Noch einmal Glück gehabt

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Wann ist der richtige Zeitpunkt um eine Familie zu gründen? Jedenfalls nicht mit 22, da sind sich die Freundinnen sicher. Bis auf Marie. Denn die möchte auf alle Fälle Kinder. Mit dem richtigen Mann.

Mädchenprobleme und Mädchenfreuden. Gestern noch waren wir alle schwer besorgt wegen Maries drohenden „Umständen“, heute sitzen wir bei McDonald’s und feiern den „Sie-ist-nicht-schwanger-Tag“. Nochmal Glück gehabt, finden wir alle. Marie schaut ein wenig bedröppelt. Vermutlich steckt ihr noch die Furcht in den Knochen. Ein Kind, jetzt, mit 22, mitten im Studium. Keine gute Idee. Oder? Marie ist in einem unheimlichen Stadium angekommen, das normalerweise eher Frauen mit drei Jahren mehr auf dem Buckel ereilt. Würde man das Ganze wissenschaftlich betrachten, müsste man vermutlich von der schwangerschaftsbezogenen Ambivalenzphase sprechen: Momente des Hin- und Hergerissenseins zwischen Babypanik vor und Babyblues nach dem Schwangerschaftstest.

 „Ich weiß auch nicht, irgendwie hatte ich mich schon fast damit angefreundet, bald eine kleine Familie zu haben“, meinte Marie deshalb, als sie ihrem Freund Daniel den negativen Test unter die Nase hielt. Anstatt ihr den erhofften Trost zu spenden und ernsthafte Gespräche über ihre glückliche Zukunft, vielleicht ja auch zu dritt, zu beginnen, kippte der zur Feier des Tages ein Bier, küsste sie überschwänglich und seufzte: „Noch mal Glück gehabt!“ Und jetzt auch noch wir. Marie ist beleidigt.

Ob wir denn keine Kinder wollten, fragt sie jetzt. Betretenes Schweigen. „Irgendwann bestimmt“, sagen wir. „Und mit dem richtigen Kerl?“ Allgemeines Beklemmungsgefühl. So muss es auch Daniel gegangen sein, als Marie ihm klipp und klar zu verstehen gab, eine Beziehung ohne Aussicht auf Familiengründung habe für sie keinen Sinn. Man komme schließlich in ein Alter … „Aber doch jetzt noch nicht“, versuchte Daniel sich aus der Affäre zu ziehen. Aber es ist offensichtlich: Die Sache ist noch nicht erledigt. Und deshalb wird er von jetzt an die Pilleneinnahme regelmäßig überwachen. Ist vielleicht aber gar nicht mehr notwendig. Auf Reproduktionsmaßnahmen mit Daniel hat Marie erstmal sowieso keine Lust mehr.

Von Lisi Wasmer