Herz auf der Bühne

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Wir porträtieren an dieser Stelle bis zur Vernissage alle 20
mitwirkenden KünstlerInnen unserer Ausstellung
“10 im Quadrat Reloaded”
 im Farbenladen – mal Fotograf, mal
Modell. Heute: Musiker Paul Kowol.

Paul. Das ist kurz, simpel und
einfach zu merken. Deswegen hat Paul Kowol, geboren 1997, den Nachnamen für
sein Bandprojekt weggelassen. „Ich will mein Herz auf die Bühne legen“, sagt
Paul und überlässt es dem Publikum, wie es das aufnimmt: „Jeder muss selbst
wissen, was er damit machen will.“ Für ihn ist die Musik die ehrlichste Art,
sich auszudrücken. In seinen Songs geht es um Geschichten aus seinem privaten
Umfeld, seine Gefühle, aber auch Gedankenspiele, wenn man eine Geschichte
weiterspinnt. Die Ideen können ihm überall kommen. „Besonders schwierig ist es,
wenn ich eine Idee habe und es um mich herum laut ist, weil ich den Gedanken
dann in mein Handy summen will“, erklärt Paul.

Als er das erste Mal die Gitarre
in die Hand nahm, zeigte ihm sein Onkel Gerald Huber, der ihn seither
unterstützt, das Lied „Fire Water Burn“ der Bloodhound Gang. So fing er an,
weitere Lieder wie „Knockin on heaven’s door“ zu lernen. Mit 13 Jahren schrieb
er dann sein erstes eigenes Lied: „New day“. Mittlerweile schreibt und singt
Paul allerdings auf Deutsch. „Ich kann mich natürlicher ausdrücken und muss
keine coolen Worte auf Englisch suchen“, sagt er.

Neben der Musik studiert Paul
Philosophie im dritten Semester, aber er könnte sich auch gut vorstellen,
irgendwann einmal Studioarbeit für andere Bands zu übernehmen. Er fände es
cool, etwas neben dem Rampenlicht zu haben. Vorher steht Paul aber erst mal
selbst im Studio, um neue Musik aufzunehmen.

Text: Lena Schnelle

Foto: Luca Imberi

Welt verbessern

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Wir porträtieren an dieser Stelle bis zur Vernissage alle 20
mitwirkenden KünstlerInnen unserer Ausstellung
“10 im Quadrat Reloaded”
 im Farbenladen – mal Fotograf, mal
Modell. Heute: Fotograf Diego Reindel.

Unterschiede zelebrieren. Das möchte Diego Reindel, geboren
1995, mit seinem Konzept. Dabei fotografiert er die Models an ihrem
Lieblingsort in ihren Lieblingsklamotten und mit einem Lieblingsgegenstand.
Dass er versucht, anders als die anderen Fotografen zu sein, merkt man auch
seinen Fotos für die Ausstellung an. Diego hat einen Hang zum Unnormalen und
möchte diesen Stil fotografisch noch mehr ausprägen. Seine Fotos gehen in
Richtung Dadaismus und Surrealismus. Das Skurrile soll die Fotos für „10 im
Quadrat Reloaded“ witzig machen: „Am Ende muss es Spaß machen, sich die Bilder anzuschauen
und Lust drauf machen, mehr davon zu sehen“, sagt Diego. Er möchte die Models
so gut wie möglich kennenlernen und sie so nah wie möglich darstellen.

Zur Fotografie kam Diego erst nach seinem Abitur durch ein
Praktikum bei dem bekannten Fotografen Paul Ripke. Inzwischen studiert er Fotodesign
an der Hochschule in München. Nachdem er viel an seinem fotografischen Stil
gearbeitet hat und mittlerweile zufrieden ist, möchte er mehr am Inhalt feilen.
Daher beschäftigt er sich momentan mit Soziologie und Philosophie. „Ich möchte
nicht nur Spaß haben, sondern auch einen Sinn sehen in dem, was ich mache“,
erklärt Diego. „Mit meinen Fotos würde ich gerne versuchen das, was mir auf der
Welt nicht gefällt, zu verbessern.“

Doch erst einmal ist Diego gespannt, ob die Betrachter sein
Konzept verstehen. „Es hat wahnsinnig Spaß gemacht, so viele unterschiedliche
Menschen und deren Lieblingsumgebungen kennenzulernen“, sagt er. „Für mich war
das wahnsinnig inspirierend.“

Text: Lena Schnelle

Foto: Florian Lankes

München Models: Hanhoan Truong

In München leben viele schöne Menschen. Unter ihnen gibt es auch
einige Models. Ob hauptberuflich, als Nebenjob oder Hobby: Wir
porträtieren jede Woche ein Münchner Model und erzählen von dem Menschen
hinter dem hübschen Gesicht.

„Das Modeln ist für mich eine praktisch umgesetzte Facette der Philosophie über den Körper“, sagt Hannu, „wo wahres Selbstbewusstsein, Körpersprache und Ausdruck eine zentrale Rolle spielen.“ Hannu heißt eigentlich Hanhoan Truong und hat vietnamesische Wurzeln. Er ist mit seinen langen schwarzen Haaren, den grau-weiß gefärbten Spitzen und den asiatischen Gesichtszügen ein junger Mann mit starkem Wiedererkennungswert. Das erste Mal modelte Hannu für die Absolventenshow einer Münchner Mode-Schule. Seine Model-Karriere ist seither in Gang gekommen. Erst vor kurzem durfte Hannu mit der bekannten Münchner Fotografin Laura Zalenga im Olympiapark shooten. Die Leidenschaft für vietnamesische Kampfkunst und die Ausbildung zum Yoga-Lehrer spiegeln sich auf vielen seiner Bilder wider. „Ich sehe ich mich als eine lebensgroße Leinwand, die viel Platz für unzählige Gestaltungsweisen bietet. Ich scheue mich auch nicht davor, meine Interpretation des Schönen und Guten durch mich und meinen Körper auszudrücken und mir dabei treu zu bleiben“, sagt Hannu. Noch in diesem Jahr wird er nach Berlin ziehen, um dort seinen Master in Philosophie zu machen. Außerdem möchte er sich dann auch bei einigen internationalen Model-Agenturen bewerben. 

Text: Laura-Marie Schurer

Foto: Stephan Rumpf

Philosophisches Schmankerl

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Stefan Natzel und Heiner Stöckle machen philosophische Klingelstreiche und stellen dabei die Frage nach dem Sinn. Das Ergebnis sind die zwei- bis dreiminütige Podcasts “Stefan Natzel auf der Suche nach dem Sinn”.

Mit Heiners Liebe für die Brauerei Rapp, die ihm jede Woche einen Kasten Saft vor die Haustür stellt, hat alles angefangen. Mehr im Scherz hat er einmal gesagt, dass es sicherlich cool wäre, für die Brauerei zu arbeiten. Seitdem ruft sein Freund Stefan bei den unterschiedlichsten mittelständischen Unternehmen an und fragt, ob es für ihn, den jungen, schönen Akademiker eine freie Stelle gibt. Bei Brita Wasserfilter wollte er zum Beispiel als männliches Wasserfilter-Model arbeiten. Schließlich sind auf der Homepage der Firma nur Frauen mit dem Wasserfilter abgebildet und es gibt ja auch Männer, die den Wasserfilter nutzen. Bislang ohne Erfolg. Nach den ersten erfolglosen Anrufen wird Stefan mittlerweile nur noch weitergeleitet, ohne dass je ein Mitarbeiter seinen Anruf entgegen nimmt. Doch sollte es doch jemals dazu kommen, dass ihm jemand einen Job anbietet, müsste er ihn annehmen. So ist der Deal zwischen Stefan und Heiner.

Die Macher des Podcasts „Stefan Natzel auf der Suche nach dem Sinn“, Stefan Natzel, 26 und Heiner Stöckle, 22, haben sich über einige gemeinsame Theaterprojekte kennengelernt. Weil Männer sich aber nicht einfach zum Reden treffen, verabreden sie sich lieber, um Hörspiele aufzunehmen und Bier zu trinken. Oder eben, um den Sinn des Lebens zu hinterfragen. Das machen sie nicht im Zwiegespräch oder mit ihrer Theatergruppe, nein. Die Suche nach dem Sinn geht viel weiter, raus aus ihrer Akademiker-Blase. Rein in die Welt von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Bei der Kirche oder ähnlichen großen Institutionen anzurufen, wäre wie „den Dicken in der Klasse mobben“, sagt Heiner. Deshalb rufen sie lieber bei kleineren Unternehmen an.
 In Zukunft möchte Stefan auch mal in einem Bordell anrufen und nach einer freien Stelle als Bordellbesitzer fragen. 40 weitere solcher Ideen stehen noch auf ihrer Anruferliste. Die Inspirationen hierfür sammeln sie aus ihrer Umgebung. Meistens Gegenstände, die in Heiners Zimmer rumstehen, so wie eben der Wasserfilter und Saftflaschen. In Heiners Zimmer nehmen sie die zwei bis dreiminütigen Podcast-Episoden von „Stefan Natzel auf der Suche nach dem Sinn“ auch auf. Stefan ruft an, Heiner, der mal eine Ausbildung zum Tontechniker in Schweden angefangen und wieder abgebrochen hat, macht den Ton.

Jede Folge beginnt mit einem kurzen musikalischen Intro und Stefans Stimme, die in den Hörer säuselt, um welche Folge es sich handelt. Danach ein kurzes Tuten und Stefan ist mitten im Bewerbungsgespräch. Bislang kann man zwei dieser Gespräche auf soundcloud nachhören. Geplant ist in Zukunft eine Folge pro Woche – wenn auch unter Vorbehalt. „Zuckerbrot nach Zuckerbrot, die Peitsche kommt nie“, umschreibt Heiner das Konzept. 117 Facebook-Fans konnten sie dafür bislang begeistern. Rechtlich ist es zwar nicht ganz legal, Telefonate ohne das Wissen des Angerufenen mitzuschneiden, aber die beiden Münchner Lebemänner scheinen sich darüber keine allzu großen Gedanken zu machen.

Auf den ersten Blick liegt ein Vergleich mit Formaten wie Paul Panzer und Studio Braun auf der Hand, Heiner und Stefan weisen das aber entschieden zurück. Viel zu infantil. Sie machen schließlich nicht einfach bloß lustige Klingelstreiche, sie stellen die große Frage nach dem Sinn. Sehr philosophisch, sehr ernsthaft. „Erst aus der Ernsthaftigkeit kann Humor entstehen“, sagt Stefan. Und obwohl sich damit bislang kein Geld verdienen lässt, sind sie fest davon überzeugt, dass sie sich durch ihre vielen Projekte, von denen die Podcasts nur eines sind, eine Lebensgrundlage aufbauen.
Durch ihre Frage nach einem Job bei den Firmen, die sie anrufen, stellen Stefan und Heiner aber tatsächlich eine durchaus ernsthafte Frage. Oder vielmehr eine ganze Reihe von Fragen. Fragen, die viele junge Menschen beschäftigen. Und häufig auch Angst machen. Werde ich einen Job finden? Und was wenn nicht? Wird dieser Job mich erfüllen? Und was wenn nicht? Die meisten Jugendlichen studieren ohne einen konkreten Beruf vor Augen zu haben. Für viele Studiengänge gibt es ein klar vorgegebenes Berufsziel aber auch gar nicht mehr. Am Ende des Studiums steht deshalb nicht selten erst mal ein großes Fragezeichen.

Stefan ist Bachelor der Philosophie und hat vor kurzem geerbt. Sein Traumberuf wäre derzeit der eines Nachtclub-Besitzers. Sorgen um Geld macht er sich keine. Deshalb kann er sich den Luxus leisten, nur das zu tun, was ihm gefällt. Momentan ist das vor allem die Schauspielerei. Und das Philosophieren. Ab und zu auch Projekte, die er selbst finanziert, wie eine Busfahrt nach Bulgarien mit einigen Künstlern. Einfach so, weil er kann. Schmankerl-Livestyle nennen er und Heiner das. Denn obwohl Heiner Geld mit seinem Job als Filme-Vorführer und Popcorn-Verkäufer im Kino verdient und ab dem kommenden Wintersemester Theaterwissenschaften studieren will, genießen sie das Leben und wollen ihre Zukunft nicht planen, sondern für das Hier und Jetzt leben. Mehr Ja sagen, lautet die Devise.

Sinnstiftend ist für Beide dabei vor allem die Gemeinsamkeit. „Produktive Freundschaft“, wie sie es nennen. Der Soundtrack ihres Lebens: The Beatitudes von Kronos Quartet aus dem Film La Grande Bellezza. Die epische Musik steht im großen Kontrast zu der hohen Frequenz mit der Stefan und Heiner sprechen. Nicht ganz passen will dazu auch das momentane Erscheinungsbild von Stefan: Längere, nach hinten gegelte Haare, bleiche Haut und eine Lederjacke im Stil der 80er sind sein aktueller Look. Heiner trägt eine vergleichsweise unauffällige knallrote Wildlederjacke. Und doch: Es bleibt ein Spiel mit Stereotypen.  

Von: Jacqueline Lang

Foto: Jean-Marc Turmes