Revierkämpfe im Bett

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Wen stört schon ein winziges Bett, wenn man überhaupt in München eine Bleibe findet. Aber: Wer möchte schon in München wohnen, wenn man ein winziges Bett hat und einen Freund, der jedes Eck Matratze für sich in Beschlag nimmt…

In einer Beziehung braucht man Freiräume. Heißt es immer. Und wenn man zusammenzieht, sollte trotzdem jeder sein eigenes Reich haben. Wie das genau funktioniert – vor allem bei den Münchner Quadratmeterpreisen – erklärt leider niemand. In München ist man doch klar im Vorteil, wenn man überhaupt zu denjenigen gehört, die sich in Beziehungen mit wenig Freiraum zufrieden geben können: Mit 1,2 Quadratmeter zum Beispiel.

1,2 Quadratmeter: Das ist die Hälfte der Fläche eines 1,20-Meter-Bettes. Ali zeigt mir ein Foto von diesem Bett. Es wurde von einem befreundeten Pärchen – ich nehme an – irrtümlicherweise für ein Doppelbett gehalten, käuflich erworben und steht in der gemeinsamen Wohnung. Noch immer in dem Glauben, eine Schlafgelegenheit für zwei zu besitzen, hat das Paar Ali und ihrem Freund die Wohnung als Übernachtungsmöglichkeit überlassen, während es selbst Kleinraum-Urlaub mit Campingwagen macht. Das Bild auf Alis Smartphone zeigt deshalb kein zusammengekuscheltes Pärchen, sondern nur Alis Freund im Tiefschlaf: Er füllt die 2,4 Quadratmeter in Embryonalstellung ganz allein aus. Ali selbst braucht ihr eigenes Reich. Deshalb schläft sie auf dem Sofa.

Wie viel Freiraum man im Reich der Träume braucht, darüber scheiden sich die Geister. Ich habe schon alles gehört: Dass die Matratze unbedingt durchgehend sein muss, damit man nachts nicht durch einen tiefen Graben vom Partner getrennt ist. Aber auch, dass ein Stacheldrahtzaun in der Mitte des Betts praktisch wäre, um sich nachts den schnarchenden, Hitze abstrahlenden und um sich schlagenden Bettgefährten vom Leib zu halten. So eine Grenzlinie könnte auch Alis Schlaf verbessern, wenn ihr Freund bei seinen Übernachtungsbesuchen mal wieder nach und nach immer mehr ihres Betts in Beschlag nimmt. Solange es jedoch noch keine Betten mit effektiven Reviermarkierungen gibt, bleibt Ali nichts anderes, als sich ein neues Territorium zu erobern: Zum Beispiel, indem sie nachts einfach aufsteht, einmal ums Bett herumgeht und das freie Stückchen Matratze auf der anderen Seite annektiert.

Von Susanne Krause