Foto: Mark Noormann

Im Netz gefallen

In der Reihe „Unikate“ stellen wir in loser Folge Studentinnen und Studenten vor, die spannende Abschlussarbeiten geschrieben haben. Diesmal: Fernanda von Sachsen Gessaphe hat Online-Dating untersucht

Immer mehr Menschen verlieben sich im Netz – und das nicht erst seit Corona: Der Einfluss des Internets auf unser Dating-Verhalten nimmt seit 1995 stetig zu. Das fanden Wissenschaftler der Stanford University heraus. „Wie wir uns online selbst darstellen, darüber denkt vor allem meine Generation viel nach“, sagt Fernanda von Sachsen Gessaphe. Auch die 21-Jährige interessiert sich fürs Online-Dating – und das, obwohl sie selbst keinerlei Erfahrung damit hat. „Ich wollte in das Thema eintauchen, ohne die Konsequenzen selbst tragen zu müssen“, sagt sie. Die Auseinandersetzung erfolgte daher wissenschaftlich. Für ihre Bachelorarbeit im Fach Ethnologie.

Unter dem Titel „Fake it till you match it – Forschung über die Selbstdarstellung und Fremdwahrnehmung beim Online Dating“ untersuchte die Studentin, was beim digitalen Kennenlernen besonders gut ankommt. Dafür ließ sie sechs junge Erwachsene je ein fiktives Dating-Profil erstellen. „Die Teilnehmenden sollten Bilder auswählen und eine kurze Beschreibung verfassen – wie bei Tinder eben“, erklärt Fernanda. Außerdem verteilte sie Fragebögen, anhand derer die Teilnehmer ihre Persönlichkeit reflektieren und sich selbst fragen sollten: Was möchte ich? Was erwarte ich von einer Beziehung? Es folgten drei Bewertungsdurchläufe: Beim ersten erhielten alle Teilnehmenden lediglich die Bilder ihrer Mitstreiter. Ausgehend davon sollten sie den Charakter der anderen einschätzen. Beim zweiten Durchlauf gab Fernanda ihnen zusätzlich die Beschreibungstexte. Erneut wurde bewertet. Zum Schluss verglich die Studentin die jeweilige Selbst- und Fremdwahrnehmung der Probanden. „Wenn sich das deckte, waren Personen besonders authentisch“, sagt sie.

Ihr fiel auf: Profile mit Konstanz schnitten bei dem Versuch besonders gut ab. „Gemeint sind damit Personen, deren visuelle Eindrücke der Fotos mit den Beschreibungen harmonisch sind, also zusammenpassen“, erklärt Fernanda. Andere würden solche Profile besser einschätzen können. Im Gegenzug hätten es Menschen schwerer, die sich beim Online-Dating vielfältig und komplex darstellen würden.

Ob das Ergebnis ihren Probanden nun einen Vorteil bei Tinder und Co. verschaffe? Fernanda lacht. „Drei der Teilnehmenden waren zum Zeitpunkt der Forschung in einer festen Beziehung“, sagt sie. Dennoch habe die Reflexion über die eigene Person allen aus der Versuchsgruppe etwas gebracht. Schließlich sei Selbst- und Fremdwahrnehmung nicht nur fürs Online-Dating relevant: „Coronabedingt erfolgt ein Großteil unserer Kommunikation nun in sozialen Netzwerken“, sagt Fernanda. Dort sollte man sich ihrer Meinung nach so darstellen, wie man auch wirklich ist. Ihre Bachelorarbeit habe ihr aufs Neue gezeigt: „Letztendlich ist es unmöglich, allen zu gefallen.“

Von Anastasia Trenkler