Jahr: 2014, Woche: 23
Bei der Band Hurrykayne trifft Progressive-Rock auf Rap. Kadir Kara wagt das musikalische Experiment und schafft mit seinen Bandkollegen die beiden Musikstile zu verbinden.
Im westlichen Münchner Umland gibt es großes Faible für gleichsam dämliche wie lustige Wortspiele: Die Bummvoll Brothers treffen dort auf die Atemberau-Band, dazwischen finden sich die Rapper Puerto Nico und Hurrykayne (Foto: Simon Gehrig). Letzterer heißt bürgerlich Kadir Kara und hat nun sein Dasein als einzelner MC um eine Band erweitert. Dabei vermischt er Musikstile und Genre-Vorstellungen mit der gleichen Leichtigkeit, mit der er die Buchstaben und Worte durcheinander fliegen lässt.
Fürstenfeldbruck bot durch die Musikinitiative Subkultur und den Veranstaltungsort im Alten Schlachthof schon länger einen, im Großraum München so raren Raum für musikalische Experimente. Rapper Kadir kannte folglich die Punkrock-Band Look Homeward Angel aus diesem Umfeld schon länger, hat sich nicht ausschließlich in der Hip-Hop-Szene bewegt. Das enge Denken, in dem sich Hip-Hop und Rock zwangsläufig ausschließen, ist ihm fremd. Und so wollte er irgendwann den Impakt, den gerade bei Live-Konzerten ein echtes Schlagzeug hat, für seine Musik ebenso wie die Wucht, die verzerrte Gitarren beisteuern können, nutzen. Also machte er sich auf die Suche nach Musikern. Simon Gehrig, ehemals Gitarrist von Look Homeward Angel, war schnell begeistert, ebenso wie der Gitarrist Johannes Spannagl. Einzig bei Gregor Poglitsch habe Kadir erst nicht damit gerechnet, doch selbst der Musiker, der eigentlich bei der Indie-Band Marv Paul spielt, sagte die Zusammenarbeit letztlich zu.
Eine klassisch besetze Rockband trifft auf einen Rapper – doch die Falle von Crossover, ein Stil, der durch Bands wie Limp Bizkit Ende der Neunzigerjahre vom Mainstream ausgeschlachtet wurde, umgehen sie geschickt. Vielleicht, weil die Musiker, die so sehr im Rock geschult sind, gar nicht erst versuchen, mit ihren Instrumenten die typischen Hip-Hop-Beats zu kopieren. Vielmehr dürfen die verschiedenen musikalischen Vorlieben nebeneinander stattfinden. Hip-Hop trifft dabei auf Progressive-Rock oder folkige Töne auf die Energie der Beastie Boys.
Wie gut diese wüste Mischung funktioniert, zeigt sich im gerade veröffentlichten Video zum Song „Alles ist“. Die Musiker nehmen sich darin mehr als drei Minuten zurück und spielen zu Kadirs Rap- und Textarbeit ein sampleartiges und minimalistisches musikalisches Bett, das erst in einem einzigen Refrain am Ende als Rocksong heraus bricht. Ein zeitgemäßer Umgang mit diesen vermeintlich so starren Stil-Grenzen. Rita Argauer
Stil: Hip-Hop
Besetzung: Kadir Kara (Rap, Synthesizer), Johannes Spannagl (Gitarre), Gregor Poglitsch (Bass), Simon Gehrig (Schlagzeug, Gesang)
Aus: Fürstenfeldbruck
Seit: 2013
Internet: www.hurrykayne.de
Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.