpften Lässigkeit von New Orleans klingen soll, spricht auch immer eine Sehnsucht und die damit einhergehenden Verklärung. Denn der Alltag eines semi-professionellen Musikers in New Orleans sieht wohl ziemlich anders aus, als man sich das hier vorstellt. Die Musiker, die in Deutschland solche Musik machen, sind also letztlich so etwas wie die cinemascope-geschulten Romantiker der Postmoderne.

Bei Birte Hanusrichter und Oliver Anders Hendriksson wird dieses musikalisch gewordene Fernweh nach einer fiktiven Version der USA allerdings hochprofessionell umgesetzt. Nachdem deren in Deutschland doch recht bekannt gewordene Band Young Chinese Dogs wegen differenter privater Ziele der einzelnen Bandmitglieder zurückgefahren wurde, gründeten die beiden Snowfall. Ein Duo, das seinen Stil selbst als Pop-Noir bezeichnet. Das erinnert rein begrifflich nicht von ungefähr an den Film Noir, bedient sich also dort schon des Kinos. Den Einfluss Tarantinos lässt die Band dann als sofortige Referenz in der Selbstbeschreibung folgen. Doch Birte, die neben ihrem Dasein als Musikerin auch eine im TV-Deutschland gefragte Schauspielerin ist, kennt sich dementsprechend aus mit der Erzeugung von Atmosphären und dem fiktiven Erschaffen einer Welt, die im Idealfall für den Zuschauer, respektive Hörer zur willkommenen Alltagsflucht werden kann.

Für Birte und Oliver ist Snowfall gerade ein Herzensprojekt: „Mit Snowfall leben wir uns künstlerisch aus“, sagt Oliver. Auf „#1 Gold“, ihrer ersten EP, die am Freitag, 25. August, erscheinen wird und zuvor mit einem Konzert beim Münchner Theatron im Olympiapark am Sonntag, 20. August, auch live vorgestellt wird, beginnt das jedoch erst einmal noch mit „Oh-Oh“-Gesangslieblichkeit. Der Opener „Carry me home“ klingt dabei mehr nach etwas reduziertem Nashville-Pop als nach dem destruktiven Exzess, den Tarantino atmosphärisch unter fast alle seiner Themen zu mischen vermag. Verheißungsvoller kündigt sich da die Single „Cemetry Lovesong“ an, in der der Themenkomplex morbider Liebschaften in experimentellerer Struktur und mit einer Art folkig reduziertem Gothic-Pathos verhandelt wird. Doch erst im letzten Song „Marry Me“ entsteht aus Moll-Akkorden und einem Dur-Refrain, einem Telefoneffekt auf der Stimme, einer anachronistischen Akustik-Gitarre sowie einer verhallten fernen Orgel die atmosphärische Dichte, bei der das Kopfkino illusionsreich anspringt.

Stil: Folk/ Blues/ Pop
Besetzung:
Birte
Hanusrichter (Gesang), Oliver Anders Hendriksson (Gitarre)


Aus: München
Seit: 2016
Internet: www.listentosnowfall.com

Text: Rita Argauer

Foto:
Lennja White

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Matthias

Bevor sich unser Autor Matthias an die Vorweihnachtlichen Pflichten heranwagt, muss öfters mal mit der einen oder anderen Tasse Glühwein nachgeholfen werden. Doch zum Glück gibt es in München auch so einige Alternativen zu Lichterkette, Lebkuchen & Co. 

Ah, Weihnachtszeit. So schön, so kalt, so
verschneit – okay, dieses Jahr mal wieder nicht verschneit. Trotzdem: Zu kalt
für mich, schön ist anders – kurz, ich bin kein Fan von Weihnachten. Deswegen
versuche ich mich Dezember für Dezember aus der Weihnachtsatmosphäre
rauszuhalten. Also verschlägt es mich heute ins Feierwerk. Hier ist für die
einen immer Weihnachten, für andere nie – ganz nach eigenem Geschmack. Mit
Young Chinese Dogs herrscht für mich eine gute Art Feststimmung. Und zwar eine,
die ganz ohne Deko auskommt. Indie-Folk-Klänge aus München, was gibt es
schöneres an einem Freitagabend.
Dass der Heimweg trotzdem kalt wird, kann ich nicht verhindern.

In München eröffnet gefühlt jeden Tag eine
neue Bar. Aber, am heutigen Samstag
bin ich ausnahmsweise mal wieder gespannt. Ich muss heute arbeiten, deswegen
bin ich noch nicht in Wochenendstimmung. Aber das wird sich noch ändern, denn namensgerecht
eröffnet die Bikini Mitte Deli & Bar in der Sonnenstraße – Kleiderordnung
inklusive, hoffe ich. Dass es unter der Woche in der Mitte des Bikinis leckeres
Essen gibt, ist ein Bonus. Gefällt mir.

Der gestrige Abend drückt mir auf die
Stimmung. Nicht, dass ich keinen Spaß gehabt hätte, im Gegenteil. Aber
Sonnenstraße, Bikini Bar – all das erinnert mich an den Sommer, an einfachere
Tage, an Eis und Beachvolleyball, an warme Nächte, an…ich schweife ab. Es ist
Winter. Ich muss mich damit abfinden. Erstmal zurück ins Warme – ich wippe zum
HipHop Flohmarkt im Backstage. Ich bin eher wegen Schallplatten als wegen der
Mode da, aber man weiß ja nie. Und wer weiß – vielleicht ermuntert eine
Rap-Version von “Frosty, the Snowman” mich ja dazu, doch am Sonntagabend beim Weihnachtsmarkt im
Muffatwerk
vorbeizuschauen…

Heute arbeite ich – produktiv, effizient,
keine Ausreden. Das Arbeiten am Montag
ist für viele ja ein Horror. Ich sehe das nicht so duster – das Geheimnis ist doch,
sich auf das Abendprogramm zu freuen. Ich bin heute Abend tapfer – ich gehe zum
Tollwood. Mein Gewissen beruhige ich damit, dass das Tollwood ja eigentlich
kein “richtiger” Weihnachtsmarkt ist. Außerdem: Nach einer halben Stunde im
Bazar ist der Winter auch ganz weit weg. Dass ich insgeheim nur wegen den
Zimt-Zucker-Baumstriezeln da bin, behalte ich einfach mal für mich…

Ich habe den Weihnachtsrummel überstanden.
Mein Selbstvertrauen ist gestärkt, vielleicht schaffe ich es ja doch, mich mit
dem Fest anzufreunden. Aber nichts überstürzen – erstmal wieder Musik, und zwar
unweihnachtliche. Der Dienstag
wartet mit einem sehr interessanten Auftritt in der Glockenbachwerkstatt auf –
die Community QUEERTHING, die Kunst, Kultur und Musik mit queeren Inhalten
promoted, hat FaulenzA eingeladen. Die Trans*Frau ist nicht nur politische
Aktivisting, sondern rappt auch über Liebe und Hass, Freundschaft und “empowert
mit ihren Lyrics zu queeren/LSBTIQ Themen”. Ich bin sehr gespannt.

Hälfte der Woche ist geschafft, gleich ist
wieder Wochenende. Meine Taktik bleibt die gleiche – mit Vorfreude auf den
Abend geht alles leichter. Mein Mittwochabendprogramm ist nicht gut durchdacht,
es könnte stressing werden. Gegen 19 Uhr komme ich im Lost Weekend an – hier
liest Günter Fröhlich aus seinen philosophischen Etüden “Der Affe stammt vom
Menschen ab”
. Leider kann ich nicht bis zum Ende bleiben, denn im Milla ist
wieder Song Slam
. Ich hab die letzten beiden Ausgaben schon verpasst – heute
will ich unbedingt wieder auf schrägem Untergrund Musik hören. Ich hetze in die
U-Bahn. Ich hoffe, mein Plan geht auf.

Ich merke, dass Weihnachten so langsam
näher kommt. Trotz aller Abneigung gibt es in meinem Umfeld natürlich auch
Leute, die sich freuen – und denen will ich ja das Fest nicht vermiesen. Also
muss ich auch zum Geschenkekaufen losziehen – der Donnerstag scheint mir ein guter
Tag dafür zu sein. Ich tummel mich natürlich nicht in der Kaufingerstraße rum,
ich bin ja nicht ganz lebensmüde. Dafür schaue ich in der Maxvorstadt  beim FYFY & Friends X-Mas Market vorbei.
In der alten The Duke Distillerie machen die FYFY-Leute mir das Shoppen
deutlich einfacher – es gibt sogar Punch. Erst was trinken, dann Geschenke
kaufen. Was kann da schiefgehen?

Wieder eine Woche Weihnachtswahnsinn
überstanden, und Geschenke habe ich sogar auch besorgt. Ich bin ganz zufrieden
– in 10 Tagen ist die Sache ja wieder durch. Für heute habe ich einen Plan:
Zuhause bleiben. In meinen eigenen 4 Wänden fühle ich mich sicher, hier gibt es
keine Weihnachtsdeko, hier gibt es keine Lebkuchenplätzchen – nur einen
Adventskalender. Aber der darf auch bleiben, der ist sehr besonders. Zuhause
riskiere ich nicht, in die Verlockung vom Glühwein zu geraten. Glühwein bringt
mich auf dumme Ideen. Glühwein lässt mich meine Abneigung zu Weihnachten
manchmal etwas vergessen. Glühwein…wäre jetzt eigentlich auch ganz schön. Na
gut, eine Tasse! Aber nicht mehr! Sonst lande ich noch beim dritten Geburtstag
vom The Upper Club
. The Upper Club…wäre jetzt eigentlich auch ganz schön…

Text: Matthias Kirsch

Foto: Privat

Band der Woche: Jordan Prince

Der Songwriter Jordan Prince hat für seine Liebe die USA verlassen und macht seit einem Jahr  in München

Musik. Seine im Juli veröffentlichte EP geht über normalen US-Gitarren-Folk hinaus und klingt  wie Science-Fiction. 

Die Welt, die einerseits immer mehr zusammenrückt (sich in die andere Richtung natürlich auch entfremdet), birgt noch mehr als politische Wirren und ökonomische Ungleichgewichte. Es entstehen auch ungewöhnliche Liebesgeschichten daraus – und letztendlich auch neue Musik. Schon vor einigen Jahren etwa spülte es den US-Amerikaner Gabriel Miller Phillips nach München – der Liebe wegen. Eine ernsthafte Beziehung über die Distanz München-New York zu führen, ist auf Dauer ein recht schwieriges Unterfangen. Es entstanden aber sehnsüchtige Songs dabei, die Gabriel mit zarter Stimme gleich mit nach München brachte. Nicht nur die Liebesgeschichte verbindet Gabriel Miller Phillips nun mit Jordan Prince, auch musikalisch entstehen da durchaus Parallelen – auch wenn man der Musik von Jordan anhört, dass sie ein bisschen später geschrieben wurde als die von Gabriel.

Jordan Prince ist auch Songwriter, er ist auch US-Amerikaner und er kam auch der Liebe wegen nach München. Ursprünglich stammt er aus der kleinen Stadt Corinth in Mississippi, seine deutsche Freundin lernte er dann an der Filmhochschule in New Orleans kennen, sie führten eine Fernbeziehung. Im vergangenen August entschied sich Jordan dann dazu, nach Deutschland zu ziehen: Er habe alles verkauft, was er in den Staaten hatte, brach die Zelte ab und lebt nun seit einem Jahr in München. Seine Musik klingt trotzdem noch sehr amerikanisch. Man hört den Songs an, dass sie in ganz klassischer Songwriter-Manier auf der Akustik-Gitarre komponiert wurden: Feine Gitarren-Pickings, sehnsüchtige Melodien und eine ebenso zarte Stimme wie Gabriel Miller Phillips, die Jordan auch gerne mal in die Falsett-Nähe schrabben lässt. Doch seine aktuelle EP, die er im Juli 2016 veröffentlicht hat , geht dennoch über das Prinzip US-Gitarren-Folk hinaus. Denn darauf ist, ganz titelgemäß, eine Band zu hören. Und die haucht der Musik andere Farben ein, da erklingen schräg-spacige Synthesizer oder dünne Flötentöne. Ein wenig Science-Fiction ist das, im ausgesprochen schönsinnigen, mehrstimmigen Folk-Gewand. 

Diese EP hat er noch in den USA aufgenommen, im Juli 2015, kurz bevor er nach Deutschland zog. In München hat er dann die örtliche Musik-Szene erst einmal aus der typischen Singer-Songwriter-Perspektive kennengelernt. Er trat bei den üblichen Open-Stage-Sessions auf, lernte aber auch die alternative Szene um das Import-Export oder die Hauskonzerte kennen. Und allmählich kannte er die Szene, er freundete sich mit Bands wie den Young Chinese Dogs an, die ihn gleich als Support mit auf ein Konzert nahmen, oder trat in Kontakt mit Xavier Darcy.

Ganz hingerissen ist er von der Münchner Szene, in der sich so viele Musiker so stark für ihre Kunst einsetzen würden. Das gefällt ihm, denn auch sein Hauptfokus liegt auf seiner Musik, zum Geldverdienen jobbt er nebenbei. Im Herbst wird er nun die Musikerszene in ganz Deutschland kennenlernen. Als Release-Tour zu seiner EP hat er sich eine ganz beachtliche Liste an Städten zusammen gebucht, wird etwa in Innsbruck, Berlin und Frankfurt auftreten. Und dazu gibt es noch eine Besonderheit: Denn zu dieser Tour begleitet ihn die Keyboarderin Violeta Del Rio, die dafür extra eingeflogen kommt, und die auf seiner EP maßgeblich für den Science-Fiction-Touch verantwortlich ist. Gleichzeitig arbeitet er an seinem ersten Album. Und weil die Sehnsucht und die Menschen in der Fremde eben einen starker Motor für die Kunst sind, wird das ein Konzeptalbum: Jeder der zwölf geplanten Songs wird sich um eine einzelne, wichtige Person drehen, deren Bekanntschaft Jordans Leben verändert hat. Seine Freundin wird mit Sicherheit auch vorkommen.  

Stil: Folk / Songwriter / Neo-Folk
Besetzung: Jordon Prince (Songwriting, Gitarre, Gesang), wechselnde Bandmitglieder
Aus: New Orleans / München
Seit: 2005
Internet: www.jordanprince.bandcamp.com

Von: Rita Argauer

Foto: Peter Ross

Happy Birthday, Stadt Land Rock Festival!

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Zum 13. Mal findet 2016 das Stadt-Land-Rock Festival statt. In diesem Jahr gibt es an drei Abenden zwölf Bands und Künstler zu sehen – bei freiem Eintritt.  In den vergangenen Jahren etwa MarieMarie (Foto), die 2011 und 2013 Stimmung machte. Zur Einstimmung ein kleiner Rückblick. 

Wer über das Tollwood schlendert, findet wie jedes Jahr die Stände mit Crepes und Langosch, mit Schmuck und verträumter Hippie-Kleidung, die Skulpturen, die die jährlich neuen Themen des Tollwoods veranschaulichen und den Besucher jedes Mal wieder überraschen. Das alles gehört zum Tollwood – Genau wie die Musik. Schon seit Beginn spielen bekannte Bands auf Münchens beliebtestem Stadtfestival, große Namen sind jedes Jahr vertreten, aber vor allem die jungen Münchner haben seit 13 Jahren auch ein anderes Ziel: Das Stadt-Land-Rock-Festival.

Seit 2004 wird es vom Tollwood und der SZ-Junge-Leute Seite veranstaltet. Damals waren das einfach ein paar kleinere Bands aus München, aber auch von anderswo, die ohne wirkliches Festival-Feeling eher als Begleiterscheinung auf den verschiedenen Bühnen des Tollwood auftraten. Viele der damaligen Bands sagen heute kaum jemandem etwas, und trotzdem lohnt es sich, reinzuhören. Denn als Veranstaltung für junge, aufstrebende Musiker hat das Stadt-Land-Rock schon früh ein Gespür für die richtigen Bands bewiesen, die, genau wie das Festival selbst, einfach ein bisschen Zeit und Unterstützung brauchten, um größer zu werden.

Besonders wenn man sich die Bands der letzten Jahre anschaut, wird man einige davon wieder erkennen. Die Young Chinese Dogs beispielsweise, die man nicht nur auf dem Tollwood, sondern auf so ziemlich jeder Münchner Bühne treffen kann. Die beiden Schwestern von Sweet Lemon, die, obwohl noch sehr jung, dieses Jahr schon zum zweiten Mal das Publikum mit ihrem Mix aus Pop und Blues verzaubern. Oder MarieMarie, die mittlerweile über München hinaus ein bekannter Name ist. „Es war eine tolle Erfahrung auf dem Stadt Land Rock Festival zu spielen und die Stimmung war super“, erinnert sie sich an ihre Auftritte 2011 und 2013.

Genau wie die Szene, die Jugendseite und die Teilnehmer, ist das Stadt Land Rock mit seinen Bands gewachsen. Das Festival hat in der Tollwood tanzbar seinen Platz gefunden und repräsentiert mit dem diesjährigen Programm einen Querschnitt durch die junge Münchner Musik Szene. Es spielen Bands wie Line Walking Elephant, die mit ihrem Alternative-Rock die Fetzen fliegen lassen oder die Folk-Rock-Band The Charles, deren Namen längst keine Unbekannten mehr sind, aber auch Newcomer, wie Paul Kowol oder KLIMT, die sich beide als Solokünstler natürlicherweise ruhiger, aber nicht weniger spannend präsentieren.

Die Zeiten, als noch Umzugskisten voller Demo-CDs den Beginn der Auswahl für das Festival einläuteten, sind vorbei, doch Bewerbungen um auf dem Stadt-Land-Rock zu spielen kommen immer noch genug. Oder sollte man eher sagen jetzt erst Recht? München und seine Musik-Szene sind ein unteilbares Ganzes, und Gelegenheiten für junge Bands gibt es viele. Und doch ist das Festival auf dem Tollwood etwas besonderes geblieben. Weil es gewachsen ist, seinen Platz gefunden hat und weil man nach 13 erfolgreichen Jahren sicher sein kann, dass man den Sprung geschafft hat vom Trend zu einer der fest verankerten Institutionen, ohne die München nicht das wäre, was es ist.

Von: Marina Sprenger

Foto: Käthe Dekoe

Neuland: Snowfall

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Die Münchner Band Young Chinese Dogs ist einfach zu produktiv. Deswegen gründen die Bandmitglieder einfach ein Nebenprojekt. Bei Snowfall bringen sie die etwas dunkleren Songs unter.

Da regnet es seit Wochen, dann ist es einen Tag lang schön, und schon meldet sich eine neue Band: Hey, wir sind Snowfall. Im Sommer. Nicht irgendeine neue Band, es ist das Nebenprojekt der Young Chinese Dogs. „Dunkler, mit mehr E-Gitarre, mit mehr Elektronik, mehr Beat, mehr Sphäre“ als der fröhlich-folkige Sound der Hauptband soll es werden, erklärt Oliver Anders Hendriksson. 

Und mehr Birte Hanusrichter, die hier als Sängerin in den Mittelpunkt rückt. Young-Chinese-Dogs-Fans müssen sich nicht sorgen. „Erst mal soll beides nebeneinander laufen“, sagt Birte. Aus einer Laune heraus ist das Projekt nicht entstanden, sondern lange geplant: Oliver hat die Facebook-Seite der Band bereits im Januar 2015 eröffnet. 

Von: Michael Bremmer

Foto: Birte Hanusrichter