Ist die Art, wie man seine Wohnung einrichtet genetisch bedingt? Ali und ihr Freund spalten mit ihrem neuen Perserteppich auf jeden Fall die Geschlechter…
Ich glaube ja: Die Art, wie man die Wohnung einrichtet, ist nicht genetisch bedingt. Ich weiß, Autoren von Büchern über schlecht einparkende Frauen und nicht zuhörende Männer würden mir da bestimmt widersprechen. Die Argumentation geht dann in etwa so: Schon damals, als Männer auf die Jagd gingen und Frauen in der Höhle auf ihre Rückkehr warteten, dekorierten sie das Heim mit Trockenblumensträußen und ärgerten sich über herumliegende Mammutpelz-Socken. Deswegen habe ich mir zwei Millionen Jahre später auch ein Sofa mit Blümchenmuster statt eines mit Mammutpelz-Überzug gekauft. Ganz logisch.
Über solche Argumentationen haben wir uns immer lustig gemacht. Ali und ich waren in der Oberstufe das Emanzen-Dreamteam. Mittlerweile hat die Genetik Ali eingeholt. In dem Wohnzimmer ihrer Pärchenwohnung liegt ein evolutionsbiologisches Fundstück: ein Perserteppich. An sich ist an ihm nichts Besonderes. Er ist in erster Linie groß. Und, na ja: gemustert. Viel mehr Adjektive möchte ich ihm gar nicht zuordnen – aus Angst meinen Gastgebern zu nahezutreten. Genau das ist jedoch bereits Teil seiner Spezialkraft: Alis Riesenperserteppich spaltet die Geschlechter. Das begann bereits mit Ali und ihrem Freund. Sie hat sich inzwischen mit dem Objekt auf dem Höhlenboden arrangiert – warme Füße sind ja, rein evolutionsbiologisch betrachtet, auch was Feines.
Nun erlebt Ali jedoch bei Besuchern immer wieder dasselbe Spiel. Frauen schweigen zunächst und merken irgendwann vorsichtig an: mhh, ja, ein Perserteppich also. Männer hingegen brechen in Begeisterungsstürme aus: der Perserteppich, hey, macht den Raum gleich viel gemütlicher. Das Emanzen-Dreamteam steht vor – oder vielmehr auf – einem Rätsel. Denn dass die männliche Vorliebe für Perserteppiche bereits im Kindergartenalter anerzogen werde, ist genauso albern wie die Erklärung, sie sei ein genetisches Erbe unserer Höhlenmenschenzeit. Bleibt wohl nur eine Erklärung: Verschwörung des Patriarchats. Zu welchem Zweck? Da nehmen wir gern Vorschläge entgegen. Susanne Krause
Jugend: Das bedeutet Nestflucht. Raus aus der elterlichen Einbauküche, rein ins Leben. Nur dauert es dann nicht lange, bis man sich einen Pürierstab zum Geburtstag wünscht – oder Sehnsucht nach Mamas Gulasch hat. Eine Kolumne über das Zuhause, was auch immer das sein mag. „Bei Krause zu Hause“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Beziehungsweise“.
Geboren in der östlichsten Stadt Deutschlands, aufgewachsen in der oberbayrischen Provinz: Susanne Krause musste sich schon früh damit auseinandersetzen, wo eigentlich ihre Heimat ist – etwa wenn die bayrischen Kinder wissen wollten, was sie für eine Sprache spreche und wo „dieses Hochdeutschland“ sei.