Gesponserte Dankbarkeit

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Lara ist zwischen Unabhängigkeit und Sponsoring hin- und hergerissen. Doch diese beiden Ausrichtungen vertragen sich so gar nicht und so entstehen erst einmal Probleme.

Unabhängigkeit ist eine feine Sache. Tun und lassen, was man möchte, zu jeder Zeit. Sich die Haare platinblond färben, zum Beispiel. Ja, platinblond wäre cool, findet Lara. „So wie die da drüben“, erklärt sie und deutet auf ein Mädchen an der Bar. Während Lara neidisch auf den Hinterkopf in ihrer Traumhaarfarbe starrt, ein neues Thema: Sponsoring. Auch Sponsoring ist eine feine Sache. Man bekommt Geld für Dinge, die man sowieso tun würde: Fußballspielen oder Skateboardfahren, zum Beispiel. Oder eben zum Friseur gehen. Wobei wir wieder bei Lara wären. Der Grund, warum Lara noch immer einen Kopf voller rotbrauner Haare und Augen grün vor Neid hat, ist folgender: Unabhängigkeit und Sponsoring vertragen sich nicht.

Laras Sponsor heißt Papa. Er lässt zwei Friseurbesuche pro Jahr springen – immer dann, wenn Lara ein nettes Tochterlächeln aufsetzt und anmerkt, dass sie eigentlich mal wieder zum Haareschneiden müsste. Lara ist sich jedoch sicher: Sobald sie diese Friseurbesuche nicht mehr nur dazu nutzt, die Spitzen ihrer naturbelassenen Haare stutzen zu lassen, sondern um Papas beigesteuerte Erbinformationen mit einem grellen Platinblond zu überschreiben, ist es aus. Dann wird sie für ihre Frisur auf ewig allein aufkommen müssen. Um es zusammenzufassen: Unabhängigkeit ist fein, platinblond ist cool… aber Geld von Papa ist auch nicht zu verachten!

Das Problem: Wer sponsert, erwartet, dass man ihn gut dastehen lässt. Als Sportler oder Skateboarder trägt man Werbeschildchen auf dem Hemd und ist nett zu Journalisten. Als gesponserte Tochter hat man zumindest mittelmäßig adrett zu sein und sollte seinem Umfeld stets Dankbarkeit für Gen-Ausstattung und elterlich vermitteltes Wertesystem vermitteln. Unabhängigkeit muss man sich leisten können. So wie eben dieses beneidenswerte Mädchen an der Bar. Wobei: wahrscheinlich weiß Lara nur einfach nicht, dass die grelle Wasserstoffblondine da drüben am liebsten einen mausbraunen Pferdeschwanz hätte und als Anwaltsgehilfin arbeiten würde – wenn ihr Mama dann nicht sofort den Geldhahn zudrehen würde.

Von Susanne Krause