Neuland: Sportiply

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Björn Jansen, 26, hat seine Idee verwirklicht und einen Onlineshop für Fitnessartikel von A bis Z gestartet.

Studenten, die knapp bei Kasse sind, freuen sich über jeden gesparten Euro. Nicht nur beim Lebensmitteleinkauf oder den Reiseplanungen, sondern auch im Bereich Sport und Training sollten sie deshalb die Möglichkeit haben, Preise und Produkte zu vergleichen. Das dachte sich auch Björn Jansen, 26, und gründete eine Suchmaschine für den Sport- und Fitnesssektor. Seine Motivation: Natürlich geht es ihm wie anderen Studenten darum, Geld sparen zu können. Er wollte aber auch seine Idee verwirklichen.

„Auf Sportiply bieten wir unserem User alles an, was er für sein Training braucht. Angefangen mit Schuhen bis hin zu Hanteln und Supplements, ist alles in unserem Produktportfolio enthalten“, sagt der junge Münchner und ergänzt: „Ich kannte solche Suchmaschinen für Preisvergleiche von Mode- oder Hotelseiten. Allerdings hat es bisher noch keinen Anbieter gegeben, der seinen Schwerpunkt auf Fitness und Training legt.“ Neben den zahlreichen Angeboten kann man auf „Sportiply“ auch vielerlei Tipps und Tricks zu Ernährung und Sport finden. Diese teilt Nathalie Jansen, die 22-jährige Schwester des Gründers, in ihren Beiträgen zum Sportiply-Magazin. Nathalie ist gelernte Physiotherapeutin und Fitnesstrainerin.

Text: Anastasia Trenkler

Foto: Uber Images/Fotolia

 

Der mit dem Ball tanzt

Er kickt in U-Bahnhöfen, weil ihm der Trainingsraum fehlt: Freestyle-Fußballer Sven Fielitz. Was die vorbeilaufenden Passanten oft nicht wissen – Sven ist einer der besten Freestyle-Fußballer der Welt. Im Netz zeigt er regelmäßig Videos seines Könnens.

Im Zwischengeschoss der U-Bahn-Station Bonner Platz, kurz nach Feierabend. Die Menschen strömen von der Rolltreppe über die weißen Fliesen Richtung Ausgang. Musik schallt aus einem Lautsprecher am Boden und bringt etwas Leben in die Passage zur Karl-Theodor-Straße. Immer wieder bleiben Passanten stehen und blicken in Richtung der Funk-Töne. Im Rhythmus der Musik trainiert der Fußball-Freestyler Sven Fielitz seine neuesten Tricks und Kombinationen. Mal liegt der Ball im Nacken des Sportlers, mal eingeklemmt zwischen seinen Knien – ohne, dass der Ball auf den Boden fällt. Als die Choreografie nach einer halben Minute zu Ende ist, gibt es Komplimente und Applaus von den Zuschauern. Kurze Pause, ein Schluck Wasser – dann wirft Sven den Ball in die Luft und fängt von Neuem an. 

Freestyle ist ein Sport, der Fußball, Tanz und Choreografie kombiniert. Auch weil jeder – mehr oder weniger gut – einen Ball kicken und auch tanzen kann, ist die Kombination für viele Beobachter so faszinierend. Was die Passanten nicht wissen: Sven ist einer der besten Freestyler der Welt, der zu internationalen Wettkämpfen eingeladen wird. Für diesen Status hat der 23-Jährige lange und hart gearbeitet. Wie viele Jungs spielte der gebürtige Luxemburger seit Kindertagen Fußball im Verein – bis er sich vor knapp zehn Jahren für den Freestyle entschieden hat. „Die hohen technischen Ansprüche und die Kreativität, die man in dem Sport ausleben kann, haben mich einfach mehr gereizt“, sagt er. Tägliches Training gehört wie bei jeder anderen Sportart dazu. Seine Motivation: immer besser, immer kreativer werden. „Wenn ich einzelne Tricks perfekt beherrschen will, trainiere ich am liebsten alleine“, sagt Sven. Aber: „In der Gruppe kann man Kombinationen üben und sich vor Publikum testen, das ist im Freestyle immer wichtig.“ Die Musik ist für den Filmstudenten im Bereich Postproduktion an der Macromedia-Hochschule ein wichtiger Einfluss beim Training. Seit einiger Zeit steht er auf Funk-Musik – der Rhythmus sei perfekt für Freestyle-Choreografien.

Vor allem im Winter sieht man Sven und seine Münchner Freestyle-Kollegen in den U-Bahn-Stationen der Stadt. Das war nicht immer so – am Anfang seiner Karriere hat er in Tiefgaragen oder im Keller trainiert. Nach seinem Umzug nach München musste er etwas Neues finden – bei den Immobilienpreisen der Stadt nicht so einfach. Für Individualsportler sind Sporthallen nahezu unbezahlbar, mindestens 20 Euro zahlt man für eine Stunde. Die Ballkünstler brauchen jedoch ein bestimmtes Pflaster, um optimal trainieren zu können – so ist Sven auf die U-Bahn-Station gekommen. „Es ist warm, trocken und hell. Im Winter ist das ein perfekter Platz zum Trainieren“, sagt er. Heute nutzen auch andere Sportler die U-Bahn. Dabei war die Suche nach der perfekten Station nicht so einfach. Sven hat in der Gegend um die Münchner Freiheit alle getestet – und am Bonner Platz seinen Stammplatz gefunden. „Der Boden darf nicht zu glatt, aber auch nicht zu rau sein – ebenso muss viel Platz und gutes Licht verfügbar sein“, sagt er. 

Gutes Licht ist nicht nur wichtig für den Sportler selbst, sondern vor allem für die Kamera, die ihn oft begleitet. Die Freestyler filmen sich beim Training und können so ihre Fähigkeiten und neuen Ideen im Internet als Video teilen. Sven weiß, dass soziale Netzwerke und Youtube dem Sport eine globale Bühne bieten. Die moderne Technik hilft dem Freestyle auch dabei, sich als Sport weiterzuentwickeln. „Dank Smartphones kann jeder seinen neuesten Trick sofort vorstellen – nur so kann sich die Szene weltweit verbessern“, sagt Sven. Für den Filmstudenten bietet dies auch die Möglichkeit, seine beiden Leidenschaften zu verbinden. Er nutzt seine Kenntnisse beim Bearbeiten von Videomaterial, um die Choreografien von sich und anderen in hochwertige Kurzfilme über den Sport zu verwandeln. Unter dem Namen „TekNeek“ hat Sven mit einem Belgier eine Filmgruppe gegründet, die als eines der wichtigsten Portale für Freestyle-Filme gilt.

Wenn Sven in einem U-Bahn-Zwischengeschoss trainiert, kommt das bei den meisten Passanten gut an. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) hingegen ist nicht unbedingt von den Ballkünstlern begeistert. „U-Bahnhöfe sind keine Sporthallen und dürfen schon aus Sicherheitsgründen nicht für die Ausübung von Sportarten benutzt werden“, sagt Matthias Korte, Pressereferent bei der MVG. Skateboards und Rollschuhe seien ebenso verboten – nur scheint nicht ganz klar zu sein, ob Freestyle auch in diese Kategorie fällt. Tanzende Menschen werden schließlich auch nicht des Bahnhofs verwiesen. Klarer ist die rechtliche Situation, was das Filmen angeht. Die MVG verlangt für gewerbliche Aufnahmen in den Betriebsanlagen eine schriftliche Genehmigung. „Spontane Schnappschüsse für private Zwecke liegen im Ermessen unseres Betriebspersonals, werden aber normalerweise nicht beanstandet“, heißt es bei der MVG. Sven wurde bereits mehrmals von U-Bahnwachen angesprochen – des Bahnhofes verwiesen wurde er jedoch noch nie. „Dass wir hier trainieren, findet das Personal meistens eher lustig“, sagt er. Man mache ihn aber durchaus darauf aufmerksam, dass er für das Filmen eine Genehmigung bräuchte.

Demnächst hat Sven seinen Bachelor-Abschluss in der Tasche. Dann möchte er eine Weltreise machen – und dabei einen Film über die Freestyle-Szene drehen. „Freestyle verbindet Menschen und Kulturen gleichermaßen – und genau das will ich in einem Film festhalten.“

Matthias Kirsch

Fotos: Lorraine Hellwig

Für die Inhalte der verlinkten Videos ist die Süddeutsche Zeitung nicht verantwortlich.

Im Gleichgewicht

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Bei „Walk the Donau“ stellt Friedi Kühne einen neuen Weltrekord im Slacklining auf. Nach Straubing ist er eigentlich nur zum assistieren mitgefahren. Neben den Studium arbeitet der 24-Jährige als Stuntdouble, gibt Workshops und tritt bei Shows wie „Wetten dass“ auf.

München – Ein wackliges Gummiband spannt sich von einem Ufer zum anderen. Die Slackline ist 121 Meter lang, darunter rauscht der Fluss. Bei dem Spektakel „Walk the Donau“ in Straubing kann Friedi Kühne, 24, die Strecke ohne Sturz überqueren und stellt so einen neuen Slackline-Weltrekord auf: längste Strecke über bewegtem Wasser.

Doch geplant war das alles anders: Der Profi-Sportler Lukas Irmler möchte bei „Walk the Donau“, initiiert vom Verein Erlebnisraum Donau, einen neuen Weltrekord aufstellen. Für den Slackliner wäre das nicht der erste Weltrekord, schon mehrere Guinness-Buch-Einträge konnte er aufstellen, wie den „Highline-Höhenrekord auf über 5000 Meter“. Doch das ist dem 26-Jährigen nicht genug. 121 Meter über einen Fluss, das hat noch nie jemand geschafft. Sein Freund Friedi, selbst begeisterter Anhänger des Sports, bei dem es gilt, über ein wackliges Gummiband zu balancieren, hilft Lukas beim Aufbau für das Spektakel in Straubing. „Dass ich es nach Lukas auch probiere, war von Anfang an klar“, sagt Friedi.

Viertausend Besucher und das Fernsehen sind gekommen, um den Weltrekord live mitzuerleben, doch auf der Hälfte der Strecke stürzt Lukas, er kann sich noch halten und überquert die Slackline, doch für den Rekord reicht es nicht. Nach dem missglückten Versuch besteigt Friedi das Seil und kann es beim ersten Versuch überqueren, ohne zu stürzen. Der Weltrekord steht.

Angefangen hat die „Sucht“, wie Friedi seine Leidenschaft für Slacklinen bezeichnet, bei einem Kletterurlaub in Italien. Freunde haben die Slackline zwischen Felsen gespannt, aber die ersten Versuche waren deprimierend. „Ich fand es am Anfang blöd. Ich hatte keine Chance, über die Slackline zu kommen“, sagt Friedi. Doch die Abneigung entwickelt sich rasch zu einem Trotz, der ihn antreibt, das wacklige Band überqueren zu können. Der Ehrgeiz packt den 24-Jährigen. Er kauft sich seine eigene Slackline und übt sooft es geht. Sofort nach dem Schulunterricht spannt er das wacklige Band zwischen zwei Bäume. „Ich habe mich darüber gekämpft, bis ich es dann konnte“, sagt er. Dafür musste er eine Woche üben. „Erst konnte ich zehn Meter, dann dreißig, dann hundert, dann hundertfünfzig ohne Probleme balancieren.“

Drei Jahre intensive Beschäftigung folgen, auch ein Auftritt bei der ZDF-Show „Wetten, dass . . ?“ als Wettkandidat, bei der Friedi den zweiten Platz belegen konnte. Gerade studiert er im achten Semester Gymnasiallehramt, Mathematik und Englisch. Als Lehrer wird er sein künftiges Leben finanzieren, Jugendlichen Geometrie und Vokabeln beibringen, obwohl er lieber jede freie Minute auf dem wackligen Gummiband stehen würde. Damit verdient er sogar auch Geld. Er leitet einen Kurs beim Hochschulsport, gibt Workshops, tritt bei Shows auf und arbeitet gelegentlich als Stuntdouble für Filmproduktionen. Ein guter Nebenjob, doch zu wenig, um davon leben zu können. Das liege daran, dass Slacklining als Sportart noch nicht so vermarktet wird. Man könne damit nicht so viel verdienen, damit es zum Leben reicht, wie man es von Fußball und Leichtathletik kenne. „Gott sei Dank, so kennen sich die guten Slackliner untereinander, weil es noch überschaubar ist. Es ist alles viel ursprünglicher und echter, der Wettbewerbsgedanke ist noch nicht so entwickelt, wie es bei vielen anderen Sportarten der Fall ist“, sagt Friedi.

Foto: www.elephant-slacklines.com

Stefanie Witterauf