Aron Foltin und Dom Abé spielen eine Mischung aus Pop und Punk und das mit deutschen Texten. Immer mit dabei der Synthesizer und der Drum-Computer.
Das mit dem Ernst und der Wahrhaftigkeit ist in der Popmusik zu einem ziemlichen Problem geworden. So richtig ernst nimmt man schon aus Image-Gründen nichts mehr. Hinzu kommt, dass Musik, die sich aktuell so stark an Vergangenes anlehnt, sich per se nicht so ganz ernst nehmen kann – schlicht, weil die Musiker ihre Gegenwart nicht ernst nehmen. Und so gibt es derzeit die Bands, die sich trotz Retro-Chic wichtig nehmen, was im besseren Fall zu einer Zeitreisen-Ästhetik führt, wie es die Hard-Rock-Band Kadavar hinbekommt. Im schlechteren Fall jedoch stellt zu viel Ernst im Retro den Abklatsch-Charakter der Musik bloß und übertüncht sämtliche anderen Inhalte. Und dann gibt es aber auch noch die Musiker, die das mit dem Ernst und dem Wichtignehmen völlig aufgegeben haben und seelenlosen Indie-Charts-Pop spielen, dessen tieferer Sinn verborgen bleibt.
Interessanter ist da der Weg, den die Münchner Band Lyndenstrasse (Foto: privat) geht. Das Duo kennt sich zwar in Sachen Post-Ironie auch blendend aus, dennoch erschafft dessen Musik ein Moment, das mehr will. Das liegt an einem geschickten Geflecht aus Ironie, Humor, Wahrhaftigkeit und Anliegen, das zusammengebastelt wird. Dessen Seele ist zwar auch nicht immer greifbar, changiert aber trotzdem schillernd über der Musik. Gerade aus Österreich kamen da – eingefärbt in diversen Genres – Bands in den vergangenen Jahren, die dieses Spiel ziemlich gut beherrschten: Kreisky etwa, oder Ja, Panik. Und zuletzt Bilderbuch, größenwahnsinniger als ihre Vorgänger, aber auch verletzlicher. Die zwei Musiker von Lyndenstrasse lehnen sich in diese Richtung. „Du hast mich schon lange nicht so gesehen, wie ich es bin, und ich hab’ dich seit Langem nicht so gefühlt, wie du mich fühlst“, singt Aron Foltin da etwa zu Beginn des Songs „Du hast“. Irgendwo zwischen DAF und Falco pendelt sich das auf eine zwingende Wahrhaftigkeit ein; über den schnellenden Synthesizern und dumpfen Drum-Computer-Beats. Die Musik ist eine Verheißung, die sich musikalisch in der monotonen Komposition nicht einlöst, aber textlich plötzlich von einer anderen Welt zu erzählen vermag. Und dazu passt auch Arons lakonische Aussage zu seinen Inhalten: „Am Anfang will man natürlich keine Liebeslieder machen, macht man dann natürlich doch, ist ja auch der Standard“, sagt er. Politisch oder besonders geistreich zu sein, klänge auf Deutsch immer etwas gewollt, und schlauere Ansichten habe man in der Regel auch nicht als seine Hörer. Doch: „Auf jeden Fall sind die Inhalte immer mehr oder wenig erlebt, gerne auch mit etwas Humor betrachtet, wir lachen eigentlich sehr viel, auch wenn es furchtbar ernst klingt.“
Und damit verdreht Aron das mit der Ernsthaftigkeit auch noch einmal sprachlich. Doch die Musik, die weiß, was sie kann und was sie will: Aron und sein Kompagnon, der Jazz-Gitarrist Dom Abé, der für diese Band auf den Bass umgestiegen ist, haben vor drei Jahren begonnen, zusammen Musik zu machen. Damals noch zu viert als voll besetzte Band. Nachdem der Schlagzeuger nach Berlin zog, suchten sie nach Ersatz. Nachdem sie sich aber letztlich für die reduzierte Form aus Bass, Gitarre, Synthesizer und Drum-Computer entschieden hatten, sei die Richtung der Musik plötzlich viel klarer gewesen und der Songwriting-Prozess verlief schneller. Ihre verdrehte Seite der Pop-, respektive Daily-Soap-Idylle entstand. Eine Albumproduktion ist ihnen gerade weniger wichtig. Denn da stehen sie auch wieder auf der wahrhaftigen Seite: Sie wollen erst einmal möglichst viel live spielen.
Stil: Synth-Pop / Post-Punk-Pop
Besetzung: Aron Foltin (Gesang, Gitarre, Beats und Synthies), Dom Abé (Bass, Beats und Synthies)
Aus: München
Seit: 2013
Internet: www.lyndenstrasse.de
Von: Rita Argauer
Foto: privat