Fotografie und Psychologie

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Täglich porträtieren wir an dieser Stelle eine(n) der 20 mitwirkenden
KünstlerInnen unserer “10 im Quadrat”-Ausstellung im Farbenladen – mal
Fotograf, mal Modell. Heute: Fotografin Milena Wojhan.

Kein Raum für Spielchen: Milena Wojhan,
geboren 1994, hat für die „10 im Quadrat“-Ausstellung ein
tiefergehendes, psychologisches Konzept entwickelt, um den zehn Models
auf den Fotografien Natürlichkeit und Wahrhaftigkeit zu entlocken. „Ich
wollte weg von den Oberflächlichkeiten und mehr hin zur Selbstreflexion.
Die Kämpfe mit sich selbst, die Selbstliebe, der Selbsthass. Was
passiert, wenn das Äußere zur unwichtigen Hülle wird, und sich das pure
Innere offenbart“, sagt die Fotografin. Um dieses Ziel zu erreichen,
baute Milena aus Holzwänden einen ein 1×2 Meter großen Raum, mit einem
quadratischen Spionspiegel an einer Seite, durch den sie mit ihrer
Kamera das darin sitzende Model aufnehmen konnte. Der jeweilige Künstler
sollte auf einem Hocker darin Platz nehmen. „Ich habe relativ lange und
intensive Gespräche mit ihnen geführt, bevor sie sich für fast eine
Stunde in den Raum begeben haben.“ Der kleine Raum wurde von Milena so
konzipiert, dass die darin sitzende Person in einem Spiegel nur sich
selbst sehen konnte, die auf sie gerichtete Kamera auf der anderen Seite
allerdings nicht. Milena gab den Künstlern vorab die Aufgabe, sich
selbst völlig ehrlich gegenüber zu treten, ohne Erwartungen, aber auch
ohne Schauspiel. So war jedes der Models im Raum gänzlich auf sich
gestellt und intim mit seinen Gedanken. Zu den entstandenen Porträts
äußert sich Milena wie folgt: „Ich durfte festhalten, was sich alles in
ihnen bewegt hat. Die Momente, die entstanden sind, waren ziemlich
intim. Ich habe alles gesehen – von bitteren Tränen bis hin zu
schallendem Gelächter und gelassener Zufriedenheit.“

Milena ist
es gewohnt, sich bei ihren Fotografien auf die Geschichte der Person
hinter dem Bild zu konzentrieren. Denn Milena porträtiert meist ihr
persönliches Umfeld. Ein Kurator beschrieb Milenas Fotografie einmal als
„angstfreie, äußerst direkte Fotographie, die ihre Kraft aus der Nähe
zu ihren Protagonisten zieht.“ Auf Milenas Bildern sind oft (aber nicht
ausschließlich) junge Frauen, aber auch Paare zu sehen. Häufig sind es
Akt- oder Teilakt-Fotografien. Für ihr aktuelles Projekt erstellt sie
Generationen-Porträts von jungen Leuten, wozu sie von den Werken von
Larry Clark inspiriert wurde.

Momentan macht Milena eine
Ausbildung zur Fotografin. Ihre erste Kamera hielt sie schon mit sechs
Jahren in den Händen. Zu dieser Zeit lebte die Wiesbadenerin noch mit
ihrer Familie in Berlin, mit zehn folgte der Umzug nach München. Jahre
später dann ein neuer Umzug, dieses Mal auf Zeit. In der
südafrikanischen Metropole Kapstadt shootete sie ihre ersten, selbst
organisierten Modestrecken. Ansonsten ist die Fotografin mit ihrer
Tätigkeit regelmäßig in Berlin unterwegs und hat in Paris Mode-Shootings
organisiert und fotografiert.

Die Ausstellung “10 im Quadrat” ist an allen Wochenenden im Mai, samstags von 16 – 22 Uhr, sonntags von 16 – 20 Uhr, im Feierwerk Farbenladen geöffnet. Neben den Fotografien werden Konzerte, Lesungen und Diskussionen veranstaltet. Für weitere Infos klickt unsere Junge-Leute-Facebookseite.
Der Eintritt ist frei.

Text: Amelie Völker

Foto: Milena Wojhan