Machbarschaft-Teammeeting / Foto: privat

Neuland: Auf gute Machbarschaft & Zusammen allein

Auf gute Machbarschaft

Marc Sommer, 20, Wirtschaftsinformatikstudent an der TUM, wollte in dieser Ausnahmesituation etwas Gutes schaffen. Deswegen programmierte er vor zwei Wochen beim #WirVersusVirus Hackathon der Bundesregierung mit. Zusammen mit seinen 20 Teammitgliedern entwickelte er Machbarschaft, eine Plattform für Solidaritätsangebote, die durch die Verbindung von Telefonservice, einem Bot und einer App Menschen ohne Internetzugang etwa bei Einkäufen helfen soll: „Ältere Menschen ohne Internet brauchen uns in Zeiten von Corona mehr denn je.“ Die kostenlose und automatisierte Telefon-Hotline kann jederzeit unter 040/299960980 erreicht werden, ein Bot zeichnet die Anfragen auf, diese werden verarbeitet und als Aufträge an die App und dort verifizierte Helfende gesendet. Hotline und Webseite machbarschaft.jetzt existieren bereits, die App ist in Arbeit. Mittlerweile hat die Bundesregierung bekanntgegeben, welche Projekte weiterhin unterstützt und gefördert werden sollen, von 1500 Projekten wurden demnach 20 ausgewählt. Machbarschaft ist eines davon. Lena Bammert

Zusammen allein

Junge Münchner Musiker haben es derzeit schwer, wie alle anderen Künstler auch. Viele Bands aus München mussten ihre Live-Auftritte absagen. Doch die Münchner Musikszene trifft sich weiterhin mit ihrem Publikum: In Sozialen Netzwerken, etwa Instagram. Dort finden Konzerte im Livestream statt, wie kürzlich von Musikerin Elena Rud, den Kytes, Henny Herz, The Whiskey Foundation und anderen. Das Publikum kann die Konzerte vom Sofa aus verfolgen, es wird jedoch auch selbst aktiv. Lisa Seebauer, 27, leitet einmal im Monat die offene Singgruppe Singbar in der Goethestraße, momentan findet das Singen virtuell statt: „Jetzt ist es wichtig, dass alle positiver gestimmt sind. Singen macht nicht nur glücklich, sondern stärkt das Immunsystem und das Gemeinschaftsgefühl.“ Am Ende fühlen sich zusammen dann alle etwas weniger allein. Ornella Cosenza

 

Foto: Julian Mittelstädt

Neuland: Ausgezeichnet & Aufgezeichnet

Ausgezeichnet

Der Münchner Fotograf Julian Mittelstädt, 29, wurde zusammen mit dem Autor Marvin Xin Ku für ihre Reportage „BDSM mit Behinderung“ mit dem Hansel-Mieth-Preis 2020 ausgezeichnet. Für die Geschichte fotografierte Julian Mittelstädt Christian Kiermeier, einen jungen Blogger aus München, der sich mit dem Thema Behinderung und BDSM-Sexualität beschäftigt. Die Reportage von Marvin und Julian soll darauf aufmerksam machen, dass Menschen mit Behinderung sexuelle Bedürfnisse haben – und auch die anderer erfüllen können. Entstanden sind starke und intime Aufnahmen. „Ich bin dankbar für das Vertrauen von Christian und seinen Begleitern. In öffentlichen Medien sollten mehr Menschen mit Behinderung gezeigt werden“, sagt er. Die Reportage erschien im vergangenen Sommer bei Vice.  Ornella Cosenza

Aufgezeichnet

Aktuelle Probe für das Stück

Online und allein statt miteinander vor Publikum: für ihr Abschlussstück „Wir sind noch einmal davon gekommen“ stehen die Studierenden des 4. Jahrgangs der Theaterakademie August Everding nicht auf der Bühne, sondern streamen von zuhause aus. Jeder vor seiner eigenen Webcam. Ein Probenprozess mit vielen Herausforderungen, wie Schauspielstudentin Sandra Julia Reils, 25, erzählt, „Was können wir aus unseren Wohnungen machen? Wie kann das vor der Kamera aussehen? Wir probieren uns noch aus und wissen nicht genau wo da unsere Grenzen liegen, aber wir wollen uns das Abschlussstück auf keinen Fall kaputt machen lassen.“ Das Stück stammt aus dem Jahre 1942, handelt von einer katastrophengeplagten Welt und passt gespenstisch gut in die gegenwärtige Situation. Die ist für Peter Sampel, den 22-Jährigen Dramaturg des Stücks eine echte Chance, Theater neu zu denken: „Wir müssen total reduzieren. Neun Bilder auf einem Bildschirm, neun Mal Ton, da kann man nichts gleichzeitig zeigen. Das entschleunigt, lässt Zeit für den Zufall.“ Auf ihrem Instagram Account @wirsindnocheinmaldavongekommen zeigen die Künstlerinnen und Künstler diesen Weg, dort wird auch der Aufführungstermin bekannt gegeben werden. Laura Wiedemann

Eileen Aolani & Sandra Bejarano

Neuland: Nadel & Tinte

Nadel
Der Körper von Eileen Aolani, 23, Fotografin und Künstlerin aus München, ist von oben bis unten geschmückt mit Tattoos. Einige davon hat sie selbst entworfen, sich aber von anderen stechen lassen. Jetzt nimmt sie die Nadel selbst in die Hand und tauscht Papier gegen fremde Haut. Daniel Schray, Tätowierer aus München und mit Eileen befreundet, hat sie auf die Idee gebracht, ihre eigenen Zeichnungen, die oftmals abstrakte und verzerrte Linienzeichnungen sind, anderen Menschen zu tätowieren. Bei Daniel lernt Eileen aktuell die Kunst des Tätowierens. Bisher hat sie vier Tattoos gestochen.„Ich sehe das als Weiterführung meiner Kunst. Am Anfang hatte ich schon ein bisschen Angst, auf die Haut von anderen Menschen etwas so Permanentes zu zeichnen. Auf dem Skizzenblock ist das ja schon etwas anderes. Es haben sich aber schon viele Leute gemeldet, als sie gesehen haben, dass ich jetzt Tätowieren lerne“, sagt sie. In erster Linie sehe sie sich aber weiterhin als Künstlerin, nicht als Tätowiererin.

Tinte
Auch Performance-Künstlerin Sandra Bejarano, 28, greift immer öfter zu Nadel und Tinte. In ihrer Kunst arbeitet sie normalerweise mit Körperflüssigkeiten und einer speziellen molekularen Technik, um das Aussehen oder die Textur der Flüssigkeiten zu verändern. Dadurch erforscht sie den Körper, seine Tabus und organische Materialien. „Die Haut ist ja auch eine organische Materie. Für mich besteht da eine konzeptuelle Verbindung zwischen meiner Kunst und der Tattoowelt, dem Verhalten der Haut, wenn sie mit Pigmenten tätowiert wird“, sagt sie. Das Tätowieren hat sie sogar als Bestandteil in einigen ihrer Live-Performances integriert, wie zuletzt bei der Performance „Bitchfight“. Sie tätowiert aber auch professionell in einem Münchner Tattoo-Studio. Ornella Cosenza

Fotos: Eileen Aolani / Anna-Elena Knerich

Esther Vynograd
Foto: Miriam Golinets

Neuland

Kunstmagazin

München hat ein neues Magazin für junge Kunst. Die 17-jährige Schülerin Esther Vynograd hat „KUNST Das Magazin“ gegründet, weil es für junge Künstler in München nach wie vor schwierig ist, sich zu vernetzen. „Mit dem Magazin möchte ich die jugendliche Kunstszene in München aufmischen und Künstler- und Freundeskreise vernetzen“, sagt Esther. „Neben mir haben auch andere Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren Beiträge zum Magazin in Form von Texten, Bildern, Interviews oder als Models beigesteuert.“ Beim Release der ersten Ausgabe am 8. Februar im The Stu gab es das Magazin nicht nur zu kaufen, sondern auch als Kunstinstallation. Ein Jahr lang hat Esther an dem Magazin gearbeitet. Mit einem Nebenjob und der Unterstützung ihrer Familie konnte sie es nun fertigstellen. Über den gleichnamigen Instagram-Account oder auch per Mail kann man das Magazin nun auch bestellen. Ob es eine zweite Ausgabe geben wird, weiß Esther zu diesem Zeitpunkt noch nicht: „Vielleicht in einem Jahr. Ich plane gerade auch noch ein Künstlerkollektiv mit meinem besten Freund.“  Ornella Cosenza

Theorie und Praxis

Hausarbeiten, die in Schubladen verstauben? Akademiker, die realitätsfremd vor sich hin denken? Darauf haben Giulia Beskid, 26, und ihre Kommilitonen und Kommilitoninnen keine Lust. Für ihre Masterarbeit „Helfen – Unterstützen – Solidarisieren. Ethnografien des Karitativen“ haben sie deshalb eine Tagung organisiert, bei der Wissenschaftler und Menschen von Münchner Hilfsorganisationen zusammenkommen. „Wir produzieren unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse mit den Menschen, die uns an ihrem Alltag teilhaben lassen. So ein Austausch passiert leider im Studium viel zu selten.“ Die Tagung findet am 14. und 15. Februar in der Oettingenstraße 67 statt.  Lena Bammert

Verena Lederer und Jean Poix / Foto: Privat

Neuland

Ausstellung

Verena Lederer kennt man in München vor allem als Musikerin unter ihrem Künstlernamen KLIMT. Vom 8. bis 16. Februar zeigt sie im Farbenladen jedoch eine weitere künstlerische Seite von sich. „BLOOM – Dinge, die geboren werden“, heißt ihre erste Ausstellung, in der Verena Poesie und Bilder zeigen wird. „Ich male seit der Teenagerzeit, immer nachts, wenn Musik machen zu laut war“, sagt Verena, „in erster Linie bin ich immer, und werde es wohl immer sein: Texterin.“ Im Farbenladen wird sie deshalb Gedichte, Lyrics, Briefe und Geschichten ausstellen. Inhalte, die sie vorher noch nie öffentlich gemacht hat. Es sei spannend, mache ihr auch ein bisschen Angst, sich in dieser Verletzlichkeit zu präsentieren, sagt sie. Die Ausstellung gestaltet sie gemeinsam mit dem befreundeten Maler und Fotografen Jean Poix. Seit ungefähr drei Jahren malen die beiden auch hin und wieder gemeinsam. Begleitet wird die Ausstellung von einer Audioinstallation und Live-Musik.  Ornella Cosenza

Improvisations-Theater

Was haben eine Biochemiestudentin, ein Physikstudent und eine Beraterin gemeinsam? Sie spielen alle Impro-Theater. Patricia Hoffelner (22), Yonathan Ascanio Hecker (20) und Anna Kapusta (30) haben Anfang 2019 die Gruppe Impro-WG gegründet. Wie bei vielen Impro-Gruppen ist auch ihr Name ein Wortspiel: WG steht nicht für eine Studentenbude, sondern für das Wilhelmsgymnasium, wo die Proben und Aufführungen stattfinden – ihre WG-Abende und WG-Partys. Im September 2019 ist die Gruppe das erste Mal aufgetreten und nutze Zuschauervorschläge für ihre Szenen. Das Wort Gartenschlauch mündete prompt darin, dass eine Figur die Nachbarskatze vollspritzte, um sie von seinem geliebten Motorradsitz zu vertreiben. Die Gruppe plant bereits ihre nächste WG-Party am 10.03. Das inzwischen siebenköpfige Team probt alle zwei Wochen, und jedes Mal wird ein anderer Schwerpunkt gesetzt. „Zum Beispiel arbeiten wir daran, wie man Emotionen besonders gut darstellen kann“, sagt Yonathan. Der nächste offene WG-Abend findet am 14.01. um 19 Uhr statt.  Annika Essmann

 

SAMT / Foto: Ferhat Deliktas

Neuland

Großer Pop

Elektro-Pop Fans dürfen sich freuen: Im Frühjahr veröffentlichen SAMT ein Doppeldebütalbum, mit den Namen „Velvet“ und „Silk“ – „Samt“ und „Seide“.
Mit ihrer Musikkarriere starteten SAMT vor ungefähr sieben Jahren – damals noch unter dem Namen Swallow Tailed. Seit dem hat sich viel verändert: Ein neuer Bandname, wechselnde Bandmitglieder. „Auch musikalisch hat sich einiges bei uns getan. Wir sind sozusagen vom Indie zum Pop gewechselt. Unser Sound ist mittlerweile nicht mehr so genau einordbar“, sagt  Philip-Maximilan Maier.  Die Alben erscheinen jeweils im April und Mai. Der Release wird am 20. Mai im Strom gefeiert, außerdem sind Musikvideos und weitere Live-Termine in Planung. Die Neuigkeiten um SAMT scheinen sich zu überschlagen. Seit Kurzem arbeiten sie mit dem Berliner Plattenlabel Motormusic zusammen. Das Doppelalbum soll als Vinyl erhältlich sein. Bisher hat die Band die Produktion des Doppelalbums aus eigener Tasche gestemmt. „Eine Vinylplattenproduktion ist aber sehr kostspielig und deshalb haben wir eine Crowdfunding Kampagne gelauncht. Wir freuen uns über jede Unterstützung“, sagt Philip. Ob das Ziel erreicht wird ist noch unklar, fest steht: SAMT starten geschmeidig ins neue Jahr.  Ornella Cosenza

Kleiner Prinz

Einmal ins Tonstudio ohne Instrumente – das dürfte für die Kytes eine Ausnahmesituation gewesen sein. Die Mitglieder der Münchner Band haben zusammen mit anderen Künstlern, beispielsweise Lilly Among Clouds, ein Kapitel von „Der kleine Prinz“ des Schriftstellers Antoine de Saint-Exupéry aufgenommen. Nachhören lässt sich das gesamte Hörbuch auf der Seite des Radiosenders egoFM. „Viele Themen sind immer noch brandaktuell, und ein bisschen mehr ‚kleiner Prinz’ in jedem von uns würde die Welt zu einem besseren Ort machen“, sagt Kerim Öke, Bassist der Kytes. Und: „Obwohl wir normalerweise nur Musik aufnehmen, war die ganze Sache echt schnell im Kasten und hat viel Spaß gemacht.“  Max Fluder