Band der Woche: The Sexattacks

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Ursprünglich wollten The Sexattacks nur eine Punkrock-Coverband sein. Doch schnell wird klar: Sie wollen dagegen kämpfen, dass „Populismus überzuschwappen droht und extreme Ansichten immer
mehr ohne Besinnung und Zurückhaltung nach außen getragen werden“.

Das nihilistische Rebellionsgenre Punkrock ist ganz schön alt geworden. In den Siebzigerjahren als pessimistische Antwort auf das Sechzigerjahre-Hippie-Glück atmete diese Musik noch den Geist der Jugend. Jetzt, 40 Jahre später, wirkt Punkrock manchmal etwas verkrampft, so wie ein ewig mahnender Erwachsener, der die zeitgenössischen Themen der Jugend nicht mehr nachvollziehen kann. Punk als Mode ist dabei sowieso völlig ausverkauft, Punk als Musik existiert in München gut in der Deutschpunk- und Hardcore-Szene. Melodischer, englischsprachiger Punk verwässerte seit dem Mainstream-Erfolg, den Green Day Anfang der Nullerjahre feierten, zunehmend.

Dazu passt auch, dass die Münchner Punkband The Sexattacks ursprünglich den Plan hatte, eine Punkrock-Coverband zu gründen. Das erscheint etwas absurd, sind doch Coverbands eben hauptsächlich dafür da, dass Musik bekannter Künstler entweder zum eigenen Vergnügen oder für Fans nachgespielt wird. Punk zu covern, lässt die Dringlichkeit der Rebellion gegen null gehen. „Schon bald haben wir gemerkt, dass wir sehr wohl selbst Songs in dieser Musikrichtung schreiben und unsere eigenen Geschmäcker und Themen einfließen lassen können“, erklärt das Quartett dementsprechend zur Bandgeschichte. Also begann die Truppe um Sänger Uwe Kriegbaum Punkrock, der sich an Bands wie Green Day oder Blink182 orientiert, mit der nötigen Hingabe ins Jahr 2012 zu transportieren. Da gründeten sie sich in ihrem Heimatort Penzberg. 2017 zeigte sich aber als das produktivste Jahr, in dem sie die EP „Secrets“ veröffentlichten. Darauf überrascht der Hochglanzsound. Klar, das ist schnelle Musik mit einem treibenden Schlagzeug und verzerrten Gitarren, doch von Produktionsseite aus klingt das mehr nach astreinem Pop als nach einer DIY-Kellerband. Ähnlich zeigt sich die ganze Reihe an Musikvideos, die sie bisher veröffentlicht haben. Ästhetisch glänzend, fast streberhaft umgesetzt, finden sich da der alte ironische Punkrock-Antistyle – weiße Hemden, schwarze Fliege – genauso wie Insignien wie ein altes Telefon, in das großgestisch hineingesungen wird, oder ein umgekehrtes Raumverständnis, wenn der Sänger an der Decke herumspaziert, wie im Video zum Song „Media“.

Doch Hochglanz wirkt hier nicht abschreckend. Sexattacks nutzen Mainstream-Ästhetik, Hochglanzproduktion und durchaus schon etwas abgetragene Symbole, um daraus eine brennend-euphorische neue Botschaft für sich zu formulieren. Musikalisch ist das nicht neu, aber mit gegenwärtigen Mitteln sehr gut umgesetzt. Und sie meinen es ernst: Wenn sie nicht an neuen Songs arbeiten, kümmern sie sich um Videos, organisieren neue Gigs, überlegen sich Inhalte für die sozialen Netzwerke. Und sonst hängen sie als Kumpels auf Probenwochenenden rum. Auch zeitlich eine Hingabe an die Musik, die das Gesamterscheinungsbild dieser Band so stimmig macht. Obwohl die Punkszene in den Münchner Clubs gerade eher zurückgedrängt sei, berichten sie von einer überwältigenden Publikumsresonanz. Sie wollen die Leute mitnehmen. Das einfach greifbare Auftreten hilft dabei genauso wie die hymnischen Melodien, die unter dem schnellen Punk-Gehacke liegen. Diese Band will gegen eine Gesellschaft rebellieren, in der „Populismus überzuschwappen droht und extreme Ansichten immer mehr ohne Besinnung und Zurückhaltung nach außen getragen werden“. Ihr Dagegen-Sein ist musikalisch jedoch mehr nachvollziehbar und offen als aggressiv. Und das ist 2018 sehr angebracht.

Stil: Punkrock
Besetzung: Uwe Kriegbaum (Gesang, Gitarre), Daniel Jocher (Gitarre), Markus Mund (Bass), Simon Kurz (Schlagzeug, Gesang)
Aus: München
Seit: 2012
Internet: www.thesexattacks.com

Text: Rita Argauer


Foto: Daniel Jocher

Dollars for Deadbeats (Punkrock)

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Jahr: 2014, Woche: 16

Die Münchner Band Dollars for Deadbeats mischt rauen, harten Punkrock mit harmonischen Klängen. Einer ihrer Songs wird in der Punk-Sampler-Reihe „In München nix los“ erscheinen. Gerade hat die Band eine erste EP fertig gestellt.

Bärte kann man rasieren. Und dicke Hornbrillen sind durch Kontaktlinsen ersetzbar. Bei gefärbten Haaren braucht die Rückgewinnung eines konventionellen Aussehens zwar etwas mehr Zeit, aber bunte Haare sind im aktuellen Hipster-Look auch nicht so zwingend. Die tätowierten Arme von Kirsty und Kitty Romanek hingegen, die waren eine Lebensentscheidung. Die beiden Schwestern sind Teil der Punk-Band Dollars for Deadbeats (Foto: privat) – und das extreme Äußerliche stärkt auch die Musik des Münchner Quartetts. Trendige Indie-Bands, die Stil wie Aussehen ganz schnell den aktuellen Trends anpassen können, das funktioniert im Punk nicht.

Beim Punk muss die Grundidee als Lebenssinn durchgezogenen werden – und der Musik von Dollars for Deadbeats ist diese Hingabe anzuhören. Seit 2009 gibt es die Band, damals taten sich Gitarrist Matto Kiemer und Sängerin Kirsty zusammen und begannen den melodiösen Stil von der US-Westküste zu spielen. Klar, das Klangbild dieser Musik ist ebenso rau und hart wie die britische oder die New Yorker Variante von Punk. Doch der kalifornische Punk hatte auch immer eine hymnische und harmonisch mitreißende Attitüde. Auch bei Dollars for Deadbeats treiben Background-Gesänge die Hauptstimme nach vorne, während das Schlagzeug in unerbittlichen Punk-Beats mit den verzerrten Gitarrenriffs eine angriffslustige Unterfütterung baut. Diese Mischung ist durchaus reizvoll: Ähnlich Brody Dalle, der Sängerin der Distillers, präsentiert Kirsty ihre Stimme etwa in der Strophe von „Set the Bombs ablaze“ gerne als heiser geschrien und unzufrieden, während im Refrain euphorisch im Chor gesungen wird. Dieser Song wird nun in der Punk-Sampler-Reihe „In München nix los“ erscheinen, und gerade hat die Band eine erste EP fertig gestellt. Seit ihrer Gründung erlebte die Band einige Umbesetzungen, doch mit dem Einstieg von Kirstys Schwester am Bass seien Motivation und Engagement gestiegen, sagt Matto. Das soll sich nun, neben der geplanten Veröffentlichung einer Vinyl-Single, auch in mehr Konzerten äußern: Eine Reihe von Gigs in München beginnt am morgigen Dienstag, 15. April, wenn sie die US-Punk-Band The Scandals im Kafe Kult supporten werden.
Rita Argauer

Stil: Punkrock
Besetzung: Kirsty Romanek (Gesang), Kitty Romanek (Bass), Matto Kiemer (Gitarre), Philip Eule (Schlagzeug)
Seit: 2009
Aus: München
Internet: www.dollarsfordeadbeats.bandcamp.com,
www.facebook.com/DollarsForDeadbeats

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.