Die Woche unseres Autors Linus steht diesmal voll unter dem Motto Münchner Festivals, nachdem er auf Splash, Melt und ähnlichem dieses Jahr nicht zu finden war. Vom Feiern erholt er sich an der Sandbar und im Nußbaumpark
Von Linus Freymark
Die Festivalsaison hat ihren diesjährigen Zenith allmählich überschritten und wieder einmal stelle ich Anfang August fest, dass ich es auch in diesem Jahr auf keines geschafft habe. Nicht aufs Splash, nicht aufs Melt, nicht auf die Fusion. Keine Zeit, kein Geld, es gab immer einen Grund, warum es nicht geklappt hat. An diesem Samstag aber gibt es keine Ausrede, an der Olympia-Regattastrecke steigt das Isle of Summer-Festival. Unter anderem legen dort Alex.Do, Dirty Doering und Einmusik auf. Die Veranstaltungsreihe findet bereits das zehnte Jahr in Folge statt, und wer es morgen nicht nach Oberschleißheim schafft, weil kein Geld, keine Zeit oder beides, für den gibt es einen Ausweichtermin im September. Gäbe es das bei allen Festivals, würde ich vielleicht doch noch Splash-, Melt-, oder Fusiongänger werden.
Das Isle of Summer wird definitiv das Highlight meines Wochenendes, aber eigentlich endet meine Festivalabstinenz schon am Freitag. Quasi zum Aufwärmen für Samstag besuche ich die Brass Wiesn in Eching. Ich mag zwar keine Blasmusik, doch auf der Brass Wiesn kommt sie deutlich cooler daher als man sie aus irgendwelchen Vorstadtbierzelten kennt, unter anderem treten mit der niederländischen Band Jungle by Night Künstler auf, die nicht nur Tuba und Horn miteinander kombinieren, sondern auch psychedelischen Rock mit Hip-Hop und Jazz. Erwartet werden rund 15.000 Besucher, viele davon sind nach Auskunft der Veranstalter deutlich jünger, als man sich das von einem Blasmusikfestival erwartet.
Am Sonntag wird mir dann nach dem Aufwachen wahrscheinlich klar, dass das Leben nicht nur aus Party besteht – sondern auch aus Kopfschmerzen. Wenn es mir gegen Nachmittag besser geht, mache ich mich auf den Weg in die Villa Stuck. Dort ist noch bis zum 15. September die Ausstellung „Von Ferne. Bilder zur DDR“ zu sehen. Die Arbeiten zeigen die Perspektive 18 verschiedener Künstler, die zwischen 1981 und 2019 entstanden sind. Ein interessanter Blickpunkt: Wie haben diese Menschen die DDR während ihres Bestehens erlebt? Und wie blicken sie heute auf den Osten der Republik? Gerade für junge Menschen aus meiner Generation, die das geteilte Deutschland nicht kennengelernt haben, aber doch immer öfter Gräben erkennen, die noch immer zwischen Ost und West stehen, könnte die Ausstellung interessant sein.
Es ist bei mir oft so, dass ich Sachen über Jahre nicht mehr gemacht habe, dann aber, kaum bin ich mal wieder im Kino oder im Fußballstadion gewesen, wieder auf den Geschmack komme. Genauso ist es mit Festivals: habe ich den bisherigen Sommer in der Hinsicht komplett verschlafen, kann ich jetzt kaum genug davon kriegen. Deshalb starte ich am Montagabend ins Theatron im Olympiapark. Auf der Seebühne tritt um 19 Uhr zunächst Cheerio Joe auf, eine „Rock’n´Folk“-Band aus Fürstenfeldbruck, gegen 20.30 Uhr präsentieren dann Young Chinese Dogs aus München einen Mix aus Folk und Pop. Mit gerade einmal zwei Gigs ist die Veranstaltung jetzt nicht mit dem Isle of Summer zu vergleichen, aber für einen Montagabend reicht mir das Line-Up vollkommen. Außerdem lässt sich so die Nostalgie vom Sonntag vertreiben, die sich bei mir nach solchen historischen Ausstellungen einstellt und gerne ein paar Tage in meinem Kopf bleibt – oft ist das länger, als ich sie dort haben möchte.
Nach einem Tag am Eisbach und der vielen innovativen Musik der letzten Tage zieht es mich am Dienstagabend zurück in den Mainstream. Das Pacha lädt zum Kölner Abend ein und weil ja doch irgendwann mal wieder Winter wird und die Karnevalszeit damit wiederkommt, schadet es nicht, sich den Text von „Viva Colonia!“ ins Gedächtnis zu rufen. Und den Geschmack von Kölsch – wobei, lieber doch nicht…
Okay, das mit dem Kölsch war wirklich eine blöde Idee, diese Erkenntnis setzt sich am Mittwochmorgen in meinem Kopf fest, hoffentlich bleibt sie dort auch bis Karneval. Deshalb lieber zurück zu meiner neu erwachten Festivalleidenschaft, die wollte ich diese Woche ja sowieso noch ein bisschen ausleben – zum Beispiel bei den Südbahnhofkonzerten im Bahnwärter Thiel. Unter anderem mit einer Electronic-Gruppe aus Nürnberg und einer Münchner Funk-Kombo. Und das alles bei Sonnenuntergang auf dem Bahnwärter und dem wohltuenden Gedanken, dass man die Nacht nicht in einem stickigen Zelt, sondern dem eigenen Bett verbringen kann – hat definitiv was!
Den Donnerstag verbringe ich in der Sandbar. Cocktails, sommerliche Beats und Sand unter den Füßen – ein schöner Vorgeschmack auf den Urlaub. Lange bleiben werde ich dort aber nicht, nach zwei Drinks ist mein Geldbeutel leer und ich muss mich wohl oder übel auf den Weg nach Hause machen.
Am Freitag gehe ich in den Nußbaumpark. Dort findet noch bis zum 30.8. ein jeweils wechselndes Kulturprogramm statt: Essen und Trinken, Musik und Tanz, Foodtruck und Biergarten. Und während ich auf der Wiese im Park sitze, die Augen schließe und mich von den Beats des DJs berieseln lasse, bin ich in Gedanken fast auf einem Festival – und das, ohne großartig Zeit und Geld zu brauchen.
Foto: Thorben Riemann