Band der Woche: Meandering Mine

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Es gibt ihn noch, den Postrock. Die Münchner Band Meandering Mine

klingt mit

rhythmischer Präzision und glitzerndem Beat schon weiter als so manche ihrer Vorbilder.

Seit der Alternative-Rock zu Beginn des Millenniums verschwunden ist, sind auch einige Musikstile mit ihm gegangen. Die letzten dieser härteren Gitarrenbands konnten sich noch bis Mitte/Ende des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts halten, dann hatte der sanftere und breiter verträgliche Indie-Rock alles überschwemmt. Die Szene für härtere Musik fiel in genrespezifische Subgruppen zusammen. Und heute erscheint derartige Musik vergangener als sämtliche Retro-Gitarren. Allen voran die schwer zu fassenden Tool. Ausgestattet mit einem lakonisch-spöttischen Witz, den die Band um Sänger Maynard James Keenan paradoxerweise mit einer ins Mystische langenden Ernsthaftigkeit paarte, legten die Kalifornier Musik vor, die rhythmisch komplexer war als jeder Jazz-Song und im harmonischen Anspruch an manch ein Werk der Neuen Musik heranreichte. Dass sich so etwas mal auf doch sehr anständigem Niveau verkauft hat, ist heute unvorstellbar.

Dass die Münchner Band Meandering Mine mit „Neanderthal Nein“ jedoch nun ein aktuelles Album vorgelegt hat, das Tool in Sachen Komplexität um genauso wenig nachsteht wie in Bezug auf den kleinen Funken pubertärem Jungs-Humor, überrascht umso mehr. Es gibt in München noch eine Szene, die Postrock spielt. Auch die hat sich verkleinert, doch ein paar Bands, wie zuletzt Instrument oder Waves, widmen sich noch den verträumten Harmonien, unendlichen Steigerungen, den orgiastischen Gitarren-Ausbrüchen, die ihnen Gruppen wie Mogwai vorgemacht hatten. Meandering Mine sind anders. Sie sind härter, die Musik ist pointierter. Das Quintett holt sich seine rhythmische Präzision aus dem Metal, weicht aber die Songstrukturen dieses Genres auf und langt hier in Richtung Avantgarde. So ist dieses Album ein ziemlicher Brocken, der sich im Titel so scherzhaft reimend, angereichert mit Nonsense-Humor, auf den Bandnamen bezieht. 

Im Jahr 2010 fanden Meandering Mine zu einer Zeit als Band zusammen, als es in diesem Genre kaum noch Bands gab. Natürlich seien sie von Gruppen wie Tool oder A Perfect Circle geprägt, erklären sie. Doch die fünf Musiker klingen mit Gitarren, Bass, Keyboard und Schlagzeug dann doch ein wenig weiter als die Vorbilder. In einer ähnlichen Manier wie bei den transzendenten Hipster-Death-Metallern von Liturgy, bei denen Gitarren-Rasen mit Glöckchenklang zu einer erstaunlich licht klingenden Soundwand verschmilzt, konfrontieren auch Meandering Mine ihre eigentlich recht Genre-gebundene Musik mit unerwarteten Rückschlüssen. Etwa im beinahe 12-minütigen Übersong „Leer“. Die Steigerungen münden hier nicht in den postrockig-vorhersehbaren Gitarrenbrettern, sondern in elektronischer, perkussiver Reduktion. Der Beat glitzert, dazwischen piepst und knarzt es ein bisschen und die Musik erinnert plötzlich an klassische Minimal-Komponisten wie Steve Reich. Doch Meandering Mine sind nicht übermusikalisch-intellektuell. Zwar kommen sie alle aus musikalischen Familien, hatten etwa Komponisten in der Großeltern-Generation und belegten Musikleistungskurse. Doch in ihrer eigenen Musik feiern sie auch gerne mal die bloße Energie einer Krachwand. Etwa jene, die sich aus dem Opener „Deus ex machina“, der energetisch „Stinkfist“, dem Opener von Tools „Ænima“ gleicht, entwickelt und die sie einige Minuten lang stehen lassen und feierlich „La Burst“ nennen.  

Stil: Progressive/Metal
Besetzung: Stefan Gonglach (Keyboards), Fabian Samhammer (Schlagzeug, Gesang), Roman Suschko (Bass, Gesang), Wolfgang Wiemer (Gitarre, Gesang), Eric Felber
Aus: München
Seit: 2010
Internet: www.meanderingmine.bandcamp.com


Text: Rita Argauer

Foto: Sebastian Baumann