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Von Freitag bis Freitag München: Unterwegs mit Amelie

Der Münchner Sommer schmeckt für unsere Autorin nach Bier vom Kiosk, Wasser aus dem Schwabinger Bach, Popcorn unter freiem Himmel und Holzasche in der Luft. Weil sie ein Listenmensch ist, hat sie auch für diese Jahreszeit Stichpunkte im Kopf, die für ihren Münchner Sommer niemals fehlen dürfen. Und mit einigen dieser Orte, Verköstigungen und Veranstaltungen fängt ihre Woche an.

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Ein Abend mit: Ayna Steigerwald

Wenn Ayna

Steigerwald

nicht gerade auf einer Lesung im HochX Theater ist, dann ist sie sicherlich in einem anderen Münchner Theater zu finden. Mit der Kamera in der Hand, oder aber auf ein Helles in einer Theater-Bar.

Name: Ayna
Steigerwald

Alter: 30

Beruf: Freie-Szene-Allround
/ Literaturvermittlung / Lyrik / Dramaturgie /
Theatertext / Organisation von Veranstaltungen wie bspw. Lesungen

Internet:
liaisonlesungen.wordpress.com

 

Hier beginnt mein Abend:

Häufig im Theater. Zum Beispiel im
Rationaltheater oder im HochX. Bei Lesungen eben da oder im Einstein oder im
Lyrik Kabinett oder wo das Interesse hinzieht. Verstreut in der Stadt. Am
Fluss.

Danach geht’s ins/zu:

An die (Theater-)Bar. Oder Kneipe/
Kaschemme/ Club des Vertrauens, die Kiste und vergleichbares. Irgendetwas gar
nicht so aufgeregtes. Es gibt wirklich genug Auswahl zum entspannten
Zeitvertreib.

Mit dabei ist immer:

Ein Notizblock, ein Stift und ein Buch für
den Notfall.

An der Bar bestelle ich am liebsten:

Ganz solide: Helles. Manchmal Schnaps und
Wasser.

Mein Lieblingsgesprächsthema:

Der Begleitung angemessen, den Umständen
entsprechend. Gerne auch Fachfremdes.

Der Song darf auf keinen Fall fehlen:

Die Tanzbeinlockerung.

Mein Tanzstil in drei Worten:

Nicht mehr aufhören.

Der (Anmach-)Spruch zieht immer:

Ein Spruch ohne Anmache.

Meine dümmste Tat im Suff war:

Nachtbus verwechseln.

Das beste Katerfrühstück gibt’s im/bei:

In der Friesischen Teestube.

Diesem Club/dieser Bar trauere ich nach:

Den Nächten in der alten Schwasi, im früheren
Import Export, im Ex-X-Cess… ach ja.

Die nächste von Ayna organisierte Lesung im HochX Theater gibt’s übrigens schon am 2. Mai zu sehen.

 

Foto: Privat

Von Freitag bis Freitag München-mit Matthias

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November, Movember, Dezember – Ohne Schnee und ohne Schnauzer stürzt sich Matthias in die Weihnachtsmarkt-Massen und erkämpft sich seine erste Feuerzangenbowle dieses Jahr! Außerdem begibt er sich auf Geschenkejagd auf dem Designmarkt. Und obwohl selbst frisch rasiert, zelebriert er den Schnauzer für einen guten Zweck. Umgeht den Tatort, gönnt sich dafür gute Musik und kommt dabei zu neuen Erkenntnissen.

Freitag, der 27.

So, ich bin wieder da – zurück im sozialen Leben. Ich übertreibe, ich habe
eine Klausur geschrieben, gestern. Aber : Ich fühl mich wie neugeboren.
Auf zu großen Taten also, Vorweihnachtszeit genießen. Eigentlich find ich es
ganz schlimm, dass die Monate von verschiedenen Feiertagen geprägt werden. Im
Februar ist Karneval und alle laufen in depperten Kostümen rum. Im April kommt
der Osterhase und auf das Christkindl warten eh alle. Da war der November
bisher immer so ein schönes Polster zwischen kürbisorange und
weihnachtsmannrot. Bisher, weil : Jetzt gibt es ja Movember !
Natürlich, und Movember wird heuer auch in München groß vermarktet. Die Sache
ist ja für einen guten Zweck, da kann ich dann vielleicht drüber hinwegsehen.
Bei der Stylight Movember Parté im Stylight HQ in der Nymphenburger Straße geht
es heute Abend dann zu Ehren des Schnauzers haarig zu – alle Ticketeinnahmen
werden natürlich gespendet. Da ist es fast schade, dass ich nach anderthalb
Jahren erstmals wieder bartlos unterwegs bin – mein Schnauzer ist einfach zu
creepy.

Samstag, der 28.

Nach meiner Großzügigkeit von gestern will ich mir heute etwas gönnen –
musikalisch, bestenfalls. Nur hab ich mich – mal wieder – völlig verplant. Die
Tickets für das PULS Festival in München sind längst alle ausverkauft, und in
Erlangen – tja, da war das Ganze schon gestern. Jetzt kann ich wenigstens
testen, ob mein netzwerken in der Münchner Musikszene Früchte getragen hat –
kann mir einer noch Eintritt garantieren? Es meldet sich dann irgendwann
auch jemand. Aber nicht mit PULS, sondern Subkultur. Schwierig. Wie komm ich
nach Fürstenfeldbruck ? Da spielen heute unter anderem Marvpaul, die hab
ich beim Sound of Munich Now gesehen, und die machen gute Musik mit lustigen
Texten – ganz mein Ding. Ich werf die Münze.

Sonntag, der 29.

Ich kann an dieser Stelle nicht verraten, wo ich hingegangen bin.
Vielleicht bin ich zuhause geblieben? Nur soviel : „Wer sich ab und
zu etwas Faulheit vergibt, hat dann für die wirklich wichtigen Dinge umso mehr
Energie“. Behaupten zumindest Marvpaul auf Platte. Und gibt es was Wichtigeres
als einen Sonntagsbraten? Oder Sonntagsschnitzel? Mit Pommes? Nein! Für das
Riesenschnitzel im Café Mozart brauch ich auch die zusätzliche Energie, das
Ding ist tatsächlich riesig. Nach ergiebiger Siesta drängt der After-Klausur-Enthusiasmus
wieder nach. Am Sonntagabend verschwindet aber irgendwie ganz München von der
Erdoberfläche – wo sind denn heute alle? Ich geh auf Tauchgang, grab ganz tief
– und irgendwann bin ich Unter Deck. Ha, tja, der heilige Sonntag. Hier läuft
kein Tatort, kein schlechter Blockbuster mit tausend Werbungen – The Wave
Pictures
laden zu einem gemütlichen Abend ein. Ihr letztes Album heißt Great
Big Flamingo Burning Moon – sehr geil. Ich hatte immer die Theorie, dass
Musiker erst eine Band gründen, wenn sie einen Hammernamen haben. Neue Theorie
– je wahnsinniger der Albumtitel, desto besser die Musik. Innocent `til proven
guilty.

Montag, der 30.

Noch eine Theorie: Je alternativer der Weihnachtsmarkt, desto teurer der
Glühwein. Gefühlt 20 Euro kosten zwei Tassen Feuerzangenbowle am Tollwood
Wucher. Aber ist ja Bio! Oder so. Wie dem auch sei, ich komm trotzdem jeden
Winter nicht an der Theresienwiese vorbei – auch wenn mir immer wieder
schwindelig wird, wenn ich vom U-Bahn-Ausgang durch das Lichtermeer wandere. Meine
Planung war zumindest wieder schlecht, eine weitere Konstante. Montagabend
heißt, Weihnachtsmärkte voll. Und hier sind deutlich zu viele Leute –
wenigstens schneit es nicht. Schnee mag ich eigentlich, aber nicht in der
Stadt. In den Bergen, zum Schifahren oder rodeln, fein. Was ist der Mehrwert
von Schnee in der Stadt? Nasse Hörsäle an der Uni, die Anti-Rutsch-Kieselsteine
blockieren jede Rolltreppe in der Großregion und ich muss wieder Treppen
laufen! Komischerweise wärmt mich der Gedanke an Schnee von innen. Aber
vielleicht war es auch die dritte Feuerzangenbowle.

 Dienstag, der 1.

Es schneit immer noch nicht, ich kann also noch vor die Tür. Vor einigen
Wochen habe ich mich an dieser Stelle furchtbar über Lost Weekend aufgeregt –
wegen Kaffeepreisen und pseudo-intellektuellen Zeitgenossen. Seitdem ist mir
etwas aufgefallen – die veranstalten in dem Laden eine ganze Menge, ja,
Veranstaltungen. So auch heute – und ich zähle mich ganz klar zu den Pseudo-Intellektuellen
hinzu. Zwei Philosophen diskutieren über einen anderen Philosophen, klingt
spannend. Subjekt ist Alain Badiou. Ich könnte jetzt einen halben Paragraphen
darüber schreiben, wie sehr man Badiou dafür respektieren muss, dass er
Universalität und Illegalität als gleichursprüngliche Momente des Normativen in
seiner Theorie des Ereignisses vereint! Nur hab ich überhaupt keine Ahnung
davon, und den Satz einfach aus dem Facebook-Event kopiert. Ich Idiot mit
teurem Kaffee.

Mittwoch, der 2.

Mir schwirrt der Kopf noch ein wenig von gestern Abend. Die Sätze wurden
nämlich nicht nur so geschrieben – die reden auch wirklich so! Das totale
Gegenteil hierzu findet oft im Theater statt – viel mehr Wahnsinn als Genie.
Was meist ganz okay ist, und lustig auch. Darum geh ich heute mal wieder ins
Rationaltheater, da war ich lange nicht mehr. Danijel Szeredy und Alena Vaida
inszenieren die nächsten drei Tage (und im Januar noch drei Mal) ihr Stück „Das
Duell“, nach Anton Tscheschow. Es handelt um drei Schauspieler, die während den
Attentaten von Charlie Hebdo gerade für ein Stück proben, und jetzt, ein Jahr
später, von ihrer Abgegrenztheit erzählen. „Das Duell“ bekommt mit den
Attentaten von Paris vor zwei Wochen noch eine neue Dimension. „Auf welcher
Höhe wirst du deine Mauern errichten? Wo wirst du die neuen Grenzlinien
ziehen?“ – Ich bin gespannt.

Donnerstag, der 3.

Ich habe einige Jahre an der Uni gebraucht, um die „guten“ von den
„schlechten“ Seminaren zu trennen, bevor ich sie auswähle. Bei den hunderten
Veranstaltungen, die man sonst an der Uni besuchen kann, habe ich bis heute
keinen Plan. Es ist wie Lotterie. Das KW-Abseits hat mich bisher meist positiv
überrascht – einmal war Claus Von Wagner da, und die Polizei hat einen Hund
abgeführt. Ich glaube, das war nicht Teil der Show, aber egal. Die Fachschaft
der Kommunikationswissenschaftler lädt wieder ein. Das Thema – Islamophobie und
Medien
. Natürlich brandaktuell, und natürlich kann sich der interessierte
Student das nicht entgehen lassen. Uni ist soviel mehr als nur Pflichtseminare!
Ich fand die Medienberichterstattung zu und nach Paris jedenfalls nicht ideal –
vielleicht kann mir der Ehrengast, die Medienpädagogin Dr. phil. Sabine
Schiffer, erklären, warum ich es so empfand. Und ob ich, wäre ich in der
Situation gewesen, es überhaupt anders gemacht hätte.

Freitag, der 4.

Hoch die Hände, Wochenende! Das hat mal einer der größten deutschen
Social-Media-Philosophen gesagt – muss also stimmen. Mit erhobenen Händen
wandere ich durch die Stadt. Seit meiner Klausur hab ich Freitags nämlich frei.
Ich sollte eigentlich etwas Sinnvolles machen – aber so diszipliniert bin ich
nicht. Was steht sonst so an? Tollwood – zu teuer. Aber ein Glühweinchen wär
schon schön. Unterbewusst weiß ich natürlich, dass ich eigentlich total auf die
weihnachtliche Atmosphäre stehe. Das Heißgetränk ist nur die Ausrede. Außerdem
hab ich noch keine Geschenke, und das ist ja ein totales No-Go am vierten
Dezember! Der große Tag ist ja schon bald!. Ich mach mich auf zur
Reitknechtstraße – beim Designmarkt sind laut Einladung Omas, Opas, Kinder und
Hunde willkommen. Ich darf also hin. Musikalische Unterstützung und Streetfood halten
mich beim dem ganzen Shoppingstress bei Laune. Das Ganze geht sowohl heute als
auch morgen bis 23.30 Uhr – heiliger Bim-Bam!

Von Freitag bis Freitag München – mit Friederike

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Friederike trotzt dem November, der sich langsam doch dazu entschieden hat, sein goldenes Herbstlicht in nebliges Grau zu verwandeln. Eine dickere Jacke anzuziehen, daran muss sie sich aber erst gewöhnen. Aber bei einer Woche prall gefüllt mit Flohmarkt, Weihnachtsbasar, Lesung, Kunst und Party kann man schon mal vergessen, dass ein dünnes T-shirt nicht mehr ausreicht.

Eigentlich hatte ich mich gerade ziemlich gut mit der Tatsache arrangiert, dass der November ein Sabbatical einlegen wollte. Jeden Tag diese wunderschönen 7-Uhr-Sonnenaufgänge und ständig sommerliche Temperaturen. Ich möchte weiter Bärlauch essen und Pilze sammeln. Und im T-Shirt aus dem Club nach Hause gehen. Doch nun hisst der Sommer schließlich doch sehr bestimmt die Segel und macht den nassgrauen Novembertagen Platz. Um da heile rauszukommen, plane ich mir eine schöne Woche und trotze damit dem Grau.

Ich fange gleich heute damit an. Es ist Freitag und im Audimax der TU findet die alljährliche, immer gut besuchte Geographenparty statt. Die Preise sind niedrig und die Party wild. DJ XX legt sehr tanzbaren Sound auf und ich packe mir eine Winterjacke für den Rückweg ein.

Am Samstag merke ich, dass meine Jacke zu dünn war. Ein verkaterter Tag eignet sich wunderbar zum Stöbern und Schlendern. Der Gute Nacht Flohmarkt im Backstage findet ab 17:00 Uhr statt und bietet neben privaten Ständen Streetfood-Produkte an, die meinen Heißhunger auf Fettiges und Würziges mit Sicherheit stillen werden.
Gestärkt radle ich dann ins Lost Weekend. Ein hippes Studentencafé in der Schellingsstraße. Das lädt unter dem Titel FLUCHT zu einer arabisch-deutschen Lesenacht ein. Es gibt Musik und Texte aus beiden Welten von Wajiha Said, Ramo Ali und Nora Schüssler und Das Ding ausm Sumpf.
Aber das ist noch nicht alles an diesem Samstag: Bevor ich – mit neuer Jacke – wohlig warm nach Hause fahre, mache ich noch einen Abstecher auf den Giesinger Berg und feiere das 10-jährige Jubiläum von Giesinger Bräu.
Und dann wäre da noch die Eröffnung vom Bahnwärter auf dem Abrissgelände des Schlachthofs. Musik liefert DJ Max Mausser von YumYum und Biedermann&Brandstifter. Alles ist ein bisschen provisorisch. Das ist Aktivismus pur und viel frische Luft. Wenn mir jetzt nicht klar wird, dass ein T-Shirt allein zu dünn ist, weiß ich es auch nicht mehr.

Sonntag empfehle ich möglichst viele Sonnenstrahlen einzufangen, Ordnung auf dem Schreibtisch zu machen, in meinem Fall Arabisch Hausaufgaben anzufangen und abends den Tatort zu schauen. Wie immer! Wie immer, schön gediegen. Gute Begleitung für den Sonntag bietet übrigens Ella Josaline, eine der derzeit größten Münchner Musikhoffnungen.

Am Montag schaue ich im Lyrikkabinett vorbei. Dort werden Fluchtgeschichten vorgelesen, die zuvor gemeinsam mit Münchner Autorinnen und Autoren und Geflüchteten aufgezeichnet wurden. Im Anschluss haben wir die Möglichkeit mit den hier Angekommenen ins Gespräch zu kommen.

Umstimmung statt Stillstand: Ich lasse ein bisschen Weihnachten in meine Seele. Das Wintertollwood auf der Theresienwiese öffnet am Dienstag wieder seine Tore. Diesjähriges Motto ist „Na sauber“, alles rund um den Müll. Find ich gut. Da gibt’s doch sicher ein paar recycelte Handschuhe für mich, langsam wird’s beim Radeln nämlich ungemütlich. Danach treffe ich die Organisatoren von BreakOut, einer Veranstaltung, bei der für den guten Zweck getrampt und mit jedem Kilometer Geld gespendet wird. Ich war diesen Sommer selbst begeisterte Teilnehmerin und habe mit meiner Freundin Stefi auf dem Weg nach Schweden beinahe 10.000 Euro gesammelt. Im Juni 2016 ist die nächste Chance zur Teilnahme!

Am Mittwoch wird ab ab 20 Uhr im Rationaltheater Stadt, Land, Fluss gespielt. Als Geographin muss ich das natürlich selbst ausprobieren!

Mein Donnerstag beginnt auf einer Ausstellung in den stillgelegten Waschräumen auf dem ehemaligen Gelände der Luitpoldkaserne. Hier zeigen 16 junge Künstlerinnen und Künstler unter dem Titel M O O S ihre Werke, kuratiert von der wals.gallery. Weiter geht es im Cord: Ein letztes Mal Indielektro, ein letztes Mal mit T-Shirt vor der Tür! TIGERKID und Monaco Fiasco werden nochmal ordentlich einheizen, meine neue Jacke ist wohl trotzdem nicht verkehrt.

Am Freitag bin ich schon fast in November – und Weihnachtsstimmung. Der Märchenbazar im Schlachthof wird mir letzte Zweifel nehmen. Mit alten Jahrmarktbauten und viel Glühwein. Er öffnet unter der Woche immer um 16 Uhr, am Wochenende schon morgens. Da gibt es dann auch Weißwurstfrühstück!

Umstimmung ist gut, Novemberblues mit akuter Lesen-im-Bett-Sucht muss nicht mehr sein. Deshalb werde ich mich am Freitagabend erneut unter Leute mischen, auf einer Geburtstagparty, mit Glühwein und neuer Mütze, aber im T-Shirt auf dem Balkon stehen und durch graue Schleierwolken nach den Sternen suchen – ach, du hässlicher November, ein Sabbatjahr hätte dir so gut zu Gesicht gestanden. Ich hatte mich fast in deine Sonnenaufgänge verliebt.  

Von Freitag bis Freitag München – Unterwegs mit Theresa

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Herbstnostalgie und Sonnenstrahlenjagd: Theresa tanzt sich durch die letzten unifreien Tage: Bei Rage against Abschiebung im Feierwerk, bei Elektrik Kezy Mezy im Cord. Außerdem durchlebt sie noch ein paar Kindheitserinnerungen im Lenbachhaus beim Blauen Pferd und bei einer Pumuckl-Drehort-Führung.

Der Spätsommer gibt sich diese Woche noch einmal richtig
Mühe und zeigt mir, wie viel Lust ich habe, am 13. Oktober wieder eine Unibank
zu drücken. Aber man tut, was an kann und lebt im Augenblick. Deshalb Motto
dieser Woche: Herbstlaub sammeln und Sonnenstrahlen jagen. Sich ein bisschen in
Nostalgie verlieren. Und durch die Sternennächte tanzen.

Damit fange ich auch gleich am Freitag an, im Feierwerk bei
Rage against Abschiebung. Vor allem auf Kofelgschroa freue ich mich wie ein kleiner
fröhlicher Kürbis und mir sind es die 10 Euro Eintritt auf jeden Fall Wert, um die
verplanten Oberammergauer einmal wieder live auf der Bühne zu sehen. Vor allem, weil das Geld an den bayerischen Flüchtlingsrat geht und ich damit wenigstens ein klitzekleines politisches Statement senden kann. Rage against Abschiebung ist seit 1996 das größte, regelmäßig stattfindende, antirassistische Benefiz-Bandfestival im süddeutschen Raum.

Am Samstag bin nach einem langen Spaziergang im Englischen
Garten, inklusive Lesepause auf sonnenbeschienener Bank noch nicht ausgepowert
genug und mache mich deshalb gegen 23 Uhr auf den Weg zum Kong. Club Autonomica.
Damit meine Mama mir nicht immer vorwerfen kann, ich würde nur zu süßen
Indie-Bands und schnulziger Salsa-Musik tanzen. Ich schlage mich auch gut bei
Fur Coat, BAAL und Samsa und zuckle in den frühen Morgenstunden nach Hause. 

Ich finde, am Sonntag habe ich mir deshalb ein bisschen
Schonung verdient. Drehe mich sogar noch zweimal mehr in meinem herrlich
großen, neuen DOPPEL(!)bett um und lese weiter in meinem herrlich aufgeladen,
verspielten, prallen Buch “Jitterburg Perfume”. Heißer Tipp für alle, die auf
der Suche nach dem ewigen Leben und dem perfekten Duft sind.
Am Nachmittag muss ich an meinen Papa denken und mache mich
deshalb in nostalgischer Erinnerung an unsere früheren wöchentlichen
Kinobesuche in der großen Stadt gegen drei Uhr auf den Weg ins Theatertiner
Film, um mir “Der Sohn der Anderen” anzuschauen. Meine Befürchtung, dass das
zwar keine leichte Kost und deshalb nicht der optimale Film für einen einsamen
Kinonachmittag ist, bestätigt sich zwar, aber ich frage meinen Nachbarn, von
der anderen Seite des Ganges nach einem Taschentuch und fühle mich gleich nicht
mehr so alleine. Das Gute an bedrückenden Nachmittagsfilmen ist, dass man
sich am Abend noch zu Mama auf die Couch kuscheln und Polizeiruf gucken kann.

Am Montag geht es weiter mit Kindheits-Nostalgie. Ich fahre
zum Königsplatz, raschle durch das goldene Laub und gehe dann ins Lenbachhaus. Ich setze mich in eine Ecke in der Blauen Reiter-Ausstellung und stelle mir vor, wie es wäre, auf dem blauen Pferd in den Sonnenuntergang zu reiten. Daheim mache ich mir einen Gute-Laune-Tee und packe meine Aquarell-Farben aus. Die hat mir mein Papa gekauft, als ich in der Grundschule war, und mein erstes Kunstwerk war – das blaue Pferd von Franz Marc.

Letzten Donnerstag ist Ellis Kaut gestorben. Anlass, mal wieder
die alten Pumuckl-Kassetten auszupacken und – am Dienstag an einer
Pumuckl-Drehort-Stadtführung teilzunehmen. Der gebürtige Franke Sebastian
Kuboth zeigt seinen Gruppen, wo Meister Eders Werkstatt 1985 gleich nach dem
Dreh wieder abgebaut wurde und erzählt auch, dass die Autorin gar nicht
so zufrieden mit der filmischen Umsetzung ihrer Klabautermann-Geschichten
war. Ist mir egal. Ich mag den kleinen rothaarigen Strolch so und so, ob als
Buch, Kassette oder Fersehserie. 

Am Mittwoch muss dann aber endlich mal gut sein mit all
diesem Schwelgen in Kindheitserinnerungen, sonst werde ich wirklich noch traurig,
dass das Leben irgendwie  nicht mehr so
unkompliziert ist wie damals. Deshalb wird Nostalgie weggetanzt, diesmal wieder
mit Musik, die genau meinem “Musikgeschmack” (wenn es so etwas bei mir
gibt) entspricht: Elektrik Kezy Mezy spielt im Cord. Und The Tuts finde ich nicht nur
schon grundsätzlich cool, weil sie aus London kommen, sondern weil sie “impassioned
songs about sexism, feminism and everyday life-isms” machen.

Grandioser Auftakt für den
Wochenabschluss am Donnerstag: Ich schaffe es endlich einmal ins Rationaltheater, wo Nick & the Roundabouts unterstützt
von Ella Josaline “Half-Written Poems” zum Besten geben. Für mich klingt das alles mehr als nur halb, sondern eigentlich ziemlich ganz und ich schlendere unter dem, was man München an Sternenhimmel eben zu bieten hat, nach Hause.

Künstlerisch geht es am Freitag weiter, bei der Release-Party von “München ist Dreck” im Maxés.
Ich glaube, das mit dem Studieren überlege ich mir nochmal. Vielleicht male ich auch einfach nur noch expressionistische Aquarelle, die niemand versteht. Oder ich schreibe Gedichte. Über den Herbst, und eine Stadt, die wirklich golden sein kann, wenn die Sonne scheint.

Theresa Parstorfer

Foto: Tobias M Kraft

Von Freitag bis Freitag München – Unterwegs mit Carolina

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Carolina macht diese Woche nicht mit. Beim Urlaubs-Marathon. Sie beweist, dass man nicht um die Welt gereist und glückliche Selfie-Stick-Fotos gepostet haben muss, um sagen zu können, einen schönen Sommer verbracht zu haben. Auch München hat in den Ferien vieles und außergewöhnliches zu bieten: ob bei der „Super Geek Night“, der Performance- und Installationsausstellung  „Asymetric Garden & Group Photo“ oder der  Premiere von „Tommy Low Gun And The Amazing Boozehounds“ – sie sammelt ganz bestimmt denkwürdige Ferienmomente.

Urlaub ist ein Wettbewerb geworden. Zumindest fühlt sich das
so an, wenn auf meiner Facebook-Timeline dieser Tage mal wieder ein Foto aus
Antalya, San Francisco oder Ibiza auftaucht. Auf jedem Bild: Glückliche
Jetsetter. Den Rest des Jahres normale Menschen, im Urlaub aber die Könige der
Könige. Ein Bild schöner als das andere. Und ich? Kann nichts dazu beitragen.
Ich sitze in München. Das kennen meine Jetsetterfreunde schon. Da wohnen sie
nämlich normalerweise, wenn sie nicht gerade den Urlaubswettstreit antreten.

Dabei ist München gar nicht so schlecht. Urlaub in der
Heimat eben. München, Sieger der Herzen. Oder auch: Dabei ist alles! Los geht
es am Freitag mit der Finissage der Kunstausstellung „BEASTIEstylez &
FRIENDS“ im Farbenladen
des Feierwerks. Gezeigt werden unter anderem die Werke von
Lion Fleischmann, dessen Arbeiten schon bei der SZ-Ausstellung „München – eine
Sehnsucht“ zu sehen waren. Gegrillt wird auch noch. Da kann es in keinem
Ferienresort auf Malle schöner sein, finde ich.

Samstag zieht es mich schon wieder ins Feierwerk zur „Super
Geek Night“
, eine Party für „jeden Gamer, Geek, Fan, Nostalgiker und Nerd“.
Dort laufen Leute in lustigen Cosplaykostümen rum, trinken Butterbier und
zocken bis die Finger vom Spielen wund sind. So etwas mache ich zwar sonst nie,
aber so ist das nun mal in den Ferien: Menschen tun Dinge, die ihnen den Rest
des Jahres fremd sind. Büchermuffel nehmen fern der Heimat plötzlich ein Buch
in die Hand und bewegungsscheue Stubenhocker mutieren beim Hotel-eigenen
Sportangebot zu gefürchteten Aktivurlaubern. Ob diese abenteuerliche Metamorphose
nun im Schweigekloster in Indien oder in München von statten geht, ist doch
relativ Wurscht. Deswegen lasse ich mich an dem Abend direkt auch mal mit ein
paar Cosplayern fotografieren – für’s digitale Urlaubsalbum.

Sonntags bin ich faul. Ich schlafe lange, frühstücke im
Bett, lege mich mit einem Buch an die Isar. Der perfekte Ferientag? Von wegen.
Ja, es gab Zeiten, da konnte man im Urlaub einfach nur entspannen.  Aber das ist lange vorbei. Heute geht es um
Leistung: Welcher Strand ist der schönste? Wo schmeckt das Essen am besten?
Alles festgehalten auf Fotos. Früher hat man sich nach den Ferien Bilder von
Sehenswürdigkeiten gezeigt, heute zeigt man sich Bilder von Hotelpools.
Spa-Oasen. Erlebnis-Off-Road-Rallye-Adventures. Authentischen kleinen Cafés. Wie schön, dass ich da nicht mitmachen muss.
Herrlich entspannt mache ich mich abends auf den Weg in den Salon Irkutsk. Dort
spielen ab 19 Uhr Carmina Reyes und Antò Nio, den ich schon beim diesjährigen
Stadt-Land-Rock-Festival ganz toll fand.

Am Montag bin ich auf der Geburtstagsfeier meines Freundes Jojo
eingeladen.  Wir sitzen im Englischen Garten,
picknicken, spielen Boule – das weckt dann gleich Urlaubserinnerungen,
schließlich haben das die alten grimmigen Menschen im kleinen
französischen  Feriendorf meiner Kindheit
auch immer gemacht. Abends schaue ich noch in der Galerie FOE 156 vorbei: Die
dänische Performance- und Installationskünstler Molly Haslund zeigt in ihrer
Arbeit „Asymetric Garden & Group Photo“, was passiert, „wenn Kresse die
Küchenfensterbank verlässt“. Meine persönliche Antwort: Sie landet im Müll,
denn bei mir geht Kresse nach spätestens drei Tagen ein. Ein Grund mehr, um
sich diese Installation anzusehen.

Dienstag steht Kultur auf dem Programm, denn pünktlich zum
ersten September erwacht das kulturelle Leben aus seinem Sommerschlaf. Ich
gucke mir München an. Aber nicht in seiner Wirklichkeit, sondern auf Foto
gebannt: In der Ausstellung „Mein Bild von München III“ am Praterstand zeigen
Münchner ihren Blick auf die Stadt.

Inspiriert von diesen Eindrücken, ziehe ich am Mittwoch direkt
selbst mit meiner Kamera los. Urlaubsfotos machen. Das Hindernis: Ich habe
keinen Selfiestick. Die Zeiten, in denen man einem Fremden seine Knipse in die Hand
gedrückt hat, damit er einen vor der Marienkirche ablichtet, sind irgendwie
vorbei. Enttäuscht gebe ich nach einer Stunde Kamera-im-seltsamen-Winkel-zum-Gesicht-halten
auf.  Egal. Die schönsten Erinnerungen an
den Sommer lassen sich sowieso nicht auf Bildern festhalten. Abends begebe ich
mich schließlich ins Rationaltheater zur Lesung „Den Umstehenden entsprechend“.
Präsentiert werden Texte der Schreibwerkstatt von Komparatistikstudenten der
LMU.

Donnerstag geht es dann mit meiner Mitbewohnerin Jasmin zum
Einkaufen. Die ist nämlich neu in München und braucht für die Wiesn dringend
ein Dirndl. Bei unserer Suche schauen wir unter anderem im „Aufgebrezelt“ in
Ismaning
vorbei: Da gibt es die außergewöhnlichen Dirndl der jungen Designerin
Lisa Brettel zu kaufen. Nach einem erfolgreichen Shoppingtag bin ich abends zur
Premiere von „Tommy Low Gun And The Amazing Boozehounds“ im Keller der kleinen
Künste eingeladen. Dort spielt mein Kumpel Stefan Natzel mit, der sich bei den
Proben für das Stück schon einen Zahn ausgeschlagen hat. Sein Urlaubsfoto des
Sommer: Zahnlos in der Notaufnahme. Ich bin gespannt darauf, wie seine Gebiss
nun aussieht – und natürlich auch auf die Inszenierung.

Nach einer durchzechten Premierenpartynacht kommt am Freitag Morgen auf dem Heimweg die ernüchternde Erkenntnis: Jeder Urlaub geht irgendwann zu
Ende. Dann heißt es Koffer packen. Rein in den Flieger. Ciao, bella italia.
Oder auch servus, Isar. Nur macht davon niemand ein Foto. Irgendwie hat so ein
einsamer Koffer auf dem Gepäckband des Münchner Flughafens doch nicht das
gleiche Prestige wie ein Cocktail am Tiber im Abendlicht. Und während meine
Freunde ihre Ferienapartments räumen, radle ich zur LMU. Immatrikulation für
Philosophie und Theaterwissenschaft. Ein schönes Gefühl. Und dann poste ich am
Ende der Woche doch noch ein Ferienfoto auf Facebook: Ich und mein neuer
Studentenausweis. Ganz ehrlich, ich bin stolz. Stolzer, als man auf jeden Urlaubsschnappschuss
je sein könnte.

Carolina Heberling

Foto: Conny Mirbach

Neuland

Daphne Weber (Foto: Mario Steigerwald), 19, organisiert zum ersten Mal einen literarischen Abend, der am 25. April im Rationaltheater an der Münchner Freiheit stattfinden soll. Daphne hat selbst schon bei verschiedenen Lesungen mitgewirkt und lädt nun Autoren ein, Texte zum Thema „Rausch“ zu lesen. „Ich habe versucht, möglichst unterschiedliche Leute zusammenzutrommeln“, sagt Daphne. Dem Aufruf zu ihrer Veranstaltung „Ins Blaue. Ein Dionysium“ sind Lars-Keke Altemann, Gabriel Ascanio Hecker, Daniel Graziadei, Elisabeth Mascha, Ayna Steigerwald und Jan Struckmeier gefolgt. Gemeinsam versuchen sie, eine „Rauschgemeinschaft“ entstehen zu lassen. Stefanie Witterauf