Die Musikerin Lena Britzelmair pendelt normalerweise zwischen München und Wien. Im Interview erzählt sie von wechselnden Städten, unterschiedlichen Musikszenen und den Tücken von Livestream-Konzerten.
Lena Britzelmair, 28, kennt man in München seit ein paar Jahren vor allem unter dem Namen Rey Lenon, ihrem Solo-Projekt. Aktuell arbeitet die junge Musikerin an ihrem ersten Album. Sie hat in Berlin gelebt und gearbeitet. Aktuell pendelt sie zwischen Wien und München. Ihr Label und ihr Produzent sitzen in Wien – aufgrund des Coronavirus kann sie dorthin aber vorerst nicht zurückkehren.
SZ: Du warst seit Beginn deiner musikalischen Karriere sehr vernetzt mit der Musikszene deines Heimatorts Fürstenfeldbruck. Du hast zuletzt in Berlin gelebt, jetzt pendelst du zwischen München und Wien. Was bleibt von der Zeit in Fürstenfeldbruck?
Lena Britzelmair: Beim Verein Subkultur in Fürstenfeldbruck, meinem Heimatort, hatte ich einen meiner ersten Auftritte. Damals war ich gerade mal 13 Jahre alt. Meine erste richtige Bühne war das. Dieser Verein gibt Menschen tolle Möglichkeiten und fördert lokale Musik, Kunst und Kultur. Das ist eine wichtige Arbeit. Ich selbst war eine Zeitlang ehrenamtlich im Beirat bei der Subkultur tätig. Allein schon deshalb werde ich damit immer irgendwie verbunden bleiben.
Du hast in Berlin gelebt, bist dann nach Wien gegangen – jetzt spielt sich dein Leben zwischen Wien und München ab. Wie beeinflusst das deine Musik?
Alles beeinflusst einen in gewisser Hinsicht künstlerisch. Klar, in Berlin ist alles irgendwie extremer und verrückter, eine eigene Welt für sich, was ich auch sehr genossen habe. München ist da natürlich anders. Und Wien ist für mich ein bisschen wie eine Mischung aus den beiden Städten.
Wie meinst du das?
Schwierig zu beschreiben. Wien ist nicht ganz so verrückt wie Berlin. Aber eben auch nicht so geordnet und aufgeräumt, wie München oft auf mich wirkt. Durch die verschiedenen Städte hat man auch mehrere und neue Einflüsse, was toll ist.
KOMMEN & GEHEN
Mit jedem Menschen,
der zuzieht, verändert
sich die Stadt. Und auch mit
jedem Menschen, der
München verlässt, verliert
die Stadt ein Stück Identität
Kommen und Gehen – das trifft bei dir ganz gut zu: Wie kam es dazu, dass du die Stadt gewechselt hast?
Ich kenne München natürlich schon sehr lange und gut, hier habe ich früher auch mit meiner ersten Band viel gespielt. Aber ich wollte eben nicht immer am selben Ort bleiben. Deswegen bin ich nach meinem Jurastudium für das komplette Gegenprogramm von München nach Berlin, wo ich davor schon oft länger war.
Da bist du aber nicht geblieben.
Mir war klar, dass ich irgendwann noch mein 2. Staatsexamen machen will, und ich wollte die juristische Ausbildung in Bayern beenden. Davor wollte ich jedoch noch einmal eine Auszeit nehmen. Glücklicherweise habe ich zu diesem Zeitpunkt eine positive Rückmeldung von meinem jetzigen Label aus Wien erhalten. Ich bin dann für ein paar Monate nach Wien und habe einfach nur Musik gemacht. Ich wollte nur das machen, und zwar in einer komplett neuen Umgebung. Ich bin sehr froh, dass ich mich damals so entschieden habe.
Vor ein paar Tagen hast du, wie viele andere Musiker momentan, ein Livestream-Konzert gespielt. In welcher Stadt bist du gerade?
Aktuell bin ich in München. Aufgrund der momentanen Situation kann ich gerade auch gar nicht nach Österreich. Das Livestream-Konzert habe ich von München aus gefilmt. Das hatte ich vorher so noch nie gemacht, wobei es eigentlich ganz gut geklappt hat.
Bei einem Livestream-Konzert sehen dich viele Menschen bei sich zu Hause auf ihrem Bildschirm. Du selbst siehst dein Publikum überhaupt nicht.
Ich konnte während des Streams leider nicht die Nachrichten und Rückmeldungen lesen, mein Smartphone stand relativ weit weg von mir auf einem Ständer. Ein bisschen seltsam ist das schon. Man spielt ein Lied zu Ende und dann ist da Stille. Kein Applaus. Und man steht in seinem Zimmer. Normalerweise bekommt man auf der Bühne ein Gefühl für das Publikum, das gerade präsent ist. Beim Livestream ist das nicht möglich. Im Großen und Ganzen ist das aber eine neue Erfahrung und hat für mich damit auch etwas Positives. An sich ist das eine schöne Möglichkeit in diesen Zeiten. Auch ich konnte mir so Konzerte ansehen, auf die ich nicht gehen konnte, weil sie gecancelt wurden. Trotzdem sind echte Konzerte natürlich sehr viel schöner.
Wie ist es für Dich, immer wieder nach München zurück zu kehren?
Ich finde es spannend, da man meint, die Stadt in und auswendig zu kennen. Aber wenn man mal weg war, gibt es natürlich auch viel, was sich zwischenzeitlich verändert hat und was man dann wieder neu entdecken kann.
Wie hat dich das Wechseln deiner Wohnorte geprägt?
Mir ist aufgefallen, dass man sich an vielen Orten irgendwie zu Hause fühlen kann. Das hängt natürlich stark von den Leuten ab, die man kennenlernt. Gerade wenn man in einer Stadt frisch startet, kommt es natürlich vor, dass einem das Bekannte fehlt, also die ehemalige Wohnung, Freunde, die Szene, in der man sich auskennt. Aber ich hatte da immer relativ viel Glück und schätze alle Erfahrungen.
Du bist an mehreren Orten in der Musikszene vernetzt. Wo fühlst Du dich, trotz der Ortswechsel, richtig zu Hause?
Schwierige Frage. Ich möchte da eigentlich gar keine richtige Trennung vornehmen, da die unterschiedlichen Musikszenen verschiedenster Städte auch immer im Austausch miteinander sind. Mein besonderer Bezug zu München lässt sich aber selbstverständlich nicht von der Hand weisen.
Wie unterscheidet sich für dich persönlich die junge Musikszene in Wien von der in München?
Grundsätzlich, denke ich, ähneln sich die beiden Musikszenen. Vielleicht würde ich in Bezug auf Österreich im Allgemeinen sagen, dass ich das Gefühl habe, dass Musik und Kunst dort generell einen höheren Stellenwert genießen. Und dass dementsprechend auch mehr in junge Musiker und die Kulturlandschaft investiert wird, wodurch mehr entstehen kann und darf, es gibt mehr Raum für Neues. Dieser fehlt in München leider oft.
Interview: Ornella Cosenza