Foto: Murilo Macena

München hat Hausarrest: Zuhause mit Max

Wir wollen euch die Zeit zu Hause ein bisschen schöner machen. Unsere Rubrik “Von Freitag bis Freitag München” heißt deswegen wieder “München hat Hausarrest”. Denn, zusammen ist man weniger allein ❤. Unser Autor Max spürt den Corona-Blues und versucht, mit musikalischer Hilfe dem Alltagstrott zu entkommen.  

Ich habe ein Problem, ein ganz praktisches. Denn langsam kann ich mir selbst nicht mehr zuhören, wie ich hier in meinen warmen vier Wänden sitze und dem hinterher lechze, was außer Reichweite ist. Feiern, Essen gehen, Kontakte, die mehr sind als Spazieren bei Eiseskälte und mit einer Alpaka-Länge Abstand – überall schon mal gehört, dutzendfach.

Warum das jetzt ein Problem ist? Ganz einfach: Wer sich selbst nicht mehr erträgt, bei dem ist die Gefahr groß, dass auch andere ihn nicht mehr ertragen. Wer also hier noch mitliest, dem zolle ich den größten Respekt. Bitte weitermachen, ihr seid großartig. Das meine ich vollkommen ernst, denn nach mittlerweile einem Jahr Dauerkatastrophenzustand sind Durchhaltevermögen, Besonnenheit und Biss hohe Tugenden. Aber genug davon und zur Sache: Am Freitag um 16 Uhr spielt Liann in Bogenhausen, auf dem Prinzregentenplatz. Das Konzert gehört zur Reihe des Kulturlieferdienst, der es sich zum Ziel gemacht hat, Spenden für Münchner Kulturschaffende zu sammeln.

Dass es denen schlechter geht als Büromenschen wie mir, wissen mittlerweile auch nahezu alle – und trotzdem ist eine Besserung nicht in Sicht. Ich möchte meine Probleme (zu wenig Bewegung, Kopfschmerzen durch zu lange Bildschirmzeiten, fängt an mit seinem Käse zu reden) nicht gegen deren tauschen (zu wenig Geld, um die Miete zu zahlen, Kopfschmerzen durch Existenzangst, fängt an über das Aus seiner oder ihrer Kunst nachzudenken). Aber bleiben wir mal beim Wort „Besserung“ stehen: Über eine bessere, also gerechtere Welt wird am Samstag bei „Politik am Küchentisch: Egal wo wir sind – wir machen Politik!“ gesprochen. Eine Veranstaltung von feministischen Gruppen und Kunstschaffenden mit Musik und Diskussion, die wie viele andere Veranstaltungen diese Woche unter dem Dach der „Internationalen digitalen Frauenwoche“ des Kollektivs We Won’t Shut Up steht.

Vielleicht hat man es mir schon angemerkt: Die Großwetterlage stimmt mich ein wenig traurig. Und klar, die Einsamkeit nagt an mir – wie an vielen anderen auch, die alleine leben. Was hilft: Musik in hohen Dosen. An diesem Freitag veröffentlichen etwa Umme Block „Blue Hour“, von der Milla kommt gleich eine Schallplatte: ein Sampler mit Songs von überwiegend Münchner Bands. Von da aus kann man sich an einem Sonntagnachmittag, an dem es eh schneeregnen soll, einfach treiben lassen und eintauchen in das, was die Münchner Musikszene in den vergangenen Wochen so hervorgebracht hat.

Der Montag wird bei mir recht stressig, das kann ich jetzt schon sagen. Fristen, Schichtarbeit, alles fällt zusammen. Etwas zu tun haben, das tut dieser Tage irgendwie gut. Vielleicht ist das aber auch nur der Zwangsoptimismus, der da spricht. Jedenfalls zeigen das Deutsche Museum, die Volkshochschule und das Rachel-Carson-Center der LMU am Montagabend den Film „Sanctuary“ von Álvaro Longoria, der zwei Spanier dabei begleitet, wie sie das Südpolarmeer schützen wollen. Im Anschluss wird diskutiert.

Der Dienstag, es ist der 16., wird vermutlich wie jeder andere Tag auch. Aufstehen, duschen, essen, mal mehr, mal weniger wichtigen Kram erledigen, schlafen. Drehen wir das doch mal um, steht ja eh gerade alles auf dem Kopf. Ich weiß, dass ich Dienstag freihabe: Was spricht also dagegen, einfach nichts zu machen? Im Bett zu liegen, zu schlafen, vielleicht noch einen Roman zu lesen? Natürlich können das die meisten nicht einfach so. Und trotzdem ist es wichtig, sich Auszeiten zu nehmen, wenn man ein wenig freie Zeit hat. Am Tag darauf nämlich, da kann man sich wieder beschallen lassen und auf dem heimischen Teppich tanzen: Bushbash legt am Mittwochabend im Harry Klein auf. Wem Livestreams mittlerweile derart abgehen wie rohe grüne Paprika, der kann auch einfach nur zuhören und tun, was man an einem Mittwochabend während der Pandemie sonst so macht: immer wieder zum Kühlschrank gehen und sich Käse in den Mund stecken zum Beispiel.

Donnerstage sind in der Regel die Wochentage, für die ich mir am meisten vornehme und an denen ich am wenigsten gebacken kriege. Schlimm? Nein, der Perfektionist und das Arbeitstier in mir sind schon seit Langem implodiert. Weil ich mir für die kommende Woche aber wieder viel vorgenommen habe, kommt hier ein Vorschlag zum Reinhören: Radio 80000 ist umgezogen und seitdem habe ich nicht mehr eingeschaltet. Eigentlich ein Skandal, aber lassen wir das. Radio kann man immer hören und wer Zeit und Muße hat, sollte das auch vor dem 14. März noch mal tun: Auch hier legen anlässlich des Weltfrauentags bis Sonntag noch Frauen und nicht-binäre Personen als Special Guests auf. Am Freitag ist die Woche dann bereits wieder vorbei und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob ich das auch mitbekommen werde. Seit vergangenem November verschwimmt alles zu einem einzigen, sich ewig anfühlenden Zeitfenster. Jubiläen stechen da heraus: Am 19. März findet die 2000. Lesung des Münchner Literaturbüros statt und zuhören kann man ja allemal.

Wird mich diese Woche aus dem Corona-Alltagstrott herausholen? Vielleicht. Habe ich mir vorgenommen zuversichtlicher in die Zukunft zu schauen? Ja. Klappt das? Stand jetzt, nein. Aber bald wird der Optimismus schon noch einsetzen, ganz bald.