Band der Woche: Skullwinx

Der Metal der Skullwinx ist inhaltlich
viel näher an Richard Wagner als etwa am Punk

– das beweisen die fünf jungen Männer vom Tegernsee mit tiefgründigen Vertonungen von griechischen Sagen.

Die Washington Post hat die E-Gitarre kürzlich für tot erklärt. Das verwundert nicht, immerhin wandelte sich die elektronisch verstärkte Gitarre vom einstigen Rebellionssymbol zum Lieblingsinstrument der Väter- und für manche sogar schon Großvätergeneration. Und mit solch einem Instrument werden heute keine musikalischen Revolutionen mehr angezettelt, damit wird in Nostalgie geschwelgt – uninteressant für die Jugend. Fast. Denn ein erheblicher Teil dieser Jugend hat ein gewisses Faible für Vergangenes.

Die Retromanie zeigt sich nicht nur darin, dass nur noch Bands, die auch schon vor 30 Jahren weltbekannt waren heute die ganz großen Stadien füllen. Sie zeigt sich auch darin, dass die neuen Bands oft gerne so klingen wie die alten. Gerade befinden wir uns in diesen stilistischen Remakes an der Grenze der Achtzigerjahre zu den Neunzigerjahren. Und hier kommt die E-Gitarre dann vielleicht wieder ins Spiel. Denn die vermeintliche Geschmacklosigkeit der Haarspray-Heavy-Metal-Bands, sowie deren unverbesserlicher Pathos könnte für die Pop-Generation in ihrer Schwergewichtigkeit interessant werden.

Zu wünschen wäre das der Tegernseer Band Skullwinx allerdings überhaupt nicht. Denn die würden dann ziemlich schnell von ihrer authentischen Nischen-Szene in die Mainstream-Aufmerksamkeit der Hipster purzeln, was ihnen ein Problem mit der Realness und der Glaubwürdigkeit einbringen würde – und was außerdem die schöne alternative Szene, in der sie sich befinden, erheblich stören würde. Denn Skullwinx sind so etwas wie die Reinheitsgebietenden des Achtzigerjahre-Heavy-Metal. Dazu gehören nicht nur Lederjacken und Haarpracht, sowie recht virtuose Fingerfertigkeiten an der Gitarre. Dazu gehört auch Überzeugung: „Die Szene nennt sich NWOTHM“, erklärt Leadgitarrist Lennart Hammerer, der sich durchaus passend Lenny nennt. Das Kürzel steht für „New Wave Of Traditional Heavy Metal“ und repräsentiert eine junge Generation, die den Stil ihrer Helden spielt, also den von Judas Priest, Blind Guardian oder Iron Maiden. Und Skullwinx sind Hardliner. Nach den Achtzigerjahren „wurde alles verfälscht“, sagt Lenny etwa: „Rap oder das brutale Geballer“ des späteren Metals habe für ihn nichts mit Metal zu tun.

Der Metal der Skullwinx ist inhaltlich jedoch sowieso viel näher an Richard Wagner als etwa am Punk. Skullwinx nehmen das alles überaus ernst, sie schreiben ausschließlich Konzeptalben, die man guten Gewissens als kleine Musikdramen bezeichnen kann, auf denen ganz in Wagnerischer Manier jeweils irgendeine Art von Sage vertont und mystifiziert wird. Auf ihrem ersten Album waren das die Missionen von Herkules, 2016 erschien das jüngste Werk „The Relic“. Darauf trifft Siegfried auf Attila den Hunnenkönig oder Karl den Großen, alles im Gewand von rasenden, aber melodiösen Gitarren-Soli und in punktierter Rhythmik trabenden Akkord-Phrasen. Das Ganze endet im apotheotischen Zehn-Minuten-Song „The Relic Of An Angel“. Hier wird dann final die Theodizee-Frage verhandelt, also nichts Geringeres als das theologische Problem, warum ein gerechter Gott ungerechte Dinge geschehen lässt. Ganz schön dick ist das alles, doch die Schwere, mit der diese Geschichte erzählt wird, könnte auch ein Bedürfnis der Pop-Generation nach Bedeutung füllen. So wie die Promi- und Polit-Elite Jahr für Jahr nach Bayreuth pilgert, um dort Wagners Versionen der Heldensagen erzählt zu bekommen. Warum sollte so eine Tradition voll wohligem Pathos der Pop-Generation verwehrt bleiben? Vielleicht gar nicht. Die Skullwinx haben jedenfalls zuletzt ein Festival für ihren traditionellen Heavy Metal in München gegründet.

Stil: Traditional Heavy Metal
Besetzung: Kilian Osenstätter (Schlagzeug), Lennart Hammerer (Lead-Gitarre), Severin Steger (Rhythmus-Gitarren), Johannes Haller (Gesang), Konstantin Kárpáty (Bass)
Aus: Tegernsee
Seit: 2013
Internet: www.skullwinx.de

Text: Rita Argauer

Foto:
Celine Schmid