München darf langsam wieder raus, doch normal ist das Leben noch lange nicht. Wir führen unsere Rubrik “München hat Hausarrest” weiter – gerade teils zu Hause, teils unterwegs mit Tests, Masken und Abstand. Denn zusammen ist man weniger allein. ❤ Unser Autor Laurens genießt den richtigen Mix aus Online- und Live-Veranstaltungen, die München bietet.
Nach über zwei Wochen in der prallen Sonne Portugals fällt mir die Eingewöhnung zurück im regnerischen München zugegebenermaßen noch etwas schwer. Die charmant heruntergekommenen Gassen Lissabons musste ich zwangsweise eintauschen gegen die herausgeputzten Straßenzüge Münchens und den klassisch portugiesischen Salzfisch, den man in Lissabon wirklich an jeder Ecke zu bekommen scheint, gegen bayerische Wirtshausküche. Klar, dass man da ein wenig melancholisch wird. In den letzten Tagen ist mir allerdings aufgefallen, dass die beiden Städte mehr gemeinsam haben als man glauben könnte. Zugegeben man muss schon ein wenig die Augen zusammenkneifen um die Ähnlichkeiten zu erkennen, aber wenn man sich anstrengt findet man sie. Zum Beispiel im Punkto Essen. Stockfisch hat auf den ersten Blick nicht viel mit Schweinebraten in einer bayerischen Wirtschaft zu tun, abartig salzig ist aber beides. Also Augen zusammenkneifen und hinein in meine Woche.
Beflügelt von meiner Idee, Lissabon in München wiederzuentdecken, verschlägt es mich am Freitag auf den großen Flohmarkt auf der Parkhafe im Olympiapark. Der findet von 7 Uhr an, bis in den Nachmittag hinein statt, und ist fast so groß, wie sein Lissaboner Gegenstück – der Feira da Ladra, was übersetzt etwa Markt der Diebe bedeutet. Zwar werden hier weniger schöne Keramikfliesen mit bunten Mustern verkauft als in Lissabon, aber dafür ist das Risiko versehentlich auf am Boden liegendes Porzellan zu treten aber auch deutlich geringer.
Samstags geht es zum diesmal wirklich letzten Wochenende des Open Air Clubs am Maximiliansplatz – vorausgesetzt das Wetter spielt mit. Von 18 Uhr an werden hier Beats von Raoul Tosa, Flo Flame und DJ Repins serviert. Gute Laune sollte es hier eigentlich im Überfluss geben. Ob die Party allerdings mit der ausgelassenen Stimmung auf der legendären „Pink Street“ in Lissabon mithalten kann, wird sich am Samstag noch zeigen müssen. Eine Gemeinsamkeit gibt es aber auch hier: Wer feiern möchte, muss die 3G-Regel befolgen.
Mein Sonntag hat ausnahmsweise wenig mit meinem Urlaub zu tun, denn am Sonntag ist Wahltag für die Bundestagswahl. Meine Stimme habe ich schon abgegeben, allerdings per Briefwahl, wie fast die Hälfte aller Wahlberechtigten. Deshalb kann ich, während sich die andere Hälfte des Wahlvolks in die Kabinen begibt, ganz gemütlich ausschlafen und im Laufe des Tages die Berichterstattung aus dem Bett mitverfolgen. Falls am Ende ein Ergebnis herauskommt, das mir nicht gefällt, weiß ich immerhin schon, wohin ich auswandere.
Montags erwarten mich dann wieder meine ganzen Aufgaben und kleinen Erledigungen, die mein vergangenes Ich eigentlich so effektiv auf die Zeit nach dem Urlaub verschoben hatte – danke dafür vergangener Laurens! Während ich Termine organisiere und Texte schreiben werde, wird mich hier wohl eine gewisse Melancholie beschleichen. Saudade nennt sich im Portugiesischen dieses nostalgische Gefühl etwas Geliebtes verloren zu haben, und es passt in diesen vorherbstlichen Tagen ganz herrlich zum Münchner Lebensgefühl, dass noch spürbar dem Sommer hinterhertrauert.
Am Dienstag wird es wohl Zeit etwas Lissabon nach München zu holen, um meine Wehmut ein wenig zu lindern. Woran es München meiner Meinung nach nämlich noch mangelt, sind die charakteristischen Azulejos der Lissaboner Innenstadt. Daher verbringe ich den Abend wohl im Kinderkunsthaus München. Hier können alle Teilnehmer – Ja, entgegen des Namens nicht nur Kinder – von 19 Uhr an gegen eine Gebühr von 26 Euro ihre eigene Keramik herstellen. Meine Chance also meine eigenen blauen Kachelbilder herzustellen und in einer nächtlichen Guerilla-Aktion an Münchens Wänden zu verteilen.
Da in der Mitte der Woche meistens nicht viel los ist, werde ich wohl am Mittwoch einfach mal zu Hause bleiben und für ein paar Freunde kochen – natürlich Portugiesisch, wie ihr euch wohl mittlerweile denken könnt. Passende Zutaten und Inspiration bekomme ich im „made in Portugal“ in der Karl-Theodor-Straße. Hier gibt es nicht nur Vino Verde, sondern auch Pastéis de Nata, ein Gebäckstück mit Cremefüllung, das in etwa wie das beste Plunderstück eures Lebens schmeckt.
Ähnlich kulinarisch geht es bei mir am Donnerstag weiter. Den verbringe ich wohl auf der Terrasse der Transit Rooftop Bar im Container Collective. Das gesamte Areal hat einige Ähnlichkeiten mit dem popup-Künstlerviertel LX-Factory in Lissabon und wird somit in dieser Woche für mich gewissermaßen zum Pflichtprogramm. Von 16 Uhr an kann man sich hier bewirten lassen und den Ausblick über das immer spanende Container-Viertel genießen.
Damit neigt sich am Freitag meine Woche auch schon wieder ihrem Ende zu und mit ihr meine Semesterferienzeit. Es bleiben nur noch wenige Tage, dann startet die Uni wieder mit voller Kraft in ein neues Semester. Ich werde es daher am Freitag ruhig angehen lassen und noch einmal an meinen wunderbaren Urlaub denken. Immerhin ganz so schlimm wird das Fernweh wohl nicht, denn: Ein bisschen Lissabon steckt ja schließlich auch in München