Jahr: 2014, Woche: 48
Mit der Dinomaske und seinen Beats tritt Nino el Dino aus dem Schatten der MCs heraus. Er sucht geschickt nach neuen musikalischen Formen für alte Produktionsweisen, seine Tracks entwickeln eine ganz eigene Spannung.
Beim Schulranzen entschieden Dinos einst über Coolness und den Stand in der Gemeinschaft. Mit dem Dino-Rucksack war man in den Neunzigerjahren in Schulklassen sehr viel besser gestellt als etwa mit einem schlichten blauen ohne Motiv. Doch nachdem die Jurassic-Park-Fortsetzungen immer trashiger wurden, ebbte die Dino-Welle ab. Umso erstaunlicher ist es, dass sich nun der junge Münchner Musiker Nino Becker den Künstlernamen Nino el Dino gibt (Foto: Niklas Niessner). Denn mit Trash hat die Musik des 26-Jährigen wenig zu tun.
Nino Becker produziert Beats. Und die sind so schlicht und elegant, dass er derzeit immer öfter in der Münchner Szene auftaucht – und aus dem Schatten der MCs heraustritt. Das ist ungewöhnlich im Hip-Hop; denn eigentlich stehen die Rapper im Rampenlicht, während die Produzenten zwar für den nötigen Punch in der Musik sorgen, aber sonst im Hintergrund bleiben. Doch Ninos Beats sind mehr als eine bloße geloopte Unterlage für die Wortkaskaden der Rapper. Nino mischt Jazz-Einflüsse mit harten, aber organischen Schlagzeug-Samples.
Seine Tracks funktionieren weniger als Plateau (wie viele Hip-Hop-Beats), sondern entwickeln eine eigene Spannung und musikalische Sprache. Das mag an Ninos durchmischtem Musikgeschmack liegen. Mit 13 Jahren begann er, Hip-Hop zu hören, doch relativ schnell folgte eine Phase, in der er sich mit klassischer Songwriter-Kunst auseinandersetzte: „Mit 17 habe ich dann einen musikalischen Break gehabt“, sagt er. Damals fing er an, Gitarre zu spielen, hörte Beatles, Jimi Hendrix oder Bob Dylan. „Ich höre nun eigentlich fast gar keinen Hip-Hop mehr“, erklärt er. Und dennoch wurden Beats, also die Grundlage von Hip-Hop, zu seiner musikalischen Ausdrucksform. Aber Ninos Beats haben den Flow, die Raffinesse und die Vielschichtigkeit von Pop-Songs.
Kein Wunder, dass er sich bei Münchner Musikern wie dem Duo Akere positioniert – immerhin suchen die auch gerade ganz geschickt nach neuen musikalischen Formen für alte Produktionsweisen. Drei Alben hat Nino bisher veröffentlicht – hinzu kommen DJ-Sets und verschiedene Zusammenarbeiten mit Rappern und Sängern. Und in hoher Frequenz plant der Musiker, der live mit einer Dinosaurier-Maske auftritt, weitere Veröffentlichungen: Unter anderem ein Feature-Album mit Münchner Rappern und ein Jazz-Beat-Album. Rita Argauer
Stil: Beat / Songs
Besetzung: Nino Becker (Produktion), diverse Gastmusiker
Aus: München
Seit: 2010
Internet: www.ninoeldino.bandcamp.com
Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.