Night Shirts (Garagen-Rock)

image

Night Shirts sehen eher nach uncoolen Dorf-Nerds als nach Pop-Erneuerern aus. Ehemals als Godzilla Tabula Rasa bekannt, mischen sie ihre hymnischen und in Beatles-Harmonik schwelgenden Melodien mit stampfenden Garagen-Rock und gegrölten Chorgesängen.

Großstädte züchten gerne ihre eigenen kleinen Kulturbiotope. Man kennt sich untereinander, man unterstützt sich gegenseitig und es besteht kein Grund, in der Rest-Republik oder gar im Ausland nach neuen Zugängen zu suchen. Münchens Bandszene macht da keinen großen Unterschied: Man veröffentlicht auf den örtlichen Labels, spielt Konzerte im S-Bahn-Einzugsbereich und wechselt als Musiker von Band zu Band.

Umso überraschender ist es dann, wenn eine Münchner Band bei einer angesagten Münsteraner Plattenfirma veröffentlicht und von Internet-Medien wie dem Hipster-Magazin Vice abseits des eher schlechten Images der bayerischen Landeshauptstadt in der deutschen Musikszene wahrgenommen wird.

Verdient hat es dieses Album auf jeden Fall, das die Münchner BandNight Shirts (Foto: Marcus Adam) nun auf „This Charming Man“ veröffentlicht hat. Ein Label, das derzeit mit Bands wie Messer und Die Nerven für einen rohen und aufrührerischen Klang steht, aber trotzdem nicht in der Nische der Spartenmusik mitmischt, sondern ein beständiges Publikum an jungen Großstädtern anspricht.

Die Musiker von Night Shirts, die ursprünglich aus dem bayerischen Oberland stammen, mittlerweile aber fast alle in München wohnen, sind in diesem Katalog wohl fast die poppigsten. Das Album „… Live from Queimada Grande“ ist dennoch besonders geworden. Das mag zum einen an einem subtilen, zum Teil etwas pubertären, und vor allem sich selbst nicht verschonenden Witz liegen, den die vier Musiker, die eher nach uncoolen Dorf-Nerds als nach Pop-Erneuerern aussehen, in ihre Musik einschreiben. Und zum anderen an einer Hingabe in den Songs, der man sich kaum entziehen.

Schon als Godzilla Tabula Rasa, ihr dämlicher wie witziger früherer Bandname, hatten sie ein gewisses Talent für hymnische und fast in Beatles-Harmonik schwelgende Melodien. Diese mischen sie nun mit stampfendem Garagen-Rock und ziemlich gegrölten Chorgesängen auf.

Nun können Pop-Melodien mit Schlagzeug-Gitarren-Gedonner ganz schön kitschig werden. Oder aber den besonderen Reiz bekommen, den etwa die Songs von Nirvana hatten. Und bei den Night Shirts stellt sich tatsächlich Zweiteres ein. Durch die unbändige Euphorie, mit der sie etwa den Refrain von „Lentus, Altus, Brevis“ schmettern, und die uncoole Grundhaltung der Musiker, die es so schwer macht, ihnen irgendeinen Erfolgswillen zu unterstellen, gibt dem Album eine mitreißende Jugendlichkeit, die an das Gefühl erinnert, zu Teenager-Zeiten zum ersten Mal Rockmusik gehört zu haben. 
 
Besetzung: Marco Helmer (Bass, Gesang), Max Schelkle (Gitarre, Gesang), Manuel Süß (Gitarre, Gesang), Christoph Liedl (Schlagzeug, Gesang)
Aus: München /Peißenberg
Seit: 2011
Internet: www.nightshirtsband.com

Von Rita Argauer