Bandraumtour: So Not Seventy

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In unserer Reihe “Bandraumtour” geben wir mit Videos verschiedenster Künstler Einblicke in die Proberäume der Stadt. Im Bandraum von So Not Seventy gibt es zwei elementare Dinge, die so gar nichts mit Musik zu tun haben: Eine rosa Lampe namens “Jenny” und viele Packungen “Ramen Süppchen”.  Kein Wunder, dass ich die Band auch noch einen Pizzaofen wünscht.

Wie würdet ihr euren Proberaum in drei Wörtern beschreiben?

Ziemlich rauchig hier.

Was macht diesen Raum zu eurem persönlichen Bandraum?

Das Schild an der Eingangstuer.

Was war der schönste Moment in eurem Proberaum?

Als wir nach dem letzten Take fuer unser Debut „Every Goddamn Sunday“ zusammen ein Bier getrunken haben. (Das Album wurde komplett in unserem Bandraum recordet.)

Welche und wie viele Instrumente stehen bei euch?

Keine Ahnung…

Was ist der merkwürdigste Gegenstand in eurem Bandraum?

Der Mati hat mal einen Ventilator angeschleppt. Wir haben ihn noch nie eingeschaltet aber wahrscheinlich faengt er einfach an zu brennen.

Was gibt es zur Probe zu trinken?

Paulaner Spezi, Bierchen, Tantrum oder Kaffee.

Was macht ihr in eurem Bandraum, wenn ihr nicht probt?

Wir haben eine Dartscheibe. Ausserdem ist der Boden relativ gemuetlich wenn man Samstags nach dem Backstage hier pennt.

Teilt ihr euren Proberaum mit einer anderen Band? Wenn ja mit wem?

Nein, nur wir.

Könnte man in eurem Bandraum auch wohnen? Warum ja bzw. nein?

Klar, wir haben genug Ramen Sueppchen fuer ein ganzes Jahr.

Was seht ihr wenn ihr aus eurem Fenster schaut?

Keine Fenster. Schade.

Was ist toll an eurem Raum?

Wir haben eine Rosa Lampe, die Jenny. Die ist auch bei jedem Gig dabei.

Was stört euch?

Wir brauchen dringend einen Pizzaofen oder sowas.

Foto: So Not Seventy

Jenseits von Weichspüler – Plattenkritik: So Not Seventy “Please Rewind”

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Weichgespült sind die neuen Songs von So Not Seventy mit einiger Sicherheit nicht. Trotz harter Konkurrenz an diesem Samstag feiern die vier jungen Männer ihre neue EP “Please Rewind” mit Headbanging und harten Gitarrenriffs – und am Ende einem Regen aus Luftballons.

Die Konkurrenz ist hart an diesem Samstag. Das muss erst einmal gesagt werden. Sogar innerhalb des Backstage-Geländes. „Äh… Ne, ich will zum Emergenza“, heißt es immer wieder mit mehr oder minder verwirrtem Blick auf das Schild, das So Not Seventy plus Vorband City Kids Feel the Beat aus Ulm ankündigt.
“Zum Band-Contest die Tür auf der anderen Seite”, so die bald standardisierte Antwort. Draußen, im strömenden Regen beginnt die Südkurven-Meisterfeier nach dem FC-Bayern-Sieg in der ersten Bundesliga. Immer wieder müssen rotbeschalte-rotbejackte-rotbewangte Fußballfans aus dem Eingangsbereich gebeten werden.
Aber dennoch: wenn die Tür zum Club aufgeht, in dem So Not Seventy die Release-Party ihrer neuen EP „Please Rewind“ feiern, schwappen laute Musik und verschwitzte-geheadbangte Köpfe in den Vorraum.

Immer wieder beobachtet man ja eine interessante Weichspülung einstmalig „harter“ Rockmusik im Laufe der Veröffentlichungen bis hin zu Mainstream-Radio-Tauglichkeit. Erfrischend ist es da allemal, wenn eine Band von sich selbst behauptet, die neue EP sei „vom Sound her etwas härter als das vorherige Album 2014“. So ist es aber in der Tat bei „Please Rewind“ von So Not Seventy. Während auf der alten Platte „Every Goddam Sunday“ die Stimme des Sängers Tommy Eberhart noch klar und deutlich zu verstehen war, in beinahe ordentlichen Arrangements und immer mal wieder so etwas wie einer Ballade, sind die neuen Songs eine Weiterentwicklung Richtung noch lauterer, noch schrammigerer und hin und wieder von elektronischen Eingriffen überlagerter Gitarrenriffs. Gleichzeitig wird mit mehrstimmigem Gesang experimentiert, in dem hin und wieder Dinge wie „Take that Motherfucker“ ins Mikrophon gebrüllt werden – ganz in authentischer Hard-Rocker-Manier.

Aber was herauskommt ist spannende und vor allem ehrliche Rockmusik, von Musikern, die ganz bestimmt wissen, was sie da machen. Das merkt man spätestens bei einer mehr als hart-gespülten Version von “Love Yourself” von Justin Bieber. Dazu passen auch die Texte, die sprachlich von einiger Raffinesse und Originalität zeugen, und auch thematisch irgendwie zusammenpassen: Da geht es um „Not the brightest Kids in School“ und um „`Till someone gets fucked up“. Allerdings ist der Titel der EP „Please Rewind“ durchaus programmatisch zu verstehen: Einmal Hören reicht da nicht, weil es beim ersten Mal beinahe nicht möglich ist, alle Strukturen der Musik zu erfassen, die beim zweiten Mal Hören an den richtigen Stellen doch melodische Teile aufweist. Aber auch das ist ja positiv – als Abwechslung zu weichgespülter Rockmusik. Somit ist die EP-Release-Party von So Not Seventy mit Sicherheit eine mehr als annehmbare Alternative, sowohl zu Meisterfeiern als auch zu einem grandiosen Abend Fremdschämen beim weichgespülten Euro-Vision-Song-Contest. Und Luftballons-Konfetti-Regen gibt es auch bei ihnen.

Theresa Parstorfer

Foto: Philipp Herbster

So Not Seventy (Westcoast-Punk / Pop-Punk)

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Jahr: 2014, Woche: 36

Die Musik von So Not Seventy wirkt nicht, als wolle sie ein deutsches Indie-Publikum bedienen, das längst Mainstream geworden ist. Harte Gitarren und ein bretterndes Schlagzeug treffen auf melodiöse Gesänge, die wiederum mit einem kurz aufblitzenden Metal-Riff gewürzt werden. US-Westküstenpunk der Neunzigerjahre, eng an Sonnenschein, Skateboard-Kultur, Wohlstand und die gleichzeitige Rebellion gegen diese äußerlichen Voraussetzungen, die ein so einfaches Leben verheißen.

In Deutschland sind private Swimmingpools im eigenen Garten eher selten. Und Bier wird in Bayern in der Regel aus Flaschen und nicht aus roten Plastikbechern getrunken. Es wirkt also durchaus etwas fremd, wenn die Jungs von So Not Seventy (Foto: Florian Podszus) in Shorts vor so einem Pool posieren oder in einem Videoclip eine destruktive Hausparty steigen lassen: die rebellischen Rich Kids, die mit Punkrock gegen Elternhaus und Establishment donnern. Die Geschichte, die das junge Quartett auch in seinem ersten Videoclip zur Single „Another Five Days of California“ erzählt, ist ein klassischer High-School-Plot: die Angepassten gegen die Outsider und eine Sturmfrei-Party mit lauter Musik, Alkohol und eskalierenden Teenagern. Doch die Akribie, mit der die Münchner Band von dieser eigentlich fremden Welt erzählt, hat einen theatralen Charakter, der fasziniert und sich nicht nur in ihren Fotos und Videos zeigt.

Die Musik wirkt ebenfalls nicht, als wolle sie ein deutsches Indie-Publikum bedienen, das längst Mainstream geworden ist. Harte Gitarren und ein bretterndes Schlagzeug treffen auf melodiöse Gesänge, die wiederum mit einem kurz aufblitzenden Metal-Riff gewürzt werden. In guten Momenten hat das die Kraft zwischen Pop und Punk, die die Veröffentlichungen von Fat-Wreck-Records hatten. In weniger Guten trägt die Musik das prollige Erbe von The Offspring in sich. Doch im Ganzen ist das der US-Westküstenpunk der Neunzigerjahre, der so eng an Sonnenschein, Skateboard-Kultur, Wohlstand und die gleichzeitige Rebellion gegen diese äußerlichen Voraussetzungen, die ein so einfaches Leben verheißen, gekoppelt ist.

Doch die Band um Sänger Tommy Eberhart lebt nun mal nicht in Los Angeles, sondern in der bayerischen Landeshauptstadt – und da gibt es weder so viele Pools, noch so viele Sonnenstunden, ganz abgesehen von pazifischen Wellen zum Surfen. Doch genau dieser Bruch macht die Band, die gerade ihr erstes Album „Every Goddamn Sunday“ fertiggestellt hat, interessant. Nachdem die Achtzigerjahre nun in all ihren Facetten künstlerisch wiederbelebt wie abgegrast wurden, erscheint es logisch, dass nun das nächste Jahrzehnt an der Reihe ist. Und So Not Seventy inszenieren sich derart konsequent in der kalifornischen Skate- und Punkszene der Neunzigerjahre, dass den Hörern dieses Lebensgefühl ähnlich überzeugend verkauft wird wie in einem Kinofilm. Am Freitag, 5. September, präsentiert die Band ihr Album in der Kranhalle des Münchner Feierwerks (Hansastraße 39).
Rita Argauer
 
Stil: Westcoast-Punk / Pop-Punk
Besetzung: Tommy Eberhart (Gitarre, Gesang), Matej Bellus (Gitarre), Julius Fröhlich (Bass), Henning Busch (Schlagzeug)
Aus: München
Seit: 2011
Internet: www.facebook.com/sonotseventy

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.