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München hat Hausarrest: Zuhause mit Rosalie

Der Lockdown ist zurück! Wir wollen euch die Zeit zu Hause ein bisschen schöner machen. Unsere Rubrik “Von Freitag bis Freitag München” heißt deswegen wieder “München hat Hausarrest”. Denn: Zusammen ist man weniger allein Unsere Autorin Rosalie verbringt die kalten Tage in ihrer neuen Wohnung und versucht außerdem, die Erinnerungen an vergangene Clubtage in ihrem Wohnzimmer aufleben zu lassen.  

Ich bin umgezogen. Von einem 18 Quadratmeter großen Studierenden-Apartment im Olympischen Dorf in eine vergleichsweise sehr großzügige Wohnung in Sendling.

Deshalb muss ich gestehen: Dass in München wieder die Corona-Notbreme gezogen wurde, stört mich gerade kaum. Ich könnte den ganzen Tag damit verbringen, Kartons auszuräumen und mir Gedanken über die Inneneinrichtung zu machen. Wäre da nicht ein Problem: In den Möbelhäusern herrscht Notstand. Schränke sind teilweise ausverkauft, andere Möbel haben über drei Monate Lieferzeit. Deshalb habe ich all meine Kleidung erstmal auf zwei Kleiderstangen gehängt. Beim Aufhängen schäme ich mich mal wieder ein bisschen dafür, wie viel „Fast Fashion“ ich besitze. Um dieser schlechten Kaufgewohnheit endlich ein Ende bereiten zu können, nehme ich mir vor, am Freitag bei der Online Movie-Night der AEGEE-München dabei zu sein. Die AEGEE ist einer der größten Studierenden-Organisationen in Europa. Aktuell hat die Gruppe eine Filmreihe mit Dokumentationen über das Thema Nachhaltigkeit organisiert. Am Freitag läuft „The True Cost“. In der Doku geht es um die Schattenseiten der Modeindustrie. Ich bin mal gespannt ob dieser Film meine zukünftigen Kaufentscheidungen beeinflussen wird.

Das miese, kalte Aprilwetter macht es für mich, neben der neuen Wohnung, gerade noch leichter, einfach zu Hause zu bleiben. Die Erinnerungen an Samstagabende im Club sind schon beinahe verblasst. Weiß jemand noch, wie sich ein heftiger Bass anfühlt? Und wie schmeckt nochmal Vodka Bull? Ich hoffe, dass ich am Samstag wieder ein kleines bisschen daran erinnert werde, wie das so war, früher im Club.

Die Gesellschaft für Euphorie hat die Doku „Feiern und feiern lassen“ gedreht, in der es um die Clubkultur geht. Am Samstag um 19 Uhr wird der Film zum ersten Mal auf YouTube online gestellt. Viel verrät der Trailer nicht, nur dass die Macher:innen des Nachtlebens zu Wort kommen werden. Ich freue mich darauf.

Ein Aspekt vom Club-Feeling, den die Doku auf jeden Fall nicht transportiert wird, ist der Kater danach. Das heißt, ich wache am Sonntag vermutlich ausgeschlafen und ausgeruht aus. Das Wetter soll mal wieder schlecht werden, also bleibe ich zu Hause. Ich koche sehr gerne, aber eine Backfee bin ich überhaupt nicht. Trotzdem will ich schon lange Cantuccini selber backen. Das sind die kleinen, harten Gebäckstücke, die gerne zu Espresso serviert werden. Die sind von Natur aus total hart, viel falsch machen kann ich hier also nicht. Außerdem sind sie lange haltbar und geben mir ein kleines Italien-Gefühl.

Am Montag muss ich arbeiten und plane nach Feierabend mit (quasi) Live-Musik in meiner Küche. Die Unterfahrt streamt ein Latin Jazz Konzert von David Lenis. Ein „Münchner Salsa Urgestein“, wie der Club auf seiner Seite schreibt. Mir sagt der Name leider nichts, aber ich habe sofort gute Laune bekommen, als ich mir die Musik vorweg angehört habe.

Seit einem Semester studiere ich Kulturwissenschaft im Master, mit dem Schwerpunkt ethnografischer Film. Im Laufe des Semesters sollen wir selbst ein Konzept für einen Film entwickeln, den wir im Herbst dann drehen werden. Deshalb bin ich natürlich hellhörig geworden, als ich gesehen habe, dass noch bis zum zweiten Mai die türkischen Filmtage stattfinden. Gezeigt werden Independent-Filmen aus der Türkei und von türkischstämmigen Regisseur*innen aus Deutschland.

Insgesamt sind es zwölf Spiel- und Dokumentarfilme, sowie 15 Kurzfilme. Bestimmt bekomme ich hier ein paar Inspirationen und neue Perspektiven. Mit 25 Euro ist das Ticket nicht günstig, also sollte ich mir auf jeden Fall einige Filme ansehen.

Am Mittwoch muss ich den ganzen Tag arbeiten, aber vielleicht habe ich abends ja doch noch Lust, mal in die wöchentliche Vortragsreihe der TU zu Covid-19 reinzuhören. Vielleicht beim Wäsche aufhängen. Interessant finde ich, dass es bei der wissenschaftlichen Vortragsreihe nicht nur um medizinische Aspekte geht, sondern auch um gesellschaftspolitische Fragen.

Am Donnerstag und Freitag habe ich viel Uni und werde am Schreibtisch sitzen. Auch wenn ich mich in meiner neuen Wohnung pudelwohl fühle und dadurch Corona und der Lockdown gerade ein bisschen weniger schrecklich sind als normalerweise, erwarte ich, dass wir in München wenigstens dieses Wochenende mit ein bisschen schönem Wetter beglückt werden. Ich will die blühenden Bäume draußen sehen und einen riesigen Spaziergang machen. Weiterhin schlechtes Wetter, obwohl es schon Ende April ist, das wäre einfach nur frech!

Von Rosalie Röhr