München-Models: Helena Maria Fein

In München leben viele schöne Menschen. Unter ihnen gibt es auch einige Models. Ob hauptberuflich, als Nebenjob oder Hobby: Wir porträtieren jede Woche ein Münchner Model und erzählen von dem Menschen hinter dem hübschen Gesicht.

„Asthenic storm“, so nannte Helena Maria Fein ihre erste Kurzgeschichte, die von der Beziehung zwischen Mutter und Tochter handelt. Und so nennt sich das 19-jährige Model aus München auch seit Kurzem in den sozialen Netzwerken. „Asthenisch“ beschreibt einen gewissen Konstitutionstypen: schmächtig und von sprunghafter Natur. Für Helena ist Schreiben eine Art Meditation, um spezielle Gefühle zu verarbeiten – und auf Papier könne sie das am besten.
Festgehalten wurde Helena bereits auf zahlreichen Fotografien, darunter auch eine komplette Modestrecke für ein angesagtes, junges Modelabel. „Ich habe ein sehr spezielles Gesicht. Eher interessant als klassisch schön oder gar kommerziell. Mich machen meine Augen aus“, sagt Helena.

Sie ist 1,81 Meter groß und hat ausgefallene Tattoos am Arm, etwa das Kaninchen aus Alice im Wunderland. Der Modewelt, also anderen Models und allen, die sich in diesem Metier bewegen, rät Helena, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Das Modeln habe ihr zumindest viel Selbstbewusstsein gegeben und sie darin bestärkt, sie selbst zu sein und sich nicht zu verstellen. Zurzeit absolviert die junge Münchnerin ein kulturpädagogisches FSJ und arbeitet mit geflüchteten Kindern zusammen.

Später möchte Helena Journalismus studieren. „Ich war bereits mit 14 Jahren so groß wie heute. Die Leute erwarten, dass man dann entweder Model oder Basketballerin wird. Ich habe mich für das Modeln entschieden. Es wird aber eine Nebentätigkeit bleiben“, sagt Helena.

Text: Laura-Marie Schurer

Foto: Alessandra Schellnegger

Zufallsstudium: Schreiben

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Als sich unsere Autorin in die Vorlesung “Schreiben” setzt, freut sie sich bereits darauf, ihre journalisitischen Fähigkeiten ausbauen zu können. Jedoch erweist sich der Stundeninhalt als enttäuschend uninteressant.

Laute Musik dringt durch die weit geöffneten Fenster des
Hörsaals und verbreitet an diesem heißen Tag Sommerlaune. Ich lausche von
meinem Platz in der hintersten Reihe, die Worte der Dozentin rücken zunehmend
in den Hintergrund. Als meine Gedanken träge werden, schließt eine Kommilitonin
die Fenster mit einem Knall. Er erinnert mich daran, dass es bei dieser
Vorlesung nicht um Musik geht, sondern um eine andere Kunst: Die Veranstaltung
an der literaturwissenschaftlichen Fakultät heißt „Schreiben“. Ein Titel, der mich
zunächst ratlos zurücklässt. Ist damit Kreatives Schreiben gemeint?
Journalistisches Schreiben? Inzwischen weiß ich: Nichts davon. Denn die
Dozentin der Vorlesung „Schreiben“ erklärt, dass es das Schreiben so nicht
gibt. Die Erkenntnis trifft mich hart. Immerhin bin ich als Journalistin
gekommen, um über die Veranstaltung zu schreiben.

Aber von vorne. Es war meine Aufgabe, spontan einem
Studenten in seine Vorlesung folgen. 15 Minuten vor Vorlesungsbeginn positioniere
ich mich vor dem Audimax, ein wenig nervös, wohin der Zufall mich bringen wird.
Entwicklungspsychologie? Astrophysik? Das fände ich spannend. In meinen
Gedanken versunken, sehe ich einen jungen Mann an mir vorbeischlurfen. Dunkle
Locken, Ringelpullover, Kopfhörer in den Ohren: Alles ganz entspannt, strahlt
er aus. Der geht bestimmt nicht in ein Master-Seminar über höhere Mathematik,
in dem ich an die Tafel gebeten werden könnte. In gemächlichem Tempo folge ich
dem Lockenkopf, links, die Treppe hoch, wieder rechts. Dann verschwindet er in
einem Vorlesungssaal. Ich bleibe ein wenig unschlüssig vor der Tür stehen und
versuche, mit einem Blick auf den Belegungsplan das Mathe-Horrorszenario
auszuschließen. Vergeblich. Dann taucht in meinem Augenwinkel eine Studentin
auf. Sie trägt eine türkisene Tasche, ein türkisenes T-Shirt und türkisene
Schuhe. Diese Farbenpracht irritiert mich kurz. Doch ich ergreife meine Chance
und fragte die junge Frau: „Entschuldigung, was ist das denn für eine
Vorlesung?“. Sie antwortet ganz knapp: „Schreiben.“ Dann schlüpft sie ebenfalls
in den Raum.

Schreiben. Glückstreffer. Vielleicht kann ich da als
Journalistin noch was lernen. Ich folge meiner türkisenen Zufallskommilitonin
und setze mich in die letzte Reihe, direkt hinter den Lockenkopf. Sicher ist
sicher, lieber ein bisschen mehr Abstand von der Dozentin. Auch wenn die mit
ihren dunkeln kurzen Haaren, Brille und Blazer eigentlich ganz freundlich
aussieht. Schnell merke ich, dass ich hier nur zuhören muss. Ob ich dabei etwas
Nützliches fürs Schreiben lerne? Eher nicht. Die Professorin spricht nicht von
journalistischem oder kreativem Schreiben, sondern von der Ökonomie des
Schreibens. Fragen wie „Welche Grenzen sind dem Schreiben gesetzt?“ und „Was
bringt Schrift hervor?“ werden behandelt. Ich versuche, die Antworten zu
mitzubekommen. Aber unzählige Fachbegriffe fallen, die ich nicht verstehe:
Intertexualität, Paratexte, Supplement. Mein Kopf wird immer schwerer, brummt
dumpf. Anscheinend fühle ich nicht alleine so, denn mein Zufallskommilitone mit
dem Ringelpullover hat seinen Lockenkopf inzwischen auf der rechten Schulter
abgelegt. Ein Blick auf die Uhr. Noch eine Stunde. Mit aller Kraft versuche
ich, meine Konzentration wieder auf die Vorlesung zu richten. Und die Dozentin
erklärt: „Schreiben“ ohne Präfix gäbe es nicht. Stattdessen müsse man zum
Beispiel von „Umschreiben“, „Fortschreiben“ oder „Gegenschreiben“ sprechen. Ein
Text stehe immer in Beziehung zu anderen Texten. Zum Beispiel zu denen, die
vorher und nachher geschrieben werden.

Mein Gehirn versucht, das alles zu verarbeiten. Doch in der
Hitze werden meine Gedanken träge. Dann nehme ich die fröhliche Musik wahr. Sie
entspannt mich ein bisschen, ich beginne über den Text, den ich schreiben
werde, nachzudenken. Welche Texte mich beim Schreiben wohl prägen? Und werde ich
andere Schreiber beeinflussen? Liebe Zufallskommilitonen, ihr könntet das
untersuchen.


Text: Sophia Baumann

Foto: Lukas Haas

Je suis Dichter

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Elena Kaufmann, 23, organisiert einen Lyrik-Workshop in Paris: Sprachhindernisse stören nicht, es geht um den Klang

Es mutet wie ein schlechter Sketch an: Hocken fünf Deutsche,
die kein Französisch können, in Paris. Kommen ebenso viele Franzosen, die kein
Deutsch können, setzen sich dazu und reden mit denen – über Lyrik, die sie selbst
geschrieben haben. Nein, sie reden nicht nur, sie übersetzen die Gedichte auch
aus einer Sprache, die sie nicht verstehen, in eine Sprache, die die anderen
nicht verstehen. Und am Ende gibt es dann eine Lesung, bei der sich ein
Publikum anhört, wer was nicht verstanden hat.

Was zunächst etwas absurd klingt, ist Elena Kaufmanns Vision
eines literarischen Arbeitswochenendes: Die 23-Jährige organisiert derzeit
einen Lyrik-Workshop, der Mitte Februar in Paris stattfinden soll. Das Konzept:
Gedichte übersetzen in und aus einer Sprache, die die Teilnehmer kaum bis gar
nicht sprechen. Auf die Idee kommt die Komparatistikstudentin während eines
Auslandssemesters in Paris – die Studentin schreibt schon seit einigen Jahren
im Münchner Lyrikkollektiv Junge Lyrik in der Stadt (July) mit und will das
Schreiben während ihrer Zeit im Ausland nicht ruhen lassen, übersetzt einige
ihrer Texte ins Französische und merkt, wie schwierig das manchmal sein kann.

Unterstützung für den Workshop erhält sie von Mathieu
Gabard, den sie in Paris kennenlernt (Foto: Romuald Nicolas). Mathieu, 29, ist Gemüsehändler und „ein
Typ, der auch findet, dass das Obst dieser Welt zu wenig gestreichelt wurde“,
sagt Elena und grinst. Doch Mathieu mag nicht nur Gemüse, sondern auch das
Schreiben: Zusammen mit Freunden hat der Franzose eine Schreibwerkstatt
gegründet – die École Internationale Supérieure de Poésie Intercontemporaine (EISPI).
Der hochtrabende Name soll Persiflage sein auf jene Grandes Écoles, in denen
Frankreich in alter Tradition seine intellektuelle Elite heranzüchtet. Doch so
ernst, wie der Name klingt, geht es bei jungen Dichtern nicht zu: Der Zugang
der Franzosen zum Schreiben sei ein sehr spielerischer, erklärt Elena – da wird
zusammen an Gedichten geschrieben. Und regelmäßig veranstalten Mathieu und
seine Freunde ein „literarisches Catchen“. Da schreiben dann zwei Autoren live
vor Publikum zu einem Thema gegeneinander an. Die spinnen doch, die Franzosen,
könnte man meinen. Aber in der französischen Literatur hat es solche Experimente
bereits früher gegeben: Schreibtechniken wie die Écriture automatique, bei der
der innere Kritiker ausgeschaltet werden soll, etablierten sich von 1920 an in
der surrealistischen Literatur – und werden – zumindest bei EISPI – auch heute
noch gerne zur Texterzeugung genutzt.

Es ist genau diese Abwechslung, die sich Elena von ihrem
Lyrikworkshop erhofft: In München, erklärt sie, werde sehr viel allein
geschrieben, oft mit dem Druck dahinter, es müsse unbedingt gut werden. Eben
diesen Druck will Elena nun aus dem Schreiben nehmen. „Einfach mal an die
Grenzen der eigenen Sprache gehen und assoziativ mit diesen spielen“ ist ein
Ziel des Workshops, bei dem sich das junge München und das junge Paris begegnen
sollen.

Das spielerische Übersetzen, das Elena sich wünscht, soll
auf zwei Ebenen ablaufen. Einerseits möchte sie ein „assoziatives Übersetzen“
ausprobieren: „Oft schnappt man in einer völlig fremden Sprache zwei oder drei
Wörter auf, die man zu kennen glaubt und schon hat man dazu Ideen“, erklärt
Elena das Konzept.

Auch die Vortragsweise der Lyriker soll die Phantasie der
anderen beflügeln, denn die Hochgestochenheit oder das Understatement, mit der
in anderen Sprachen Gedichte vorgetragen werden, kann man lyrisch durchaus
parodieren. An einer direkten „klanglichen“ Übersetzung wolle man sich während
des Workshops ebenfalls versuchen – übertragen wird also nicht der Inhalt eines
Textes in eine andere Sprache, sondern lediglich dessen Klang, mitunter auch
die Form eines Gedichtes. Elena und Mathieu probieren das derzeit mit
türkischen Gedichten, bei denen wohl immer sehr unterschiedliche Texte
herauskommen. Angenehmer Nebeneffekt: „Man entdeckt in der eigenen Sprache
immer wieder Wörter und Konnotationen, die man vorher wenig genutzt hat“, sagt
die junge Lyrikerin.

Neben dieser Übersetzungsarbeit sollen die Teilnehmer auch
einen literarischen Blick auf die Stadt werfen, in der sie arbeiten: Paarweise
– ein Deutscher, ein Franzose – werden die Autoren losgeschickt an unterschiedliche
Pariser Orte, die sie zu einem Text inspirieren sollen. Dahinter die Frage: Wie
sieht ein Einheimischer die Plätze und Straßen, wie ein Tourist? Gerade in
Zeiten, in denen Paris Synonym für Terror und Je-suis-Charlie-Bekundungen ist,
kann eine solche Nabelschau spannend sein. Am Ende dieses Arbeitswochenendes
sollen dann jene Eindrücke der Stadt zusammen mit den Übersetzungsversuchen in
dem kleinen Pariser L’Ogresse-Theater gelesen werden.

Ob etwas Gutes dabei rauskommt, weiß Elena noch nicht, doch
wenn sie von ihrem Plan erzählt, strahlt sie. Sie lacht auch viel – schließlich
geht es ihr um den Spaß am Schreiben, nicht um das Ergebnis. Und falls es dann
doch schief geht, gibt es auf jeden Fall noch einen zweiten Versuch. Im Sommer
wollen die Franzosen zum Gegenbesuch nach München kommen und dort das Konzept
des Lyrikkollektivs July kennenlernen: Lesungen an ungewöhnlichen Orten.

Carolina Heberling