München und mehr

Ein erster Ausblick auf das „Sound Of Munich Now“-Festival im Herbst – diesmal mit drei weiteren Städte-Bühnen.

München – Sicherlich, München ist nicht Berlin, aber das Festival „Sound of Munich Now“ ist ein Beweis dafür, dass München den Vergleich mit der Bundeshauptstadt auch gar nicht nötig hat, denn die Stadt im Süden hat einen völlig eigenen Klang und einiges zu bieten, was Musik und Innovation, Erfolg und Kreativität anbelangt. 153 unterschiedliche Münchner Bands haben bei diesem Festival bereits gespielt – und dieses Jahr bei der neunten Auflage kommen 21 weitere dazu. 174 Münchner Bands, alleine diese Zahl ist schon beachtlich – das Festival bringt in diesem Jahr aber noch weitere Überraschungen. Hier ein erster Ausblick auf das Festival, das seit neun Jahren das Feierwerk und die Süddeutsche Zeitung veranstalten.

Zwei Abende lang wird wieder der Frage nachgegangen, wie München klingt. Jetzt. Im Jahr 2017. Die Prämisse für diese Frage ist dabei zum neunten Mal die gleiche, und zwar in Form der Regel, dass keine der auftretenden Bands zuvor schon einmal auf diesem Festival gespielt haben darf. Der Kunst oder der Musik Regeln setzen zu wollen, könnte als paradox bezeichnet werden, allerdings kann diese Voraussetzung zum einen als gewisser Stolz interpretiert werden, auf das, was musikalisch so passiert in der bayerischen Hauptstadt. Zum anderen steht sie jedoch auch für eine Messlatte und den Anspruch der Veranstalter. Denn die Folge ist ja logischerweise, dass im Vorfeld des Festivals jedes Jahr aufs Neue um die 20 Münchner Bands gefunden werden müssen, die vielversprechend, divers und gut genug sind, um die Hansa 39 zu füllen und dann auch die Zuhörer für jeweils 15 Minuten unterhalten zu können.

In den vergangenen Jahren standen mittlerweile etablierte und erfolgreiche Künstler wie Occupanther, Me & Marie, Jesper Munk und Die Sauna auf dem „Sound of Munich Now“ noch ganz am Anfang ihrer musikalischen Karriere. Auch 2017 verspricht spannend zu werden, für alle mit Interesse an der jungen Münchner Bandszene. Aber auch für den, der einfach nur ein Wochenende lang frische Musik hören will, ist das Feierwerk am 10. und 11. November sicherlich die richtige Adresse, denn der Klang von München ist nach wie vor einiges: bunt, abenteuerlich, innovativ, laut, leise, gefühlvoll, ironisch, deutsch, englisch und vieles mehr.

Vielversprechend und erfolgreich, und damit vielleicht so etwas wie ein zugegebenermaßen sehr poppiges Aushängeschild ist dieses Jahr Marie Bothmer. Die 21-jährige Singer-Songwriterin steuerte den Song „Es braucht Zeit“ zum Soundtrack von Cros Film „Unsere Zeit ist jetzt“ bei, der auf Spotify mittlerweile beinahe eine Millionen Mal gehört wurde. Interessant ist, dass Marie Bothmer nur die Spitze des diesjährigen Trends zu sein scheint, vermehrt in deutscher Sprache zu singen. Sowohl der noch jüngere Paul Kowol, 20, als auch Körner und Liann tun das. In gewisser AnnenMayKantereit-Tradition handeln die Lieder dieser jungen Menschen von Liebe, Enttäuschung, Herausforderungen und vor allem den kleinen Dingen, die vielleicht banal erscheinen, den Alltag zugleich aber irgendwie bemerkenswert machen. „Wenn du willst, dann ist es heute noch fast gestern und bis morgen muss noch ganz viel Zeit vergehen“, singt etwa Liann. Das ist große Songwriter-Kunst, ohne auf die Tränendrüse zu drücken.

Auf Englisch – logischerweise, weil das seine Muttersprache ist – aber ebenso authentisch und ehrlich tritt Jordan Prince auf, während Lux & Tom Doolie & Cap Kendricks oder auch Grasime völlig andere Töne anschlagen und damit zeigen, dass München auch Platz hat für innovativen Hip-Hop, der auf Plattitüden verzichtet und stattdessen auf nachdenkliche, durchaus kritische Texte, hypnotische Samples, Basslinien und Drumloops setzt. Wieder sehr anders, sehr punkig und laut wird es mit Lester, rockig, bluesig hingegen mit Ni Sala und treibend poppig mit Matija und fast schon sphärisch mit Tiger Tiger und Blue Haze – an sich verspricht jede der 21 Bands, der Höhepunkt des Abends zu sein.

Auch in diesem Jahr bekommt der „Sound of Munich Now Electronica“ eine Bühne. DJ und Blogger Moritz Butschek hat folgende Electro-Künstler für das Festival ausgewählt: Am Freitagabend spielen COEO, Lena Bart, Muun, Sam Goku, Natanael Megersa und An Wii. Moritz Butschek selbst wird am Samstag bei der Aftershow-Party auflegen.

In München ist man allerdings auch bereit, über den eigenen Tellerrand und die eigenen Stadtgrenzen hinauszublicken. Nachdem es im vergangenen Jahr zum ersten Mal einen „Sound of Regensburg Now” sowie einen „Sound of Augsburg Now” gab, werden 2017 die Städte Erlangen (zum Beispiel mit Angiz mit schnellen, mitreißenden Melodien und ironischen Texten) und Traunstein (etwa mit dem verträumt langsamen, elektronischen Indie-Sound von Allaendnorth) vertreten sein.

Völlig neu ist der Ablauf des ersten Abends: auf dem Festival werden erstmals internationale Bands beim „Sound Of Hongkong Now“ vertreten sein.
Sowohl TFVSJS als auch Adrian Lo kommen aus China angereist. Bei TFVSJS handelt es sich um eine fünfköpfige, instrumentelle Postrockband, deren Mitglieder nicht nur Meister ihrer Instrumente, sondern faszinierender Beats, Melodien und Rhythmen sind. Der Musiker und Filmemacher Adrian Lo komponiert eher melancholische, aber musikalisch vielschichtige Stücke, die zum Träumen und Nachdenken anregen. 

Text: Theresa Parstorfer

Collage: Dennis Schmidt