Nachhaltiger Sonnengruß

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Anna Souvignier, 25, und Sophie Zepnik, 24, bringen Hejhej-Mats, Yogamatten aus Müll, auf den Markt.

Den Planeten verändern, das fängt klein an: Stoffbeutel für den Wocheneinkauf verwenden, den eigenen Fleischkonsum einschränken, öfter mal das Rad nehmen. Auch Anna Souvignier, 25, und Sophie Zepnik, 24, ist Nachhaltigkeit wichtig. Sie dachten lange Zeit, dass sie alles richtig machten. Wenn da nur nicht das Yoga wäre. Weil es sie stört, dass ihre Yoga-Matten aus Plastik sind, wollen sie eine Lösung für das Problem finden. Sie haben ein Start-up gegründet und bringen im Herbst Hejhej-Mats, Yogamatten aus Müll, auf den Markt.

SZ: Ihr wollt mit Yogamatten aus Müll die Welt retten?
Sophie: Die Welt retten können wir wohl leider nicht, wir möchten sie aber ein Stück weit besser und nachhaltiger machen.

Und wie?

Sophie: Pro Yogamatte können etwa 1,5 Kilogramm Müll eingespart werden. Der Müll wird für die Produktion einer Matte verwendet und bekommt somit ein zweites Leben. Wir wollen nicht, dass der Abfall dort landet, wo er nicht hingehört. Im Ozean zum Beispiel.

Ihr schafft aus Müll also einen neuen Gebrauchsgegenstand.
Anna: Die Matte kann am Ende wieder recycelt werden. Wir wollen ein Rückgabesystem integrieren, sodass ein geschlossener Kreislauf entsteht und wir aus den abgegebenen Produkten neue Matten machen können.

Der Gedanke ist dennoch abstoßend.
Sophie: Warum?

Beim Yoga liegt man manchmal mit dem Gesicht auf der Matte. Das riecht doch dann streng, oder? Die Matte ist schließlich aus Müll.
Anna: Darüber braucht man sich keine Sorgen zu machen. Die Yogamatten werden aus Schaumstoffresten hergestellt, also Abfallprodukten, die beispielsweise bei der Autoindustrie übrig bleiben. Dabei handelt es sich um Schnittreste, die noch nicht benutzt wurden. Die Yoga-Matten können also bedenkenlos genutzt werden. Der Schaumstoff wird zusätzlich mit einer dünnen Schicht überzogen, damit die Oberfläche rutschfest ist. Das Produkt besteht überwiegend aus recyceltem Material, ist aber noch nicht vollkommen nachhaltig. Da wir uns momentan noch in der Prototyp-Phase befinden, arbeiten wir an diesem Punkt.

Nachhaltigkeit liegt voll im Trend.

Sophie: Ja, wir machen den Trend mit, das kommt aber nicht von irgendwo her. Wir beide haben Leadership for Sustainability in Malmö studiert. Da beschäftigt man sich mit solchen Thematiken. Und auch uns selbst liegt Nachhaltigkeit sehr am Herzen.

War das schon immer so?
Anna: Bei mir definitiv nicht. Ich habe zuerst Marketing-Management studiert. Da wird dir beigebracht, wie man Sachen möglichst billig herstellt, sie an den Mann bringt und damit viel Geld macht. Irgendwann dachte ich mir aber: Stopp mal! Kann ich nicht mehr bewirken als bloßen Profit?
Sophie: Bei mir kam das schon etwas früher, so richtig auseinandergesetzt habe ich mich mit all dem allerdings erst im Studium. Mittlerweile ist uns beiden das Thema wirklich wichtig.

Wie kamt ihr auf die Idee? Bei einer Meditation nach dem Yogakurs?
Sophie: Tatsächlich waren wir während unserer Studienzeit in einer Ausstellung mit einem nachhaltigen Thema. Es wurde auch der Aspekt der Trend-Yogis beleuchtet, die immer denken, sie wären ach so nachhaltig und sich dennoch auf Plastik dehnen und verrenken. Anna und ich hatten uns ertappt gefühlt. Als wir dann nach einer Yogamatte suchten, die bereits recycelt war, konnten wir kein solches Produkt finden. Klar, es gibt Yoga-Matten aus Kork oder Kautschuk. Das war uns aber noch nicht genug.

Hejhej-Mats startet jetzt mit Crowdfunding. Und dann?
Sophie: Das Crowdfunding wird Anfang Oktober starten. Den Onlineverkauf möchten wir im Anschluss von unserer neuen Base in München aus koordinieren.

Wieso gerade München? Leben die Menschen hier denn so ökologisch?
Anna: Wir beide haben Freunde in München. Uns gefällt die Stadt, außerdem scheint die Gründerszene hier für uns interessant zu sein. Es leben viele interessante Jungunternehmer in München.

Text: Anastasia Trenkler

Foto: Elina Nomade

Neuland: Locago

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Undurchsichtige Produktionswege, in die Irre führende Siegel und unfaire Preise den Bauern gegenüber: um diesem Teufelskreis zu entfliehen, gründeten Eva, Johannes, Benne und Insa Locago, eine Plattform für regionale Erzeuger. Das ist besonders in München erfolgreich

Wo kommen unsere Lebensmittel eigentlich her, bevor sie uniform abgepackt in den Supermarktregalen ausliegen? Einer der Menschen, die sich dieser Frage gestellt haben, ist Eva Schlotter. Mit drei Studienfreunden gründete die 26 Jahre alte Münchnerin vor drei Jahren die Online-Plattform Locago, „auf der sich regionale Erzeuger präsentieren und mit Verbrauchern vernetzen können“. Einfach alle, „die Lust auf gute Ernährung haben“, sagt Eva. Die meisten auf der Website angemeldeten Betriebe sind aus dem Münchner Umland. Denn: „Besonders hier in München wollen viele Menschen wieder regional einkaufen“, sagt die junge Frau, die als freiberufliche Grafikerin arbeitet, „und viele Erzeuger befinden sich in der Nähe der Stadtgrenzen.“

Doch Locago ist auch ausbaufähig. Allerdings sei es nicht einfach, in Kontakt mit den Erzeugern zu treten und sie von der Idee zu überzeugen: Oft sind die Betriebe nicht über das Internet zu erreichen. Und deshalb bitten die vier Gründer nun um Unterstützung mittels einer Crowdfunding-Aktion (startnext.com/locago). „Wir wollen keine großen Firmen als Sponsoren“, sagt Eva. Die Seite soll unabhängig und transparent bleiben, „damit das Ganze etwas Großes und Gutes wird“. Bis Silvester kann man die Organisation noch unterstützen, als Dankeschön gibt es Rezeptbücher und sogar einen Tiroler Berghonig.  

Text: Louis Seibert

Foto: Locago

Album Kritik „Still on the Run“ – Line Walking Elephant

Richtig gute Musik, unter einem ausgefallenen Namen – Line Walking Elephant meldet sich nach zwei Jahren im Studio mit “Still on the Run” zurück. Ehrlicher Rock beschäftigt sich mit Nachhaltigkeit und Konsum. Kluge Texte in energetischer Verpackung. Das warten hat sich gelohnt!

Manchmal hat man das Gefühl, Musiker gründen nur deshalb eine Band, weil sie eine coole Namensidee haben. So etwas könnte auch bei Line Walking Elephant passiert sein – oder aber, hier haben sich eine Reihe talentierter Musiker zusammengeschlossen, um unter einem ausgefallenen Namen richtig gute Musik zu machen.  Nach ihrem Debütalbum „Overload“ kehren sie nun nach zwei Jahren im Studio mit „Still on the Run“ zurück.
Im Mittelpunkt des mit acht Titeln relativ kurzen Albums steht das Thema Nachhaltigkeit und Konsum. Besonders augenfällig wird das bei dem Titel „Work an Consume“, doch das Thema findet sich auch in allen Liedern auf dem Album wieder. Musikalisch haben die Musiker ihren energetischen, ehrlichen Rock beibehalten, vielleicht hier und da noch garniert mit Indie-Elementen. Bereits der Opener „On the Ground“ zieht durch seinen treibenden Grundrhythmus in das Album, hin zu dem titelgebenden zweiten Lied – und einem großen Highlight der CD – „Still on the Run“. Bei diesem fast hymnischen Song kommt besonders die Stimme von Sänger Ferdinand Dankesreiter zur Geltung, die häufig an Samu Haber erinnert – ähnlich kraftvoll und energiegeladen, aber mit deutlich klügeren Texten. Überhaupt wäre ein Vergleich mit einer Mainstream-Poprock Band ungerecht, dazu sind die Texte schlicht zu vielschichtig, etwa die nachdenklichen Titel „Human“ und „Pretty Soul“. Seine stärksten Momente hat das Album, wenn es zum Ende hin geht. Die beiden Titel „Drown“ und „Dark“ bilden ein schönes Gegenstück zu dem kraftvollen Einstieg in das Album – und könnten wohl genauso gut auch von den Smashing Pumpkins stammen.

Philipp Kreiter
Foto: Lennart Heidtmann

Grünstreifen

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Nachhaltigkeit, Fair Trade – das soll es jetzt alles nicht nur im Biomarkt geben. Thomas Schmelzer, 23, hat „tawe Films“ gegründet. Sein Ziel: Umweltschonend Filme zu machen 

Man glaubt ihm das, wenn er da sitzt mit seinem Ohrring und
dem dichten Bart und sagt: „Wir sind kein Umweltschutzverein.“ Thomas
Schmelzer, 23, geht es nicht nur um die Natur, sondern auch um die Menschen, um
den richtigen Umgang untereinander. Vor Kurzem hat er mit Freunden die Firma „tawe Films“ gegründet. Die Vision:
Filme nachhaltig herstellen.

Es sind zwei Dinge, die im ersten Moment nicht
zusammenpassen. Wer an der Kinokasse steht, fragt sich wahrscheinlich eher:
„Popcorn oder Nachos?“ Und nicht: „Ist der Film nachhaltig produziert?“
Nachhaltigkeit, Bio, Fair Trade sind eher Begriffe aus der Welt des
Wohlfühl-Supermarkts um die Ecke. Doch Filmdrehs sind unheimlich
ressourcenintensiv: Da muss jeder einzelne Scheinwerfer mit Strom versorgt
werden, da müssen Menschen und Dinge ständig von einem Ort zum anderen gekarrt
werden, da entsteht viel Müll, den mitunter hinterher keiner wegräumt. Thomas
und seine Freunde wollen nun genau das ändern. Es geht auch anders, finden sie
und versuchen mit „tawe Films“, umweltschonender Filme zu machen.

Das fängt bei den kleinen Dingen an: Es ist ein Unterschied,
ob jeder am Set seine eigene Tasse mitbringt oder man täglich Unmengen an
Pappbechern benutzt. Es ist ein Unterschied, ob jeder Schauspieler einzeln mit
dem Auto zum Drehort gebracht wird – oder wie in Thomas’ Fall alle zusammen mit
der Bahn hinfahren. Und es ist auch ein Unterschied, ob das Catering beim Dreh
regional und aus ökologischer Herstellung ist oder es Massenprodukte aus
irgendeinem Discounter gibt, Hauptsache billig. Als Thomas und sein Kollege
David Recher vergangenen Sommer das erste nachhaltige Filmprojekt ihrer Firma
starten, setzen sie genau an solchen Punkten an: Für ihren Kurzfilm „Der Kahn“
bitten sie einen Caterer aus der Region, sie zu unterstützen. Der ist von der
Idee der Filmemacher begeistert und kocht fortan für sie mit ökologischen und
wirklich regionalen Produkten. „Der ist an einem Tag wirklich in den Wald
gegangen, um Schwammerl zu sammeln, die es dann zum Mittagessen gab“, erinnert
sich David. Auch das Getränke-Start-Up Kano sponsert den Dreh mit Bio-Eistee.
Ein bisschen erstaunt sei man schon gewesen, dass so viele Leute ihre
Philosophie mitgetragen hätten, sagen die Jungs.

Eine ähnliche Erfahrung hat Katja Schwarz gemacht: Schwarz
berät Firmen, die Filme nachhaltig drehen wollen, und ist Herausgeberin eines
Maßnahmenkataloges für „grüne“ Filmproduktionen. Dieser Leitfaden kommt
ursprünglich aus den USA, Schwarz hat ihn übersetzt und für den deutschen Markt
angepasst. Seit einigen Jahren sei man auch in Deutschland immer mehr an einer
nachhaltigen Produktionsweise interessiert – so produziere beispielsweise Sony
Pictures einige seiner Projekte auf Basis dieses Leitfadens. „Die Begeisterung
ist da“, sagt Schwarz, „aber oft auch die Sorge: Kostet es mehr, wenn ich
umweltfreundlich produziere?“ Am Wichtigsten sind für Schwarz deswegen die
letzten sechs Wochen vor Beginn des Drehs – denn das ist die Phase, in der man
Schauspieler und Crew für das Thema sensibilisieren kann. Oft ist es nicht der
Geldbeutel, sondern die Geisteshaltung des Teams, die über den Erfolg von Nachhaltigkeitsbemühungen
entscheidet.

Das haben auch Thomas und David erlebt: Sie bereiten ihre
Crew mit E-Mails und Fragebögen konkret drauf vor, was man am Set tun kann, um
nachhaltig zu handeln. „Wir können da nur den Anstoß geben und hoffen, dass andere
das weiter tragen“, fasst Thomas zusammen. Dieser Anstoß soll sich aber nicht
nur auf die Umwelt beschränken. Da gehe es auch darum, wie man mit Mitarbeitern
umgeht, wie lang die Drehtage seien, die man der Crew zumutet, erklärt Thomas.
Umwelt, das ist für ihn immer auch soziale Umwelt, die es zu schützen gilt.

Thomas, der über seinen Bruder zum Film kam, hat das nicht
immer so erlebt. Gerade an größeren Filmsets hat er negative Erfahrungen
gemacht, wie dort sowohl mit der Natur als auch mit der Crew umgegangen wird.
Es ist ein Problem, da sind sich die Jungs einig: Film, das ist ja Kunst. Und
Kunst, die ist ja gut, die ist kritisch. „Da wird dann vor der Kamera der
Moralapostel gespielt und dahinter werden die Leute ausgenutzt.“ Als sein
Freund David ihn dann fragt, ob man zusammen einen Film machen wolle, gibt
Thomas den Anstoß, es anders zu machen, als die beiden es an großen Sets erlebt
haben. „Das ist einfach meine Grundhaltung“, sagt Thomas, der in Faistenhaar im
Landkreis München aufgewachsen ist. Wenn er dann da sitzt in seinem dunklen
Pulli und erzählt, dass er sich auf dem Land wohler fühle, dass die Stadt ihm
zu „laut und zu hektisch“ ist, dann merkt man, dass hinter Thomas’ Überzeugung
mehr steht. Dass er nicht „öko“ ist, nur weil das im Trend liegt. Thomas ist
keiner, der ständig sagt, was man tun müsste und was man schon getan hat. Er
macht einfach, weil er das so gelernt hat: respektvoll sein, Mensch und Umwelt
gegenüber. Es ist so eine Art ideologischer Pragmatismus, der typisch ist für
diese Generation.

Einen ähnlichen Eindruck hat auch Katja Schwarz. „Für die
junge Generation ist Umweltbewusstsein einfach viel selbstverständlicher“, sagt
sie – denn während Thomas einfach mal macht, geht der Fortschritt auf größerer
Ebene eher langsam voran. Klar, da gibt es Vorreiter, wie die Filmförderung
Hamburg Schleswig-Holstein, die den „Grünen Drehpass“ eingeführt hat. Was für
Eier das Biosiegel ist, das ist für Filme eben der Drehpass. Trotzdem werde
grünes Drehen immer noch zu wenig gefördert, kritisiert Schwarz.

Dennoch – das ist den Gründern von „tawe Films“ wichtig –
soll die Kunst nicht leiden unter dem Wunsch nach Nachhaltigkeit. In erster
Linie ist es immer noch der Spaß am Filmemachen, der das Produktionsteam eint
und damit natürlich auch der Wille, die bestmögliche Geschichte zu erzählen.
Für 2015 hat sich Thomas nun viel vorgenommen. Ein kleines Filmfestival will er
realisieren und auch der Dreh eines weiteren Films steht auf dem Programm. Die
Hoffnung dafür: Dass die Einstellung von Thomas und David sich auf andere
überträgt – finanzieren wollen sie das Ganze nämlich durch eine
Crowdfunding-Kampagne.

Carolina Heberling

Krumme Dinger

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Kampf gegen den Schönheitswahn: Zwei junge Münchner Projekte setzen sich mit verschiedenen Ansätzen dafür ein, dass auch ungewöhnlich geformtes Obst und Gemüse seinen Weg auf den Teller findet.

Möglichst glatte Haut, nicht zu viele Rundungen, Normalgröße – der Schönheitswahn macht auch vor Gemüse keinen Halt. Für Normabweichler hat das drastische Konsequenzen: Zu kleine Kartoffeln werden untergepflügt, krumme Gurken aussortiert, mehrbeinige Karotten in Biogasanlagen verheizt. In München setzen sich derzeit zwei Projekte intensiv mit diesem Thema auseinander – auf ganz unterschiedliche Weise: Ugly Fruits gründet einen gemeinnützigen Verein, um Aufklärungsarbeit zu betreiben, Etepetete hingegen macht als GmbH unförmig gewachsenes Gemüse zum Geschäftsmodell.

Stefan Kukla, 23, hat bei seiner Recherche für Ugly Fruits mit vielen gesprochen: mit Groß- und Kleinbauern, Verbänden, Handelsvertretern und Konsumenten. Ursprünglich führte der Student diese Recherchearbeit durch, um ein funktionierendes Geschäftsmodell zu entwerfen, wie die „hässlichen Früchte“ doch ihren Weg in die Supermarktregale finden könnten. Stefan Kukla und Linda Martin, seine Kommilitonin im Fach „Management nachhaltiger Innovationen“, knüpfen damit an das Projekt dreier Berliner Designer an, die als Diplomarbeit medienwirksame Kampagnen gegen die Verschwendung der Ernte entworfen hatten – diese dann jedoch zugunsten der Gründung einer eigenen Agentur in der Schublade verschwinden ließen.

Nach vielen Gesprächen rund um das Problemgemüse steht für Stefan jedoch fest: „Es lohnt sich nicht, etwas auf den Markt zu schmeißen, ehe das Bewusstsein dafür gebildet ist.“ Die meisten Menschen, mit denen er gesprochen hat, fänden diese Art von Lebensmittelverschwendung zwar „irrsinnig“, sobald man sie ihnen darlege. Von sich aus hätten sie jedoch wenig Problembewusstsein. Stattdessen werde der Schwarze Peter hin- und hergeschoben: Verbraucher verweisen auf EU-Normen gegen krumme Gurken, die bereits 2009 abgeschafft wurden. Supermärkte berufen sich auf die Ansprüche der Kunden. „Bei den Handelsvertretern kam ich mir immer vor wie ein Zeuge Jehovas, der ihnen einen Wachturm andrehen wollte“, erzählt Stefan – und das, obwohl eine französische Supermarktkette gerade mit der Kampagne „inglorious fruits and vegetables“ Erfolg hat. Kreative Marketingkampagnen und Rabatte sorgten dafür, dass das zum Antihelden stilisierte Abweichler-Gemüse in manchen Märkten sogar ausverkauft war. Bis sich solche Szenen hierzulande abspielen, sieht Ugly Fruits noch Aufklärungsbedarf.

Auf der Abschlussveranstaltung der Startrampe, einem Förderprogramm für gemeinwohlorientierte Projekte, das auch Ugly Fruits unterstützt, verkündet Stefan schließlich der versammelten nachhaltigen Szene Münchens die Kehrtwende: „Warum machen wir eigentlich eigenbrötlerisch unser Ding? Gründen wir doch einen Verein!“ Statt selbst Gemüse zu vertreiben, soll nun Ziel sein, Aufklärungsarbeit zu leisten und bestehende Initiativen besser zu vernetzen.

Während Ugly Fruits sich – zumindest vorerst – der Aufgabe widmet, die Gesellschaft für die Problematik zu sensibilisieren, sind die Gründer von Etepetete überzeugt, dass bereits jetzt der richtige Zeitpunkt ist, das Thema von der wirtschaftlichen Seite anzugehen. Die jungen Männer wollen Ausschussobst und -gemüse von Höfen aufkaufen und als Abo-Öko-Kiste sowie weiterverarbeitet als vegane Soßen und Suppen an den Kunden bringen. Auch sie sind überzeugt: „Wenn man wirklich etwas bewegen will, muss man beim Gemüsegärtner ansetzen.“ Anfang nächsten Jahres sollen ihre Produkte auf den Markt kommen. Bis dahin werden die drei Teammitglieder unzählige Gespräche geführt und viele Nachtschichten beim Gemüseschälen in der angemieteten Großküche geschoben haben.

Die Unternehmensgründer von Etepetete selbst passen in so gar keine Öko-Kiste: Carsten Wille und Chris Hallhuber, 25, studieren BWL, Georg Lindermair, 24, ist Immobilienkaufmann. Noch verfolgen die drei ihre Pläne nebenbei. Langfristig wollen sie das krumme Gemüse zum Beruf machen, einem, der „Sinn, Lust und Spaß macht“, wie Georg es ausdrückt. Damit knüpfen Carsten und Georg (Foto: Carolin Galler) an einen Plan an, der bis in die gemeinsame Schulzeit zurückreicht: „Wir wollten schon immer etwas zusammen auf die Beine stellen“, erzählt Carsten. Durch eine Dokumentation seien sie auf das Thema Lebensmittelverschwendung aufmerksam geworden und hätten nach einigen Überlegungen die Geschäftsidee entwickelt.

In erster Linie sind die jungen Männer Unternehmer. In der GmbH steckt schließlich viel Erspartes, Geld von Freunden und Familie und – so hoffen die Gründer – bald auch Investitionen durch eine Crowdfunding-Aktion. Dennoch wirken Georg und Carsten unsicher, wo sie sich auf der Skala zwischen Überzeugung und Profit positionieren sollen, um erfolgreich zu sein. Hin und wieder rudern sie bei Aussagen zurück, sind besonders wachsam, nicht aufgrund ihres kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Hintergrunds in eine Schublade gesteckt zu werden. Fest stehe jedoch für sie, dass ein solides Geschäftsmodell die Basis dafür sei, etwas zu bewegen: „Wenn wir wirklich der tonnenweisen Verschwendung entgegentreten wollen, macht das nur Sinn, wenn wir uns das Ziel setzen, im großen Stil zu wirtschaften. Und natürlich langfristig als Firma bestehen“, erklärt Carsten.

Peter Sutor, Leiter des „Instituts für Ernährungswirtschaft und Märkte“ in der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft, begrüßt die Verwendung von Gemüse mit Schönheitsfehlern. „Die Verbraucher wissen oft nicht, wie naturbelassene Ware ausschaut und lehnen sie in der großen Masse ab“, sagt der Diplom-Agraringenieur. Er sieht in der Arbeit von Ugly Fruits und Etepetete daher eine Erziehungsmaßnahme zu einer größeren Wertschätzung von Nahrungsmitteln. Das Hauptproblem im Bezug auf Lebensmittelverschwendung verortet er jedoch in Privathaushalten, nicht auf dem Feld. Um die Vergeudung zu reduzieren, müssten, so Sutor, vor allem die Verbraucher weniger Obst und Gemüse wegwerfen – es macht laut einer Forsa-Umfrage in Deutschland mehr als 40 Prozent der Haushaltsabfälle aus, die sich zumindest teilweise vermeiden ließen.

Rettung benötigen nicht nur die dreibeinige Karotte auf dem Feld, sondern vor allem die überreifen Tomaten zu Hause im Schrank. Gerade die Arbeiten der Designer von Ugly Fruits zeigen jedoch: Als Galionsfigur einer Bewegung für weniger Verschwendung eignen sich exzentrisch geformte Rüben weit besser als angedrückte Norm-Tomaten. Susanne Krause

Gemüsefotos: Lauthals, Ugly Fruits

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GUTES TUN IN MÜNCHEN – 4 PROJEKTE

Nachhaltig: rehab republic
Auf Probleme im Bereich Nachhaltigkeit aufmerksam machen und Handlungsalternativen aufzeigen – aber nicht als Moralapostel, das ist das Ziel von rehab republic. Der Münchner Verein hat schon „Schnibbelpartys“ und „Clubmobs“ organisiert, schickt sogar T-Shirts um die Welt. Für dieses Engagement ist das Team gerade mit einem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet worden.

Gönnerhaft: Swop
Ein Charity-Flohmarkt zum Mitnehmen – oder kurz: Swop. Sechs junge Münchner haben die App entwickelt, dem aktuellen Verschenk-Trend folgend: Über die Plattform kann jeder gebrauchte Dinge verschenken, anstatt sie wegzuwerfen, und sich natürlich auch selbst beschenken lassen. Gegen eine kleine Spende, das ist der Clou, der Swop gleich doppelt weltretterlich macht.

Wegweisend: alternativ unterwegs
Kein normaler Stadtführer sondern eher ein veganer: „alternativ unterwegs“. Amelie Bauer und Fabian Lieke wollen mit ihrem Team alternative Lebensgestaltung in München leichter machen. Online und bald auch gedruckt präsentieren sie zum Beispiel Bioläden, Flohmärkte und eben vegane Restaurants. Die Redaktionssitzungen finden in einer Gartenlaube statt – alles alternativ.

Kollektiv: Fairteiler
Foodsharing, ganz analog. Fair-Teiler sind Orte, an denen Lebensmittel verschenkt werden können. Offline, real, inzwischen auch mehrfach in München. Im Prinzip ist so ein Fair-Teiler eine kollektive Speisekammer, aus der sich jeder bedienen kann. Das Ziel ist naheliegend: Lebensmittelverschwendung vermeiden, stattdessen lieber Essen neu „fairteilen“.

Neuland

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Das nachhaltigkeitspreisgekrönte Team von „rehab republic" schickt bald T-Shirts um die Welt, die von Träger zu Träger weitergegeben werden sollen.

Vier T-Shirts schickt das Team von „rehab republic“ (Foto: Stephan Rescher, Green City e.V.) von November an auf die Reise. Wie immer geht es darum, „nicht-moralisierend“ auf das Thema Nachhaltigkeit aufmerksam zu machen, erklärt Fabian Norden, 27. Bedruckt sind die T-Shirts der „Shirt Around the World“-Aktion mit Begriffen wie „wertvoll“ oder „Unikat“. Die Rückseite verrät, welche Ressourcen für die Produktion der Kleidungsstücke eingesetzt wurden. Von Träger zu Träger werden die T-Shirts weitergegeben, „sie sollen langfristig um die Welt reisen“, definiert Fabian das Ziel der Aktion. Vergangene Woche hat der Verein „rehab republic“ den Nachhaltigkeitspreis „Zeitzeichen“ erhalten. Katharina Hartinger

Nachhaltig unter der Discokugel

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Den Vorwurf, nichts zu sagen zu haben, kann man der Gruppe rehab republic nicht machen. Mit Kleidertauschpartys und außergewöhnliche Partys möchten sie Themen wie Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz in die Mitte der Gesellschaft rücken. Zuletzt luden sie unter dem Namen „Clubmob“ ins Milla ein, um den gewaltigen Co2-Verbrauch in Diskotheken zu verringern.

Im Kino läuft zur Zeit „Wir sind die Neuen“ – eine Komödie, in der drei Alt-68er feststellen müssen, dass die jungen Menschen von heute für nichts mehr kämpfen außer für ihre Examen. „Es hat nie eine Generation gegeben, die über so viele Kommunikationsmittel verfügt und dabei nichts zu sagen hat“, behauptet der 60-jährige Alt-Hippie Johannes gegen Ende des Streifens. Aber stimmt das? Kreisen die jungen Leute von heute wirklich nur noch um sich selbst, interessieren sie sich nur für ihre eigene Karriere und haben ansonsten zu nichts eine Meinung?

Den Vorwurf, nichts zu sagen zu haben, kann man zumindest einer Gruppe junger Münchner nicht machen. Unter den Namen „rehab republic“ haben sich Studenten, junge Pädagogen, Medienschaffende, Informatiker, Philosophen und Wissenschaftler zusammengeschlossen, um die Themen Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz noch mehr in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Auch die Studentin Dorothea Kimmerle ist schon seit einiger Zeit ein engagiertes Mitglied bei rehab republic, da sie es zu „einseitig und langweilig“ findet, sich nur um ihr Studium zu kümmern. „Die Gleichgültigkeit der Leute macht mich traurig“, sagt sie, „ich mag Menschen, die eine Leidenschaft haben.“

Und so suchte die 25-Jährige in der Münchner Gesellschaft, wo „jeder in seiner kleinen Mühle vor sich hin arbeitet“, nach Personen, die mal „einen Leerlauf einlegen, um Sachen zu erkennen“. Dorothea schätzt „das Positive“ und die Effizienz an den Kampagnen von rehab republic, die sich nicht gegen, sondern für etwas einsetzen und radikale, aktivistische Umtriebe ausklammern. 

Die Macher von rehab republic sind keine realitätsfernen Idealisten, die sich in ihrem Selbstversorger-Bauernhof verschanzen. Sie rennen nicht mit erhobenem Zeigefinger durch die Straßen, sie hausen nicht in autonomen Kommunen, sie schreien keine Parolen auf Demos. Sie belohnen Fahrradfahrer, indem sie ihnen Äpfel schenken. Sie tanzen in einer Silent-Parade auf Münchner Plätzen und verteilen Kopfhörer, durch die Wortbeiträge nachhaltig lebender Menschen schallen. Sie veranstalten Kleidertauschmärkte. Und nicht zuletzt feiern sie außergewöhnliche Partys. Sie sind sich der Größe der Herausforderungen der jetzigen Generationen bewusst und möchten mit „kleinen Schritten“ in eine nachhaltige Zukunft gehen, „um schwere Krisen und Konflikte zu vermeiden“, und möglichst viele Menschen einbinden.

Erst kürzlich haben sie mit dem Jugendverband vom Bund Naturschutz den sogenannten „Clubmob“ (Fotos: rehab republic) organisiert. Um den gewaltigen jährlichen Kohlenstoffdioxid-Verbrauch eines Clubs zu senken, bietet die rehab republic den Münchner Clubbetreibern eine kostenlose Energieberatung an. Die Clubbetreiber versprechen im Gegenzug, mit den Einnahmen einer Clubnacht Energiesparmaßnahmen vorzunehmen. Und so stieg kürzlich in der Münchner „Milla“ eine große Party, die Tanzfläche füllte sich gegen Mitternacht mit Nachtschwärmern und die Menge wippte zu funkigen Beats. Doch über den Köpfen glänzte nicht nur die Discokugel. Hier flimmerten auch Schriftzüge, die ein Beamer an die Wand warf: „Wusstest du, dass ein mittelgroßer Club 90 Tonnen CO₂ im Jahr ausstößt? Das ist in etwa so viel, wie wenn du 25 mal von München nach Tokio und zurück fliegen würdest“, oder „wie wenn du 325 Tage im Jahr ununterbrochen heiß duschen würdest“. Und: „Um diese Menge an CO₂ zu absorbieren, müsstest du zehn Fußballfelder Wald pflanzen, nur kann man dann nicht mehr Fußballspielen“. Diese Zahlen und Fakten verdarben niemanden an diesem Abend im Milla die Laune. Im Gegenteil. Die Menge wusste, umso mehr sie feiern würde, desto mehr Geld käme in die Kasse für energieeffizientere Ton-, Licht- und Kühlungsanlagen.
 
Dorothea war zufrieden mit dem Abend, mit der Stimmung und damit, dass rehab republic mal wieder der Öffentlichkeit gezeigt hat, dass Energiesparen Spaß machen kann. Es war nicht schwer, die Club-Betreiber zu überzeugen, beim Clubmob mitzumachen. „Zum Glück ist es zur Zeit einigermaßen modern, nachhaltig zu sein“, sagt Dorothea und ergänzt schmunzelnd: „Wer weiß, vielleicht mobben wir irgendwann das P1.“

Bis dahin veranstalten sie allerdings noch eine Menge andere Aktionen. Bald gibt es eine „Turboschnibbelparty“, bei der rehab republic und die Initiative Foodsharing aussortiertes Obst und Gemüse aus Supermärkten holen, um es zu Partyfutter zu verarbeiten. Bei Live-Musik und Speed-Dating laden sie zum „Schnibbeln“, Essen und Tanzen ein. Während die Leute eine Gurke zerlegen, plaudern sie dann zum Beispiel über die Nahrungsmittelverschwendung, über die 80 Kilogramm Lebensmittel, die jeder Deutsche im Jahr im Durchschnitt in die Mülltonne wirft und dass „die Karotte sich ihr Ende sicher auch anders vorgestellt hat“. Auf jeden Fall aber wird mal wieder gefeiert – so, als gäbe es ein Morgen. Susanne Brandl

Wertvoller Schrott

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Nach einem Uni-Seminar über Nachhaltigkeit gründeten Aleksandra Kushnirovich, 23, und drei Kommilitonen ein Upcycling-Projekt: Klumpgold. Sie veranstalten Bastelnachmittage und werten alte Sachen auf. Kommerziell wollen sie damit nicht sein. Ihnen ist wichtig den Gedanken in das Bewusstsein der Gesellschaft zu bringen.

München – Carmen Dandrea, 20, trägt eine Brosche aus golden angemalten Kronkorken, auf denen mit schwarzen Edding K und G geschrieben ist. Sie ist mit einer Sicherheitsnadel an ihrem T-Shirt befestigt. Die Buchstaben stehen für „Klumpgold“ – ein Upcycling-Projekt, das Carmen mit Aleksandra Kushnirovich, 23, und Kerstin Metko, 27, nach einem Uni-Seminar gegründet hat, um sich für Nachhaltigkeit einzusetzen.

 Die Semesterferien eigenen sich hervorragend, um die anstrengende Prüfungsphase zu vergessen und neue Kraft für die kommenden Referate zu schöpfen. Oder um Seminare in der Spring School der LMU über die eigene Fachrichtung hinaus zu belegen. Vergangenen März wurde ein Kurs angeboten, der sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt. Doch was ist eigentlich Nachhaltigkeit? Und wie konsumiert man überhaupt richtig? Die Studentinnen sehen sich durch die Teilnahme an dem Seminar das erste Mal von der Frage direkt betroffen. Mit dem Kurs für Studenten der Soziologie, Politikwissenschaft und Kommunikationswissenschaft besuchen sie das Second-Hand Kaufhaus Diakonia. Dort werden günstig gebrauchte Möbel, Kleidung, Bücher und Schallplatten verkauft. Jedoch findet nicht alles einen Abnehmer. Zudem werden viele Waren einfach weggeworfen.

 Das wollen sie ändern: Aleksandra, Carmen und Kerstin beschließen, etwas gegen den Wegwerf-Mentalität in unserer Gesellschaft zu tun und rufen die Gemeinschaft „Klumpgold“ ins Leben. Bei dem Projekt möchten sie alte Sachen, die sich unter anderem von dem Kaufhaus Diakonia geschenkt bekommen, bei Bastelnachmittagen aufwerten. Aus ausgetragenen Pullovern und Kleidern nähen sie einen Rucksack. Und Schallplatten, die keiner mehr hören will, werden mit Hitzebehandlung zu Schüsseln geformt. Auch an eigenen Sachen wird gebastelt. „Wir sind alles Studenten und besitzen Dinge im Überfluss. Alte Sachen, die man damals unbedingt haben wollte und gekauft hat, aber jetzt in der Ecke rumliegen. Solche Gegenstände wollen wir aufwerten“, sagt Aleksandra.

 Einen höheren Wert bekommen die Gegenstände dadurch, dass die Studenten basteln, verändern und kreativ sind. Matthias Schneider, 24, der zu den vier Hauptaktivisten von Klumpgold gehört, hat die Seiten eines Buchs ausgefräst und zu einer Schmuckschatulle umfunktioniert. Mit den Schnipseln beklebt er die Außenseite. Jetzt bewahrt er Stifte und Krimskrams darin auf.

 „Klumpgold setzt sich aus Klump und Gold zusammen. Genau was wir bewirken wollen! Aus Schrott wieder etwas Wertvollen machen“, sagt Carmen. Bis jetzt haben sie einen Basteltag beim diesjährigen Bildungscamp veranstaltet. Material und Sachen zur Verfügung gestellt und selbst fleißig Hand angelegt. Nach und nach sind die neugierigen Studenten gekommen und haben gefragt, was das hier soll oder gleich mitgemacht. Die umgestalteten Sachen nehmen sie noch mit nach Hause oder schenken sie zum Beispiel der Fachschaft. Die Aschenbecher aus alten Blechbüchsen sind bereits zum Einsatz gekommen. „Kommerziell sein, also unsere Sachen verkaufen, das wollen wir nicht“, sagt Aleksandra. „Was wir genau mit den Sachen machen, wissen wir noch nicht. Das müssen wir gemeinsam entscheiden. Aber es ist klar, dass wir auch keine zehn Aschenbecher daheim rumliegen haben wollen. Das braucht keiner!“
 Die Bastelabende sind öffentlich und werden über ihre Facebook-Gruppe im Internet bekannt gegeben. Willkommen ist dort jeder, egal ob immatrikuliert oder nicht. Doch wichtiger als die gemeinsame Bastelei ist den Studenten, den Gedanken der Nachhaltigkeit weiterzuvermitteln. Sie wollen die Gesellschaft zu einem bewussteren Konsum anregen.

Die Auszubildende Anja Unterseher, 22, wird durch eine Freundin auf das Upcycling-Projekt aufmerksam. Bei einem gemeinsamen Bastelabend funktioniert sie unbrauchbare Kabel und eine Schmetterlingsbrosche zu einem Armband um. „Ich habe nicht so viel Geld zur Verfügung, da ist es schön, für was Neues kein Geld ausgeben zu müssen“, sagt sie.
 Momentan herrsche in Deutschland eine Überproduktion, die es nicht geben müsste, sagt Aleksandra. Nach dem Seminar hat sie sich mit dem Thema Tauschwirtschaft auseinander gesetzt. Dies würde den Konsum senken oder sich zumindest auf das Kaufverhalten auswirken. Sie selbst kauft nicht mehr bei schwedischen Modelinien ein, wenn sie ein neues Outfit möchte, sondern besucht Kleider-Tausch-Partys. Wenn sie dort nichts findet, hat sie nun noch eine andere Möglichkeit. Sie näht ihre alten Kleider auf den Bastelabenden um.

Foto: Matthias Schneider

Stefanie Witterauf