Hollow Waves (Noise-Rock)

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Jahr: 2014, Woche: 28

Einen unperfekten und dreckigen Sound der Zerstörung streben die vier Musiker von Hollow Waves an. Mit einem Augenzwinkern begegnen sie mit ihrem Noise-Rock den frühen Grunge-Bands der Neunzigerjahre, fernab der Indie-Rock-Szene von München.

Düster, zerbrochen und wütend wirkt die Musik von Hollow Waves (Foto: Thomas Steidl). Doch die Münchner Band hat eigentlich einen ganz perfiden Witz, der das Quartett erst zu diesem Musik-Stil führt. Ein Stil, den man in dieser Form und so gekonnt lange nicht mehr in München gehört hat. Eine große Feier der Zerstörung betreiben die vier Jungs da, ein lustvolles Auseinandernehmen sämtlicher breitbeiniger Rocker-Klischees ist das – und dennoch geht der Musik die Freude an gitarrenlastigem Groove nicht ab.

Fern von den Indie-Zirkeln der Münchner Musikszene wurde die Band im Herbst 2012 gegründet. Es folgten Konzerte in München, schnell verließen sie aber die Stadtgrenzen und spielten etwa in einer ehemaligen Kirche in Duisburg. Schon die Klang-Ästhetik ihrer ersten EP „Forces at Work“ arbeitet gegen die Hörgewohnheiten aktueller Produktionen. Es rauscht, die Gitarren und der Gesang klingen seltsam gedeckelt, die Qualität erinnert an Aufnahmen aus den Achtzigerjahren, bevor in High-Tech-Studios alle Klänge blank geputzt wurden. Doch ist das bei Hollow Waves kein Unvermögen: „Der Lo-Fi-Charakter soll den Song an sich in den Vordergrund rücken“, sagt Sänger und Keyboarder Marc Slobodian. Ein unperfekter und dreckiger Sound ist das, bei dem aber, in Kombination zum Songwriting, immer klar bleibt, dass das so gewollt ist. Besonders witzig erscheint dieser Zug bei einem Cover der Classic-Rocker von ZZ-Top, das sie letztens veröffentlichten. Man hört den Riffs noch ihre Testosteron-schwere Breitbeinigkeit an, doch auf Marcs Stimme liegt ein Halleffekt, und die Gitarre klingt kratzend dünn – augenblicklich nimmt der Zuhörer die ursprüngliche Kraft des Original-Songs als Pose wahr.

In ihren eigenen Songs ist der Gitarre dann sämtliche Pose genommen: Fiepende Feedbacks setzen sich auf einen wavigen Bass und ein Punk-Schlagzeug, die Keyboards orgeln einsame Töne, während Marc melodiearm und tief wie Ian Curtis darüber singt. Ein Sound, der gleichzeitig als Persiflage auf die Synthie-Bretter, die moderne Keyboards erzeugen können, funktioniert. Und trotz all des Witzes treffen die Hollow Waves die Rückwärtsgewandtheit ihrer Generation wunderbar: Denn mit einem ähnlich augenzwinkernden und gleichzeitig resigniert-depressiven Blick begegneten die frühen Grunge-Bands der Neunzigerjahre dem aufgetakelten Haarspray-Rock der Achtziger. Die Veröffentlichung der nächsten EP ist für Herbst geplant. Rita Argauer

Stil: Noise-Rock
Besetzung: Thomas Reiter (Gitarre, Backgroundgesang), Daniel Mirbeth (Drums), Marcelo Fernandes (Bass), Marc Slobodian (Gesang, Synthesizer)
Aus: München
Seit: 2012
Internet: www.hollowwaves.bandcamp.com

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.